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Kasper
Kasper (auch Kasperl oder Kasperle , bayr. Káschberl, schwäb. Kaschberle, schweiz. Chaschperli) ist der komische Held des Kaspertheaters, eines meist mit Handpuppen gespielten Puppentheaters mit derb-naiver Handlung. Es wird angenommen, dass die Rolle des Kaspers unter anderem auf den Hanswurst des Wiener Volkstheaters zurückgeht. Die Puppenfigur Kasper ist im deutschen Sprachraum seit Ende des 18. Jahrhunderts bekannt.
Kasper trägt üblicherweise eine lange (oft rote) Zipfelmütze, ein an den Harlekin erinnerndes Kleid mit großem, buntem Muster und hat eine Klatsche (auch Pritsche genannt) als symbolische Waffe. Aus diesem Schlagstock leitet sich das englische Wort slapstick für dieselbe Form der Komödie ab. Kasperls charakteristisch grinsendes Gesicht mit der auffälligen Nase (oft eine Hakennase) erinnert an Fastnachts-Masken und macht ihn auch verkleidet erkennbar.
In vielen Ländern gibt es dem Kasper vergleichbare Figuren, beispielsweise Mr. Punch in England, Guignol in Frankreich, Jan Klaassen in den Niederlanden, Mester Jackel in Dänemark, Pulcinella in Italien, Fasulis in Griechenland, Petruschka (spricht durch eine Pfeife) in Russland und Vasilache in Rumänien.
Geschichte des Kaspertheaters
Das Kaspertheater ist ein dem Märchen vergleichbarer Mikrokosmos mit überschaubaren Verhältnissen, aber deutlich satirischen und clownesken Zügen.
Ursprünglich war es ein derbes Jahrmarktsvergnügen für Erwachsene und Jugendliche mit einer komischen Figur im Mittelpunkt, die in der langen Tradition "clownesker" Figuren im Menschentheater stand. Hierbei entwickelten sich in Europa verschiedene Typen heraus, so Guignol in Frankreich oder Kasper in Deutschland. In England war das „Punch and Judy“-Spiel sehr populär: Mr. Punch soll auf sein Kind aufpassen. Da es schreit, wirft er es zum Fenster hinaus, bekommt Streit mit seiner Frau Judy, verprügelt diese und schlägt der Reihe nach alle Personen und Gewalten tot, die ihm begegnen (Polizist, Krokodil, Teufel und sogar den Tod). Diese Geschichte sprach wohl die vielfach unterdrückten Aggressionen der Zuschauer an und bot ihnen ein Ventil für ihre Verdrossenheit mit der Obrigkeit. Oft wurde das „Punch and Judy“-Spiel wegen Unmoral verboten und die Puppenspieler vertrieben oder bestraft.
Stilprägend für die Gestaltung der Handpuppen im Kaspertheater im 20. Jahrhundert wurden die 1921 von Max Jacob im Erzgebirge gegründeten Hohnsteiner Puppenspiele. Max Jacob ersetzte auch den rüden und zotigen Jahrmarktskasper durch einen eher weisen und pädagogischen Kasper, der vor allem die kleinen Zuschauer zum richtigen Tun anleiten will. Während des Zweiten Weltkriegs betrieb Max Jacob das Kaspertheater als Fronttheater.
Weitere bekannte Hohnsteiner Puppenspieler waren Erich Kürschner und Harald Schwarz, deren Bühnen beide in Essen ansässig waren. Irmgard Waßmann und Claus Gräwe arbeiteten zehn Jahre lang mit Friedrich Arndt zusammen. Rudolf Fischer gehörte zunächst zu Max Jacobs Mitspielern, machte sich dann aber mit den Königsteiner bzw. später Darmstädter Puppenspielen selbständig und fand zu einem eigenen Stil.
Figuren des Kaspertheaters
Das heutige, durch die Hohnsteiner stark bestimmte Kaspertheater dient fast ausschließlich der Unterhaltung jüngerer Kinder. Zu seinem Standardpersonal gehören:
- für das Gute: Kasper, Sepp(e)l (Freund und oft Sinnbild für Ehrlichkeit, aber auch Einfalt), Gret(e)l (die Frau und Stimme der Vernunft), Großmutter, Fee;
- für Ordnung, Gerechtigkeit und Obrigkeit: Prinzessin, Prinz, König, Wachtmeister;
- für das Böse: Hexe, Zauberer, Teufel, Räuber, Krokodil (als „Ersatzdrache“).
Umsetzungen
Stückeschreiber
Berühmtheit als Autor von ebenso kindgerechten wie zeitkritischen Kasperstücken (z. B. Das Eulenschloss) erlangte Franz Graf von Pocci im 19. Jahrhundert in München (Kasperl Larifari als Marionette).
Literarische Würdigung
Literarisch gewürdigt wurde der Kasper in Theodor Storms Novelle Pole Poppenspäler aus dem Jahr 1875, in der eine Marionettenspielertruppe den Kasperle als komische Figur in klassischen Puppentheaterstücken auftreten lässt.
In den 1920 Jahren verfasste Josephine Siebe erfolgreiche Kasper-Kinderbücher.
In Otfried Preußlers 1962 erschienenem Kinderbuch Der Räuber Hotzenplotz erlebt Kasperl mit seinem Freund Seppel spannende Abenteuer. Preußler orientierte sich auch bei der übrigen Besetzung (Großmutter, Wachtmeister, Zauberer, Fee, Krokodil, [unerfahrene Hobby-]Hexe) erkennbar am traditionellen Kasperle-Ensemble.
Im Jahr 2012 ließ der Schriftsteller Francis Nenik eine an die Tradition des Punch erinnernde Kasper-Figur in seinem Roman "XO" auftreten. Nenik literarisiert dabei die Form des Kasper-Theaters und stellt das ursprünglich derbe Vergnügen der Figur in den Vordergrund.[1]
Moderne Formen
Aus den Hohnsteiner Puppenspielen entwickelten sich auch pädagogisch genutzte moderne Varianten in Form des Lehrtheaters, wie etwa die Polizeipuppenbühne von Heinz Krause in Hamburg mit Polizisten als Puppenspielern oder der Karlsruher Verkehrskasper von Siegbert Warwitz, der im Rahmen der Verkehrserziehung Kinder zwischen fünf und fünfzehn Jahren Puppen und Puppenspiele in Projektform zudem selbst gestalten lässt. Aber auch Feuerwehr, Werbeindustrie, Hygiene- und Umwelterziehung versuchen, den ungebrochenen Reiz des Kaspers für ihre Ziele zu nutzen.
Heutige Kaspertheater
Nach wie vor reisen viele Kaspertheater, die, wie einst die vielen typischen Jahrmarktsgeschäfte, von Komödianten betrieben werden, darunter einige der alten Puppenspieler-Familien Maatz und Sperlich. Auftrittsorte sind zumeist Veranstaltungssäle von Kirchengemeinden und dergleichen, einige Unternehmen führen kleine Spielzelte mit. Jahrmärkte werden nur noch selten bespielt, eine Ausnahme sind "Nostalgie-Jahrmärkte".
In der Tradition des klassischen Kaspertheaters stehen die Piccolo Puppenspiele, das Figurentheater des Bergisch Gladbacher Puppenspielers Gerd J. Pohl. Zunächst spielte Pohl mit Figuren im Hohnsteiner Stil, von denen er sich aber später löste, um seinen eigenen Kaspertyp zu entwickeln.
Seit über 60 Jahren spielt die Puppenspielerfamilie Herrnleben ausschließlich Kasperltheater, immer mit ihrem Bamberger Kasperl im fränkischen Dialekt.
In Österreich zählt die Oberösterreichische Puppenbühne aus Pucking bei Linz zu den ältesten und traditionsreichsten Vertretern dieser Zunft. Eine ehemals populäre Kindersendung im österreichischen Fernsehen hieß Kasperltheater.
In Bayern ist der Kasperl-Fischer vom Oberbayrischen Puppentheater in dritter Generation unterwegs. Einer der letzten"Alleinspieler" spricht alle Rollen selbst.
Hörspiele
Walter Benjamin schrieb und produzierte 1932 das Kinderhörspiel Radau um Kasperl für den Rundfunk. Gerd von Haßler verfasste in den 1960er und 1970er Jahren rund siebzig Kaspergeschichten, die als Hörspiele auf knapp vierzig Langspielplatten unterschiedlichster Plattenlabels publiziert wurden.
Weitere Kasper-Hörspiele entstanden unter der Federführung der Hohnsteiner Bühnen von Max Jacob und Friedrich Arndt sowie unter der des Berliner Puppentheaters Die Kullerköpfe des Puppenspielers Michael Orth. Die Hamburger Polizeipuppenbühne (Leitung: Heinz Krause) veröffentlichte insgesamt sieben verkehrspädagogische Hörspiele, die bei den Labeln EUROPA und BASF als Langspielplatten veröffentlicht wurden. Auch die Kasper Lari-Geschichten von Max Kruse dienten als Vorlage für Hörspiele, ebenso das Kasperle (im Gegensatz zu „der Kasper“ mit sächlichem Artikel) der Augsburger Puppenkiste.
Von Ende der 1980er bis Anfang der 1990er Jahre verfassten Elisabeth und Wolfgang Herrnleben über 750 Gute-Nacht-Geschichten des Bamberger Kasperls für das Lokalradio. Seit 2000 veröffentlichen die Herrnlebens wieder Tonträger. Zunächst noch Wolfgang Herrnleben als Bamberger Kasperl, seit 2006 sein Sohn Florian Herrnleben. Als bisheriges Highlight dieser seit über 20 Jahren bestehenden Hörspielserie wird die aktuelle CD Kindergeschichten mit dem Bamberger Kasperl – SPEZIAL gesehen, die Florian Herrnleben als Kasperl zusammen mit vielen prominenten Kollegen wie Bastian Pastewka, Dirk Bach, Martin Schneider u.v.m. zu Gunsten der Deutschen Kinderkrebsstiftung produziert hat.
In der Schweiz sind vor allem die Kasperli-Hörspiele von Jörg Schneider und Bernhard Huber bekannt.
Alarm im Kasperletheater
In dem in den 1950er Jahren entstandenen Buch Alarm im Kasperletheater geht es um eine wilde Verfolgungsjagd. Der Kasper und seine Freunde jagen dem Teufel hinterher, der die Pfannkuchen für Omas Geburtstag gestohlen hat. Der Text wurde in Reimen von Nils Werner geschrieben und von Heinz Behling illustriert. Von denselben Autoren stammt auch das Buch Teddy Brumm. Das Buch ist im Eulenspiegel Verlag erschienen.[2]
In den 1960er Jahren erschien eine 16-minütige Zeichentrick-Verfilmung der DEFA.
Bekannte Kasper-Interpreten
- Rudolf Fischer (Theater und Film/TV)
- Friedrich Arndt (Theater, Hörspiel und Film/TV)
- Max Jacob (Theater, Hörspiel und Film/TV)
- Rolf Castell (Hörspiel)
- Oswald Hempel (Theater)
- Walter Büttner (Theater und Film/TV)
- Paul Hölzig (Theater)
- Gerd J. Pohl (Theater und Film/TV)
- Gerd von Haßler (Hörspiel)
- Hans Clarin (Hörspiel)
- Heinrich Maria Denneborg (Theater)
- Jo Micovich (Theater)
- Heinz Fülfe (Theater; seine Fernseharbeiten waren keine Kasperspiele)
- Jörg Schneider (Schweizer Hörspiel)
- Puppenspielerfamilie Herrnleben (Theater, Hörspiel und Film/TV)
Siehe auch
Weblinks
- Zur Geschichte des Kasperltheaters (Memento vom 25. Mai 2010 im Internet Archive)
Einzelnachweise
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kasper aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |