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Jerzy Popiełuszko
Jerzy Popiełuszko [jɛʐɨ popʲɛwuʂko] (* 14. September 1947 in Okopy bei Suchowola als Alfons Popiełuszko; † 19. Oktober 1984 bei Włocławek) war ein polnischer römisch-katholischer Priester, der aufgrund seiner Unterstützung der Opposition um die Solidarność von der Służba Bezpieczeństwa, dem polnischen Staatssicherheitsdienst, ermordet wurde. Im Jahr 2010 wurde Popiełuszko seliggesprochen.
Leben
Popiełuszko kam aus einfachen dörflichen Verhältnissen im Nordosten des Landes. Nach dem Gymnasium trat er ins Priesterseminar in Warschau ein. Den Wehrdienst musste er daher in einer gefürchteten Sondereinheit für Priesteramtskandidaten ableisten. Nach mehreren Pfarrstellen wurde er Studentenseelsorger.[1]
Während der 1980 geführten Streiks wurde Kaplan Popiełuszko als Seelsorger zur Unterstützung der Warschauer Stahlarbeiter eingesetzt.[1] Nach dem Verbot der Gewerkschaft Solidarność wurde seine St.-Stanisław-Kostka-Gemeinde zum Sammelbecken für oppositionelle Bürgerrechtler.[1] In seinen Predigten kritisierte er scharf das damalige kommunistische Regime in Polen, das 1981 verhängte Kriegsrecht und das Verbot der Gewerkschaft Solidarność. Seine monatliche „Messe für das Vaterland“ fand so regen Zulauf, dass sie mit Lautsprechern ins Freie übertragen wurde.[1] Wie viele andere polnische Kirchengemeinden unterstützte Popiełuszkos Gemeinde die Familien der Regimegegner, die ihren Arbeitsplatz verloren hatten oder im Gefängnis saßen. Hilfsgüter erhielt die Gemeinde unter anderem von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. Diese Kontakte sah die polnische Staatsführung als „staatsfeindliche Verbindungen“ an. Folgen waren Bespitzelung, Bedrohung und Verhöre. Im Dezember 1983 wurden Popiełuszko bei einer Durchsuchung seiner Wohnung u. a. Sprengstoffe, Granaten und Munition untergeschoben.[1][2] Aufgrund dieser fingierten Beweise wurde er wegen Sabotage verhaftet, bald aber auf Druck der Öffentlichkeit und auf Intervention des Bischofs Bronisław Dąbrowski beim Innenminister Czesław Kiszczak freigelassen und anschließend im Rahmen einer Amnestie begnadigt.[3]
Am 13. Oktober 1984 scheiterte ein Anschlag durch den Sicherheitsdienst mittels eines Steinwurfs auf sein vorbeifahrendes Auto.[1]
Am 16. Oktober 1984 bot ihm der damalige Primas Józef Glemp einen Studienaufenthalt in Rom an, den er ablehnte.[4]
Am 19. Oktober 1984 stoppten drei Offiziere des polnischen kommunistischen Staatssicherheitsdienstes Służba Bezpieczeństwa unter Leitung von Grzegorz Piotrowski seinen Wagen bei Toruń und entführten ihn. Sie schlugen ihn mit Fäusten und Holzknüppeln, banden Steine an seine Füße und ertränkten ihn im Weichsel-Stausee bei Włocławek. Dort wurde seine Leiche am 30. Oktober gefunden.
Die Täter, Grzegorz Piotrowski, Leszek Pękala und Waldemar Chmielewski, wurden entdeckt, da der Fahrer des Priesters fliehen konnte und sich das Autokennzeichen gemerkt hatte. Die Öffentlichkeit reagierte auf den Fund der Wasserleiche aufgebracht.[1]
Die Beerdigung am 3. November 1984 in seiner St.-Stanisław-Kostka-Gemeinde in Warschau, an der bis zu 800.000 Menschen teilnahmen,[5] wurde zu einer Demonstration gegen die kommunistische Staatsmacht.
Die Regierung von General Wojciech Jaruzelski ließ den Tätern den Prozess machen. In dessen Verlauf forderte die Staatsanwaltschaft für den Haupttäter sogar die Todesstrafe. Es gab jedoch Urteile zwischen 10 und 25 Jahren Haft, die später abgemildert wurden. Zudem erklärten die Richter damals, Hintermänner habe es keine gegeben. Erst im Jahr 2004 wurden Dokumente veröffentlicht, nach denen Jaruzelski bereits 1984 seinen ehemaligen Innenminister und Mitglied des Zentralkomitees General Mirosław Milewski als Drahtzieher verdächtigte,[6] der sich jedoch auf den mächtigen sowjetischen Geheimdienst KGB stützen konnte. Trotzdem gilt die schnelle Aufklärung der Tat als einer der „letzten Sargnägel für das kommunistische Regime in Polen“.[1]
Sein Grab besuchten bisher etwa 24 Millionen Pilger, darunter Johannes Paul II., Benedikt XVI., George H. W. Bush und Margaret Thatcher.[5]
Am 8. Juli 1997 leitete Papst Johannes Paul II. den Seligsprechungsprozess für Jerzy Popiełuszko ein. Papst Benedikt XVI. sprach sich für eine Beschleunigung des Verfahrens aus[7] und erkannte ihm durch ein Dekret am 19. Dezember 2009 den heroischen Tugendgrad zu.[8][9] Am 6. Juni 2010 wurde Popiełuszko auf dem Piłsudski-Platz in Warschau vor etwa 100.000 bis 250.000[10] Gläubigen und in Anwesenheit seiner 100-jährigen Mutter Marianna Popiełuszko durch Papst Benedikt XVI., vertreten von Pro-Präfekt Erzbischof Angelo Amato, als Märtyrer seliggesprochen.[11][12]
Bereits seit dem 13. Juli 1986 wird Jerzy Popiełuszko in der Kapelle der „Schwarzen Madonna“ in Illdorf (Bayern) verehrt.[13]
Literatur
- Siegfried Lammich: Der Popieluszko-Prozeß – Sicherheitspolizei und katholische Kirche in Polen. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1985
- Georg Motylewitz: Das war Popieluszko – Eine Dokumentation. Verlag Herder, Wien – Freiburg 1985, ISBN 3-901699-06-6
Auf Polnisch:
- Ewa Czaczkowska, Tomasz Wiścicki: Ksiądz Jerzy Popiełuszko. Świat Książki, Warszawa 2004, ISBN 978-8373916821
Film
- 1988: Der Priestermord (To Kill A Priest) – Regie: Agnieszka Holland
- 2009: Popieluszko. Die Freiheit in uns (Popiełuszko. Wolność jest w nas) – Regie: Rafał Wieczyński[14]
Bildende Kunst
Der Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim schuf 1985 eine Johannes von Nepomuk-Statue mit dem Gesicht von Popiełuszko[15], sowie 2007 das Popiełuszko-Denkmal in Warschau.
Weblinks
- Literatur von und über Jerzy Popiełuszko im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Publikationen von und über Jerzy Popiełuszko, bei: LitDok Ostmitteleuropa / Herder-Institut (Marburg)
- Interview with Popieluszko. (mp3) BBC, September 1984, archiviert vom Original am 29. Mai 2008; abgerufen am 16. Oktober 2012 (polnisch).
- Der Mord an Priester Jerzy Popiełuszko
- Jerzy Popiełuszko – Biographie
- Jerzy Popiełuszko beim Instytut Pamięci Narodowej (englisch)
- Beerdigung von Jerzy Popiełuszko beim Instytut Pamięci Narodowej (polnisch)
- Józef Niewiadomski, "Böses durch das Gute überwinden". Zum Lebensweg von Jerzy Popieluszko
Fußnoten
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Gerhard Gnauck: Ein Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Polens Pfarrer Popieluszko wird seliggesprochen. Die Welt, 5. Juni 2010, abgerufen am 11. September 2012.
- ↑ Piotr Litka: Prowokacja na Chłodnej. Onet, 9. Oktober 2009, abgerufen am 11. September 2012 (polnisch).
- ↑ Milena Kindziuk: Ksiądz Jerzy Popiełuszko. Axel Springer Polska, Warszawa 2009, ISBN 978-83-7558-255-0
- ↑ Milena Kindziuk: Ksiądz Jerzy Popiełuszko. Axel Springer Polska, Warszawa 2009, S. 94, ISBN 978-83-7558-255-0
- ↑ 5,0 5,1 6 czerwca beatyfikacja ks. Jerzego Popiełuszki. Onet.pl vom 30. Mai 2010 (polnisch)
- ↑ Piotr Lipiński: Kto kazał zamordować ks. Popiełuszkę? Milewski: to nie ja. Gazeta.pl, 5. Oktober 2004, abgerufen am 11. September 2012 (polnisch).
- ↑ Bogumił Łoziński: Ksiądz Popiełuszko szybciej świętym. dziennik.pl, 4. Februar 2009, abgerufen am 11. September 2012 (polnisch).
- ↑ Vatikan: Johannes Paul II. und Pius XII. erhalten „Tugendgrad“. Radio Vatikan, 19. Dezember 2009, abgerufen am 11. September 2012.
- ↑ Nationalheld und Märtyrer. kath.net, 19. Dezember 2009, abgerufen am 28. März 2013.
- ↑ Paul Flückiger: Priester des Protests. Der Tagesspiegel, 6. Juni 2010, abgerufen am 11. September 2012.
- ↑ Popieluszko selig gesprochen. n-tv, 6. Juni 2010, abgerufen am 11. September 2012.
- ↑ Irene Dänzer-Vanotti: Gedenken an Popieluszko. rp-online.de, 7. Juni 2010, abgerufen am 11. September 2012.
- ↑ Ludwig Wagner: Für den Glauben gestorben. Augsburger Allgemeine, 17. Juni 2010, abgerufen am 11. September 2012.
- ↑ 'Popieluszko, Film
- ↑ http://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/WM7D46LOLYFLMDVCDZ25WOPHJOMWT26T
Personendaten | |
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NAME | Popiełuszko, Jerzy |
KURZBESCHREIBUNG | polnischer Geistlicher, der vom polnischen Staatssicherheitsdienst ermordet wurde, Seliger |
GEBURTSDATUM | 14. September 1947 |
GEBURTSORT | Okopy bei Suchowola, Polen |
STERBEDATUM | 19. Oktober 1984 |
STERBEORT | bei Włocławek, Polen |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jerzy Popiełuszko aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |