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Paul Bildt
Paul Hermann Bildt (* 19. Mai 1885 in Berlin; † 13. März 1957 ebenda) war ein deutscher Schauspieler und Regisseur. Er war einer der herausragenden und wandelbarsten Charakterdarsteller des deutschen Theaters, der seine Erfolge an den Berliner Bühnen von Max Reinhardt genauso wie im frühen Film feierte.
Leben und Werk
Paul Bildt war eines von sechs Kindern des Gemischtwarenhändlers und späteren Gastwirts Ferdinand Wilhelm Bildt und seiner Ehefrau Auguste Marie, geborene Fiebelkorn. Er besuchte die Luisenstädtische Oberrealschule am Heinrichplatz bis zur Primarreife. Schon als Vierzehnjähriger erregte Bildt bei einer Amateurtheateraufführung des CVJM mit einer Lehrerparodie Aufsehen. Die in Treptow begonnene Ausbildung zum Polizisten brach er ab und nahm Schauspielunterricht bei Friedrich Moest an der Reicherschen Hochschule für dramatische Kunst.
Am 2. Mai 1905 gab er sein Debüt am Sommer-Tournéetheater des Berliner Theaterdirektors Linsemann in Hannover. Ab Herbst 1905 war er im Schillertheater in Berlin engagiert, wo er acht Jahre verblieb. Dem folgte ein Engagement am Kleinen Theater, das aber durch den Krieg unterbrochen wurde. 1910 feierte Bildt sein Leinwanddebüt. Im Ersten Weltkrieg musste er wegen einer schweren Erkrankung nur kurz die Uniform tragen und wurde bald wieder entlassen.
Bildt avancierte zu einem der meistbeschäftigten Schauspieler der Stummfilmära und wurde in den 1920er Jahren auch ein gefragter Charakterdarsteller. Außerdem arbeitete er als Filmregisseur und mit dem Aufkommen des Tonfilms auch als Dialogregisseur für einige Filme. Da Bildt dem Deutschen Theater angehörte, wirkte er in der ersten Inszenierung des Berliner Ensemble mit. Seit 1908 war er mit der jüdischen Schauspielerin Charlotte Friedländer († Anfang 1945 an Krebs) verheiratet und Vater einer Tochter, Eva Bildt.
Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 lief er Gefahr, aufgrund seiner jüdischen Ehefrau ins berufliche Abseits zu geraten. Unter dem Schutz von Intendant Gustaf Gründgens spielte er weiterhin am Preußischen Staatstheater und auch die UFA betraute ihn mit zahlreichen Aufträgen, was allerdings auch dazu führte, dass er in diversen Propagandafilmen mitspielte. Kurz vor Kriegsende wurde er in die Gottbegnadeten-Liste aufgenommen.[1] Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebten Bildt und seine Tochter Eva im Landhaus von Gustaf Gründgens in Zeesen. Nach der Besetzung des Ortes durch die Rote Armee am 26. April 1945 nahmen beide eine Überdosis Veronal, an der Eva Bildt starb, während Paul Bildts Leben nach tagelangem Koma gerettet werden konnte.[2]
Nach seiner Genesung holte Gründgens Bildt an das Düsseldorfer Schauspielhaus. Es folgte 1954 bis zu seinem Tod ein Engagement an den Münchner Kammerspielen. Auch der deutsche Nachkriegsfilm fand interessante Rollen für den Darsteller, der bis zu seinem Tode in über 150 Filmen mitwirkte. Er arbeitete unter anderem in einigen DEFA-Spielfilmen, wie 1950 in Der Rat der Götter und Das kalte Herz. Darüber hinaus arbeitete Bildt auch als Synchronsprecher und lieh seine Stimme u. a. Sacha Guitry und Walter Brennan (In die Falle gelockt).
Für seine schauspielerische Leistung am Berliner Ensemble in Bertolt Brechts Mutter Courage und ihre Kinder wurde Bildt im Kollektiv 1949 als einer der ersten Schauspieler mit dem Deutschen Nationalpreis geehrt.[3] In erster Ehe war Paul Bildt mit der Schauspielerin Charlotte Friedländer verheiratet; aus dieser Ehe stammt die Tochter Eva Bildt (1916–1945), die später als Rezitatorin auftrat und mit Helmut Gollwitzer verlobt war. Nach dem Tod seiner ersten Frau war Bildt in zweiter Ehe mit Katharina Pape verheiratet. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Dahlem.
Filmografie (Auswahl)
Stummfilme
- 1910: Schuld und Sühne
- 1912: Zu Tode gehetzt
- 1913: Die Landstraße
- 1913: … denn alle Schuld rächt sich auf Erden
- 1914: Die Grenzwacht im Osten
- 1916: Stein unter Steinen
- 1917: Die Prinzessin von Neutralien
- 1918: Mr. Wu
- 1918: Die Rothenburger
- 1919: Die lebende Tote
- 1919: Rose Bernd
- 1920: Die Schuld der Lavinia Morland
- 1920: Nachtgestalten
- 1921: Schloß Vogelöd
- 1921: Tobias Buntschuh
- 1921: Lady Hamilton
- 1923: Friedrich Schiller
- 1923: Ein Weib, ein Tier, ein Diamant – Regie: Hanns Kobe
- 1924: Die Schmetterlingsschlacht – Regie: Franz Eckstein
- 1925: Die Verrufenen
- 1926: Die Flammen lügen – Regie: Carl Froelich
- 1927: Prinz Louis Ferdinand
- 1927: Lützows wilde verwegene Jugend – Regie: Richard Oswald
- 1927: Das Mädchen mit den fünf Nullen – Regie: Kurt Bernhardt
- 1928: Liebe und Diebe – Regie: Carl Froelich
Tonfilme
- 1930: Der Andere – Regie: Robert Wiene
- 1930: Dreyfus – Regie: Richard Oswald
- 1934: Wilhelm Tell – Regie: Heinz Paul
- 1934: Schwarzer Jäger Johanna – Regie: Johannes Meyer
- 1935: Das Mädchen Johanna
- 1936: Donogoo Tonka
- 1936: Glückskinder
- 1936: Stadt Anatol – Regie: Viktor Tourjansky
- 1936: Moskau – Shanghai
- 1936: Die Kreutzersonate – Regie: Veit Harlan
- 1937: Der Mann, der Sherlock Holmes war
- 1937: Zu neuen Ufern
- 1937: Der Herrscher – Regie: Veit Harlan
- 1937: Madame Bovary – Regie: Gerhard Lamprecht
- 1937: La Habanera
- 1938: Die Umwege des schönen Karl
- 1938: Der Spieler
- 1938: Verwehte Spuren
- 1938: Tanz auf dem Vulkan
- 1939: Der Schritt vom Wege – Regie: Gustaf Gründgens
- 1939: Paradies der Junggesellen
- 1939: Der Florentiner Hut
- 1939: Robert Koch, der Bekämpfer des Todes
- 1939: D III 88
- 1940: Zwei Welten
- 1940: Das Mädchen von Fanö – Regie: Hans Schweikart
- 1941: Kampfgeschwader Lützow
- 1941: Ohm Krüger – Regie: Hans Steinhoff
- 1941: Friedemann Bach
- 1941: Der Gasmann
- 1942: Anschlag auf Baku
- 1942: Die Entlassung – Regie: Wolfgang Liebeneiner
- 1943: Ein glücklicher Mensch – Regie: Paul Verhoeven
- 1944: Opfergang – Regie: Veit Harlan
- 1945: Kolberg – Regie: Veit Harlan
- 1945: Der Mann im Sattel (UA: 2000)
- 1945: Der Puppenspieler (unvollendet)
- 1945: Sag’ die Wahrheit (unvollendet)
- 1946: Irgendwo in Berlin – Regie: Gerhard Lamprecht
- 1947: Razzia – Regie: Werner Klingler
- 1948: Affaire Blum
- 1948: Und wieder 48
- 1949: Der Biberpelz
- 1949: Unser täglich Brot
- 1950: Das kalte Herz
- 1952: Herz der Welt
- 1952: Die Spur führt nach Berlin
- 1952: Toxi - Regie: Robert Adolf Stemmle
- 1952: Vater braucht eine Frau – Regie: Harald Braun
- 1952: Die große Versuchung
- 1953: Muß man sich gleich scheiden lassen?
- 1953: Königliche Hoheit
- 1953: Solange Du da bist
- 1954: Meines Vaters Pferde I. Teil Lena und Nicoline – Regie: Gerhard Lamprecht
- 1954: Die verschwundene Miniatur
- 1954: Der letzte Sommer
- 1954: Sauerbruch – Das war mein Leben
- 1955: Ein Herz voll Musik
- 1955: Ludwig II.
- 1955: Der 20. Juli
- 1955: Himmel ohne Sterne – Regie: Helmut Käutner
- 1955: Sohn ohne Heimat
- 1956: Teufel in Seide – Regie: Rolf Hansen
- 1956: Ich suche Dich
- 1956: Anastasia, die letzte Zarentochter
Theater
- 1932: Hannes Reutter: Der große Krumme – Regie: Bernd Hofmann (Theater am Schiffbauerdamm Berlin)
- 1947: Molière: Tartuffe – Regie: Willi Schmidt (Deutsches Theater Berlin – Kammerspiele)
- 1949: Bertolt Brecht: Mutter Courage und ihre Kinder (Koch) – Regie: Erich Engel (Berliner Ensemble im Deutschen Theater Berlin)
Hörspiele
- 1932: Bertolt Brecht: Die heilige Johanna der Schlachthöfe (Sprecher) – Regie: Alfred Braun (Hörspiel - Funk-Stunde Berlin)
- 1945: Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise (Patriarch) – Bearbeitung und Regie: Hannes Küpper (Berliner Rundfunk)
- 1947: Horst Lommer/Günther Osswald: Der General (General) – Regie: Peter Elsholtz (Berliner Rundfunk)
Literatur
- Frank-Burkhard Habel, Volker Wachter: Das große Lexikon der DDR-Stars. Schauspieler aus Film und Fernsehen. Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2002, ISBN 3-89602-391-8.
- Adolf Heinzlmeier, Berndt Schulz: Das Lexikon der deutschen Filmstars. Mehr als 500 Biografien von damals bis heute. Erweiterte Neuausgabe. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2003, ISBN 3-89602-475-2.
- Birgit Pargner: Ganz nah am Sein. Der Schauspieler Paul Bildt. Henschel, Berlin 2007, ISBN 978-3-89487-580-0.
- Klaus Riemer: Paul Bildt (= Theater und Drama. Bd. 23, ISSN 0172-8024) Colloquium Verlag, Berlin-Dahlem 1963 (Zugleich: Berlin, Freie Universität, Dissertation, 1962).
- Karl Voss (Hrsg.): Paul Bildt. Ein Schauspieler in seinen Verwandlungen. Josef Keller, Starnberg 1963.
- Harry E. Weinschenk: Schauspieler erzählen. Wilhelm Limpert-Verlag, Berlin 1938, 31 ff.
Weblinks
- Paul Bildt in der Internet Movie Database (englisch)
- Paul Bildt bei filmportal.de
- Literatur von und über Paul Bildt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Paul Bildt bei www.cyranos.ch
- Paul Bildt bei www.defa-sternstunden
- Grabstelle auf dem St. Annen Kirchhof in Berlin-Dahlem
- Bilder von Paul Bildt In: Virtual History
Einzelnachweise
- ↑ Harry Waibel: Diener vieler Herren. Ehemalige NS-Funktionäre in der SBZ/DDR. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2011, ISBN 978-3-631-63542-1, S. 42.
- ↑ Helmut Gollwitzer, Eva Bildt: „Ich will dir schnell sagen, daß ich lebe, Liebster.“ Briefe aus dem Krieg 1940–1945 (= Beck'sche Reihe. Bd. 1877). Mit einem Nachwort von Antje Vollmer, herausgegeben von Friedrich Künzel und Ruth Pabst. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57381-1.
- ↑ Die deutschen Nationalpreisträger 1949. In: Neues Deutschland, 26. August 1949, S. 3.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Bildt, Paul |
ALTERNATIVNAMEN | Bildt, Paul Hermann (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schauspieler und Regisseur |
GEBURTSDATUM | 19. Mai 1885 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 13. März 1957 |
STERBEORT | Berlin |
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