Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Grabstein des Jehuda ben Schn'eor

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Grabstein des Jehuda
Grabstein des Jehuda ben Schne‘or im Landesmuseum Mainz

Der Grabstein des Jehuda ben Schne‘or datiert in das Jahr 1049 und ist der älteste erhaltene Grabstein aus der jüdischen Gemeinde in Magenza, dem jüdischen Mainz. Gleichzeitig ist er einer der ältesten und sicher datierbaren Nachweise der jüdischen Gemeinde in der SchUM-Stadt Magenza und der älteste datierte jüdische Grabstein in Westeuropa.[1] Der Grabstein befindet sich im Landesmuseum Mainz (Inv.-Nr. DL1997/59).

Geschichtlicher Hintergrund

Eine jüdische Gemeinde in Mainz kann bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt, wahrscheinlich bis in das römische Mogontiacum, vermutet werden. Auch Berichte über die Bedeutung der Stadt als blühende Fernhandelsmetropole im frühen Mittelalter lässt dies plausibel erscheinen.[2] Erste eindeutige Nachweise finden sich ab der Mitte des 10. Jahrhundert in Form überlieferter rabbinischer Rechtsgutachten aus Mainz, die auf eine bereits bestehende, blühende jüdische Gemeinschaft schließen lassen. In diesem Zeitraum kam es zur vermehrten Einwanderung von jüdischen Familien aus dem südeuropäischen Raum und das Magenza entwickelte sich zum bekanntesten Zentrum des aschkenasischen Judentums.[3]

Der Grabstein

Blick von der Mombacher Straße auf den Judensand

Der aus hellrötlichem Sandstein gefertigte Grabstein ist leicht rechteckig geformt und ist 84 cm hoch, 65 cm breit und 23 cm tief. Die rechte Ecke ist abgebrochen, ansonsten ist der Grabstein gut erhalten. Es ist anzunehmen, dass der Grabstein des Jehuda ursprünglich auf dem Judensand, dem um das Jahr 1000 gegründeten alten Jüdischen Friedhof von Magenza, aufgestellt wurde. Wie viele andere jüdische Grabsteine des Friedhofs wurde er wahrscheinlich 1438 im Rahmen eines Pogroms bei der Schändung des Friedhofs und der kurrzzeitgen Vertreibung der jüdischen Bevölkerung von Magenza entfernt und als Bau- und Füllmaterial verwendet. 1922 fand man den Grabstein, zusammen mit 15 anderen mittelalterlichen jüdischen Grabsteinen, in den Wölbungen und Widerlager der spätmittelalterlichen Brücke unter dem Brückenturm der Mainzer Gautorbefestigung.[4] Hier wurden die Grabsteine zur Stabilisierung der Brückenbögen eingemauert. Auf Initiative der damaligen Rabbiner Sali Levi und Siegmund Salfeld wurde 1926 auf dem Gelände des mittelalterlichen Judensandes ein Denkmalfriedhof mit den noch erhaltenen jüdischen Grabsteinen des Mittelalters und der Neuzeit errichtet. Dort wurde auch der Grabstein des Jehuda wieder aufgestellt. Aufgrund seiner Bedeutung und seines Alters sowie zum Schutz vor weiteren Umwelteinflüssen wurde der Grabstein 1997 wieder entfernt und ist seitdem Teil der Sammlung Judaica im Landesmuseum Mainz.

Die Inschrift

Die Inschrift ist fast komplett unbeschädigt und in vier Zeilen angeordnet. Ober- und unterhalb jeder Zeile ist ein Trennstrich in den Stein eingemeißelt, ein Merkmal, das auch andere jüdische Grabsteine des 11. Jahrhunderts aufweisen. Die Inschrift wurde seit Auffinden des Grabsteins unterschiedlich gelesen und interpretiert. Sehr ausführlich hat sich Klaus Cuno in seiner Dissertation 2012 mit der Inschrift beschäftigt.[5] Die von ihm publizierte untenstehende Lesart[6] wurde auch in die Quellen zum UNESCO-Welterbe-Antrag übernommen:

Am 23. [Tag] im [Monat] Nissan im [Jahr] 809 der Zeitrechnung
[(ging | verschied)] zu seiner Ewigkeit Jehuda, Sohn des Rabbi Senior.
Friede möge über seiner Lagerstätte ruhen und im Bündel
des Lebens [sei/ist] seine Seele in Ruhe

In dieser Lesart lautet der Name des Vaters Senior, weit verbreitet ist auch die andere Lesart Schn'eor (in englischer Sprache: Yehuda, son of Shneʾur)

