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Homo oeconomicus

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Homo oeconomicus [ˈhɔmoː ɔe̯kɔˈnɔmɪkʊs] (lat. hŏmō oeconomicus ‚Wirtschaftsmensch‘), auch rationaler Agent, ist in der Wirtschaftswissenschaft und Spieltheorie das theoretische Modell eines Nutzenmaximierers zur Beschreibung menschlichen Handelns. In der Makroökonomie wird dieses Modell auch oft als sogenannter repräsentativer Agent benutzt, um gesellschaftliche Vorgänge zu beschreiben.

Das Modell wird zur Erklärung elementarer wirtschaftlicher Zusammenhänge genutzt und ist Grundlage vieler wirtschaftswissenschaftlicher Modelle. Ein weit verbreitetes Missverständnis über den Homo oeconomicus ist, dass es einen rein egoistischen Menschen beschreibt. Tatsächlich beschreibt der Homo oeconomicus nur ein Modell eines Menschen, der jene Rationalitätsannahmen erfüllt, die aus einer beliebigen Präferenzenrelation eine Präferenzordnung machen.

Das Modell beschreibt einen Menschen (oft Agent genannt) der vor der Entscheidung über alle möglichen Alternativen eine klare Präferenzenordung bilden kann und sich dann für die, nach seinen Präferenzen, beste Alternative entscheidet. Welche intrinsische Motivation seinen Präferenzen zugrunde liegt, wird hierbei nicht beschrieben.

Die Entscheidung eines Homo oeconomicus kann als Maximierung einer Nutzenfunktion dargestellt werden. Das Prinzip der Nutzentheorie ist von grundlegender Bedeutung sowohl für die Mikroökonomie als auch für die Makroökonomie.

Begriffsgeschichte

Den englischen Ausdruck economic man verwendete John Kells Ingram erstmals 1888 in seinem Werk „A History of Political Economy“; den lateinischen Term homo oeconomicus benutzte wohl zum ersten Mal Vilfredo Pareto in seinem „Manuale d’economia politica“ (1906). Eduard Spranger bezeichnete 1914 in seiner „Psychologie der Typenlehre“ den homo oeconomicus als eine Lebensform des Homo sapiens und beschrieb ihn wie folgt: „Der ökonomische Mensch im allgemeinsten Sinne ist also derjenige, der in allen Lebensbeziehungen den Nützlichkeitswert voranstellt. Alles wird für ihn zu Mitteln der Lebenserhaltung, des naturhaften Kampfes ums Dasein und der angenehmen Lebensgestaltung.“[1] Friedrich August von Hayek zufolge hatte John Stuart Mill den homo oeconomicus in die Nationalökonomie eingeführt.[2] In der Neoklassischen Nationalökonomie wird der Homo oeconomicus allgemein als Nutzenmaximierer beschrieben, oder in der erweiterten Version von Neumann-Morgenstern als Erwartungsnutzenmaximierer. Zu beachten ist, dass auch der wirtschaftswissenschaftliche Fachbegriff des „Nutzens“ unterschiedlichen Interpretationen und historischen Wandlungen unterworfen ist.

Der Homo oeconomicus als rationaler Agent

Definition

Der Homo oeconomicus ist ein Modell auf Basis eines fiktiven Akteurs, dessen Präferenzen die Rationalitätsannahmen der Präferenzenordnung erfüllt. Ist dies der Fall, können dessen Präferenzen durch eine ordinale Nutzenfunktion abgebildet werden.

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass es endlich oder unendlich viele Zustände der Welt gibt, zwischen denen der Akteur klar unterscheiden kann, und dass die Menge aller möglichen Zustände der Welt ist. Die Zustände der Welt beschreiben tatsächliche hypothetische Situationen, denen sich die Agenten gegenüberstehen. Zustände der Welt werden typischerweise charakterisiert durch Eigenschaften wie die Menge der konsumierten Güter, die soziale Situation, Gesundheit oder die ökologische Umweltsituation der Akteure. In der Konsumtheorie bezeichnet meistens vereinfachend einen Vektor , der ausdrückt, wie viel jeweils von den gegebenen n Gütern konsumiert wird.

Rationalitätsannahmen

Im Folgenden bedeutet , dass der Agent indifferent ist zwischen und . Das heißt, dass der Agent nicht sagen kann, welchen der zwei Weltzustände er vorzieht. bedeutet, dass der Agent strikt gegenüber vorzieht.

Eine Präferenzenrelation über heißt rational wenn:[3],

(Vollständigkeit)
(Reflexivität)
(Transitivität von )
(Transitivität von )
  • Vollständigkeit (i) bedeutet hierbei, dass der Agent für jede zwei Weltzustände genau weiß, ob er indifferent ist oder den einen dem anderen vorzieht. Damit sollen Fälle ausgeschlossen werden, in denen sich der Agent nicht entscheiden kann.
  • Reflexivität(ii) ist eine eher technische Annahme: Habe ich mich zwischen einem Zustand und demselben Zustand zu entscheiden, dann ziehe ich keinen der beiden Zustände dem anderen strikt vor. So soll ausgeschlossen werden, dass andere „zufällige“ Kriterien, die nicht in die Beschreibung von X eingehen, für die Entscheidung relevant werden.
  • Transitivität (iii) ist eine starke inhaltliche Annahme über Präferenzen. Transitivität ermöglicht, dass man von Präferenzen auf andere Präferenzen schließen kann, also dass die Präferenzen in sich konsistent sind (siehe auch Transitivitätsannahme). Transitivität ist die Verhaltensannahme, die am problematischsten ist.

