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Parteitag

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SPD-Parteitag 2001 in Nürnberg

Ein Parteitag ist ein satzungsrechtlich geregeltes Treffen von Funktionären und Mitgliedern einer politischen Partei, auf dem die sachliche, finanzielle und personelle Politik der Partei diskutiert und festgelegt wird. Auch die Wahl des Parteichefs, seiner Stellvertreter und des Präsidiums findet auf Parteitagen statt. Ein Parteitag ist eine Sonderform einer Mitgliederversammlung.

Struktureller Hintergrund

Auf den meisten Parteitagen sind nicht alle Parteimitglieder, sondern aus organisatorischen Gründen nur eine festgelegte Anzahl von Delegierten anwesend. Auf welcher Ebene delegiert wird, ist von der Größe des Parteitages und der Partei abhängig. So delegieren bei einem Kreis-/Unterbezirksparteitag meist die Ortsvereine, während auf einem Bundesparteitag bei den mitgliederstarken Parteien für gewöhnlich die Landesverbände/Bezirke Delegierte entsenden, bei mitgliederschwächeren Parteien dagegen die Kreisverbände. Auch eine Delegation nach Art der Mitgliedschaft ist möglich, bei bürgerlichen Parteien z. B. nach Arbeitssparten wie Arbeitnehmer/in, Unternehmer, Landwirt, Jugend, Senioren usw.

In den großen Volksparteien sind auch auf Kreisebene häufig noch Delegiertenparteitage üblich. Um mehr Mitglieder in die grundlegenden Entscheidungen der Kreispartei einzubinden, werden immer mehr Kreisparteitage in Form von Mitgliederparteitagen durchgeführt. Manche Landesverbände schreiben über die Satzung vor, dass Kreisparteitage als Mitgliederparteitage durchzuführen sind. Gegen die Einführung von Mitgliederparteitagen wird oft eingewandt, dass sie den Einfluss der Ortsvereine/Ortsverbände schwächen und Manipulationen (zum Beispiel durch die Wahl des Tagungsortes in der Nähe des eigenen Ortsverbandes und entfernt von einem konkurrierenden Ortsverband) begünstigen.

Da Parteien besondere Ausprägungen von Vereinen sind, ist auf sie in Deutschland analog das deutsche Vereinsrecht anzuwenden. Diesem zufolge bildet die Mitgliederversammlung das zentrale Organ der Willensbildung. Die Funktion von Parteitagen ist mit der einer Jahreshauptversammlung eines Vereins vergleichbar. Bei Ortsvereinen bzw. Ortsverbänden von Parteien werden diese besonderen Mitgliederversammlungen (zum Beispiel mit Vorstandswahl) nicht als „Parteitag“, sondern (wie bei Vereinen, die nicht das Parteienprivileg genießen) als „Jahreshauptversammlung“ bezeichnet. Der Begriff Parteitag findet somit nur für die Ebene des Kreisverbandes bzw. Unterbezirks und übergeordnete Ebenen Verwendung.

Arten von Präsenzversammlungen

Ordentlicher Parteitag

Ein Ordentlicher Parteitag soll ein satzungsgemäßes Funktionieren der innerparteilichen Demokratie gewährleisten. Auf diesen Parteitagen, die in regelmäßigen Abständen stattfinden, werden z.B. Parteiämter vergeben. In der Regel hat jede größere Partei alle ein bis zwei Jahre einen ordentlichen Parteitag, um den Vorstand zu wählen. Vor Wahlen wird oft auch ein Wahlprogramm auf Parteitagen beschlossen.

Außerordentlicher Parteitag

Als Außerordentlicher Parteitag wird ein Parteitag bezeichnet, der außerhalb der in einem regelmäßigen Turnus stattfindenden Parteitage veranstaltet wird. Dies geschieht für gewöhnlich aus wichtigem Anlass, der nicht aufgeschoben werden sollte, etwa wenn es aufgrund unvorhergesehener Ereignisse einer parteirechtlichen Legitimation bedarf, z.B. Wahl eines neuen Parteivorsitzenden oder Gebietsvorsitzenden oder der Sachentscheidung in einer Koalitions- bzw. Regierungskrise. Ein Beispiel lieferte die SPD 2004, als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder den Parteivorsitz an den Fraktionsvorsitzenden Franz Müntefering abgab. Ein Außerordentlicher Parteitag kann auch nach einer erfolgreichen Wahl Koalitionsvereinbarungen bestätigen.

Umgangssprachlich und in den Medien wird dafür auch oft der Begriff Sonderparteitag verwendet.

Bundesparteitag

Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen

Der Bundesparteitag ist nach der Satzung der meisten Parteien das höchste Entscheidungsgremium. Nach dem deutschen Parteiengesetz ist dies vorgeschrieben. Bei der Partei Bündnis 90/Die Grünen wird der Bundesparteitag Bundesdelegiertenkonferenz genannt.

Die Teilnehmer des Parteitags setzen sich in der Regel aus den Delegierten der unteren Ebenen, z. B. Landesverbände, Bezirksverbände oder Kreisverbände zusammen. Auch Basisparteitage, bei denen alle Mitglieder direkt teilnehmen können, sind möglich. Die Zahl der Delegierten richtet sich dabei meistens nach der Zahl der Mitglieder einer Partei im entsprechenden Regionalverband. Alternativ kann die Aufteilung auch teilweise gemäß der Stimmenzahl bei öffentlichen Wahlen der Partei im Gebiet des Unterverbandes erfolgen. Nach § 13 des Parteiengesetzes muss jedoch mindestens die Hälfte der Delegiertenrechte nach der Mitgliederzahl berechnet werden.

Details regelt die Satzung der jeweiligen Partei. Der Bundesparteitag beschließt das Grundsatzprogramm, wählt den Parteivorstand, nominiert den Kanzlerkandidaten, trifft die Entscheidung über Koalitionen mit anderen Parteien zum Zwecke der Regierungsbildung und kann weiterhin Entscheidungen zu jedem Thema treffen, das die Partei betrifft. Einige Parteien unterscheiden zwischen "großen" und "kleinen" Parteitagen (bei Bündnis 90/Die Grünen wäre letzteres der Länderrat).

Dem Bundesparteitag steht in der Regel ein Präsidium vor, welches die Versammlung leitet. Auch gibt es fast immer eine so genannte Antragskommission, die Anträge von Einzelpersonen oder Gruppen im Vorfeld bearbeitet, um einen reibungslosen Ablauf des Bundesparteitags zu gewährleisten.

Bindungswirkung von Parteitagsbeschlüssen

Parteitagsbeschlüsse sind rechtlich nicht bindend. Beispielsweise wirkte die SPD 1992 an einer Veränderung des Grundgesetzes, dem sog. Asylkompromiss mit, obwohl der Bundesparteitag der SPD sich gegen eine Änderung von Art. 16 des Grundgesetzes (Asylrecht) ausgesprochen hatte.

Vereinigungsparteitag

Ein Vereinigungsparteitag ist eine Parteiversammlung, auf der zwei (oder mehr) Parteien sich zu einer zusammenschließen.

Beispiele:

Online-Parteitage und -Mitgliederversammlungen

Vor dem Eintritt des Informationszeitalters galt es als eine Selbstverständlichkeit, dass Mitgliederversammlungen, also auch Parteitage, als „Präsenzversammlungen“ durchgeführt werden mussten, d.h. ein Rede- und Stimmrecht hatten nur physisch Anwesende. Dem Wortlaut des Parteienrechts kann man entnehmen, dass den Gesetzesautoren das damit verbundene Problem noch nicht bewusst war.

Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg haben im Jahr 2000 einen experimentellen "Virtuellen Parteitag" durchgeführt[1] und dieses Organ danach in der Satzung des Landesverbands verankert, aber nicht erneut einberufen.

Bis heute hat sich die juristische Fachliteratur noch kaum des Themas „Online-Mitgliederversammlung oder -Parteitag bei politischen Parteien“ angenommen. § 32 des Bürgerlichen Gesetzbuches statuiert zunächst in seinem Abs. 1, dass Angelegenheiten des Vereins grundsätzlich durch Beschlussfassung im Rahmen einer Mitgliederversammlung zu regeln sind; Abs. 2 desselben Paragraphen regelt demgegenüber eine gesetzliche Ausnahme vom Erfordernis der physischen Präsenz bei auf Beschlussfassung ausgerichteten Versammlungen und öffnet damit das Tor für die Möglichkeit von Online-Versammlungen. Der Verein genießt darüber hinaus gem. § 40 BGB weitgehende Freiheit, was die Ausgestaltung seiner inneren Organisationsstruktur in der Vereinssatzung anbelangt. Er darf mithin die Mitgliederversammlung, die von § 32 BGB als essentielles Instrument der Meinungsbildung im Verein zwingend vorgeschrieben ist, zwar nicht abschaffen, jedoch kann er regeln, wie sich die Willensbildung innerhalb des Organs der Mitgliederversammlung vollziehen soll. Bei der Online-Versammlung handelt es sich um eine derartige Modalität der in § 32 Abs. 1 BGB angeordneten Versammlung.[2]

Ein praktisches Problem bei Online-Mitgliederversammlungen und -Parteitagen stellt das Gebot des § 15 Abs. 2 des deutschen Parteiengesetzes dar, demzufolge Wahlen in Parteien grundsätzlich geheim durchgeführt werden müssen. Wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten hat das Bundesverfassungsgericht am 3. März 2009 den Einsatz von Wahlautomaten verboten. Auch der Wahlrechtsgrundsatz „allgemeiner“ Wahlen nach Art. 38 GG, der analog auch für Wahlen innerhalb von Parteien gilt, stellt ein Problem dar, solange es das Phänomen der digitalen Spaltung gibt.

Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hält Abstimmungen im Rahmen einer „virtuellen Mitgliederversammlung“, bei denen Klarnamen benutzt werden und bei denen leicht ermittelt werden kann, welches Votum ein Abstimmender abgegeben hat, für rechtswidrig: „Der demokratische Willensbildungsprozess einer Partei setzt verfassungsrechtlich nämlich keineswegs eine generelle Kenntnis des Abstimmungsverhaltens der Mitglieder voraus; im Gegenteil ist gerade die Möglichkeit geheimer Abstimmungen eine Minderheiten schützende demokratische Vorkehrung. Wenn durch das Klarnamenprinzip im LQFB also Abstimmungen generell namentlich nachvollziehbar werden sollen, läuft das den verfassungsrechtlichen Vorgaben einer demokratischen Parteistruktur zuwider.[3]

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Parteitag – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Till Westermayer: Politische Online-Kommunikation unter Wirklichkeitsverdacht: Der Virtuelle Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg (PDF; 166 kB), Kommunikation@Gesellschaft, 2003, abgerufen am 1. Juni 2013
  2. Patrizia Robbe/Alexandra Tsesis: Patrizia Robbe: Online-Parteitage. Deutscher Bundestag / Wissenschaftliche Dienste, 29. November 2011, S. 5f., abgerufen am 10. Februar 2013
  3. Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: Schreiben an die Piratenpartei Deutschland Berlin (PDF; 82 kB). 2. Oktober 2012, abgerufen am 10. Februar 2013
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Parteitag aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.