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Elektrodynamik
Die klassische Elektrodynamik ist das Teilgebiet der Physik, das sich mit bewegten elektrischen Ladungen und mit zeitlich veränderlichen elektrischen und magnetischen Feldern beschäftigt. Die Elektrostatik als Spezialfall der Elektrodynamik beschäftigt sich mit ruhenden elektrischen Ladungen und ihren Feldern. Die zugrundeliegende Grundkraft der Physik heißt Elektromagnetische Wechselwirkung.
Die Theorie der klassischen Elektrodynamik wurde von Maxwell Mitte des 19. Jahrhunderts mithilfe der nach ihm benannten Maxwell-Gleichungen formuliert. Die Untersuchung der Maxwellgleichungen für bewegte Bezugssysteme führte Albert Einstein 1905 zur Formulierung der Speziellen Relativitätstheorie. Im Laufe der 1940er Jahre gelang es, die Quantenmechanik und Elektrodynamik in der Quantenelektrodynamik zu kombinieren, deren Vorhersagen sehr genau mit Messergebnissen übereinstimmen.
Eine wichtige Form von elektromagnetischen Feldern sind die elektromagnetischen Wellen, zu denen als bekanntester Vertreter das sichtbare Licht zählt. Obwohl die physikalischen Grundlagen zur Beschreibung elektromagnetischer Wellen durch die Elektrodynamik gegeben sind, stellt ihre Erforschung ein eigenes Gebiet der Physik dar, die Optik.
Klassische Elektrodynamik
Grundlegende Gleichungen
Das Zusammenspiel von elektromagnetischen Feldern und elektrischen Ladungen wird grundlegend durch die mikroskopischen Maxwell-Gleichungen
und die Lorentzkraft
bestimmt.
Daraus ergeben sich mit Hilfe der Materialgleichungen der Elektrodynamik die makroskopischen Maxwell-Gleichungen. Diese sind Gleichungen für die effektiven Felder, die in Materie auftreten.
Weiter spielen (daraus ableitbar) eine wichtige Rolle:
- die Kontinuitätsgleichung, , die besagt, dass die Ladung erhalten bleibt,
- und der Satz von Poynting, der besagt, dass die Energie von Teilchen und Feldern insgesamt erhalten bleibt.
Potentiale und Wellengleichung
Die homogenen Maxwellgleichungen
und
können durch die Einführung der elektromagnetischen Potentiale gemäß
und
in einem sternförmigen Gebiet identisch gelöst werden (Poincaré-Lemma). Dabei bezeichnet das sogenannte skalare Potential und das Vektorpotential. Da die physikalischen Felder nur durch Ableitungen der Potentiale gegeben sind, hat man gewisse Freiheiten, die Potentiale abzuändern und trotzdem dieselben physikalischen Felder zurückzuerhalten. Beispielsweise ergeben und dasselbe -Feld, wenn man sie durch
miteinander in Beziehung setzt. Fordert man auch, dass sich bei einer solchen Transformation dasselbe -Feld ergibt, muss sich wie
transformieren. Eine solche Transformation wird Eichtransformation genannt. In der Elektrodynamik werden zwei Eichungen oft verwendet. Erstens die sogenannte Coulomb-Eichung oder Strahlungseichung
und zweitens die Lorenz-Eichung
- .
Die Lorenz-Eichung hat dabei den Vorteil relativistisch invariant zu sein und sich bei einem Wechsel zwischen zwei Inertialsystemen strukturell nicht zu ändern. Die Coulomb-Eichung ist zwar nicht relativistisch invariant, aber wird eher bei der kanonischen Quantisierung der Elektrodynamik verwendet.
Setzt man die - und -Felder und die Vakuum-Materialgleichungen in die inhomogenen Maxwellgleichungen ein und eicht die Potentiale gemäß der Lorenzeichung, entkoppeln die inhomogenen Maxwellgleichungen und die Potentiale erfüllen inhomogene Wellengleichungen
Hierbei bezeichnet den D’Alembertoperator.
Spezialfälle
Die Elektrostatik ist der Spezialfall unbewegter elektrischer Ladungen und statischer (sich nicht mit der Zeit ändernder) elektrischer Felder. Sie kann in Grenzen auch verwendet werden, solange die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen der Ladungen und die Änderungen der Felder klein sind.
Die Magnetostatik beschäftigt sich mit dem Spezialfall konstanter Ströme in insgesamt ungeladenen Leitern und konstanter Magnetfelder. Sie kann für hinreichend langsam veränderliche Ströme und Magnetfelder verwendet werden.
Die Kombination aus beiden, Elektromagnetismus, kann beschrieben werden als Elektrodynamik der nicht zu stark beschleunigten Ladungen. Die meisten Vorgänge in elektrischen Schaltkreisen (z. B. Spule, Kondensator, Transformator) lassen sich bereits auf dieser Ebene beschreiben. Ein stationäres elektrisches oder magnetisches Feld bleibt nahe seiner Quelle, wie zum Beispiel das Erdmagnetfeld. Ein sich veränderndes elektromagnetisches Feld kann sich jedoch von seinem Ursprung entfernen. Das Feld bildet eine elektromagnetische Welle im Zusammenspiel zwischen magnetischem und elektrischem Feld. Diese Abstrahlung elektromagnetischer Wellen wird in der Elektrostatik vernachlässigt. Die Beschreibung des elektromagnetischen Feldes beschränkt sich hier also auf das Nahfeld.
