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Pferdefleisch
Pferdefleisch ist das Fleisch des Hauspferds. Es wird heute als Nahrungsmittel in Deutschland und Österreich eher selten, in der Schweiz häufiger genutzt. Pferdefleisch wird vorwiegend in Pferdemetzgereien verkauft, in der Schweiz ist es auch bei den Großverteilern Coop und Migros erhältlich. Einige Gerichte der deutschen Küche werden traditionell mit Pferdefleisch zubereitet, beispielsweise der Rheinische Sauerbraten.
Die Schlachtteile und ihre Verwendung
- A Filet, ist der am wenigsten beanspruchte Muskel und daher das beste Stück vom Pferd (liefert Steakfleisch)
- B Hinterrücken, ist ganz schier, ohne Speck und Sehne (liefert Steak vom Rücken)
- C Oberschale (liefert Steakfleisch) mit Oberschalendeckel (liefert Rouladen), ist zartes, saftiges Fleisch
- D Seemer und Seemerrolle, liefert Fleisch zum Schmoren (Braten, Rouladen, Gulasch)
- E Vorderrücken, liefert Steakfleisch (Grillen, Kurzbraten, Überbacken)
- F Hochrippe, liefert Fleisch zum Schmoren (Schmorfleisch, Gulasch)
- G Brust, liefert Fleisch zum Schmoren (Schmorfleisch, Gulasch)
- H Bug (Bogen), liefert Fleisch zum Räuchern und Pökeln (Pferdeschinken, Rauchfleisch)
- I Bauchlappen
- J Vorderes Beinfleisch, ist sehr sehnig und liefert Fleisch zum Kochen (Suppenfleisch, Kochwurst)
- K Hinteres Beinfleisch
- L Nacken
- M Kopf, liefert zusammen mit I, K, L Verarbeitungsfleisch (Knackwurst, Kochwurst, Pferdefett usw.)
Inhaltsstoffe und Konsistenz
Pferdefleisch ist rot bis dunkelrot und von fester Konsistenz. Fleisch von jungen Pferden ist hellrot und schmeckt nur leicht anders als Rind. Erst das Fleisch älterer Pferde hat die charakteristisch dunkle Farbe und den unverkennbaren, typischen Geschmack. Je älter das Tier, desto zarter ist sein Fleisch. Der Geschmack von Pferdefleisch ist etwas süßlich, was auf den hohen Gehalt von Glykogen zurückgeführt wird. [1]
Pferdefleisch ist reich an Eisen und sehr fettarm. 100 Gramm enthalten durchschnittlich:[2]
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Zubereitung
Pferdefleisch wird in der Regel wie Rindfleisch zubereitet, auch wenn die Garzeiten meist kürzer sind, da Pferdefleisch grundsätzlich zarter ist. Wegen seines geringen Fettgehaltes tendiert es zum Austrocknen.
Geschichte
Pferdefleisch gehört zu den ältesten Nahrungsmitteln der Menschheit. Knochenfunde bei Solutré in Frankreich, aber auch Höhlenmalereien wie in Lascaux weisen darauf hin, dass das Pferd wohl ein beliebtes Beutetier der eiszeitlichen Jäger war. Tierknochen der Botai-Kultur in Kasachstan belegen einen fast ausschließlichen Verzehr von Pferden. Auch nach seiner Domestizierung und Verwendung als Reit-, Zug- und Lasttier verlor das Pferd seine Bedeutung als Fleischlieferant nicht. Viele der antiken Völker, darunter die Perser, Griechen und Römer aßen Pferdefleisch, wobei häufig auch rituelle Zeremonien bekannt waren, z. B. das Equus October. Auch Kelten und Germanen entwickelten Opferkulte rund um das Pferd. Man geht auch davon aus, dass die gekreuzten Pferdeköpfe an vielen Giebeln der Bauernhäuser Niedersachsens auf den Brauch zurückgehen, die Köpfe geopferter Pferde an den Häusern anzubringen. Auch das Bild des sprechenden Pferdekopfes im Märchen der Gänseprinzessin „O du Falada, da du hangest“ wird von einigen als Erinnerung an diesen Ritus interpretiert. Alle großen Reitervölker wie die Hunnen, Mongolen und Indianer aßen Pferdefleisch. Auch in China war Pferdefleischverzehr weit verbreitet. Im indischen Rigveda wird die Opferung und Zubereitung eines Pferdes beschrieben (RV 1,162).[3]
Das abendländische Pferdefleischverbot
Papst Gregor III. erließ im Jahre 732 ein Verbot, Pferdefleisch zu essen:[4]
„Unter anderem hast du auch erwähnt, einige äßen wilde Pferde und sogar noch mehr äßen zahme Pferde. Unter keinen Umständen, heiligster Bruder, darfst du erlauben, dass dergleichen jemals geschieht. Schreite vielmehr mit Christi Hilfe auf jede nur mögliche Art dagegen ein und lege ihnen die verdiente Buße auf. Denn dieses Tun ist unrein und verabscheuungswürdig.“
Experten sind sich uneins darüber, welcher Beweggrund dem Verbot zu Grunde lag: Für die einen richtete es sich vor allem gegen die Kultpraktiken der heidnischen Germanen, deren Christianisierung gerade im Gange war. Andere behaupten, es habe einen Engpass an Streitrössern gegeben und der Papst habe schlicht nicht gewollt, dass das wertvolle Kriegsmaterial im Kochtopf landete.[5] Papst Gregors Verbot wurde von seinem Nachfolger Zacharias bestätigt. Bonifatius trug es in die Lande. Bei der Christianisierung der Isländer wurde ausdrücklich den Insulanern von der katholischen Kirche der Genuss von Pferdefleisch erlaubt; zu karg war das Leben auf der nördlichen Vulkaninsel, als dass man diese Fleischlieferanten der isländischen Küchenpraxis entziehen durfte.
Wiedereinführung
Trotz des päpstlichen Verbotes war das Mittelalter nicht frei von Pferdefleischverzehr. Einige Schriftstücke bezeugen, dass das Fleisch wilder Pferde in Westfalen gerne von den ansässigen Mönchen gegessen wurde. Der Abdecker, der alte Pferde tötete, verkaufte deren Fleisch oft unter der Hand an die arme Bevölkerung. Praktisch alle Kriege waren von schweren Hungersnöten gekennzeichnet, Pferdefleisch wurde dann zum umkämpften Luxus.
Im 19. Jahrhundert, in der Ära des Rationalismus, wurde das Pferdefleischverbot immer lauter hinterfragt. Prominente Gegner des Verbots, wie der französische Militär-Veterinär Emile Decroix, veranstalteten Schau-Bankette mit Pferdefleisch, um die Menschen vom Pferdefleischverzehr zu überzeugen. Es ging ihm einerseits um die armen Bevölkerungsschichten, die sich kein Fleisch leisten konnten und am Rande der Unterernährung lebten, und andererseits um die bis zum letzten Atemzug geschundenen Kutschpferde in den Großstädten. Wenn man es den Besitzern ermöglichte, ihre alten Pferde an den Schlachter zu verkaufen, würden die Tiere zeitig erlöst und man schaffte eine günstige, hochwertige Nahrungsquelle für die Arbeitermassen. Ein neben anderen Fleischarten gleichrangiges Nahrungsmittel wurde es jedoch nicht. Um 1825 heißt es in einem deutschen Naturkundebuch: „Es soll nicht widrig schmecken, und im Fall der Noth hat man es auch schon oft in Europa genossen.“[6]
Trotz der massiven Proteste der traditionellen Schlachter einerseits und der betuchten Reiterklasse andererseits fiel schließlich das Verbot und die ersten Rossschlachtereien öffneten ihre Pforten. Ähnliche Bewegungen fanden überall in Europa statt. Nachhaltig setzte sich die Kultur des Pferdefleischgenusses aber zunächst nur in den französischsprachigen Ländern durch. In Frankreich lag der Höhepunkt des Pferdefleischverzehrs in den 1950er und 60er Jahren. Seither ist er stetig fallend und beträgt heute kaum mehr als 2 % des gesamten Fleischverbrauchs. Pferdefleisch wird in Frankreich aber nach wie vor in den Fleischregalen praktisch aller Supermärkte angeboten. An der Kanalküste sind Pferdefleischereien verbreitet.
