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Pessach

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Pessach, auch Passa, Passah oder Pascha genannt (hebräisch פֶּסַח pésach, Audio-Datei / Hörbeispiel pésach?/i; aramäisch פַּסְחָא pas’cha; (Septuaginta und NT:) altgriechisch πάσχα pás’cha, deutsch ‚Vorüberschreiten‘), gehört zu den wichtigsten Festen des Judentums. Das Fest erinnert an den Auszug aus Ägypten (Exodus), also die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei, von der das 2. Buch Mose im Tanach erzählt. Die Nacherzählung (Haggada) dieses Geschehens verbindet jede neue Generation der Juden mit ihrer zentralen Befreiungserfahrung.

Pessach wird von Juden in der Woche vom 15. bis 22., in Israel bis zum 21. Nisan gefeiert.[1] Es ist ein Familienfest mit verschiedenen Riten, das mit dem Sederabend am 14. Nisan eingeleitet wird und mit einem einwöchigen Verzehr von Matzen einhergeht, weswegen es auch „Fest der ungesäuerten Brote“ heißt.

In der Zeit des zweiten Jerusalemer Tempels, also zwischen etwa 530 vor und 70 nach Chr., gehörte Pessach neben Schawuot (dem Wochenfest) und Sukkot (dem Laubhüttenfest) zu den drei israelitischen Wallfahrtsfesten, an denen die Gläubigen zum Tempelberg pilgerten.

Sedertisch mit Haggada-Büchern

Begriff

Das hebräische Wort פסח pessach ist abgeleitet von einem Verbalstamm mit der Bedeutung „auf-/gegen-/zurückstoßen“ oder „abprallen“.[2] Es bezeichnet in Ex 12,13 EU das „Vorübergehen“, „Auslassen“ oder „Überspringen“ jüdischer Häuser während JHWHs Strafgericht an den ägyptischen männlichen Erstgeborenen in der Nacht des Auszugs. Die Hebräer seien dabei verschont geblieben, weil sie ihre Türen mit einem Schutzzeichen markiert hätten (Ex 12,27 EU).

Die im Deutschen von Nichtjuden oder Christen gebräuchlichsten Namensformen sind Passa (Lutherbibel, evangelische Liturgie), Pascha (ausgesprochen als Pas’cha, Loccumer Richtlinien, Einheitsübersetzung, katholische Liturgie). Die revidierte Einheitsübersetzung von 2016 verwendet im Alten Testament die Schreibung Pessach.

Pascha ist in der Vulgata ein Lehnwort aus dem Griechischen. Mit Wortableitungen vom lateinischen pascha bezeichnen die meisten europäischen Sprachen das christliche Osterfest (siehe dort).

Biblische Begründung

Opferung des Lamms während der Plagen (1880), Pfarrkirche Andelsbuch (Vorarlberg)

Das Pessach wird in Ex 12,1–20 EU als Gebot Gottes zwischen Ankündigung (Ex 11,5–10 EU) und Vollstreckung (Ex 12,29–51 EU) der letzten der Zehn Plagen eingesetzt. Einige spätere Bestimmungen ergänzt Ex 12,43–49 EU.

Im biblischen Zusammenhang beendet dieses Fest die Knechtschaft Israels: Als sich die Ägypter weigern, die Hebräer ziehen zu lassen, kündet Gott ihnen nach neun erfolglosen Plagen die Tötung der Erstgeborenen von Mensch und Tier an. Um verschont zu bleiben, solle jede israelitische Familie abends ein männliches, einjähriges fehlerloses Jungtier von Schaf oder Ziege schlachten, mit dessen Blut die Türpfosten bestreichen und es dann braten und gemeinsam vollständig verzehren. An den so markierten Häusern werde der Todesengel in derselben Nacht vorübergehen (Ex 12,23 EU) (pāsaḥ), während er Gottes Strafaktion an Ägypten vollstrecke. Danach drängt der Pharao die Israeliten zum Verlassen des Landes, worauf sie gemäß Gottes Anweisungen vorbereitet sind.

Neben Schlachtung und Verzehr der Pessachtiere begründet das Kapitel auch das Festdatum, Ysop zum Bestreichen der Türen, das Auskehren allen gesäuerten Teiges, das siebentägige Matzenessen, das gegürtete, angekleidete Durchwachen der Auszugsnacht und Versammlungen am ersten und letzten Festtag. Ex 13,1–16 EU ergänzt das Opfer (Tier) bzw. die Weihe (Mensch) der männlichen Erstgeburt und das erzählende Erinnern der Auszugsnacht als Antwort auf die Frage eines Sohnes nach Herkunft und Sinn des Pessach.

Bestimmungen aus der späteren Königszeit in Dtn 16,1–8 EU geboten das Pessach als zentrales Kultfest und verboten die Hausschlachtung. Als Opfertiere durften auch Rinder gewählt werden; sie mussten am selben Abend gekocht und restlos verzehrt werden. Das siebentägige Matzenessen sollte von der Auskehr allen Sauerteiges aus Israel während der Festwoche begleitet sein, „damit du dein ganzes Leben lang des Tages gedenkst, an dem du aus Ägypten gezogen bist“ (V. 3). Der siebte Festtag sollte als Ruhetag mit einer Versammlung begangen werden.

Num 9,1–14 EU wiederholt die Pessachregeln von Ex 12 EU und ergänzt: Wer aus irgendeinem Grund – etwa einer weiten Reise oder einer kultischen Unreinheit – an der Teilnahme gehindert ist, darf Pessach im folgenden Monat (am 14. Ijjar) nachfeiern (Pessach scheni: „zweites Pessach“, auch „kleines Pessach“ genannt). Das zweite Pessach dauert nur einen Tag, das Verbot des Gesäuerten gilt nicht. Dennoch werden zum Andenken auch an diesem Tag u. a. Matzen gegessen.

Jos 5,10–12 EU beschreibt ein Pessach der zweiten Wüstengeneration beim Übergang zur Sesshaftwerdung in Kanaan. Damit habe Gott die „ägyptische Schande“ endgültig von den Israeliten abgewälzt; von jenem Fest an sei das Manna als wunderbare Wüstennahrung nicht mehr notwendig gewesen.

Entstehung und Wandel

Herkunft

Die alten Festkalender der Tora (Ex 23,14–17 EU; 34,18–23 EU) nennen nur das Matzenfest als eins von drei regelmäßigen, noch nicht genau datierten Wallfahrtsfesten. Die Notiz Num 33,3 EU erwähnt nur das Pessach vor dem Aufbruch aus Ägypten; auch Num 9,1–14 EU erwähnt das Matzenfest nicht. Erst Lev 23,4–8 EU nennt Pessach- und Matzenfest nebeneinander und legt die Rahmentage der Festwoche fest. Deshalb nimmt die alttestamentliche Forschung vielfach an, dass Tier- und Brotritus ursprünglich getrennt und verschiedener Herkunft waren.

Leonhard Rost erklärte die Tierschlachtung zum Bestreichen der Türen (Ex 12,21–23 EU) als nomadischen Schutzritus, um Wüstendämonen aus der Behausung fernzuhalten.[3] Ähnliche, nur bei besonderen Anlässen geübte Familienriten sind bei nichtsesshaften Araberstämmen bekannt (ragah- und dabiha-Opfer). Die ungesäuerten Brote werden auf ein bäuerliches Fest der Wintergetreideernte zurückgeführt, bei dem altes, zur Säuerung verwendetes Saatgut von neuem Getreide getrennt und bis zur Säuerung des ersten neuen Mehls nur ungesäuertes Brot gegessen wurde. Die Verbindung zur Erstgeburtsweihe in Ex 13 EU wird als sekundär betrachtet.[4]

Beide Bräuche wurden vermutlich erst nach Staatsgründung und Bau des ersten Tempels miteinander verbunden und erhielten dabei eine neue Bedeutung: Das Backen und Essen ungesäuerten Brotes erklärt Ex 12,39 EU mit der Zeitnot vor dem Aufbruch. Das Blutstreichen dient dem Gedenken an die Rettung vor Gottes Gericht (V. 27EU), der gemeinsame restlose Verzehr des Tieres der Stärkung zum Aufbruch (V. 10EU). Der Alttestamentler Werner H. Schmidt erklärt dazu:

„Demnach war das Passa zunächst kein Opfer, auch kein Erstgeburtsopfer …; das Passa wollte weder Gemeinschaft mit der Gottheit stiften noch ihr Sühne leisten. […] Durch die – wohl nachträgliche – Verbindung beider Kultakte wurde das Passa in ein Wallfahrtsfest umgewandelt, das am Heiligtum begangen wurde.“[5]

Zentrales Tempel- und Wallfahrtsfest

Die Verlegung des Familienfestes zum zentralen Tempelfest zeigt Dtn 16,2.5ff EU. Dabei verlangt v.7 gegen Ex 12,9 EU das Kochen, nicht Braten des Opfertieres, das den ursprünglich häuslichen Festcharakter bestätigt. Nach 2 Kön 23,21f EU folgte König Josia diesen wiederentdeckten Geboten des Deuteronomiums und feierte ein Pessach als Staatsfest beim Tempel, das er zugleich zur Abschaffung verbliebener Fremdkulte nutzte.