Elektromagnetische Wellen hingegen sind die einzige Form des elektromagnetischen Feldes, die auch unabhängig von einer Quelle existieren kann. Sie werden zwar von Quellen erzeugt, können aber nach ihrer Erzeugung unabhängig von der Quelle weiterexistieren. Da Licht sich als elektromagnetische Welle beschreiben lässt, ist auch die Optik letztlich ein Spezialfall der Elektrodynamik.
Elektrodynamik und Relativitätstheorie
Im Gegensatz zur klassischen Mechanik ist die Elektrodynamik nicht galilei-invariant. Das bedeutet, wenn man, wie in der klassischen Mechanik, einen absoluten, euklidischen Raum und eine davon unabhängige absolute Zeit annimmt, dann gelten die Maxwellgleichungen nicht in jedem Inertialsystem.
Einfaches Beispiel: Ein mit konstanter Geschwindigkeit fliegendes, geladenes Teilchen ist von einem elektrischen und einem magnetischen Feld umgeben. Ein mit gleicher Geschwindigkeit fliegendes, gleichgeladenes Teilchen erfährt durch das elektrische Feld des ersten Teilchens eine abstoßende Kraft, da sich gleichnamige Ladungen gegenseitig abstoßen; gleichzeitig erfährt es durch dessen Magnetfeld eine anziehende Lorentzkraft, die die Abstoßung teilweise kompensiert. Bei Lichtgeschwindigkeit wäre diese Kompensation vollständig. In dem Inertialsystem, in dem beide Teilchen ruhen, gibt es kein magnetisches Feld und damit keine Lorentzkraft. Dort wirkt nur die abstoßende Coulombkraft, so dass das Teilchen stärker beschleunigt wird, als im ursprünglichen Bezugssystem, in dem sich beide Ladungen bewegen. Dies widerspricht der newtonschen Physik, bei der die Beschleunigung nicht vom Bezugssystem abhängt.
Diese Erkenntnis führte zunächst zu der Annahme, dass es in der Elektrodynamik ein bevorzugtes Bezugssystem gäbe (Äthersystem). Versuche, die Geschwindigkeit der Erde gegen den Äther zu messen, schlugen jedoch fehl, so zum Beispiel das Michelson-Morley-Experiment. Hendrik Antoon Lorentz löste dieses Problem mit einer modifizierten Äthertheorie (Lorentzsche Äthertheorie), die jedoch von Albert Einstein mit seiner speziellen Relativitätstheorie abgelöst wurde. Einstein ersetzte Newtons absoluten Raum und absolute Zeit durch eine vierdimensionale Raumzeit. In der Relativitätstheorie tritt an die Stelle der Galilei-Invarianz die Lorentz-Invarianz, die von der Elektrodynamik erfüllt wird.
In der Tat lässt sich die Verringerung der Beschleunigung und damit die magnetische Kraft im obigen Beispiel als Folge der Längenkontraktion und Zeitdilatation erklären, wenn man die im bewegten System gemachten Beobachtungen in ein ruhendes System zurücktransformiert. In gewisser Weise lässt sich daher die Existenz von magnetischen Phänomenen letztlich auf die Struktur von Raum und Zeit zurückführen, wie sie in der Relativitätstheorie beschrieben wird. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch die Struktur der Grundgleichungen für statische Magnetfelder mit ihren Kreuzprodukten weniger verwunderlich.
In der manifest Lorentz-forminvariante Beschreibung der Elektrodynamik bilden das skalare Potential und das Vektorpotential einen Vierervektor, analog zum Vierervektor von Raum und Zeit, so dass die Lorentz-Transformationen analog auch auf die elektromagnetischen Potentiale angewendet werden können. Bei einer speziellen Lorentz-Transformation mit der Geschwindigkeit in -Richtung gelten für die Felder im gebräuchlichen SI-Einheitensystem die Transformationsgleichungen:
(In cgs-Einheiten sind diese Gleichungen nur unwesentlich modifiziert: Man muss formal nur bzw. durch bzw. substituieren.)
Erweiterungen
Jedoch liefert die klassische Elektrodynamik keine widerspruchsfreie Beschreibung bewegter Punktladungen, auf kleinen Skalen ergeben sich Probleme wie die der Abraham-Lorentz-Gleichung. Die Quantenelektrodynamik (QED) vereint die Elektrodynamik deshalb mit quantenmechanischen Konzepten. Die Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung vereinigt die QED mit der schwachen Wechselwirkung und ist Teil des Standardmodells der Elementarteilchenphysik. Die Struktur der QED ist ebenfalls Ausgangspunkt für die Quantenchromodynamik (QCD), welche die starke Wechselwirkung beschreibt. Allerdings ist die Situation dort noch komplizierter (z. B. drei Ladungsarten, siehe Farbladung).
Eine Vereinheitlichung der Elektrodynamik mit der allgemeinen Relativitätstheorie (Gravitation) ist unter dem Namen Kaluza-Klein-Theorie bekannt, und stellt einen frühen Versuch zur Vereinheitlichung der fundamentalen Wechselwirkungen dar.
Siehe auch
Literatur
- James Clerk Maxwell: On Physical Lines of Force. In: Philosophical Magazine. 1861–1862.
- John David Jackson: Klassische Elektrodynamik. Walter de Gruyter, Berlin 2006, ISBN 3-11-018970-4.
- Torsten Fließbach: Elektrodynamik. Spektrum Akademischer Verlag.
- Walter Greiner: Klassische Elektrodynamik. 6. Auflage. Harri Deutsch, 2002.
- Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik. Bd. 2: Elektrizität und Optik. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-65196-9.
- Pascal Leuchtmann: Einführung in die elektromagnetische Feldtheorie. Pearson Studium, München 2005, ISBN 3-8273-7144-9.
Weblinks
Einzelnachweise
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Elektrodynamik aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |