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Mariusz Kamiński (Politiker)
Mariusz Kamiński (* 25. September 1965 in Sochaczew, Woiwodschaft Warschau) ist ein polnischer Politiker der Partei Prawo i Sprawiedliwość. Zur Zeit der Volksrepublik Polen war er Aktivist der antikommunistischen Opposition, von 1997 bis 2006 war er und seit 2011 ist er erneut Abgeordneter des Sejms. Er war von 2006 bis 2009 Leiter der Antikorruptionsbehörde CBA. Ab November 2015 war Kamiński Geheimdienstkoordinator in Ministerrang im Kabinett Szydło, in den darauffolgenden Kabinetten Morawiecki I und II war er ab August 2019 zusätzlich Minister für Inneres und Verwaltung. Aus beiden Ämtern schied er mit dem Regierungswechsel im November 2023 aus.
Leben
Im Jahr 1981 wurde er wegen Schändung eines Denkmals zur Dankbarkeit an die Sowjetarmee zu einem Jahr Jugendhaft verurteilt. Im Mai 1983 wurde er wegen aktiven Widerstands während einer Demonstration festgenommen. Im Juli des gleichen Jahres wurde er entlassen, jedoch daraufhin vom Lyzeum relegiert. Durch Vermittlung des Unterstützungskomitee des Warschauer Erzbischofs und Primas von Polen Józef Glemp konnte er den Schulbesuch dann aber am Chrobry-Lyzeum in Warschau-Praga fortsetzen, dessen Direktor stillschweigend die Opposition unterstützte.[1] Kamiński nahm 1984 ein Geschichtsstudium an der Universität Warschau auf, das er 1990 mit dem Magistergrad abschloss. Ab 1984 war Kamiński Mitglied des Unabhängigen Studentenverbandes.[2] Ebenfalls war er Mitglied des geheimen Vorstandes des Unabhängigen Studentenverbandes an der Universität Warschau. Als Vertreter der oppositionellen Studentenorganisationen hat er an einer der Arbeitsgruppen an den Gesprächen am Runden Tisch teilgenommen.[3]
Kurzzeitig war er Funktionär in der Ruch Obywatelski Akcja Demokratyczna (ROAD; „Bürgerbewegung für Demokratische Aktion“),[4] einer von Aktivisten der Solidarność gegründeten Partei. 1991 arbeitete Mariusz Kamiński in der Abteilung für interne Bedrohungen des Biuro Bezpieczeństwa Narodowego (Nationale Sicherheitsbehörde). Später fand er in der Verwaltung des Vorstandes der Solidarność in der Region Masowien, dem Hauptzollamt sowie beim öffentlich-rechtlichen Fernsehsender TVP Anstellung.[2]
Außerdem war Kamiński Mitbegründer der Stiftung Pamiętamy („Wir erinnern uns“), welche sich für die Erinnerung an die sogenannten „verstoßenen Soldaten“ einsetzt. Im Jahr 1993 gründete er die antikommunistische Organisation Liga Republikańska und stand dieser vor. Bei der Parlamentswahl 1997 wurde Kamiński erstmals zum Abgeordneten des Sejm von der Wahlliste der Akcja Wyborcza Solidarność gewählt.
In den Jahren von 2001 bis 2002 war er stellvertretender Vorsitzender der Partei Przymierze Prawicy („Allianz der Rechten“), welche anschließend in der Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS) aufging. Bei den Wahlen 2001 und 2005 wurde Kamiński über die Wahlliste der PiS im Wahlkreis Warschau erneut in den Sejm gewählt. Von 2004 bis 2006 war er Vorsitzender der PiS in der Region Warschau. Im Kabinett Marcinkiewicz war Mariusz Kamiński von Oktober 2005 bis Juli 2006 Staatssekretär in der Kanzlei des Ministerpräsidenten.[5]
Am 5. Juli 2006 legte er sein Abgeordnetenmandat nieder und wurde am darauffolgenden Tag zum Organisationsbeauftragten der Anti-Korruptionsbehörde (Centralne Biuro Antykorupcyjne) ernannt, deren Gründung er initiiert hatte.[2] Kamiński verzichtete auf die Mitgliedschaft bei der PiS und wurde am 3. August 2006 vom damaligen Ministerpräsident Jarosław Kaczyński zum Leiter des neugegründeten CBA berufen.[6]
Am 6. Oktober 2009 nahm die Bezirksstaatsanwaltschaft Rzeszów ein Ermittlungsverfahren gegen Kamiński wegen Amtsmissbrauchs sowie Fälschung von Dokumenten in der sogenannten Afera gruntowa (Grundstück-Affäre) auf. Unter seiner Leitung hatte das CBA versucht, einen Korruptionsfall zu inszenieren, um den damaligen Agrarminister und Vizepremierminister Andrzej Lepper von der Partei Samoobrona zu diskreditieren. Der Fall hatte 2007 zum Zerfall der Regierungskoalition und zu Neuwahlen geführt. Kamiński stritt ab, eine Straftat begangen zu haben.[7] Ministerpräsident Donald Tusk (PO) berief ihn wegen der Vorwürfe der Staatsanwaltschaft vom Posten des CBA-Leiters ab. Im September 2010 wurde schließlich Anklage erhoben,[8] Kamiński wurde im selben Monat aus dem Staatsdienst entlassen.[9] Das Verfahren zog sich über mehrere Jahre hin.
