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Emilie Kempin-Spyri

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Emilie Kempin-Spyri

Emilie Kempin-Spyri (geb. 18. März 1853 in Altstetten; gest. 12. April 1901 in Basel; geb. Spyri, verh. Kempin) war die erste Frau, die in der Schweiz als Juristin promoviert wurde und habilitierte. Als Frau durfte sie jedoch nicht als Anwältin praktizieren, weshalb sie nach New York auswanderte, wo sie an einer von ihr gegründeten Rechtsschule für Frauen unterrichtete. Emilie Kempin-Spyri war die Nichte der Autorin Johanna Spyri.

Leben

Sie immatrikulierte sich 1883 an der Universität Zürich als erste Schweizerin an der Juristischen Fakultät. Im Juli 1887 promovierte sie zur ersten Doktorin der Rechte Europas.[1] Durch das fehlende Aktivbürgerrecht war ihr jedoch das Anwaltspatent verwehrt. Ihr Vorstoss vor dem Bundesgericht zu einer Uminterpretation des Artikel 4 der Bundesverfassung, dass der Begriff Schweizer sowohl Männer als auch Frauen umfassen möge (generisches Maskulinum), wurde mit einem «ebenso neu als kühn» abgewiesen.[2]

Nachdem sie auch als Dozentin an der Universität Zürich abgewiesen wurde, wanderte sie mit ihrer Familie für kurze Zeit nach New York aus, wo sie das erste Women Law College gründete. Wegen des Heimwehs ihres Mannes Walter Kempin, der sich in New York nie akklimatisieren konnte, kehrte die Familie in die Schweiz zurück.

1891 stellte sie ein erneutes Gesuch um Habilitation an die Universität Zürich. Obwohl der Universitätssenat dies erneut ablehnte, erhielt sie vom Erziehungsdepartement die Venia Legendi als Ausnahme. Sie konnte sich mit dieser Beschäftigung allerdings finanziell nicht über Wasser halten. Zeitlebens kämpfte Kempin-Spyri für ihre Zulassung als Anwältin und zerbrach schliesslich an diesem erfolglosen Kampf sowie an hinzugekommenen privaten Problemen nach der Scheidung von ihrem Mann im Jahr 1896. Im September 1897 wurde sie wegen Geisteskrankheit in die Heil- und Pflegeanstalt Berolinum in Berlin-Lankwitz eingewiesen. 1898 wurde sie entmündigt. Im März 1899 wurde sie nach Basel in die Irrenanstalt Friedmatt verlegt. Ob sie tatsächlich geisteskrank war, ist umstritten.[3] 1901 starb sie verarmt in Basel an Gebärmutterkrebs.

Dank Emilie Kempin-Spyri wurde 1898 ein neues Anwaltsgesetz im Kanton Zürich eingeführt, das Frauen trotz fehlendem Aktivbürgerrecht erlaubte, den Anwaltsberuf auszuüben. Bundesweit wurde diese Bestimmung erst 1923 durchgesetzt.

Würdigung

Die Zürcher Frauenzunft Gesellschaft zu Fraumünster ehrte am 19. April 2004 Emilie Kempin-Spyri als eine Zürcherin, die trotz hervorragender Verdienste in Vergessenheit geraten ist; der Anlass fand unter dem Patronat der Universität Zürich statt.[4][5] Die damals enthüllte provisorische Ehrentafel wurde am 28. Mai 2009 durch die definitive Ehrentafel im Foyer der Bibliothek des Rechtswissenschaftlichen Instituts ersetzt.[6]

Im Rahmen eines Festakts wurde am 22. Januar 2008 im Lichthof der Universität Zürich ein von Pipilotti Rist gestaltetes Denkmal in Form einer überdimensionierten Chaiselongue enthüllt; damit wird die Rolle Kempin-Spyris als erste Privatdozentin der Universität Zürich und als Pionierin für die Gleichberechtigung der Frau gewürdigt.[7][8]

Emily Kempin-Spyris Leben wurde in Eveline Haslers Buch Die Wachsflügelfrau literarisch aufgearbeitet. In Altstetten wurde der Emilie-Kempin-Spyri-Weg nach ihr benannt.

Literatur

  • Marianne Delfosse: Emilie Kempin-Spyri (1853–1901). Das Wirken der ersten Schweizer Juristin unter besonderer Berücksichtigung ihres Einsatzes für die Rechte der Frau im schweizerischen und deutschen Privatrecht. Jur. Diss. Zürich 1994.
  • Christiane Berneike: Die Frauenfrage ist Rechtsfrage. Die Juristinnen der deutschen Frauenbewegung und das bürgerliche Gesetzbuch. Baden-Baden 1995. ISBN 3-7890-3808-3. Zu Kempin: u. a. S. 81–102.
  • Jiro Rei Yashiki: Emilie Kempin-Spyri 1853–1901. Eine Skizze des Lebens und Werkes der Ersten promovierten Juristin Europas, Hitotsubashi Journal of Law and Politics 33 (2005), S. 7–17 [1] und 34 (2006), S. 45–56 [2].
  • Eveline Hasler: Die Wachsflügelfrau, Geschichte der Emily Kempin-Spyri, München 1995 (dtv), ISBN 3423120878
  • Verein Feministische Wissenschaft Schweiz (Hg.): Ebenso neu als kühn: 120 Jahre Frauenstudium an der Universität Zürich. Verantwortlich für die Redaktion dieses Bandes: Katharina Belser, Gabi Einsele, Rachel Gratzfeld, Regula Schnurrenberger. Zürich 1988. (Schriftenreihe / Verein Feministische Wissenschaft), ISBN 3905493012
  • Christine Susanne Rabe: Emilie Kempin. In: Gleichwertigkeit von Mann und Frau. die Krause-Schule und die bürgerliche Frauenbewegung im 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichte und Geschlechterforschung. Bd. 5). Böhlau, Köln 2006, ISBN 3-412-08306-2, S. 36–39 (zugl. Diss., Univ. Hannover, 2005/2006).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ulrich Klöti: Rede anlässlich der Ehrung durch die Fraumünsterzunft (Memento vom 26. April 2012 im Internet Archive) Zürich 2004 (PDF; 464 kb).
  2. BGE 13 I. S. 1 ff. (PDF; 267 kB).
  3. Christine Susanne Rabe: Emilie Kempin. In: Gleichwertigkeit von Mann und Frau. Böhlau, Köln 2006, ISBN 3-412-08306-2, S. 36–39.
  4. Ehrung durch die Gesellschaft zu Fraumünster (2004), Website der Universität Zürich, abgerufen am 28. Juni 2009
  5. Brigitte Blöchlinger: Postume Ehrung von Emilie Kempin-Spyri, 7. April 2004
  6. Marita Fuchs: Ehrentafel für die erste Dozentin der Universität Zürich
  7. Denkmal von Pipilotti Rist zu Ehren von Emilie Kempin-Spyri (2008), Website der Universität Zürich, abgerufen am 28. Juni 2009
  8. NZZ Eine Chaiselongue als Erinnerungsort
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Emilie Kempin-Spyri aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.