Vergleichbare Grabsteine in Mainz

Grabstein des Jakob ben Jakar (gestorben 1064) auf dem Mainzer Judensand

Es gibt neben dem Grabstein des Jehuda noch zehn weitere erhaltene Steindenkmäler, die ebenfalls in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts datiert werden. Teils handelt es sich um die Grabsteine der betreffenden Person, teils auch um Epitaphe. Auf das Jahr 1062 wird der Epitaph für Mosche ben Kalonymos aus der bekannten Familie der Kalonymiden datiert, auf 1063 oder 1064 der Grabstein des Jakob ben Jakar, der ebenfalls am Gautor gefunden wurde. Weitere Grabsteine wie der von Rebekka ben Jizch oder Hanna ben Joel datieren auf die Jahre 1080, 1084, 1089. Den Abschluss der jüdischen Grabsteine des 11. Jahrhunderts vom Mainzer Judensand bildet der des Meschullam ben Mosche ben Ithi aus dem Jahr 1094 oder 1095.

Beim Abriss der direkt dem jüdischen Friedhof benachbarten Landwirtschaftlichen Schule (eine Außenstelle des Dienstleistungszentrums Oppenheim) 2007 wurden jüdische Gräber in situ entdeckt. Darunter befand sich auch das Grab des Amram ben Yona. Dessen erhaltener Grabstein wies ihn als am 31. August 1086 gestorbenen Märtyrer aus. Das Grab wurde, ebenso wie andere benachbarte Gräber, gemäß den jüdischen Begräbnisriten nicht überbaut und wieder zugedeckt.[7]

Literatur

  • Friedrich Schütz: Magenza, das jüdische Mainz. in: Franz Dumont (Hrsg.), Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz: Mainz – Die Geschichte der Stadt. Zabern, Mainz 1999 (2. Aufl.), ISBN 3-8053-2000-0, S. 679 - 702
  • Joachim Glatz: Jüdische Friedhofskultur des Mittelalters – die SCHUM-Städte Speyer, Worms und Mainz auf dem Weg zum Welterbe, ein Zwischenbericht. in: ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees. Jüdische Friedhöfe und Bestattungskultur in Europa. Band 53, 2011 München. (PDF online)
  • State of Rhineland-Palatinate, Ministry for Science, Further Education and Culture Rhineland-Palatinate: ShUM SITES OF SPEYER, WORMS AND MAINZ - Nomination for the UNESCO World Heritage List. Appendices. Written Sources on the History of ShUM Sites of Speyer, Worms and Mainz 10th to 17th Centuries. Nomination Dossier, 2019 Mainz.(PDF Online)
  • State of Rhineland-Palatinate, Ministry for Science, Further Education and Culture Rhineland-Palatinate: 1049 March 29 (23 Nisan [4]809), Mainz - 10 Headstone for Yehuda, son of Shneʾur, from the Jewish cemetery of Mainz. in: ShUM SITES OF SPEYER, WORMS AND MAINZ - Nomination for the UNESCO World Heritage List. Appendices. Written Sources on the History of ShUM Sites of Speyer, Worms and Mainz 10th to 17th Centuries. 2019 Mainz, S. 11. (PDF Online)
  • Klaus Cuno: Die ältesten jüdischen Grabsteine in den Rheinlanden (bis ca. 1100). Onomastische Aspekte und die Traditionen der Epitaphgestaltung seit der Antike. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Universität Trier. Trier 2012 (PDF online)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Joachim Glatz: Jüdische Friedhofskultur des Mittelalters – die SCHUM-Städte Speyer, Worms und Mainz auf dem Weg zum Welterbe, ein Zwischenbericht., S. 166
  2. Friedrich Schütz: Magenza, das jüdische Mainz S. 679
  3. Friedrich Schütz: Magenza, das jüdische Mainz S. 679
  4. Klaus Cuno: Die ältesten jüdischen Grabsteine in den Rheinlanden (bis ca. 1100). S. 143
  5. Klaus Cuno: Die ältesten jüdischen Grabsteine in den Rheinlanden (bis ca. 1100).
  6. Klaus Cuno: Die ältesten jüdischen Grabsteine in den Rheinlanden (bis ca. 1100). S. 505
  7. State of Rhineland-Palatinate, Ministry for Science, Further Education and Culture Rhineland-Palatinate: ''ShUM SITES OF SPEYER, WORMS AND MAINZ - Nomination for the UNESCO World Heritage List. Nomination Dossier. S. 316
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Grabstein des Jehuda ben Schn'eor aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.