Im babylonischen Exil (586–539 v. Chr.) wurde Pessach erneut als Familienfest gefeiert und festgelegt. Aus dieser Zeit stammen die detaillierten Pessachbestimmungen (Ex 12,1–14 EU), die redaktionell in den Erzählfaden der Auszugsgeschichte eingefügt wurden. Dabei bestätigt die ebenfalls exilische Notiz Ez 45,21ff EU den Termin am 14. Nisan, der die Vollmondnacht meinte, aber auch die deuteronomische Ansicht, Pessach sei am Zentralheiligtum zu feiern. Außerbiblische Quellen aus der ägyptischen Kolonie Elephantine und ein Brief des Königs Darius II. von 419 v. Chr. bestätigen Festtermin und Festdauer für die Perserzeit.

Nach dem Wiederaufbau des Tempels (ab 539 v. Chr.) schlachteten die Priester die Pessachtiere – auch Rinder waren wieder erlaubt –, die Festpilger brieten und verzehrten sie dann im Tempelvorhof (2 Chr 30,1–5 EU; 35,13f EU; Esr 6,19f EU). Diese Arbeitsteilung behielten die Samaritaner nach ihrer Trennung vom Tempelkult auf dem Berg Garizim bei. Damit entfiel auch das Streichen des Tierblutes an die privaten Türpfosten.[6]

Die Umwandlung zum zentralen Tempelfest konnte sich in Israel jedoch offenbar nicht ungebrochen durchsetzen: Unter der römischen Herrschaft wurde nur die Schlachtung am Tempel vollzogen; die Festpilger nahmen ihr Teil, brieten und aßen es dann mit Vorspeisen, Wein und Gesang – einer Vorform des später festgelegten Sederablaufs – in ihren Häusern. In dieser Form war Pessach das Hauptfest des Judentums zur Zeit Jesu von Nazaret.

Außerbiblische Pessachtexte

Das Jubiläenbuch entstand um 150 v. Chr. als theologischer Traktat, der Toratexte paraphrasierend deutet, um die Israeliten gegen den Einfluss des Hellenismus an ihre Traditionen zu binden. Kapitel 49 erklärt das Pessach: In der Auszugsnacht hätten die Israeliten damit ihren Gott gelobt, während von ihm gesandte böse Mächte den Ägyptern Unheil brachten. In der vorstaatlichen Zeit habe man Pessach im Zelt gefeiert, nach dem Tempelbau aber im Tempelvorhof. Jeder männliche Jude ab 20 Jahren müsse es zum festgesetzten Datum jährlich feiern, und zwar „vom dritten Teil des Tages bis zum dritten Teil der Nacht“. Das Pessachlamm werde Gott am Tempel geopfert, um ganz Israel erneut ein Jahr lang vor Strafen und Plagen zu bewahren. – Kapitel 17,15 und 18,3.18f zufolge fand die Beinahe-Opferung Isaaks an einem 14. Nisan statt. Damit wird dem Pessachblut nach Philip R. Davies jedoch keine entsühnende Wirkung zugesprochen, sondern Isaaks Rettung durch ein Tieropfer weise vorweg auf die kommende Rettung aller erstgeborenen Israeliten durch das Pessachopfer hin.[7]

Die Tempelrolle unter den Schriftrollen vom Toten Meer bestätigt das Mindestalter von 20 Jahren für Pessachpilger und die Schlachtung durch Priester. In einem Kalenderfragment wird der Pessachtermin nach dem Sonnenjahr von 364 Tagen immer auf einen Dienstag gelegt; damit wollte man den Konflikt des beweglichen Datums mit einem Sabbat vermeiden.[8]

Rabbinisches Judentum

Kiddusch-Becher

Nach der Zerstörung des zweiten Tempels endete mit den Opfern auch das Schlachten von Pessachtieren. Seither wird das Pessach als reines Hausfest gefeiert.

Der Traktat Psachim in der Mischna sammelte und erweiterte alle Pessachvorschriften, die aus der Schrift begründet waren und vor 70 geübt wurden (Kapitel I–IX).[9] Demnach beaufsichtigten die Leviten die kultische Reinheit der Tempelbesucher und sangen Lobgesänge (III,11). Nicht sie, sondern gläubige Männer aus dem Volk vollzogen die Schlachtung im Tempelvorhof der Priester (V,5). Diese fingen das Blut der Pessachtiere auf, um damit den Fuß und nicht die Seiten des Altars (V,8) zu besprengen.

Das letzte Kapitel befasst sich mit dem Seder, um diese häusliche Feier als Bestandteil biblischer Tora in Kontinuität zum bisherigen Pessachritus zu legitimieren. Bis zum Eintritt der Dunkelheit solle man nichts essen, dann – wie Griechen und Römer – das Mahl liegend einnehmen. Dies sei auch für die bettlägerigen Armen unerlässlich (X,1). Die Feier solle mit dem Segensspruch des Hausvaters über den ersten Becher Wein beginnen, der dann herumgeht und von allen geleert wird (X,2). Dann wird die Vorspeise aus Kräutern und Fruchtmus, dann das Hauptmahl mit dem gebratenen Lamm (X,3) aufgetragen, dazu ein zweiter Weinbecher (X,4). Dazu erzählt der Hausvater die Auszugsgeschichte nach Dtn 26,5–11 EU und deutet die Mahlbestandteile: Das Lamm zeige, „dass Gott an den Häusern unserer Väter vorüberging“, die Matzen, „weil sie erlöst wurden“, die Bitterkräuter, „weil die Ägypter verbitterten“. Jeder Festteilnehmer solle sich ansehen wie einen damaligen befreiten Israeliten und Gott deswegen mit Psalmgesang verherrlichen (X,5). Diesem ersten gemeinsamen Hallel folgt ein Dankgebet, der zweite Becher wird getrunken und das Hauptmahl eingenommen. Danach folgt der dritte, nach dem zweiten Hallel der vierte Weinbecher.[10]

Dieser bis heute gültige Ablauf des Seder wurde bis zum 10. Jahrhundert immer mehr verfeinert und in seinen Details schriftlich festgelegt.[11]

Datum

Das Fest fällt gemäß der biblischen Einsetzung in den jüdischen Frühlingsmonat und beginnt nach dem Jüdischen Kalender mit dem Vorabend des 15. Nisan als dem Sederabend. Das ist der so genannte erev pessach oder Rüsttag, an dem das Fest vorbereitet wird.

Die folgende Tabelle listet die Termine von Pessach im gregorianischen Kalender für die nächsten Jahre auf. Der Tageswechsel im jüdischen Kalender bei Sonnenuntergang unterscheidet sich vom Tageswechsel im christlichen Kalender um Mitternacht. Daher wird bei der Umrechnung der Beginn des Pessachfestes mit dem Datum des auf den Sederabend folgenden Tages im gregorianischen Kalender[12] angegeben.

Das Datum des Pessach-Festes lässt sich nach der Gaußschen Pessach-Formel berechnen.

Jeder Festtag beginnt am Vorabend, denn im jüdischen Kalender dauert der Tag vom Vorabend bis zum Abend des Tages – nicht von 0 bis 24 Uhr.

Jüdisches Jahr Gregorianisches Datum
5781 28. März 2021 bis
4. April 2021
5782 16. bis 23. April 2022
5783 6. bis 13. April 2023
5784 23. bis 30. April 2024
5785 13. bis 20. April 2025

Als Chol HaMoed (hebräisch חול המועד) bezeichnet man die „Zwischen“-Feiertage von Pessach (und Sukkot). Diese Tage vermischen die Merkmale eines חול „chol“ (Wochentags) und eines מועד „moed“ (Festtages). Am Pessachfest besteht Chol HaMoed aus dem zweiten bis sechsten Feiertag (dritter bis sechster in der Diaspora).

Verlauf und Bedeutung

In Mea Shearim wird Geschirr abgekocht und damit für Pessach gekaschert.

Das Pessachfest dauert sieben Tage, in der Diaspora bei orthodoxen Juden acht Tage. Während dieser Zeit darf gemäß Gottes Gebot (Ex 12,20 EU) kein חָמֵץ Chametz, deutsch ‚Gesäuertes‘ verzehrt werden, noch sich im Haus befinden. Dies wurde in der rabbinischen Tradition auf alle Speisen, die in irgendeiner Weise mit Gesäuertem in Berührung kamen, ausgedehnt. Sie dürfen an Pessach weder zur Zubereitung oder Darreichung von Speisen, ja nicht einmal zur Viehfütterung genutzt werden. Als Säuerndes gilt jede der fünf Getreidearten Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel (Spelt), die für mindestens 18 Minuten mit Wasser in Kontakt kam, sowie jede Speise und jedes Getränk, das aus einer dieser Getreidesorten hergestellt ist oder sie enthält.

Vorbereitung

Zur Festvorbereitung werden daher in der Vorwoche sämtliche gesäuerten Nahrungsmittel verzehrt, verschenkt oder verkauft und die übrigen in einem großen Hausputz entfernt. Das Haus wird bis auf den letzten Krümel gereinigt. Chametz, welches vergessen und später entdeckt wurde, darf nicht mehr genutzt werden und wird deshalb weggeworfen. Gefundenes (geschenktes oder ähnliches) Chametz darf ebenfalls verkauft werden, und am Ende des Pessachs wieder zurückgekauft werden (Der materielle Besitz muss nicht zwingend wechseln).[13] Glasgeschirr wird drei Tage gewässert, das Wasser dabei jeweils nach 24 Stunden gewechselt. Eisernes Gerät (Töpfe, Besteck) wird abgekocht und damit vorschriftsmäßig gekaschert. In vielen Haushalten gibt es Geschirr und Besteck nur für Pessach. Alles Küchenzubehör aus anderen Materialien, wie Holz, Porzellan, Steingut, Plastik usw. wird während des Festes weggeschlossen. Zum Abschluss dieser Hausreinigung wird rituell im Licht einer Kerze jeder Winkel der Wohnung nach verbliebenem Chametz durchsucht.

Dies soll an die biblische Überlieferung erinnern, nach der die Israeliten so rasch aus Ägypten ausziehen mussten, dass zum Säuern und Gärenlassen der Brote als Reisenahrung keine Zeit mehr blieb (Ex 12,34 EU). Während der acht Festtage wird darum nur ungesäuertes Brot (mazza) gegessen. Die Mazzen sind dünne, nur aus Mehl und Wasser ohne Hefe hergestellte knusprige Fladenbrote. Die gesamte Herstellungszeit vom Anrühren des Teiges bis zum Backen darf 18 Minuten nicht überschreiten, damit der Teig auf keinen Fall säuert. Die Mazzen bilden den religionshistorischen Hintergrund der in der katholischen Eucharistie als Hostien verwendeten Oblaten, die aber wesentlich kleiner sind.

Der Sederabend

Hauptartikel: Seder
Der Sederteller

Jeder Festtag beginnt am Vorabend, denn im jüdischen Kalender dauert der Tag vom Vorabend bis zum Abend des Tages – nicht von 0 bis 24 Uhr. Der abendliche Beginn wird mit dem Wort (hebräisch ערב Abend) Erev bezeichnet. Das eigentliche Pessach beginnt mit einem Abendgottesdienst in der Synagoge, dem das große Festmahl im Familienkreis folgt: der Seder („Ordnung“). Es beginnt mit dem Segen Schehechejanu. Bestimmte Speisen mit symbolischer Bedeutung werden nach einem genau festgelegten Verlauf gemeinsam eingenommen. Währenddessen verliest der Sederleiter jeweils die entsprechende Bibelstelle und Erklärungen aus der Pessachliturgie (Haggada), die die Bedeutung der Speise erklärt. Das jüngste Tischmitglied stellt vier Fragen, die Ma Nischtana. Nach dem Verzehr der symbolischen Speisen folgt das eigentliche Festmahl. Es werden in bestimmten Abständen insgesamt vier Becher Wein getrunken, die Gottes Verheißungen symbolisieren: Er wollte die Kinder Israels nach Ex 6,6f EU herausführen, erretten, erlösen und als eigenes Volk annehmen. Ein fünfter Becher steht seit dem Mittelalter in manchen Traditionen (nicht aber im Ritus nach den gängigen Standardausgaben der Haggada) für den Propheten Elija bereit, der erwartet wird, um das Kommen des Messias anzukündigen. Im liberalen Glauben wird ebenfalls ein Becher Wasser für Mirjam, die Schwester des Moses, bereitgestellt. Während des Seder singt die Familie vor allem Lob- und Danklieder, den Abschluss bildet traditionellerweise Chad gadja.