Rationalität ist hierbei nicht gleichzusetzen mit dem üblichen Begriff der Rationalität sondern entspricht der Rationalität im Sinne der Präferenzenaxiome . Von daher ist rationales Verhalten in der Wirtschaftswissenschaft nicht wertend gemeint und Irrationalität bedeutet nicht, dass das Verhalten keiner festen Regel folgt, sondern nur dass die obigen Annahmen nicht erfüllt sind.

Ein Agent, der die Verhaltensannahmen erfüllt, heißt Homo oeconomicus.[4]

Beispiele für Irrationalität

Die Rationalitätsanahmen des Homo oeconomicus scheinen auf den ersten Blick eher harmlos. Es gibt allerdings einige Beispiele für Entscheidungssituationen, in denen sie nicht zutreffen:

Beispiel 1 (Framing-Effekt; ohne Reflexivität):

Wenn ein Agent eingeladen wird, einen Kaffee oder Tee zu trinken, nimmt er die Einladung an und wählt einen Kaffee. Wird er aber eingeladen, einen Kaffee oder Tee zu trinken oder vielleicht einen Joint zu rauchen, lehnt er die Einladung ab. Dies geschieht, weil er aus zusätzlichen Möglichkeiten (hier einen Joint rauchen können) zusätzliche Informationen erlangt, die seine Entscheidung beeinflussen, selbst wenn die zusätzlichen Alternativen nicht gewählt werden.

Er ist also nicht indifferent zwischen Kaffee und Kaffee, da die Entscheidung auch von irrelevanten Alternativen abhängt. Dieser Effekt heißt Framing-Effekt.

Beispiel 2 (zyklische Präferenzen; ohne Transitivität):

Gut 1 Gut 2 Gut 3
Merkmal 1 1 2 3
Merkmal 2 2 3 1
Merkmal 3 3 1 2

Der Agent bewertet 3 Güter (Gut 1,2,3) mit drei Kriterien (Merkmal 1,2,3). Ein Gut zieht er einem anderen vor, wenn es bei 2 Merkmalen einen höheren Platz belegt. So ist Gut 1 bei Merkmal 1 auf Platz 1 und bei Merkmal 2 auf Platz 2 und damit bei beiden Merkmalen besser als Gut 2. Es gilt also

Gut 1 Gut 2.

Insgesamt gilt mit dieser Bewertung dann aber:

Gut 1 Gut 2 Gut 3 Gut 1

Ein Händler kann den Agenten leicht ausnutzen:

Der Agent besitze Gut 1. Ein Händler könnte ihm nun anbieten, gegen eine kleine Zuzahlung Gut 1 gegen Gut 3 einzutauschen. Da der Agent Gut 3 Gut 1 vorzieht, ist er dazu bereit. Anschließend bietet der Händler dem Agenten an gegen eine weitere kleine Zuzahlung Gut 3 gegen Gut 2 einzutauschen. Der Agent willigt ein. Danach wird in gleicher Weise Gut 1 gegen Gut 2 für eine dritte kleine Zahlung getauscht. Der Agent besitzt dann wieder Gut 1, ist aber an Geld ärmer geworden und der Händler hat einen Gewinn gemacht. Dieser Fall zirkulärer Präferenzen bildet keine Präferenzordnung und verstößt gegen die Transitivitätsannahme.

Beispiel 3 (Fühlbarkeitsschwelle; ohne Transitivität):

Es gibt ein Gut mit einem stetigen Merkmal und jemand möchte, dass y besonders groß ist. y kann z.B. ein Qualitätsmerkmal sein. Aber wenn es ein kleinen wert bei dem man indifferent ist ob jetzt y um Epsilon höher ist oder nicht (), dann würde aus Transitivität folgen, dass einem y völlig egal ist.

Man kann das Problem umgehen indem man das stetige Merkmal in ein diskretes Merkmal umwandelt. Also z.B. mit . Über dieses Merkmal wäre dann wieder Transitivität erfüllt (wenn ).

Die zugehörige Nutzenfunktion

Hauptartikel: Nutzenfunktion

Für Päferenzenrelation heißt die Funktion die zugehörige Nutzenfunktion, wenn

Diese Äquivalenzbeziehung zwischen Präferenzrelationen und Nutzenfunktion erleichtert die mathematische Handhabung der Entscheidungen des Homo oeconomicus. Zum Beispiel lässt sich so leicht zeigen, was es bedeutet, vom Homo oeconomicus als einem Nutzenmaximierer zu sprechen: Jener Zustand der Welt, der die Nutzenfunktion des Agenten über alle möglichen Weltzustände maximiert, ist genau der mögliche Weltzustand, den der rationale Agent auch jedem anderen möglichen Zustand vorzieht und der von ihm daher gewählt wird.

In der mikroökonomischen Konsumtheorie wird regelmäßig der Nutzen unter einer Budgetbedingung (oder Budgetgrenze) maximiert. Die Budgetbedingung grenzt einige formal mögliche, aber für den Agenten faktisch nicht erreichbare Weltzustände aus. Eine Budgetbedingung ist oft für die Bestimmung des aus Sicht des Aganten optimalen Weltzustandes wichtig, da in vielen Situation kein lokaler Sättigungspunkt vorhanden ist, aber ein maximales Budget für den Erwerb von Gütern.

Intertemporale Entscheidung

Zeitkonsistenz und Zeitinkonsistenz

Oft stehen Menschen vor Entscheidungen, die sie über mehrere Perioden treffen (beispielsweise ob man konsumiert oder spart, eine Ausbildung macht oder direkt arbeiten geht, eine Rentenversicherung abschließt, etc.). Dabei wird üblicherweise zwischen zwei Arten von Präferenzen bzw. Nutzenfunktionen unterschieden, nämlich zeitkonsistenten und zeitinkonsistenten.

Eine zeitkonsistente Präferenzenordnung liegt vor, wenn sich eine Entscheidung nicht nur ändert weil Zeit vergeht. Der Agent hält also an seiner Entscheidung über eine zukünftige Tätigkeit fest, egal wie weit sie in der Zukunft liegt, solange er keine neuen Informationen bekommt. Bei veränderten Informationen kann sich allerdings eine Entscheidung auch bei zeitkonsistenten Präferenzen ändern (beispielsweise bei neuen Informationen über zukünftigen Lohn, Zinsen, Inflationsrate, etc.).

Eine zeitinkonsitente Präferenzenordnung liegt vor, wenn sich eine Entscheidung ändert, nur weil der Entscheidungszeitpunkt ein anderer ist. Vereinfacht gesagt, wenn es für eine Entscheidung für übermorgen wichtig ist, ob sie heute oder morgen getroffen wird, selbst wenn morgen die Informationslage die gleiche ist wie heute. Ein typisches zeitinkonsistentes Verhalten ist, wenn ein Mensch eine unangenehme Pflicht immer weiter vor sich her schiebt. Allerdings ist auch ein solches Verhalten rational, solange es nur die drei obigen Präferenzenaxiome erfüllt. In vielen Anwendungen wird es allerdings per Annahme ausgeschlossen.

Beispiel für Zeitinkonsistenz

Ein Agent muss sich entscheiden, ob er etwas heute oder morgen macht (zum Beispiel eine unangenehme Tätigkeit wie den Keller aufräumen oder zum Arzt gehen), was ihm in der Zukunft nützt, ihm aber heute unangenehm ist. Er kann es heute machen und morgen nicht , heute nicht und stattdessen morgen oder in beiden Perioden nicht . Seine Nutzenfunktion lautet

Der Nutzen seiner drei Alternativen ist:

Alternativ können die Präferenzen des Agenten auch mit folgender Präferenzenordnung dargestellt werden:

Seine optimale Entscheidung ist also die Tätigkeit morgen zu verrichten. Da er aber morgen vor demselben Problem steht, entscheidet er sich auch morgen, die Tätigkeit am nächsten Tag zu verrichten. Diese Nutzenfunktion beschreibt also einen Agenten, der sich zwar jeden Tag vornimmt, morgen den Keller aufzuräumen und diese Entscheidung auch ernsthaft trifft, es aber trotzdem nie tut.

Entscheidung unter Unsicherheit

Entscheidung unter Risiko

Die Entscheidungssituation

Entscheidungen unter Risiko werden mikroökonomisch oft als Lotterie modelliert. Die Interpretation einer Lotterie mit ist, dass die Umweltzustände jeweils mit der Wahrscheinlichkeit eintreffen. Wenn jetzt ein Homo oeconomicus zwischen zwei Lotterien und wählen muss und eine Nutzenfunktion über alle möglichen Lotterien besitzt, ermöglicht die Erwartungsnutzentheorie aus einer vorhandenen Präferenzenrelation über eine Päferenzenrelation über zu bilden.

Eine Entscheidung unter Unsicherheit kann ebenfalls verwendet werden um eine Entscheidung unter unvollkommenen Informationen darzustellen. Dazu werden die nach den unvollkommenen Informationen in Frage kommenden Umweltzustände mit ihrer subjektiv eingeschätzten Wahrscheinlichkeit gewertet.

Axiome der Erwartungsnutzentheorie

(i) Rationalität:

(Vollständigkeit)
(Reflexivität)
(Transitivität von )
(Transitivität von )

(ii) Stetigkeit:

Sei mit , dann gilt

(iii) Reduktion:

Sei , wobei die gleiche Wahrscheinlichkeitsverteilung haben. Dann gilt

(iv) Unabhängigkeit:

Sei und , dann gilt


  • Rationalität (i) bedeutet hierbei dass die üblichen Präferenzenregeln auch für Lotterien gelten.
  • Stetigkeit (ii) kann so interpretiert werden, dass selbst wenn der Unterschied zwischen zwei Lotterien extrem klein ist man immer die Lotterie bevorzugt die die besseren Alternativen anbietet. Man beachte, dass wenn gegen 0 gehen, die Lotterien gegeneinander konvergieren, aber da immer noch besser ist als gilt Indifferenz nur im Grenzwert.
  • Reduktion (iii) bedeutet nichts anderes als das die Präsentation, also wie man die Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Alternativen aufschreibt, keinen Einfluss hat (eher technische Annahme).
  • Unabhängigkeit (iv) bedeutet, dass eine dritte Alternative keinen Einfluss auf die Präferenzenordnung hat wenn sie in allen Lotterien vorkommt.

Theorem von Neumann-Morgenstern

Wenn die Axiome der Erwartungsnutzentheorie erfüllt sind, kann man die Präferenzen des Agenten durch eine Erwartungsnutzenfunktion darstellen. Umgekehrt gelten ebenfalls für alle Agenten deren Verhalten durch eine Erwartungsnutzenfunktion dargestellt werden kann die vier Axiome der Erwartungsnutzentheorie für die zugrundeliegende Präferenzenrelation über alle möglichen Lotterien.[5]

Diese Erweiterung des Homo oeconomicus als Erwartungsnutzenmaximierers (im Gegensatz zum reinen Nutzenmaximierer) wird in der Mikroökonomie in der Regel für Entscheidungen unter Unsicherheit verwendet und ist im Speziellen für die Spieltheorie von entscheidender Bedeutung.