Im Januar 2011 trat er der Prawo i Sprawiedliwość erneut bei[10] und saß dort im Parteiausschuss.[11] Ebenfalls wurde er zum Beauftragten der PiS in Warschau.[12] Bei der Parlamentswahl 2011 erzielte er 17.535 Wählerstimmen und erhielt somit ein Mandat für den Sejm.[13] Am 26. November 2011 wurde er vom Parteirat der PiS zum stellvertretenden Vorsitzenden der Partei gewählt.[14] Bei der Parlamentswahl 2015 gelang ihm mit 29.654 erhaltenen Stimmen eine Wiederwahl.[15]
Bereits einige Monate zuvor war Kamiński nach längerem Verfahren erstinstanzlich wegen Amtsmissbrauchs, Urkundenfälschung und illegaler Telefonüberwachung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren sowie einem zehnjährigen Verbot der Ausübung eines öffentlichen Amtes verurteilt worden. Kamiński hatte hiergegen Berufung eingelegt.[16] Am 17. November 2015, einen Tag nach seiner Ernennung zum Geheimdienstkoordinator der neuen Regierung Szydło, wurde Mariusz Kamiński von Staatspräsident Andrzej Duda begnadigt, der dem Amtsgericht Warschau mitteilte, dass er das „Verfahren einstelle“.[17][18] Die beiden ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichts Andrzej Zoll und Jerzy Stępień warfen Duda Verfassungsbruch vor, da das Begnadigungsrecht sich nur auf rechtskräftig verurteilte Straftäter beziehe und der Präsident kein Recht habe, ein laufendes Gerichtsverfahren abzubrechen.[19][20][21] Der Verfassungsrechtler Ryszard Piotrowski sowie Tomasz Grzegorczyk sehen die Begnadigung wiederum als verfassungsmäßig an. Der Präsident sei nicht dazu verpflichtet, seine Entscheidung zu begründen, wobei das Gerechtigkeitsgefühl nicht verletzt werden dürfe.[22] Das Amtsgericht Warschau ignorierte den Rechtsakt und verwies die Sache dennoch an das Landgericht.[23] Ende März 2016 entschied das Landgericht in einem Urteil hingegen, dass es nicht die Kompetenz habe, die Entscheidung des Präsidenten auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu hinterfragen, und hob das Urteil gegen Kamiński auf.[24] Das Oberste Gericht Polens hob diese Entscheidung am 31. Mai 2017 auf, da der Präsident die rechtskräftige Verurteilung Kamińskis hätte abwarten müssen.[25]
Nach seiner Ernennung zum Innenminister im August 2019 kritisierte die Opposition im Sejm eine „beispiellose Konzentration von Macht in der Hand eines Mannes“.[26] Nach der Niederlage der PiS bei der Parlamentswahl im Oktober 2023 endete Kamińskis Amtszeit als Minister im November 2023. Nachdem der Oberste Gerichtshof die frühere Entscheidung aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen hatte, verurteilte das Bezirksgericht (Sąd okręgowy) Warschau Kamiński am 20. Dezember 2023 zu zwei Jahren Haft und untersagte ihm für fünf Jahre die Ausübung öffentlicher Ämter. Sejmmarschall Szymon Hołownia erklärte daraufhin am Folgetag das Erlöschen seines Parlamentsmandats. Der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidung am 5. Januar 2024 auf. Am 8. Januar erließ das Kreisgericht Warschau-Mitte Haftbefehl gegen Kamiński. Staatspräsident Andrzej Duda, der weiterhin seine Begnadigung Kamińskis für rechtsgültig erachtete, lud diesen und seinen ebenfalls verurteilten ehemaligen Staatssekretär Maciej Wąsik am nächsten Tag in den Präsidentenpalast ein. Dort verhaftete die Polizei Kamiński und Wąsik am Abend des 9. Januar 2024.[27] Am 10. Januar 2024 trat Kamiński, der seine Verhaftung wegen der trotz Begnadigung 2015 erfolgten Verurteilung in der 2007 aufgedeckten Affäre Lepper für politische Rache hält, in einen Hungerstreik.[28]
Auszeichnungen
Im Jahr 2010 erhielt Kamiński für außerordentliche Verdienste, unter anderem durch sein Wirken an einem demokratischen Wandel in Polen, von dem damals amtierenden Präsidenten Lech Kaczyński den Orden Polonia Restituta (Komtur).[29]