In Wien haben einige Pferdefleischhauer (Fleischer) bis heute eine große Tradition. Besonders die „Dürre“ (Wurst) und vor allem der Pferdeleberkäs sind beliebt.
Verzehr
Pferdefleisch wird in vielen Ländern der Welt verzehrt, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. In vielen romanischen Ländern ist Pferdefleisch ein häufigeres Nahrungsmittel, in den germanischen Ländern hingegen nur wenig. Italien liegt europaweit mit 900 Gramm jährlichem Pro-Kopf-Verbrauch noch vor anderen traditionellen Pferdefleischländern wie Belgien und Frankreich. Deutschland und Portugal haben den geringsten Konsum (50 Gramm pro Jahr).
Schweiz
Auch innerhalb der Schweiz lässt sich diese Kulturbarriere finden: So wird Pferdefleisch in der französischsprachigen Schweiz schon lange, in der deutschsprachigen jedoch erst seit kurzem in nennenswerter Menge gegessen. Ein traditionelles Pferdefleischgericht in der Ostschweiz sind Mostbröckli.
USA
In den USA hat die „Stop the Horseslaughter“-Bewegung ein Verbot des Verzehrs von Pferdefleisch in einigen Staaten, beispielsweise in Kalifornien, erwirkt. Das Töten der Pferde zur Herstellung von Tierfutter und Leim ist jedoch weiterhin erlaubt. Radikalere Gruppen möchten auch gegen den Export geschlachteter Tiere nach Europa vorgehen, da die USA mit ca. 50.000 Tonnen jährlich der weltweit größte Exporteur von Pferdefleisch sind.
Jüdische Speisegesetze
Die jüdischen Speisegesetze verbieten gemäß Lev 11,3 EU den Verzehr von Pferdefleisch, da Pferde weder zu den Wiederkäuern gehören noch Paarhufer sind.
Islam
Im Islam ist der Verzehr von Pferdefleisch nach der Lehre der Schafiiten, Hanbaliten und Malikiten nicht verboten, wohl aber derjenige von Eselsfleisch. Diese Erlaubnis wird bei al-Buchari auf eine Anweisung Mohammeds während der Eroberung von Chaibar zurückgeführt: „Der Gesandte Gottes hat uns in Chaibar den Verzehr von Eselsfleisch verboten, den von Pferdefleisch (aber) erlaubt.“[7] Die Hanafiten schränken den Verzehr von Pferdefleisch dahingehend ein, dass das Pferd dem Menschen im Dschihad nützlich sein soll.[8] In der hanafitischen Lehre wird der Verzehr von Pferdefleisch in der Rechtskategorie von „verwerflichen Handlungen“ (makrūh) angeführt, allerdings stehen solche Handlungen dem Erlaubten näher (makrūh tanzīhī) als dem Verbotenen (makrūh taḥrīmī).[9] Nach der alevitischen Glaubensauffassung ist der Verzehr von Pferdefleisch verboten.
Kritik
Pferdefleisch ist ein umstrittenes Nahrungsmittel. Lag es früher unter dem päpstlichen Bann und war als „Armeleuteessen“ verschrien, sind es heute vor allem emotionale Vorbehalte, die viele Menschen dem Pferdefleisch ablehnend gegenüberstehen lassen.
Auf der anderen Seite hat Pferdefleisch besonders seit der BSE-Krise viele neue Liebhaber gefunden. Ernährungsexperten heben dessen diätetische Vorzüge hervor. Viele Pferdeschützer weisen auch darauf hin, dass das Einschläfern alter oder verletzter Pferde oft schwieriger und schmerzhafter für das Tier ist als die Schlachtung, wobei allerdings zu beachten ist, dass vor allem Sportpferde aufgrund der nach einem Verletzungsfall eingesetzten Arzneimittel nicht für den Verzehr geeignet sind (siehe Equidenpass). Auch die großen Kadaver, die durch das Einschläfern zu Sondermüll werden, empfinden einige Menschen als ethisch fragwürdig. Züchter alter Kaltblutrassen weisen darauf hin, dass ihre Pferde ohne den Fleischmarkt keine Abnehmer mehr hätten und längst ausgestorben wären.