Entscheidung unter Ungewissheit

Die Entscheidungssituation

Eine Entscheidung unter Unsicherheit ist eine Entscheidung, bei der der Agent sich dem Ergebnis nicht sicher sein kann. Wenn der Agent eine rationale Präferenzenordnung über die möglichen Ausgänge hat, aber die Wahrscheinlichkeiten nicht kennt und auch nicht aufgrund von irgendwelchen A-priori-Informationen einschätzen will, handelt es sich um eine Entscheidung unter Ungewissheit. Es handelt sich also gewissermaßen um eine Lotterie , bei der die Wahrscheinlichkeiten unbekannt sind.

Wenn man die Entscheidung eines Menschen modelliert, der sich trotz spärlicher Informationen eine Alternative wählt, bedarf es einer Entscheidungsregel. Diese Entscheidungsregel sollte bei einem rationalen Agenten nur von den möglichen Ausgängen abhängen. Wenn über die Ausgänge eine rationale Präferenzenordnung vorliegt, liegt auch eine Nutzenfunktion vor.

Folgende weit verbreitete Entscheidungsregeln beschreiben einen möglichen Entscheidungstyp, bei dem dann über die unsicheren Alternativen wieder eine rationale Präferenzenordnung entsteht. Hierbei ist es nicht so entscheidend, welche Entscheidungsregel gewählt wird, sondern, dass es plausible Entscheidungsregeln gibt, die eine Entscheidung unter Ungewissheit darstellen.

Dies bedeutet nämlich, dass es durchaus plausibel ist, selbst bei Ungewissheit, dass eine rationale Präferenzenordnung über die Entscheidungsalternativen vorliegt.

Minimax-Regel

Die Minimax-Regel ist eine sehr pessimistische Entscheidungsregel. Dabei will der Agent die Möglichkeit wählen, die den kleinsten potenziellen Schaden anrichtet. Er wählt die Alternative, bei der der Nutzen des schlechtesten Ergebnisses am höchsten ist.

Hierbei ist der i-te Ausgang von Möglichkeit(Lotterie) j.

Maximax-Regel

Die Maximax-Regel ist das optimistische Gegenstück zur Minimax-Regel. Hierbei wird die Möglichkeit gewählt die den höchsten potenziellen Nutzen liefert. Der Agent wählt die Alternative bei der der Nutzen des besten Ergebnisses am höchsten ist.

Hierbei ist der i-te Ausgang von Möglichkeit(Lotterie) j.

Hurwicz-Regel

Die Hurwicz-Regel ist eine gewichtete Mischung aus Minimax-Regel und Maximax-Regel. Die beiden Regeln werden dabei mit dem sogenannten Optimismusparameter (mit 0≤≤1) gewichtet. Dies stellt einen Agenten dar, der bei der Entscheidung sowohl den best möglichen als auch den schlechtest möglichen Ausgang beachtet.

Hierbei ist der i-te Ausgang von Möglichkeit(Lotterie) j.

Laplace-Regel

Bei der Laplace-Regel nimmt der Agent, aus Mangel an Informationen, für alle möglichen Ergebnisse die gleichen Wahrscheinlichkeiten an. Dann bildet er daraus eine Erwartungsnutzenfunktion. Diese Regel bietet also die Möglichkeit eine Entscheidung unter Ungewissheit in eine Entscheidung unter Risiko zu transformieren.

Der Homo oeconomicus in der Klassischen Nationalökonomie

Das Bild des „egoistischen“ Homo oeconomicus

In den Analysen der Klassischen Nationalökonomie wird der Homo oeconomicus meist als „egoistisch“ beschrieben. Dies kommt daher, dass beim klassischen Homo oeconomicus für die Umweltzustände nur der Konsum des beschriebenen Agenten eingesetzt wird. Dieses Bild von Homo oeconomicus ist zwar weit verbreitet, doch beschreibt es nur einen Spezialfall. Tatsächlich kann man mit dem Modell der Homo oeconomicus viele Verhaltensweisen zwischen reinem Egoismus und reinem Altruismus modellieren, da die subjektiven Motivationen für die Konstruktion der Präferenzen des Agenten nicht auf egoistische Motivationen eingeschränkt sind[6].

Es ist daher auch hier zu beachten, dass „Konsum“ in der modernen Konsumtheorie ein formaler Begriff ist und die Umweltzustände Vektoren beliebiger Güter fassen. Diese Güter können zum Beispiel Geschenke an andere Menschen oder Spenden sein. Sie können also, formal gesprochen, auch den Konsum anderer Agenten umfassen. In der klassischen Konsumtheorie, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts von beispielsweise Francis Edgeworth, William Stanley Jevons, Léon Walras oder Vilfredo Pareto vertreten wurde, wurde der Kosumvektor noch nur als der tatsächliche Konsum des Agenten beschrieben. Dieses alte Bild von Kosum ist allerdings noch sehr präsent im öffentlichen Bewusstsein.

Beschreibung in der Konsumtheorie

In der Konsumtheorie beschreibt der Vektor für n beliebige Güter 1,...,n die konsumierten Mengen der n Güter. Also konsumiert der Agent von Gut i. Die Menge aller möglichen Konsumvektoren der n Güter nennt man Konsummöglichkeitenmenge.

Eine Präferenzenfunktion über die Konsummöglichkeitenmenge mit Kosumverktoren ist äquivalent zur allgemeinen Definition definiert:

(Vollständigkeit)
(Reflexivität)
(Transitivität von )
(Transitivität von )

Ein Homo oeconomicus der seinen Nutzen über den eigenen Konsum, also seinen Kosumvektor , maximiert, entspricht dem Modell des Homo oeconomicus in der Klassischen Nationalökonomik. Eine Nutzenfunktion ist hierbei eine n-dimensionale Funktion .