Außerdem wurde er von der Gazeta Polska zum „Mann des Jahres 2007“ auserwählt.[30]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Joanna Cieśla: Kamiński, niepoprawny radykał z poczuciem misji. In: Polityka, 21. Januar 2010.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Mariusz Kamiński w serwisie "Ludzie Wprost". In: archive.is. Archiviert vom Original am 4. Mai 2013; abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Walka nigdy się nie kończy. In: polityka.pl. 21. Januar 2010, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Tuska cień. In: schetyna.pl. 4. Dezember 2007, archiviert vom Original am 23. September 2010; abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Na łapówkarzy poseł Kamiński. In: wp.pl. 15. November 2005, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Mariusz Kamiński szefem CBA. (Nicht mehr online verfügbar.) In: wp.pl. 3. August 2006, ehemals im Original; abgerufen am 15. November 2015 (polski). (Link nicht mehr abrufbar)
- ↑ Szef CBA usłyszał zarzut. Nie przyznaje się. In: fakty.interia.pl. 6. Oktober 2009, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Kamiński o oskarżeniu: tego się spodziewałem. In: tvn24.pl. 3. September 2010, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Mariusz Kamiński zwolniony z CBA. In: rp.pl. 9. September 2010, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Mariusz Kamiński znów w PiS. In: tvn24.pl. 21. Januar 2011, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Mariusz Kamiński w ścisłym kierownictwie PiS. In: wprost.pl. 22. Januar 2011, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Mariusz Kamiński nowym szefem warszawskiego PiS. In: naszemiasto.pl. Abgerufen am 31. Mai 2011 (polski).
- ↑ Serwis PKW – Wybory 2011. In: pkw.gov.pl. Abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Serwis PKW – Wybory 2015. In: pkw.gov.pl. Abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Mariusz Kamiński nowym wiceszefem PiS. In: tvn24.pl. 26. November 2011, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ President Duda pardons former head of anticorruption agency. In: The Warsaw voice. 18. November 2015, abgerufen am 29. November 2015 (english).
Sąd: Kamiński winny nadużycia prawa w "aferze gruntowej". Trzy lata więzienia. In: tvn24.pl. 30. März 2015, abgerufen am 15. November 2015 (polski). - ↑ Prezydent Duda ułaskawił Mariusza Kamińskiego. In: tvn24.pl. 17. November 2015, abgerufen am 17. November 2015 (polski).
- ↑ Prezydent sądzi, że jest sądem. In: wyborcza.pl. 20. November 2015, abgerufen am 1. Mai 2016 (polski).
- ↑ "Stępień: To wygląda na zamach stanu", Gazeta Wyborcza vom 20. November 2015
- ↑ "Profesor Andrzej Zoll: 20 listopada skończyło się w Posce państwo prawa", Gazeta Wyborcza vom 21-22 November 2015
- ↑ Vetter, Reinhold: Von Kaczyńskis Gnaden. Die neue nationalkonservative Regierung, in: Polen-Analysen Nr. 173, 1. Dezember 2015, S. 2–8.
- ↑ Prawnicy: prezydent może ułaskawić po nieprawomocnym skazaniu. In: rp.pl. 17. November 2015, abgerufen am 16. April 2016 (polski).
- ↑ "Sąd broni niezawisłości", Gazeta Wyborcza vom 2. Dezember 2015
- ↑ "Prezydent nad sądem", Gazeta Wyborcza vom 31. März 2016
- ↑ Es gibt noch unabhängige Gerichte in Polen. In: Die Zeit. 2. Juni 2017, abgerufen am 15. Juni 2017.
- ↑ Kaminski zum Innenminister Polens ernannt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. August 2019, S. 5.
- ↑ Machtkampf in Polen: Verhaftung im Präsidentenpalast. In: Süddeutsche Zeitung, 9. Januar 2024.
- ↑ Polens Ex-Innenminister tritt in Haft in Hungerstreik – Präsident Duda kritisiert Behörden. In: Die Welt. 10. Januar 2024, abgerufen am 10. Januar 2024.
- ↑ Ordery i odznaczenia dla działaczy NZS. In: prezydent.pl. 19. März 2010, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
- ↑ Mariusz Kamiński "Człowiekiem Roku" Gazety Polskiej. In: money.pl. 2. Januar 2008, abgerufen am 15. November 2015 (polski).
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Personendaten | |
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NAME | Kamiński, Mariusz |
KURZBESCHREIBUNG | polnischer Politiker, Mitglied des Sejm |
GEBURTSDATUM | 25. September 1965 |
GEBURTSORT | Sochaczew |
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