Falschdeklaration als Rindfleisch
Im Februar 2013 wurde in mehreren europäischen Ländern Pferdefleisch in angeblichen Rindfleischprodukten gefunden.
Tierschutzproblematik bei amerikanischen Produzenten
Der Tierschutzbund Zürich (TSB) hat in Zusammenarbeit mit anderen Tierschutzorganisationen den Pferdefleisch-Import in die Schweiz kritisch betrachtet.[10] Filmaufnahmen aus den USA, Kanada, Argentinien und Mexiko zeigen offenbar, wie Pferde beim Verladen mit Stöcken geschlagen und von Hunden gebissen werden, wie kranke Tiere unbehandelt leiden und sterben, wie Pferde länger als einen Tag ohne Wasser, Nahrung oder Ruhepausen zum Schlachthof transportiert und dort unsachgemäss betäubt werden.[10] In der Schweiz wird mit jährlich 411 Tonnen nur wenig Pferdefleisch produziert (2011). Pro Jahr werden rund 5000 Tonnen importiert, der größte Teil aus Kanada, Mexiko und Argentinien.[10]
Literatur
- M. A. Levine: Eating horses: the evolutionary significance of hippophagy. In: Antiquity. 72 (275), York 1998, ISSN 0003-598X (Druck-Ausgabe), ISSN 1745-1744 (Online-Ausgabe), PDF, 2,1 MiB (Digitalisat)
- Agnes Ulrike Gudehus: Die Entwicklung der Pferdeschlachtung und des Pferdefleischkonsums in Deutschland unter Berücksichtigung der gesetzlichen Änderungen. Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität, München 2006, 185 S. (Onlinefassung; PDF, 4,43 MB)
- Martin Rath: Rechtshistorisches zum Pferdebraten. Aus: Legal Tribune Online vom 24. Februar 2013
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.: Mythos Pferdefleisch. Dge.de. Abgerufen am 8. Juni 2010.
- ↑ Hans-Joachim Rose: Küchenbibel – Enzyklopädie der Kulinaristik. Tre Torri, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-937963-41-9
- ↑ Michael Witzel; Toshifumi Gotō: Rig-Veda. Das heilige Wissen. Erster und zweiter Liederkreis. Verlag der Weltreligionen, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-458-70001-2, S. 726. „Die etwas konkretere Erwähnung des Pferdeopfers ist als Zeugnis des Tieropfers in alter Zeit wichtig.“
- ↑ Bonifatii epistula 28: „Inter ea agrestem caballum aliquantos adiunxisti comedere, plerosque et domesticum. Hoc nequaquam fieri deinceps sanctissime sinas frater, sed, quibus potueris Christo iuvante modis, per omnia conpesce et dignam eis interdicto paenitentiam. Inmundum enim est atque exsecrabile.“
- ↑ Marvin Harris: Wohlgeschmack und Widerwillen. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94412-5
- ↑ Dr. Strack: Naturgeschichte in Bildern, I. Lieferung Säugethiere. Arnz & Comp., Verlag der lithographischen Anstalt, Düsseldorf ca. 1820–1826
- ↑ al-Buchārī: aṣ-Ṣaḥīh:Kitāb aḏ-ḏabāʾiḥ wa-ṣ-ṣaid; bāb 27: luḫūm al-ḫail; siehe auch:al-mausūʿa al-fiqhīya. 5. Auflage. Kuwait 2005. Band 5, S. 138-139; A. J. Wensinck und J. H. Kramers: Handwörterbuch des Islam. Brill, Leiden 1941. S.709
- ↑ al-mausūʿa al-fiqhīya. 5. Auflage. Kuwait 2005. Band 5, S. 139
- ↑ Johann Kresmárik: Beiträge zur Beleuchtung des islamistischen Strafrechts, mit Rücksicht auf Theorie und Praxis in der Türkei In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (ZDMG), Band 58 (1904), S. 85-86; al-mausūʿa al-fiqhīya. 5. Auflage. Kuwait 2005. Band 5, S. 138-139
- ↑ 10,0 10,1 10,2 NZZ: Detailhändler entfernen importiertes Pferdefleisch
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