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Palästinensisches Flüchtlingsproblem
Das palästinensische Flüchtlingsproblem ist ein Teilaspekt des Nahostkonflikts und beinhaltet das Problem des Umgangs mit den vor dem Palästinakrieg (1948; Nach Schätzung der Vereinten Nationen 711.000[1]) und später im Sechstagekrieg (1967; ca. 300.000 Flüchtlinge) geflohenen Palästinensern.
Die Flüchtlinge und ihre Nachkommen leben heute in Jordanien, Libanon und anderen arabischen Staaten, unterstützt vom Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten, in Flüchtlingslagern und bilden in den jeweiligen Ländern eine Minderheit, die, außer in Jordanien, als Staatenlose keine staatsbürgerlichen Rechte besitzt und teilweise systematisch diskriminiert wird.[2] Von den arabischen Staaten werden sie als Druckmittel gegen Israel im Nahostkonflikt eingesetzt. Ein dabei eingefordertes „Recht auf Rückkehr“ (Resolution 194 der UN-Generalversammlung) wird von Israel bis heute abgelehnt, da es dadurch die demographische Identität des Staates Israel als jüdischen Staat in Frage gestellt sieht. Zudem verweist Israel in diesem Zusammenhang auf die rund 800.000 aus dem arabischen Raum vertriebenen jüdischen Flüchtlinge, die zu einem Großteil in die israelische Gesellschaft eingegliedert wurden. Arabische Israelis stellen heute bereits knapp ein Fünftel der israelischen Bevölkerung und besitzen formell – abgesehen von mit dem Militärdienst verbundenen Nachteilen und Privilegien – volle gesetzlich garantierte staatsbürgerliche Rechte sowie eigene Schulen und kulturelle Einrichtungen, teilweise auch eine eigene Zivilgerichtsbarkeit.
Die Vertreibung der Palästinenser aus Kuwait 1991 zwang erneut knapp eine halbe Million Palästinenser auf die Flucht. Zudem kam Unterstützung der Golfstaaten für die PLO zum Erliegen. Stattdessen wurden wenn überhaupt religiöse Fanatiker wie im Falle der Hamas gefördert. Das palästinensische Flüchtlingsproblem innerhalb der arabischen Welt und die mangelnde Anerkennung und Aufnahme der Palästinenser daselbst findet allerdings kaum mediale Resonanz und wird auch weniger politisch thematisiert als die Situation in Zusammenhang mit Israel.
Einleitung
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Flucht beziehungsweise Vertreibung der Palästinenser im Zusammenhang mit dem UN Teilungsbeschluss und dem anschließenden arabisch-israelischen Krieg gehört bis heute zu den umstrittensten Kapitel in der Geschichte des Nahen Ostens. Von arabischer Seite wird diese als geplante Vertreibungsaktion aufgefasst, so z. B. Sami Hadawi:
- In Wahrheit fasste die zionistische Bewegung ihre Politik zusammen in dem Ziel, die palästinensischen Araber aus ihrer Heimat und ihrem Land zu vertreiben (und damit Platz zu schaffen für die geplante Masseneinwanderung).
Auf israelischer Seite hingegen war lange Zeit die Meinung vorherrschend, dass die Flucht freiwillig war und dass sie aufgrund von Aufrufen arabischer Nachbarstaaten, die Bevölkerung zu verlegen, erfolgt sei:
- Die Flüchtlinge waren überzeugt, dass ihre Abwesenheit von Palästina nicht von Dauer sein würde und dass sie in wenigen Tagen, innerhalb von ein oder zwei Wochen zurückkehren könnten. Ihre Anführer versprachen ihnen, dass die arabischen Armeen die zionistischen Banden sehr schnell zerschlagen würden und dass es keinen Grund zur Panik gebe oder zur Furcht vor einem langen Exil.
Angestoßen durch die so genannten „Neuen israelischen Historiker“, kam es in der israelischen Gesellschaft zu einer breiten Debatte über diese Versionen.
In Bezug auf die genaue Zahl der Flüchtlinge differieren die verschiedenen Quellen stark. Während die offizielle israelische Zahl bei 520.000 bis 530.000 liegt, sprechen arabische Quellen von 900.000. Die UNRWA, die für die Flüchtlinge zuständige Hilfsorganisation, nennt 726.000.
Fluchtwellen
Die erste Fluchtwelle (Dezember 1947 bis März 1948)
Unmittelbar nach dem Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen setzte eine Welle arabischer Gewaltakte ein. Der Mufti von Jerusalem, Hadsch Mohammed Amin al-Husseini, rief einen dreitägigen Generalstreik aus. Das jüdische Geschäftszentrum in Jerusalem wurde gestürmt. Indem die Briten die Kommission, die von der UN eingesetzt war, den UN-Teilungsplan für Palästina umzusetzen, am Betreten des Landes hinderten, konnte der allmähliche Machtwechsel nicht vonstattengehen. Infolgedessen fand anstelle der schrittweisen Übertragung der Regierungs- und Verwaltungsbefugnisse ein schrittweiser Zusammenbruch aller Organe der öffentlichen Verwaltung und Sicherheit statt.
Der Jischuw (die jüdische Gemeinschaft), der bereits staatsähnliche Strukturen aufwies und sich selbst verwaltete, war davon weniger betroffen, für die arabische Bevölkerung war dies jedoch katastrophal. Im Januar kamen arabische Freischärler der Arabischen Befreiungsarmee ins Land und attackierten jüdische Siedlungen und wichtige Verbindungsstraßen. Anschläge der jüdischen Terrororganisation Irgun taten das ihre, um die Gewalt anzuheizen. Die Hagana, eine zionistische paramilitärische Gruppe, ging bald von einer Strategie der Zurückhaltung zu einer der „aktiven Verteidigung“ über, fürchtend, dass „Die Araber die jüdische, ausschließlich verteidigende Strategie als Zeichen der Schwäche interpretieren würden“. In dieser Periode fand eine, zahlenmäßig noch geringe, Flucht aus den Gebieten im Herzen des zukünftigen jüdischen Staates statt, vornehmlich Haifa, Jaffa, den Dörfern in deren Umgebung und den Dörfern in der Küstenregion.
In den Städten war es zuerst die Ober- und Mittelklasse, die sich dem Chaos durch Flucht entzog. In den Städten war es zu Nahrungsmittelknappheit gekommen, die Verwaltung war zusammengebrochen, und zu steigender Kriminalität, verursacht durch die Freischärler. Die Flucht der Ober- und Mittelklasse verstärkte das Chaos noch, da mit ihnen die traditionelle Führerschaft der palästinensischen Araber verschwand, die die wichtigsten Rollen in der Verwaltung und Wirtschaft besetzt hatten. Ihre Motive waren sowohl, sich zeitweilig in Sicherheit zu bringen als auch ein generelles Misstrauen in eine zukünftige jüdische Herrschaft. Arabische Beamte fürchteten: im Judenstaat würden sie aufgrund der den Juden gewährten Bevorzugung keine Hoffnung auf Beförderungen haben., wenn dies allerdings auch ein kaum ausreichender oder auch nur maßgeblicher Grund gewesen sein kann ihren Besitz zurückzulassen und obgleich es keine Hinweise darauf gibt, dass sie in ihren Fluchtländern eher befördert worden wären.
In den Dörfern dagegen war die Flucht klar auf Angriffe der Hagana und der Irgun oder, mehr noch, Furcht davor, zurückzuführen. Hinzu kam noch ein Gefühl der Isolation und einer besonderen Verwundbarkeit mitten in jüdischem Territorium. Die Flucht beschränkte sich allerdings auf die Gebiete, in denen jüdische Siedlungen durch arabische Angriffe gefährdet wurden. In einigen Fällen wurden Dorfbewohner von der Hagana aus strategischen Gründen vertrieben, in wenigen wurden Dörfer auf Befehl arabischer Irregulärer evakuiert.
Allgemein betrachteten die Flüchtlinge während dieser Periode ihr Exil als temporär: Sie erwarteten eine Intervention und einen möglichen Sieg der arabischen Staaten.
Die zweite Welle (April bis Juni 1948)
Der Jischuw, die jüdische Gemeinschaft, befand sich in Bedrängnis. Viele jüdische Siedlungen waren von der Versorgung abgeschnitten und belagert, vor allem die Juden von Jerusalem, die sich inmitten arabischer Gebiete befanden. In dieser Lage kam „Plan Dalet“ zum Tragen, dessen Ziel es war, das dem jüdischen Staate zugewiesene Gebiet zu erobern und seine Grenzen zu verteidigen. In ihm wurde zum ersten Mal definitive Anweisung zur Eroberung arabischer Siedlungen in Israel und zur Verringerung des feindlichen Potentials des Partisanenkrieges gegeben. Plan Dalet enthielt detaillierte Anweisungen zur Behandlung der arabischen Bevölkerung, er schrieb vor, ihr Recht auf eine Fortführung des gewohnten Lebens zu beachten, solange sie die Oberhoheit der Militärregierung anerkannte. Die erste Anweisung wurde erfüllt, die zweite nicht. Zu dieser Zeit begann der Massenexodus der Palästinenser.
Am 9. April griffen Einheiten der Irgun und der Lechi, mit Unterstützung der Hagana, das Dorf Deir Yasin an. Deir Yasin war dem Jischuw freundlich gesinnt. Nach der Einnahme des Dorfes durch die Hagana wird Irgun und Lechi das Massaker von Deir Yasin vorgeworfen. Ein Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, der Deir Yasin am Tag nach dem Massaker besucht hatte, berichtet:
- Es waren 400 Leute in diesem Dorf; ungefähr 50 von ihnen gelang die Flucht und sie überlebten. Alle anderen waren mit Vorsatz und überlegt massakriert worden, da, wie ich feststellte, diese Bande bewundernswert diszipliniert war und nur auf Befehl handelte.
Ob dieses Massaker so stattfand ist umstritten. Alle Quellen berichten von heftigen Kämpfen um das strategisch wichtige Dorf, Teile des Dorfes waren demnach bewaffnet. Die Zweifel an der verbreiteten Version entstehen aus der Zahl der Toten auf israelischer Seite (4 Tote, 37 Verwundete von 120), die für heftigen militärisch geschulten Widerstand sprechen und der Evakuierung, die eine massenhafte Tötungsabsicht widerlegt. Mittels eines Lautsprecherwagens seien Aufforderungen zur Evakuierung ausgesprochen worden. Auch seien Teile der arabischen Kämpfer als Frauen verkleidet gewesen, was auf israelischer Seite für Panik und Schüssen auf Frauen sorgte. Die Irgun führte unmittelbar nach dem Vorfall eine Abteilung des IRK durch das Dorf und die Jewish Agency distanzierte sich für das Vorgehen und entschuldigte sich beim jordanischen König. Von Seiten arabischer Verantwortlicher liegen zahlreiche Zitate vor, nach denen die Vorfälle bewusst verzerrt wurden. Diese Verzerrung spricht auch dafür, dass nicht genug realistische Fakten für die propagandistische Verwertung vorlagen und dass daher nicht von einem irgend organisierten israelischen Plan für Massaker gesprochen werden kann.[3] Menachem Begin sprach allerdings von einem Massaker, welches er auch verteidigte: „Das Massaker von Deir Jassin hatte nicht nur seine Berechtigung – ohne den ,Sieg‘ von Deir Jassin hätte es auch niemals einen Staat Israel gegeben.“[4]
Die Nachricht des Massakers von Deir Yasin verursachte Panik unter den Arabern. Die umliegenden Dörfer wurden fluchtartig verlassen. Die Evakuierung Tiberias', kurze Zeit später, vollzog sich ebenfalls unter dem Eindruck des Deir-Yasin-Massakers. Nachdem die Briten sich geweigert hatten, den Einwohnern Schutz vor den jüdischen Angriffen zu garantieren, wurde die Stadt auf Beschluss der arabischen Führer verlassen. Die Jewish-Agency hatte jedoch klare Anweisungen zum Schutz der Araber erlassen, die von arabischer Seite aus nicht berücksichtigt wurden. Ähnliche Ereignisse spielten sich in Haifa ab. Nachdem Bitten um Verstärkungen aus Damaskus oder um Handlungsanweisungen vom AHC unbeantwortet geblieben waren und Friedensverhandlungen mit der Hagana gescheitert waren, entschlossen sich am 22. April die wenigen arabischen Führer, die noch in der Stadt waren, die Araber zu verlegen. Ihre Entscheidung war möglicherweise auch bedingt durch die Bedrohung, im Falle eines Friedensvertrages mit den Juden als Verräter angesehen zu werden. Die Flucht vollzog sich, unter britischer Hilfe per Schiff und zu Land nach Akko und in den Libanon oder Nazaret, Dschenin und Nablus.
Jaffa, die größte arabische Stadt in Palästina, war im Teilungsplan dem arabischen Staat zugesprochen worden. Die Hagana plante keine Eroberung Jaffas, am 25. April begann jedoch der Irgun einen Angriff auf Jaffa. Ein dreitägiges Bombardement mit Mörsern unterminierte die Moral in der umzingelten Stadt. Diesmal kamen die Briten – politisch schwer angegriffen wegen ihres Verhaltens in Haifa – der Stadt mit Truppen zu Hilfe. Jaffa blieb jedoch von jeglicher Versorgung und anderen arabischen Zentren abgeschnitten.
Die Evakuierung arabischer Städte spielte sich meist nach einem ähnlichen Muster ab. Die Hagana eroberte die umliegende Dörfer, der Nahrungsmittelnachschub war damit unterbrochen, die örtlichen Führer, wenn sie noch da waren, flohen und ließen die Stadt führungslos und in einem wirtschaftlichen Chaos zurück. Hinzu kamen die Nachrichten vom Fall anderer Städte, die ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit verursachten; die undisziplinierten Freischärler, die mehr die Bevölkerung schädigten als die Stadt wirksam zu verteidigen; die Mörserattacken der Hagana sowie die zahlreichen Flüchtlinge aus anderen Gebieten. All diese Faktoren unterminierten die Moral der Bevölkerung und trieb die Leute zur Flucht. Im Fall von Akko kam außerdem noch eine Typhus-Epidemie hinzu.
Die Dörfer dagegen wurden größtenteils direkt aufgrund jüdischer Angriffe im Rahmen von Plan Dalet verlassen: Plan Dalet hatte festgelegt, dass solche Dörfer [in strategisch wichtigen Gebieten für die Juden] im Falle von Widerstand zu zerstören und ihre Einwohner zu vertreiben sind. Aus den Dörfern gab es keine „schleichende“ Abwanderung über einen längeren Zeitraum hinweg, vielmehr flohen während der jüdischen Angriffe alle Einwohner ebenso wie die Freischärler. In zunehmendem Maß fanden jedoch auch Vertreibungsaktionen der Israelis statt, speziell in der Küstenregion. Teilweise wurde physischer Druck ausgeübt. Anderswo setzte man auf so genannte „Flüsterkampagnen“, bei denen die jüdischen Bürgermeister angewiesen wurden, den Bewohnern der arabischen Nachbardörfer zuzuflüstern, es seien jüdische Verstärkungen eingetroffen, und ihnen den freundschaftlichen Rat zu geben, zu fliehen solange noch Zeit war.
Die dritte Welle (Juli bis Oktober 1948)
Die israelischen Offensiven während der 10 Tage, die zwischen dem ersten Waffenstillstand und einem zweiten lagen, erzeugten eine neue Flüchtlingswelle. Obwohl ein Verbot vorlag, arabische Siedlungen zu zerstören oder die Bewohner zu vertreiben, hing das Resultat in den einzelnen Gebieten weitgehend von den dortigen Armee-Kommandeuren ab, aber auch von der in den jeweiligen Dörfern vorherrschenden Religionszugehörigkeit. Dies zeigte sich besonders im Falle von Nazaret. Strenge Befehle gegen Plünderung und Beschädigung von Kirchen wurden gegeben, um das Image des israelischen Staates dem christlichen Ausland gegenüber nicht zu gefährden. Entsprechend wurden die Einwohner nicht vertrieben, und den sich in der Stadt befindlichen Flüchtlingen wurde teilweise gestattet, in ihre Dörfer zurückzukehren.
Auch die Dörfer in Galiläa, die christlich oder drusisch waren, blieben zum großen Teil von einer Vertreibung verschont. Lediglich in einem einzigen drusischen Dorf fand Vertreibung statt, so dass most observers at the time believed that the IDF in Operation Dekel had roughly drawn a distinction between Muslims on the one hand and Druse and Christian on the other. Aber auch vielen muslimischen Dorfgemeinschaften wurde erlaubt zu bleiben.
Im Rahmen des arabisch-israelischen Krieges fand die Operation Dani der Israelis statt, die die Verbindung nach Jerusalem sichern sollte und die Bedrohung Tel Avivs durch die Arabische Legion, die in den Städten Lod und Ramla saß, aufheben sollte. Lod und Ramla waren dem zukünftigen arabischen Staat zugesprochen worden. Das jüdische Bombardement und der Angriff auf die Städte verursachte eine panische Fluchtbewegung. In Ramla wurde ein Übergabeabkommen unterzeichnet, das Personen im nicht-wehrfähigen Alter erlaubte, die Stadt zu verlassen. Lydda dagegen wurde ohne Übergabeabkommen von israelischen Truppen am 11. Juli besetzt. Am folgenden Tag tötete die Arabische Legion zwei israelische Soldaten in einem Feuergefecht, die Bevölkerung ließ sich davon anstecken und attackierte ihrerseits die israelischen Truppen. Darauf gab Bataillonskommandeur Moshe Kelman den Befehl auf jeden in den Straßen zu schießen. 250 Tote auf arabischer Seite, zwei bis vier auf israelischer Seite waren das Ergebnis. Auf die Schießerei in Lydda folgte die massenhafte Vertreibung der Einwohner der beiden Städte am 13. Juli 1948. Mehr als 50.000 Einwohner jeden Alters wurden unter der Wüstensonne mit Drohungen und Warnschüssen der Palmach 25 Kilometer durch die Wüste Richtung Osten auf die arabischen Stellungen zugetrieben. Einige Palmach-Kämpfer verweigerten den Befehl. In diesen Zusammenhang fiel einer der wenigen Berichte über die Verantwortung Ben Gurions für die Vertreibung. Der spätere israelische Premierminister Jitzhak Rabin berichtete in einem Interview von einer Lagebesprechung, was mit den Einwohnern Lyddas und Ramlas geschehen sollte:
- Laut einer zuverlässigen Darstellung des Treffens, an dem die Generäle Yadin, Ayalon und Allon, Israel Galilee und Oberstleutnant Yitzhak Rabin, dem Oberbefehlshaber der Operation Dani, anwesend war, schlug jemand, möglicherweise Allon vor, nachdem er vom Beginn der Erschießungen in Lod gehört hatte, die Einwohner der beiden Städte zu vertreiben. Ben-Gurion sagte nichts und keine Entscheidung wurde gefällt. Dann verließen Ben-Gurion, Allon und Rabin dem Raum. Allon fragte: 'Was sollen wir mit den Arabern tun?' Ben-Gurion machte ein abweisende, energische Geste mit der Hand und sagte: "Vertreibt sie!"
Den Vertreibungsbefehl unterzeichnete Rabin, der 30 Jahre später auf Druck der israelischen Regierung die Schilderung dieses Vorgangs aus seinen Memoiren streichen muss.
Die vierte Welle (Oktober bis November 1948) und anschließende Vertreibungen
Von der vierten Welle waren hauptsächlich die Gebiete im Norden, in Galiläa und im Süden betroffen. Im Süden standen sich zwei reguläre Armeen gegenüber, die ägyptische und die – mittlerweile mit Bombern und Panzern und anderen schweren Waffen ausgerüstete – israelische. Hier vollzog sich wieder eine Mischung aus Flucht der Majorität und Vertreibung der wenigen Zurückgebliebenen. Auch hier kam es zu einem Massaker: am 29. Oktober in Al Dawayima. Es existieren jedoch keine genauen Angaben über die Zahl der Toten. Jigal Allon ordnete eine interne Untersuchung an.
Viele Palästinenser flohen zusammen mit der abziehenden ägyptischen Armee. Die Bevölkerungszahl des Gazastreifens stieg mit der Fluchtwelle von 100.000 auf 230.000.
Im Norden kamen wieder die konfessionellen Unterschiede zum Tragen, des Weiteren hatte es die israelische Armee hier nur mit Fawzi al-Qawuqdschis Arabischer Befreiungs-Armee zu tun, die keinen ernst zu nehmenden Gegner darstellte. Die Vertreibung und Flucht blieb zum großen Teil auf muslimische Dörfer beschränkt, ausgenommen Eilaboun, ein christlich-maronitisches Dorf. Nach einem Kampf mit im Dorf stationierten ALA-Einheiten erobert, fanden die Israelis im Dorf die Leichen zweier vermisster Soldaten. Während sie einige Männer erschossen, wurde die restliche Dorfbevölkerung trotz ihrer Beteuerungen, für die Toten sei die ALA verantwortlich, vertrieben.
Vor allem die Bewohner teilweise verlassener Dörfer wurden vertrieben, da man die Infiltration durch zurückkehrende Flüchtlinge fürchtete. Immer wieder wurden Dörfer durchsucht und „Illegale“, d. h. alle, die nicht von der Volkszählung im November 1948 erfasst worden waren und keinen Pass besaßen, über die Grenze geschickt.
Im Süden wurde die Bevölkerung von Faluja und Iraq al Manshiya durch Gewalt und psychologische Kriegführung zur Flucht getrieben. Um das Schicksal der Beduinenstämme im Negev gab es heftige Diskussionen, von dem Vorschlag die „guten“ Beduinenstämme als Grenzwache einzusetzen, bis hin zu dem Vorschlag sie in die Wüste zu schicken (to push back the bedouin [...] far into the desert.). Schließlich wurde beschlossen, sie in einem abgegrenzten Gebiet zu konzentrieren. Tausende von Beduinen wurden in ein Gebiet im Osten Be'er Schevas gebracht. An der Grenze zu den von Transjordanien besetzten Gebieten hinderte internationaler Druck die Israelis an einer Vertreibung.
Die arabische Politik
Nur Jordanien gewährte den Flüchtlingen eine neue Staatsbürgerschaft. Die Arabische Liga wies ihre Mitglieder an, palästinensischen Flüchtlingen die Staatsbürgerschaft zu verweigern, um deren „Identität nicht zu verwässern und ihr Recht auf Rückkehr in ihr Heimatland zu schützen“.[5] Faktisch wurden in anderen arabischen Staaten die Palästinaflüchtlinge wie andere Bedoon (staatenlose Araber) systematisch und dauerhaft diskriminiert.[6] Ein massiver Einschnitt war die Vertreibung der Palästinenser aus Kuwait 1991[7] unmittelbar nach dem Zweiten Golfkrieg. Die Parteinahme des PLO-Führers Jassir Arafat für Saddam Husseins Invasion löste das Geschehen aus.[8] Die etwa 450.000 in Kuwait lebenden Palästinenser wurden binnen zweier Wochen bis auf wenige Tausend aus dem Land vertrieben.[8]. Zudem kam die Unterstützung der Golfstaaten für die PLO zum Erliegen.
Die israelische Politik
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Obwohl der palästinensische Exodus den Jischuw zunächst völlig überraschte und keineswegs geplant war, gab es doch schon lange zuvor Überlegungen, was mit den Arabern in einem zukünftigen jüdischen Staat geschehen solle.
David Ben Gurion vertrat 1938 die Idee eines freiwilligen Transfers:
- The starting point for a solution of the Arab problem in the Jewish state was the conclusion of an agreement with the Arab states that would pave the way for a transfer of the Arabs out of the Jewish state to the Arab countries.
Während der Verhandlungen zum Teilungsbeschluss wurde dieses Thema nicht diskutiert, aber man machte sich Gedanken über den Kriegsfall: In the event of a war between the two Palestine states, said Ben-Gurion, the Arab minority in the Jewish state would be a 'Fifth column'.
Während in den ersten Monaten des Krieges die Eroberung und Zerstörung palästinensischer Dörfer weitgehend aus strategischen Motiven geschah und die Flucht oder Vertreibung der Bewohner nicht das Hauptziel bildete, wandelte sich das Verhalten der Israelis später entscheidend. Als im Frühling 1948 die ersten Flüchtlinge zu ihren Dörfern zurückkehren wollten, begann die Debatte, ob eine Rückkehr zugelassen werden sollte: I am not willing to make extraordinary arrangements to bring back Arabs, formulierte Golda Meïr ihren Standpunkt. Außenminister Scharet schlug eine Warnung an die Araber vor: Suggest consider issue warning Arabs now evacuating cannot be assured of return.
Die arabischen Staaten drängten auf eine Rückkehr, da sie allmählich die wirtschaftlichen, politischen und militärischen Auswirkungen der Flüchtlingsbewegung zu spüren begannen.
Auf jüdischer Seite etablierte sich Ende Mai ein erstes, inoffizielles „Transfer-Komitee“, an institution whose role will be. . . . to seek ways to carry out the transfer of the Arab population at this oppurtunity when it has left its normal place of residence. Weitz, der Vorsitzende dieses Komitees schlug Ben-Gurion eine Reihe von Maßnahmen vor, darunter die Zerstörung palästinensischer Dörfer, die Ansiedlung von Juden in leer stehenden Dörfern und die Schaffung von Gesetzen, die eine Rückkehr verhindern sollten. Eine schriftliche Antwort oder Autorisierung von Ben-Gurion erhielt Weitz nicht, der auf eigene Faust einige Dörfer zerstören ließ. Auffällig ist jedoch, dass Weitzs Vorschläge fast buchstabengetreu ausgeführt wurden. Am 16. Juni sagt Ben-Gurion in einer Kabinettsrede: I believe [...] we should prevent their return . . . We must settle Jaffa, Jaffa will become a Jewish city... Während in den ersten Kriegsmonaten die Dörfer zerstört wurden, ging man später dazu über, Neueinwanderer in den eroberten Dörfern anzusiedeln. Selbst Deir Yasin wurde trotz heftiger Proteste in eine jüdische Siedlung umgewandelt. Der Landbesitz der Dörfer wurde umliegenden Kibbuzim zugeschlagen. Die Volkszählung im November 1948, als die Vertreibung der arabischen Bevölkerung nahezu abgeschlossen war, war der erste Schachzug, eine Rückkehr der Palästinenser auch gesetzlich unmöglich zu machen, indem sie alle, die zu diesem Zeitpunkt nicht an ihrem Wohnsitz waren, zu Illegalen erklärte, die ausgewiesen werden konnten. Es folgte die Notstandsverordnung über das Eigentum Abwesender vom 12. Dezember 1948, in der die Flüchtlinge ihres Eigentums beraubt wurden.
Die Haltung des Auslandes
In der zweiten Hälfte des Jahres 1948 begann die Weltöffentlichkeit Notiz von der Existenz des Flüchtlingsproblems zu nehmen. Hilfsorganisationen wurden gegründet, um die Flüchtlinge mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Der UN-Vermittler Graf Folke Bernadotte machte sich die Rückkehr der Flüchtlinge zur Aufgabe. Er forderte von den Israelis eine Anerkennung des Rückkehrrechtes. Am 17. Juni bat er die Israelis, die Rückkehr von 300.000 Flüchtlingen zu gestatten. Auch der amerikanische Druck nahm zu. Die israelische Antwort auf alle Anfragen war gleich lautend: Das Problem könne nur durch allgemeine und umfassende Friedensverhandlungen mit den arabischen Staaten gelöst werden. Sasson betonte, es könne keine Aufnahme der Flüchtlinge geben, solange dies nicht Teil eines Friedensabkommens mit den arabischen Staaten sei; eine Rückerstattung konfiszierten arabischen Eigentums hinge von einer Rückerstattung israelischen Eigentums in arabischen Ländern ab. Die Flüchtlinge wurden von Kohn, einem Berater des israelischen Außenministers als our most valuable bargaining asset angesehen.
Am 17. September 1948 wurde Bernadotte, der härteste Gegner der Israelis in der Flüchtlingsfrage von jüdischen Terroristen der Lechi (sogenannte "Stern Bande") in Jerusalem ermordet. Seine Vorschläge zur Lösung des Flüchtlingsproblems bildeten die Basis der Resolution 194 der UN-Generalversammlung, die die Flüchtlingsfrage behandelt.
Das Scheitern der Friedensverhandlungen
Die Friedensverhandlungen wurden hauptsächlich von den Vereinten Nationen, der Palestine Conciliation Commission, und den USA betrieben. Sie scheiterten sowohl an der Haltung der Israelis als auch an der Haltung der arabischen Staaten. Von den Israelis forderten die Vermittler keine volle Repatriierung der Flüchtlinge, aber eine Anerkennung des Rechts auf Rückkehr und die Erfüllung folgender Forderung: Sie sollten einen Teil der Flüchtlinge (250.000) wieder aufnehmen, der Rest sollte in den arabischen Staaten angesiedelt werden.
In einem anderen Plan, dem Gaza-Plan, sollte Israel von Ägypten den Gazastreifen, möglicherweise gegen israelische, territoriale Zugeständnisse, erhalten und die dortige Bevölkerung einbürgern und die Flüchtlinge des Gazastreifens zu ihren Dörfern zurückkehren lassen. Israel stand dem Plan positiv gegenüber, Ägypten lehnte ihn jedoch am 29. Juli ab: The Egyptian Foreign Ministry contended that the plan could serve only the interests of Israel, which was making use of the refugee question to extent its boundaries.
In den Verhandlungen in Lausanne bewegte sich nichts, die Israelis lehnten die Forderung ab. Sasson beschreibt die israelische Haltung: Firstly, the Jews believe that it is possible to achieve peace without any price, maximal or minimal...
Die arabischen Staaten dagegen befanden sich, wie Morris es nennt, in einer „no-lose situation“: Im Falle einer Weigerung Israels, die Flüchtlinge zurückzunehmen, stände Israel als moralischer Verlierer vor der Weltöffentlichkeit da, im anderen Falle trügen die Flüchtlinge zur Destabilisierung des Staates bei. Die arabischen Staaten beharrten auf vollständiger Repatriierung.
Am 3. August machten die Israelis nach langem Zögern das Angebot, 100.000 Flüchtlinge zu repatriieren, was heftigen innenpolitischen Widerstand auslöste. Die Araber lehnten ab. Für Israel schien, wie einige meinten, ein Frieden nicht dringlich: Israel prefers...status quo ... Objectives appear to be (1) Absorption of almost all Arab refugees by Arab states and (2) de facto recognition of armistic lines as boundaries. Die Konferenz von Lausanne endete am 12. September 1949 ergebnislos.
Camp David und Taba
Im Jahre 2000 bei den palästinensisch-israelischen Verhandlungen um einen finalen Status wurde von den beiden Seiten das Thema erstmals ernsthaft angegangen. Abermals kam es zu keiner erfolgreichen Lösung. Strittig war insbesondere, wer für die Notlage der Flüchtlinge verantwortlich war, wie man Flüchtling definiert (etwa die Nachkommen von Flüchtlingen), die Existenz eines Rückkehrrechts, die Frage von Rückerstattung und Entschädigung, sowie die Frage der Relevanz von den jüdischen Flüchtlingen aus den arabischen Staaten für einen Vertrag zwischen der PLO und Israel.
Lebensbedingungen, Bevölkerungswachstum und Gewalt
Die Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland werden trotz ihrer Zugehörigkeit zu den Palästinensischen Autonomiegebieten bis heute vom UNRWA mehrheitlich als Flüchtlinge geführt und sind zumeist faktisch staatenlos. Selbiges gilt auch für die Palästinenser, die bis heute in Flüchtlingslagern im Libanon[2] und in Syrien leben. Trotz der schwierigen Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern und den durch Israel besetzten Gebieten findet vor allem in letzteren ein anhaltendes Bevölkerungswachstum statt. Von 1967 bis 2013 stieg die Zahl der Palästinenser in den Gebieten von 450.000 auf 4,4 Millionen. Die Geburtenrate im Gazastreifen gehört seit Jahren zu den höchsten der Welt. Etwa 40% aller Bewohner der besetzten Gebiete und Flüchtlingslager sind unter 15 Jahre alt.[9][10] Der Soziologe Gunnar Heinsohn sieht darin einen klassischen Fall des Youth Bulges und eines der wesentlichen Probleme des Nahostkonflikts im neuen Jahrtausend. Die hohe Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit unter palästinensischen jungen Männern führe zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft und einer Anfälligkeit für extremistische Ideologien, woran jedoch nach Ansicht Heinsohns auch ein unabhängiger palästinensischer Staat vorerst nichts ändern würde. Die palästinensischen und arabischen Führer hätten gar kein Interesse, die Feindschaft zu Israel zu beenden, da sie befürchteten, die gewalt- und umsturzbereiten jungen Männer würden sich sonst gegen sie wenden. Die palästinensischen Führer hätten zudem keine Skrupel, die jungen Männer als "Waffe" einzusetzen.[11]
Siehe auch
Literatur
- Tina Miller: Die Frage der Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge, unter Berücksichtigung der Lösungsansätze der Vereinten Nationen. (zugl. Dissertation TU Dresden). Peter Lang, Frankfurf 2007, ISBN 978-3-631-56387-8.
- Benny Morris: The Birth of the Palestinian refugee problem.. Cambridge University Press, Cambridge 1987, ISBN 978-0-521-33889-9.
- Friedrich Schreiber, Michael Wolffsohn: Nahost: Geschichte und Struktur des Konflikts.. Leske und Budrich, Opladen 1996, ISBN 978-3-8100-1478-8.
- Ilan Pappe: Die ethnische Säuberung Palästinas. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-86150-791-8.
Einzelnachweise
- ↑ Vereinte Nationen: General Progress Report And Supplementary Report Of The United Nations Conciliation Commission For Palestine, A/1367/Rev.1, 23. Oktober 1950
- ↑ 2,0 2,1 Qantara: Sunnitische Palästinenser im Libanon. Opfer des Friedens, 2010
- ↑ Jewish Virtual Library: Behauptungen und Tatsachen. Die Flüchtlinge
- ↑ Markus A. Weingardt: Deutsche Israel- und Nahostpolitik. Campus Verlag 2002, ISBN 3-593-37109-X, S. 33.
- ↑ P.K. Abdul Ghafour: A Million Expatriates to Benefit From New Citizenship Law (englisch) In: Arab News. 21. Oktober 2004. Abgerufen am 22. Mai 2013.
- ↑ Abbas Shiblak: Residency Status and Civil Rights of Palestinian Refugees in Arab Countries. In: Journal of Palestine Studies. 25, April 1996, S. 36–45. doi:10.2307/2538257. Abgerufen am 22. Mai 2013.
- ↑ Ann M. Lesch: Palestinians in Kuwait. In: Journal of Palestine Studies. 20, Juli 1991, S. 42–54. doi:10.2307/2537434. Abgerufen am 22. Mai 2013.
- ↑ 8,0 8,1 Angry welcome for Palestinian in Kuwait. In: BBC, 30. Mai 2001. Abgerufen am 22. Mai 2013.
- ↑ Generaldelegation Palästinas: Statistik des PCBS: Population
- ↑ Welt auf einen Blick: Weltrangliste der Geburtenrate der Staaten der Welt
- ↑ Gunnar Heinsohn: Söhne und Weltmacht, Zürich 2006, S.31 ff.
Weblinks
- General Assembly - A/RES/194 (III) 11 December 1948 der Text der Resolution 194 (englisch)
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