Rationalisierbarkeit und Bekundete Präferenzen

In vielen Interpretationen menschlichen Handelns scheint das Bild des rein egoistischen Homo oeconomicus sehr restriktiv und nicht realistisch. Es bietet jedoch eine sehr einfache und in sich konsistente Möglichkeit Handlungen zu analysieren. In diesem Sinne fungiert der Homo oeconomicus als wichtiges Element im Forschungsprogramm der neoklassischen Theorie: Auf Grundlage des methodischen Individualismus und Subjektivismus (siehe Konsumentensouveränität) soll Verhalten zunächst auf die einfachsten „rationalen“ Verhaltensregeln zurückgeführt werden. Deshalb wird oft die induktive Sicht auf diesen Spezialfall des Modells durch eine deduktive Sicht ersetzt. Es wird dann nicht aus dem Modellverhalten des Homo oeconomicus auf noch unbekanntes reales Verhalten geschlossen. Stattdessen wird beobachtetes Verhalten – falls überhaupt möglich – als Verhalten eines Homo oeconomicus modelliert. Also anstatt eines erklärenden Modells wird hierbei eher ein beschreibendes Verfahren verwendet.

Dies bedeutet im Speziellen, dass man von einer beobachteten Verhaltensweise mehrerer Menschen, beispielsweise von einer beobachteten Nachfragekurve über ein Gut, auf eine zugehörige mögliche Nutzenfunktion eines durchschnittlichen Konsumenten (dem sogenannten repräsentativen Konsumenten) über seinen Konsum schließt.[7] Eine Verhaltensweise aus der eine zugehörige repräsentative Nutzenfunktion abgeleitet werden kann heißt rationalisierbar. Die zugehörige Präferenzenrelation heißt bekundete Präferenzenrelation (engl. revealed preferences).[8]

Die Interpretation dieses Vorgehens ist nicht, dass man aus der Existenz von bekundeten Präferenzen und eines repräsentativen Konsumenten darauf schließen kann, dass sich die echten Menschen auch rational (im Sinne der Rationalitätsannahmen der Präferenzenfunktion) verhalten, sondern nur, dass sich ihr Verhalten auf diese Weisen beschreiben lässt. Die Existenz eines repräsentativen Konsumenten ist also eine schwächere Annahme als die Existenz des Homo oeconomicus.

Da dieses Verfahren keinerlei Gültigkeitsannahmen über den einzelnen Konsumenten stellt, wird dieses Verfahren meistens benutzt, um einen egoistischen repräsentativen Agenten aus den Verhaltensfunktionen, z. B. Nachfragefunktionen, zu gewinnen.

Beispiel für Rationalisierbarkeit: Nachfrage im Partialmarktmodell

Wenn wir eine invertierbare und integrierbare Nachfragefunktion gegeben haben, wobei p ein Preis und x eine Nachgefragte Menge auf einem Partialmarkt ist, dann gilt für die Nutzenfunktion des repräsentativen Agenten

wenn wir eine quasilineare Nutzenfunktion unterstellen. Die zugehörige Präferenzenrelation ergibt sich dann mit

Oder wenn man benutzt dass der Preis ist

Der Homo oeconomicus in der Makroökonomie

Individuelle und kollektive Rationalität

Obgleich ganze Gesellschaften sich sehr von Individuen unterscheiden, treffen diese doch auch Entscheidungen zwischen Alternativen. Auch an gesellschaftliche Entscheidungen können die Rationalitätsannahmen des Homo oeconomicus angelegt werden.

1. Platz 2. Platz 3. Platz
Agent 1 A B C
Agent 2 C A B
Agent 3 B C A

Angenommen beispielsweise es liege eine Gesellschaft mit drei Personen vor und müsse sich zwischen den drei Alternativen A, B und C entscheiden. Wir setzen voraus, dass eine Alternative von der Gesellschaft gegenüber einer anderen Alternative bevorzugt wird, wenn sie von mehr Personen bevorzugt wird. Wenn sich die Präferenzen der drei Personen wie in der Tabelle dargestellt verteilen, ist leicht zu erkennen, dass je zwei Personen A B vorziehen, je zwei Personen B C vorziehen und zwei Personen C A vorziehen:

A B C A

Eine derart konstruierte gesellschaftliche Präferenzenordnung ist nicht transitiv und verstößt daher gegen die Rationalitätsannahmen. Dieses Ergebnis gilt auch dann, wenn alle drei Personen (oder gar alle Mitglieder einer Gesellschaft) je für sich genommen völlig „rationale“ Präferenzordnungen haben.

Es gibt auf den ersten Blick keinen plausiblen Grund warum sich gesellschaftliche Entscheidungen an die Axiome der Präferenzenordnung halten sollten. Allerdings gibt es einige Situationen in denen in der Makroökonomie das sogenanntes Modell eines repräsentativen Agenten vorteilhaft angewandt wird.

Der repräsentative Agent

Ein repräsentativer Agent ist ein Homo oeconomicus, der die Entscheidungen der gesamten Gesellschaft repräsentiert. Die Modellierung der Präferenzrelationen einer Gesellschaft durch einen repräsentativen Agenten kann damit begründet werden, dass alle Individuen hinreichend gleich sind bezüglich der gegebenen Entscheidungssituation. Es gibt allerdings auch eine breite Klasse von individuell heterogenen Nutzenfunktionen, die durch eine gemeinsame Nutzenfunktion dargestellt werden kann, zum Beispiel Gorman aggregierbare Nutzenfunktionen.

Das Modell des repräsentativen Agenten geht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Francis Edgeworth (1881) benutzte den Begriff „repräsentative Einheit“ und Alfred Marshall (1890) führte den Begriff „repräsentative Firma“ ein.

Die Notwendigkeit einer Mikrofundierung gesellschaftlicher Entscheidungen wurde besonders durch die Lucas-Kritik begründet. Diese drückt aus, dass sich rein ökonometrisch geschätzte Verhaltensgleichungen und ihre Parameter durch politische Entscheidungen verändern. Gesamt-gesellschaftliches Verhalten wird also auch durch Erwartungen beeinflusst, die in rein parametrischen Modellen, die nur aus Verhaltensgleichungen bestehen, nicht vorkommen.

Ein Beispiel hierfür ist die Phillips-Kurve. Sie stellt in ihrer ursprünglichen Form einen statistisch geschätzten Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Inflation dar. Als jedoch die Politik versuchte, die Arbeitslosigkeit gezielt durch höhere Inflation zu senken, kam es zu Stagflation, also zu hoher Inflation und hoher Arbeitslosigkeit. Bei dem Neu-Keynsanischen Modell beispielsweise, dass die Phillipskurve aus dem Verhalten eines repräsentativen Agenten und einer repräsentativen Firma herleitet, wird die Phillipskurve in ihrer erweiterten Form hergeleitet. Diese hängt dann von Infaltionserwartungen, Mark-up Schocks und Technologieschocks ab, was erklärt wie es zu Stagflation kommen kann.

Begrenzte Heterogenität

In einigen Modellen, die Prozesse innerhalb einer Gesellschaft beschreiben sollen, beispielsweise über Umverteilungseffekte, ist das Modell eines repräsentativen Agenten ohne Aussagekraft. Da aber ein Modell mit vollständiger Heterogenität - bei dem also alle Menschen unterschiedliche Nutzenfunktionen haben - sehr komplex ist, wodurch die Aussagekraft sinkt, wird oft ein Modell mit begrenzter Heterogenität vorgezogen.

Bei einem solchen Modell wird angenommen, dass sich eine Gesellschaft in disjunkte Untergruppen aufteilen lässt, die sich jeweils durch einen repräsentativen Agenten darstellen lassen. Beispielsweise könnte man mit zwei repräsentativen Agenten (z.B. Arm/Reich, Sparer/Schuldner, Alt/Jung,...) die Umverteilungseffekt von makroökonomischen Variablen (z.B. Inflation, Wirtschaftswachstum,...) beschreiben.

In der Regel könnte man natürlich beliebig viele Untergruppen bilden, die jeweils durch einen repräsentativen Agenten beschrieben werden. Allerdings nimmt in der Regel mit mehr Untergruppen die Aussagekraft ab aber der Realismus zu. Viele vereinfachende Modelle beschränken sich deshalb auf zwei oder drei repräsentative Agenten, mit unterschiedlichen Nutzenfunktionen, Budgetbeschränkungen oder Einnahmequellen.

Eine weitere Möglichkeit, die Komplexheit vollständiger Heterogenität beherrschbar zu machen, ist diese nur in einem Merkmal anzunehmen (z.B. Einkommen, Diskontfaktor, Parameter in der Nutzenfunktion). Dies kann in einigen Situationen zu realistischeren Aussagen führen als eine Beschreibung mit zwei oder drei repräsentativen Agenten. Allerdings müssen in der Regel viele Parameter konstant für alle Agenten in der Gesellschaft gehalten werden, damit das Modell eine Lösung und damit ein Aussagegehalt besitzt.

Im Allgemeinen liegt bei begrenzter Heterogenität immer ein Zielkonflikt zwischen Aussagekraft und Realismus vor.

Beispiele für Modelle rationalen Verhaltens

Klassisches Konsumentenmodell

Angenommen ein Agent hat eine stetige, streng monoton steigende und differenzierbare Nutzenfunktion über sein Konsum von n Gütern , wobei m sein Einkommen ist und die Güterpreise. Sein Konsumentenproblem ergibt dann

Die Lösung dieses Problems, welches dann von den Preisen und dem Einkommen abhängt, ist die sogenannte Marshallsche Nachfragefunktion.

Egoismus und Altruismus

Angenommen der Agent i hat eine Nutzenfunktion über seinen eigenen Konsum und den Konsum der übrigen Mitglieder der Gesellschaft . Hierbei sei eine stetige, streng monoton steigende und differenzierbare Nutzenfunktion. Die Nutzenfunktion des Agenten sei

Dies bedeutet soviel, wie dass i eigener Konsum genauso viel wert ist wie von dem Konsum anderer Menschen. Wenn ist dem Agenten der Konsum anderer Menschen völlig egal, während bei der eigene Konsum völlig egal ist. Es handelt sich dann also um einen vollständigen Alturisten. Bei allen ist der Agent weder vollständig egoistisch noch altruistisch.

Ein könnte sogar einen Konsumverweigerer oder Asketen beschreiben oder einen schadenfreudigen Menschen, der sich freut wenn es anderen Menschen schlecht geht.

Die Maximierung dieser Nutzenfunktion könnte beispielsweise unter der Nebenbedingung erfolgen, dass er spenden kann und damit den Komsum anderer Menschen erhöhen kann. Also für gegebenen Anfangskonsum

Anmerkung: Auch wenn diese Nutzenfunktion einen teilweise oder völlig altruistischen Menschen beschreiben kann, muss dies nicht bedeuten, dass irgendeine moralische oder ethische Grundhaltung unterstellt wird. Beispielsweise kann die Nutzenfunktion einen Menschen beschreiben, der aus einem gewissen sozialen Druck heraus spendet (soziale Erwünschtheit) oder jemanden, der sich damit profilieren will. Andererseits kann es natürlich auch einen mitfühlenden Menschen beschreiben. Eine Motivation der Handlung ist eine Interpretation jenseits des Modells. Das Modell beschreibt nur die Handlung (hier: die Spende) selbst.

Intertemporale Konsumentscheidung

Angenommen der Agent möchte seinen Konsum über mehrere Perioden maximieren, wobei sein Konsum in Periode t ist. Dann ist, für eine stetige, monoton steigende und differenzierbare Perioden-Nutzenfunktion , die intertemporale Nutzenfunktion

Diese Nutzenfunktion ist zeitkonsistent. Dies bedeutet, dass zu allen Zeitpunkten t die optimale Lösung die gleiche bleibt. Sonst würden sich seine Präferenzen über die Zeit hinweg verändern. Wenn der Agent auf einem Kapitalmarkt unbegrenzt Kapital leihen oder anlegen kann zu einem festen Zins r, ergibt sich als Maximierungsproblem mit dem Lebenseinkommen m

Hierbei ist das Preisnieveau und der reale Konsum in Periode t.

Kritik

Egoistisches Menschenbild

Der Homo oeconomicus wird sehr häufig als egoistisches Menschenbild kritisiert. Doch diese Form der Kritik ist, obgleich sehr oft vertreten, in zweierlei Hinsicht falsch. Erstens postuliert der Homo oeconomicus keinen egoistischen Menschen und zweitens ist der Homo oeconomicus - zumindest Seitens der als Ökonomik - als deskriptives Verhaltensmodell, nicht als normatives Menschenbild konzeptionalisiert. Denn die Beschreibung von menschlichem Verhalten über Präferenzen stellt zwar dar wie sich ein Mensch verhält, aber sie besitzt keine Aussagekraft darüber warum sich jemand so verhält wie er es tut, oder gar, was er in einem ethischen Sinne tun soll. Die Aussage, dass ein Mensch einen Zustand gegenüber einem anderen vorzieht, sagt nichts über seine Beweggründe aus. Ein anthropologisches Menschenbild benötigt aber eine Beschreibung über das Wesen des Menschen, also über seine intrinsische Motivation. Diesen Aspekt besitzt das rein beschreibende Modell des Homo oeconomicus nicht.

Rationalitätsannahmen

Es kann zu recht bezweifelt werden, wie gut die Rationalitätsannahmen der Präferenzenrelation zu echtem menschlichem Verhalten passen. Die obigen Beispiele für Irrationalität stellen drei klassische Situationen dar, in denen ein Mensch sich nicht entsprechend den Rationalitätsannahmen verhält.

Außerdem können fehlende Informationen oder zufällige Einflüsse eine Rolle spielen. Die zusätzlichen Annahmen an einen Erwartungsnutzenmaximierer oder das Befolgen einer Entscheidungsregel bei Ungewissheit (z.B. Minimax-Regel) sind starke Annahmen, die nicht immer zu rechtfertigen sind.

Es gibt einige Situationen, in denen ein Mensch nicht sagen kann, welchen Zustand er besser findet, ohne dass er wirklich indifferent ist. Unsicherheit und fehlende Informationen können unvollständige Präferenzen zur Folge haben, da ein echter Mensch nicht sagen kann, oder will, welche Präferenzen er unter Unsicherheit oder Risiko hat. Außerdem können fehlende oder unberücksichtigte Informationen auch zu Verzerrung der Präferenzenordnung führen. Ein Beispiel wäre ein Konsument, der eine Alternative hat, die er vergisst. In einer solchen Form des Framing-Effekts würde ein Konsument, wenn er zwischen Gut A, B und C auswählt, A nehmen, wenn ihm alle Alternativen gleich präsent sind, aber B, wenn aus irgendwelchen Gründen die Alternative A nicht bewusst ist, obwohl er die Möglichkeit besitzt. Anzunehmen, dass man alle Alternativen kennt, die man besitzt, ist eine oft nicht realistische Annahme, besonders wenn es sehr viele Alternativen gibt. Dies führt wiederum zu fehlender Reflexivität.

Transitivität ist ebenfalls manchmal nicht vorhanden, wenn man sich Präferenzen von Menschen über sehr viele Alternativen anschaut. Die Person kann nämlich den Überblick über die Alternativen verlieren. Dies kann sogar passieren wenn man bewusst versucht, transitive Präferenzen zu nennen. Dass sich die gefühlte Wertschätzung an die Transitivitätsregel hält, ist keinesfalls selbstverständlich.

Allerdings ist der Homo oeconomicus natürlich nur ein Modell, also eine Vereinfachung der Realität. Wann er als Modell zu problematisch wird und wann er eine gute Beschreibung abliefert, hängt vom Einzelfall ab.

Verhaltensdeterminante

Das Modell des Homo oeconomicus beschreibt lediglich die individuelle Wertschätzung für verschiedene Zustände. Allerdings ist der Hauptzweck des Modells Entscheidungen zu modellieren. Das Modell impliziert, dass, wenn die Vorlieben eines Mensch durch eine rationale Präferenzenrelation dargestellt werden können, die Entscheidung auf die Alternative fällt, die den höchsten Nutzen bringt.

Es sind allerdings Situationen denkbar, in denen ein Mensch zwar vor der Entscheidung eine klare Präferenzenordnung über seine Alternativen bilden kann, aber kurzfristig seine Entscheidung ändert. Menschen können beispielsweise vergesslich, impulsiv, verwirrt, emotional oder kurzsichtig handeln. Es können also andere Kriterien für eine Entscheidung eine Rolle spielen, als ein wohlverstandener Nutzen des Entscheiders. Mit anderen Worten, es kann vorkommen, dass ein Mensch sich für eine Alternative entscheidet, die er selbst vor der Entscheidung nicht als beste Alternative einschätzte. Herbert Simon empfahl deshalb, anstelle des Nutzenmaximierers den „Nutzensatisfizierer“ zu betrachten[9], also einen Modellmenschen, der sein Nutzenniveau nur auf einem akzeptablen Niveau halten will. Ein solches Modell würde davon ausgehen, dass Menschen auch ganz bewusst nur die zweitbeste Alternative wählen können, weil sie spontan oder aus kurzsichtigen Gründen ihr Verhalten während der Entscheidung verändern. Der Begriff des Nutzensatisfizierers impliziert jedoch eben einen anderen, inhaltlich gehaltvollen Nutzenbegriff.

Homo oeconomicus in anderen Wissenschaften

In der Politikwissenschaft findet das Modell des Homo oeconomicus unter anderem in der Entscheidungstheorie und der Neuen Politischen Ökonomie Anwendung. Zu den zahlreichen Anwendungen in der Geographie zählen beispielsweise die Thünenschen Ringe oder Walter Christallers System der Zentralen Orte. In der Arbeitspsychologie wird auch der Ausdruck Menschenbild anstelle von Modell benutzt.[10] Aufgrund des im Vergleich zu Frühkulturen reflektierten Umgangs mit Fragen der Ökonomie findet sich die Bezeichnung Homo oeconomicus in der Geschichtswissenschaft für den Wirtschaftsbürger der griechischen Antike.[11]

Literatur

  • N. Gregory Mankiw und Mark P. Taylor (2012): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre , 5. Auflage. Schäffer-Poeschel, Stuttgart
  • Dietz, Alexander (2005): Der homo oeconomicus - Theologische und wirtschaftsethische Perspektiven auf ein Ökonomisches Modell, Gütersloher Verlagshaus.
  • Andreu Mas-Colell, Michael D. Whinston und Jerry R. Green (1995): Microeconomic Theory , Oxford University Press
  • Hal R. Varian (2011): Grundzüge der Mikroökonomik , 8. Auflage. Oldenbourg, München 2011
  • James E. Hartley (1996): Retrospectives: The origins of the representative agent, Journal of Economic Perspectives 10: 169-177.
  • Robert E. Lucas (1976): Econometric policy evaluation: A critique, in K. Brunner and A. H. Meltzer (eds.) The Phillips Curve and Labor Markets, Vol. 1 of Carnegie-Rochester Conference Series on Public Policy, pp. 19-46, Amsterdam: North-Holland.
  • John Stuart Mill (1836): On the Definition of Political Economy, and on the Method of Investigation Proper to It London and Westminster Review
  • John Stuart Mill (1874): Essays on Some Unsettled Questions of Political Economy, 2nd ed. Longmans, Green, Reader & Dyer 1874
  • A.K. Sen (1977): Rational Fools: A Critique of the Behavioural Foundations of Economic Theory , Philosophy and Public Affairs 317
  • Alfred Fey (1936): Der homo oeconomicus in der klassischen Nationalökonomie und seine Kritik durch den Historismus. Limburger Vereinsdruckerei, Limburg 1936
  • Armin Falk (2001): Homo Oeconomicus Versus Homo Reciprocans: Ansätze für ein Neues Wirtschaftspolitisches Leitbild? In: Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich (Hrsg.): Working Paper. No. 79, Juli 2001 (PDF; 220 KB)
  • Stephan Franz (2004): Grundlagen des ökonomischen Ansatzes: Das Erklärungskonzept des Homo Oeconomicus' In: Universität Potsdam (Hrsg.): International economics working paper. 2004-02 (PDF; 69 KB)
  • Gebhard Kirchgässner (1991): Homo oeconomicus. Das ökonomische Modell individuellen Verhaltens und seine Anwendung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Mohr, Tübingen 1991, 3. ergänzte und erweiterte Aufl. ebd. 2008
  • Joseph Persky (1995): Retrospectives: The ethology of Homo economicus. In: Journal of Economic Perspectives. 9 (2), 1995, S. 221-231.
  • Stefan Zabieglik (2002): The Origins of the Term Homo Oeconomicus. In: Janina Kubka (Hrsgn.), Economics and Values. PG, Gdańsk 2002, ISBN 83-915729-2-7, S. 123-131

Weblinks

Wiktionary: Homo oeconomicus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Fußnote

  1. Eduard Spranger: Lebensformen. Geisteswissenschaftliche Psychologie und Ethik der Persönlichkeit. 8. Auflage. Tübingen 1950, S. 148
  2. F. A. von Hayek: Die Verfassung der Freiheit. Mohr (Siebeck), Tübingen 1971, S. 76
  3. Andreu Mas-Colell, Michael D. Whinston und Jerry R. Green: Microeconomic Theory
  4. Andreu Mas-Colell, Michael D. Whinston und Jerry R. Green: Microeconomic Theory
  5. Andreu Mas-Colell, Michael D. Whinston und Jerry R. Green: Microeconomic Theory
  6. N. Gregory Mankiw und Mark P. Taylor: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre
  7. Hal R. Varian: Grundzüge der Mikroökonomik
  8. Hal R. Varian: Grundzüge der Mikroökonomik
  9. N. Gregory Mankiw und Mark P. Taylor: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre
  10. Vergleiche beispielsweise Eberhard Ulich: Arbeitspsychologie. Poeschel, Stuttgart 1991, ISBN 3-7910-0574-X
  11. Claude Mossè: Homo Oeconomicus, in: Jean-Pierre Vernant (Hrsg.): Der Mensch der griechischen Antike, Frankfurt-New York-Paris 1993, 31-62
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