Pessach-Haggada von Jakob Michael May Segal 1731 Frankfurt am Main

Pessach ist – mehr noch als viele andere jüdische Feste – ein Familienfest, mit dem die Angehörigen sich in die Ursprungstraditionen ihres Volkes stellen, diese erinnern und neu für sich bekräftigen. Jeder soll sich fühlen, als wäre er selbst aus Ägypten ausgezogen und würde seinen Kindern davon erzählen. Diese Erinnerung soll die Identität und den Zusammenhalt des Judentums, auch in aller Zerstreuung und Verfolgung, bewahren.

Das fünfte Glas Wein

Shlomo Goren, der seinerzeitige Oberrabbiner Israels, schrieb in seinem Pessachgruss an die Öffentlichkeit vom 29. April 1979, dass man die Tradition aus der Zeit des Zweiten Tempels erneuern solle, ein fünftes Glas Wein zum Sederabend zu trinken: Für die Erlösung!

Er berief sich dabei auf Rabbi Tarfon, Traktat Pssachim 118 a (Jer. Talmud), der es guthiess.

Nach dem vierten Glas solle man seit der Gründung Israels 1948, so Rabbi Goren, das fünfte Glas mit einem Grossen Hallel und mit Psalm 136 Ki leOlam Chasdo trinken.

Nur nach der Zerstörung des Zweiten Tempels und der Vertreibung hat man diesen Brauch unterbrochen/suspendiert, bis der Ewige uns zurückführe. Das hat ER offensichtlich, so Rabbi Goren, gemacht.

Man spricht den Segen des Weines davor erneut.

Die Haggadah mit dem fünften Glas nennt Rabbi Goren daher eine Haggadah des fünften Glases: Haggadah haKos haChamishit.

Siehe den Originalbrief[14]

Omer

Bis zur Tempelzerstörung kam im Pessach dem 16. Nisan noch eine besondere Bedeutung zu. Es wurde der Omer dargebracht. Dabei handelte es sich um die erste Garbe neuen Getreides. Die Omer-Garbe wurde mit großem Aufwand geschnitten[15] und verbunden mit einem Brandopfer dargebracht (Lev 23,12 EU). Erst danach war der Genuss der neuen Ernte erlaubt. Für das Datum der Omer-Darbringung bestimmte Lev 23,11 EU den „Tag nach dem Sabbat“. Die Boethusäer, Sadduzäer und Karäer verstanden Sabbat als Wochentag. Sie feierten die Omer-Darbringung deshalb immer an einem Sonntag. Durchgesetzt hat sich aber die Auffassung der Pharisäer. Sie betrachteten den Sabbat im Sinne von Lev 23,11 als den ersten Tag des Pessachfestes. Deshalb fand die Omer-Darbringung dann immer am 16. Nisan statt.[15] Gemäß Dtn 16,9f EU beginnt mit der Darbringung des Omers eine Zählung von sieben Wochen. Wegen der Zerstörung des Tempels wird nur noch die förmliche Zählung der Tage geübt, die seit talmudischer Zeit wegen der Ermordung der Schüler von Rabbi Akiba auch noch als Trauerzeit gelten.[15] Diese wird nur durch Lag BaOmer am 33. Tag unterbrochen, der als Freudentag begangen wird. Auf den fünfzigsten Tag fällt dann das Wochenfest Schawuot.

Jiskor

Am letzten Festtag des Pessach wird verstorbener Familienangehöriger mit dem Jiskor-Gebet gedacht. Dabei beten die Lebenden für die Verstorbenen. Die Betenden sollen sich auf die Zerbrechlichkeit und Nichtigkeit des Menschen besinnen. Sie versprechen in einzelnen Abschnitten des Gebets, für Wohltätigkeit und Tora-Ausbildung zu spenden. Ziel des Gebets ist es, dass Gott der Seelen der verstorbenen Verwandten wohlwollend gedenken soll. Dieses Gebet wird nicht nur am letzten Pessachtag, sondern auch an Jom Kippur, Schawuot und Schmini Azeret gesprochen. Am eigentlichen Jiskor nehmen nur diejenigen teil, die einen oder beide Elternteile verloren haben, d. h. diejenigen, deren beide Eltern noch leben, verlassen während dieses Gebets die Synagoge bzw. den Betsaal und kehren anschließend zurück.

Bedeutung im Christentum

Neues Testament

Das letzte Abendmahl als Pessachmahl am Sederabend

Die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi in Jerusalem fielen nach dem Neuen Testament in eine Pessachwoche; nach den Synoptikern war Jesu Todestag an einem Rüsttag zum Pessachfest (Mk 15,6–42 EU) und nach dem Johannesevangelium starb Jesus am 14. Nisan (siehe Quartodezimaner) zur selben Zeit, als die Passahlämmer im Tempel geschlachtet wurden (Joh 19,14–24 EU). Jesu Tod steht damit im Urchristentum im Zusammenhang der Befreiungshoffnung Israels als gegenbildliches Passahlamm. Seine Auferstehung wird als Bekräftigung dieser Hoffnung verstanden und ihre Ausweitung auf alle Völker erwartet.

Das frühchristliche Abendmahl nimmt nach Joachim Jeremias Elemente des jüdischen Seder-Mahls wie die häusliche Feier, Deuteworte zu den Speisen, Dankgebet, Segensbecher (Mk 14,12–25 EU) auf.[16] Dazu gehört auch das christologische Bild des Osterlammes, das an die bis 70 n. Chr. am Tempel geschlachteten Pessachopfer erinnert. Für Paulus von Tarsus ist Christus als „unser Pas-cha“ geschlachtet worden, so dass alles Festhalten am „alten Sauerteig“ der innerchristlichen Machtkämpfe sich erübrige (1 Kor 5,7 EU).

Christentumsgeschichte

In der Alten Kirche wurde lange um den Ostertermin gestritten (siehe Osterfeststreit und Quartodezimaner). Schließlich wurde der Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond als Ostersonntag festgelegt. Damit sollte das Osterfest vom jüdischen Pessachtermin unterschieden werden.

Die traditionelle Oster-Liturgie verdeutlicht jedoch den Bezug zum jüdischen Pessachfest: In der Osternachtsfeier wird immer auch ein Text aus dem Buch Exodus zum Auszug der Israeliten vorgelesen. Der Einzug des Priesters oder Pfarrers mit der Osterkerze erinnert an die Feuersäule beim Auszug der Israeliten. Das Exsultet, das große Osterlob nach dem Einzug, schildert die Bedeutung der Paschanacht für das Christentum: Ausgehend vom Auszug aus Ägypten wird auf die Auferstehung des Christus hingewiesen, der als „das wahre Lamm geschlachtet ward, dessen Blut die Türen der Gläubigen heiligt und das Volk bewahrt vor Tod und Verderben.“ Gemäß dem Glauben der frühen Kirche wird es auch in einer Pessachnacht sein, wenn Christus in Herrlichkeit wiederkommen wird. In der lateinischen und armenischen Kirche wird bei der Eucharistie ungesäuertes Brot als Oblate verwendet. Dies führte zum sogenannten Azymastreit mit der orthodoxen Kirche, die nur Brot aus Sauerteig für zulässig hält.

Siehe auch

Literatur

  • Nachama, Andreas: Haggada - הגדה של פסח. Jüdisches Merkbuch, Band 4. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-95565-137-4.
  • Adalbert Böning: Pessach – das Fest der Befreiung. „Von der Knechtschaft zur Freiheit!“. Das Pessachfest in Bibel, Talmud, Feier und Erzählung. Padligur, Hagen 1996, ISBN 3-922957-44-7 (Beiträge zur Förderung des christlich-jüdischen Dialogs 15).
  • Baruch M. Bokser: The Origins of the Seder. The Passover Rite and Early Rabbinic Judaism. University of California Press, Berkeley CA u. a. 1984, ISBN 0-520-05006-1 (Reprinted edition. Jewish Theological Seminar Press, New York NY 2002, ISBN 0-87334-087-6).
  • Paul F. Bradshaw, Lawrence A. Hoffman: Passover and Easter. Origin and History to Modern Times. Reprint edition. University of Notre Dame Press, Notre Dame IN 2002, ISBN 0-268-03859-7 (Two liturgical Traditions 5).
  • Marianne Monson-Burton: Celebrating Passover. A Guide to Understanding the Jewish Feast for Latter-Day Saints. Horizon Publ. & Distributi, Bountiful UT 2004, ISBN 0-88290-759-X.
  • Rainer Schmitt: Exodus und Passah. Ihr Zusammenhang im Alten Testament. 2. neubearbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht u. a., Göttingen 1997 u. a., ISBN 3-525-53350-0.
  • J. B. Segal: Hebrew Passover. From the Earliest Times to A.D. 70. Oxford University Press, London 1963 (London Oriental Series 12, ISSN 0076-0625).
  • Michael Shire: Die Pessach Haggada. 2. Auflage. Jüdische Verlags-Anstalt, Berlin 2001, ISBN 3-934658-82-2.
  • Ostern und Pessach. In: Welt und Umwelt der Bibel, Heft 40 (2/2006).
  • Elazar Ari Lipinski: "Abrabanel Haggada. Pessach das Fest der Fragen" Pessach Zeitschrift 109/2009 des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Bayern.
    Chefredakteur Prof. Daniel Krochmalnik. Abrabanel Haggada. Pessach das Fest der Fragen. Pessach-Ausgabe 109/2009 der Zeitschrift des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Bayern (pdf; 271 kB). Auch unter [1] auffindbar.
  • Jewish and Israeli Holidays by Ari Lipinski Jewish and Israeli Holidays von Ari Lipinski, Die einmalige Kollektion der biblischen und historischen Hintergründe von 37 Feiertagen und Gedenktagen inklusive Pessach, die Haggada und Pessach Scheni. Viele Farbbilder. Der Autor erzählt zusätzlich von besonderen Begegnungen mit nationalen und internationalen Persönlichkeiten in Zusammenhang der Feiertage oder Gedenktage. Das Buch ist auch als Lern und Unterrichtsbuch für jüdischen Religionsunterricht als auch als Bar/Bat Mitzwa Geschenk geeignet.

Weblinks

Wiktionary: Pessach – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Pessach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jüdischer Kalender – jüdisches Jahr, jüdische Feier- und Gedenktage: Pessach. In: www.zentralratderjuden.de. Zentralrat der Juden in Deutschland, abgerufen am 6. April 2018.
  2. Otto: Pascha. In: Manfred Görg (Hrsg.): Neues Bibel-Lexikon. Band 3: O – Z. Benziger, Düsseldorf u. a. 2001, ISBN 3-545-23076-7, Sp. 77
  3. Leonhard Rost: Josias Passa. In: Leonhard Rost: Studien zum Alten Testament. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1974, ISBN 3-17-001479-X, S. 87–93 (Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament 101 = Folge 6, H. 1).
  4. Martin Rösel: Pesach I. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 26, de Gruyter, Berlin/New York 1996, ISBN 3-11-015155-3, S. 233.
  5. Werner H. Schmidt: Alttestamentlicher Glaube in seiner Geschichte (= Neukirchener Studienbücher 6). 4. überarbeitete Auflage. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1982, ISBN 3-7887-0655-4, S. 127ff.
  6. Wolfgang Zwickel: Der Tempelkult in Kanaan und Israel. Studien zur Kultgeschichte Palästinas von der Mittelbronzezeit bis zum Untergang Judas. Mohr/Siebeck, Tübingen 1994, ISBN 3-16-146218-1, S. 336 (Forschungen zum Alten Testament 10), (Zugleich: Kiel, Univ., Habil.-Schr., 1993).
  7. Philip R. Davies: Passover and the dating of the Aqedah. In: The Journal of Jewish Studies. 30, 1979, ISSN 0022-2097, S. 59–67, hier S. 64.
  8. Franz Schnider: Pesach II: Judentum. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 26, de Gruyter, Berlin/New York 1996, ISBN 3-11-015155-3, S. 37.
  9. Tract Pesachim (Passover): Chapter I. In: sacred-texts.com. Abgerufen am 28. Dezember 2018 (english, übersetzt von Michael L. Rodkinson, Talmud Society, Boston 1918/Online Scan 2002 Neue Ausgabe des Babylonischen Talmud).
  10. Franz Schnider: Pesach II. Judentum. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 26, de Gruyter, Berlin/New York 1996, ISBN 3-11-015155-3, S. 238–239.
  11. Pessach. In: www.bible-orient-museum.ch/elearning/lexikon. Archiviert vom Original am 5. November 2003; abgerufen am 6. April 2018.
  12. Pessach I. In: www.timeanddate.de. Time and Date AS, abgerufen am 6. April 2018.
  13. Alexandra Föderl-Schmid: Warum dieser Araber fast alle Lebensmittel Israels besitzt. In: sueddeutsche.de. 28. März 2018, abgerufen am 6. April 2018.
  14. Diese Hinweise und das Briefdokument wurden Jewiki freundlicherweise von Ari Lipinski zur Verfügung gestellt.
  15. 15,0 15,1 15,2 Feste und Feiertage III. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 11, de Gruyter, Berlin/New York 1983, ISBN 3-11-008577-1, S. 109–110.
  16. Joachim Jeremias: Die Abendmahlsworte Jesu. 3. völlig neu bearbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1960.
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