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Philippe Jaccottet

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Erling Mandelmann: Philippe Jaccottet (1991)

Philippe Jaccottet (geboren am 30. Juni 1925 in Moudon, Schweiz; gestorben am 24. Februar 2021 in Grignan, Frankreich) war ein Schweizer Lyriker, Essayist und Übersetzer französischer Sprache. Er gehörte zu der kleinen Gruppe von Schreibenden, die bereits zu Lebzeiten in die prestigeträchtige Bibliothèque de la Pléiade des Gallimard Verlags aufgenommen wurden.[1]

Leben

Philippe Jaccottet wurde 1925 in Moudon (Westschweiz, Kanton Waadt) geboren. Schule und Universität besuchte er in Lausanne. Er hielt sich in Rom und Paris auf, bevor er 1953 nach Grignan (Südfrankreich, Département Drôme) zog, wo er bis zu seinem Tod mit der Malerin Anne-Marie Haesler lebte, die er im gleichen Jahr geheiratet hatte. 1953 erschien auch sein erster Gedichtband (L’Effraie et autres poésies). Das erste Gedicht darin datiert von 1946, L’Effraie, «Das Käuzchen», deutsch in Der Unwissende (siehe unten, Bibliographie).

Schreiben

Zusammen mit Yves Bonnefoy (1923–2016), seinem Freund André du Bouchet (1924–2001), Francis Ponge (1899–1988) und anderen gehörte Jaccottet einer Generation französischsprachiger Lyriker an, die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und unter dem Eindruck dieser Katastrophe zu schreiben begann. Charakteristisch für Jaccottets Dichtung ist der fliessende Übergang von lyrischen, beschreibenden Passagen zu poetologischen Reflexionen über die Bedingungen des Schreibens selbst; Gedichte stehen neben tagebuchartigen oder aphoristischen Kommentaren. Oft einfache, alltägliche Beobachtungen der Landschaft, in der er lebte, bilden eine erste und immer wiederkehrende Schicht der Aufzeichnungen (Antworten am Wegrand, ein exemplarischer Titel). In diese beschreibende, phänomenologische Lyrik mischen sich Gedanken einer Vergewisserung literarischer Traditionen über kulturelle Grenzen hinweg.

Übersetzen

Jaccottets übersetzerisches Werk ist in diesem Sinn nicht von seiner eigenen Produktion zu trennen; es umspannt die gesamte europäische Geschichte von Homer an, dessen Odyssee er übertrug, und umfasst das Deutsche, Italienische, Spanische, Russische und Tschechische. Besonders wichtig für sein eigenes Schaffen sind Friedrich Hölderlin, Rainer Maria Rilke, Giacomo Leopardi, Giuseppe Ungaretti, Luis de Góngora, Ossip Mandelstam. Von Robert Musil übertrug er "Der Mann ohne Eigenschaften", "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß" sowie verschiedene Novellen, Essays, Aphorismen, Tagebücher und Briefe, von Thomas Mann "Der Tod in Venedig", von Goethe einige Gedichte, von Hölderlin "Hyperion" und ebenfalls eine Auswahl an Gedichten. Jaccottet edierte die umfangreiche Hölderlin-Ausgabe der Bibliothèque de la Pléiade und prägte damit massgeblich die französische Hölderlin-Rezeption. Im Jahre 2008 veröffentlichte Jaccottet schließlich auch seine Übersetzung der "Duineser Elegien" von Rainer Maria Rilke. Eine Auswahl von Jaccottets Übersetzungen findet sich in dem Band "D’une lyre à cinq cordes". Für sein übersetzerisches Werk erhielt er 1966 den Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und 1987 den Grand Prix national de Traduction (1987).

Malerei

Jaccottet pflegte überdies ein intensives Verhältnis zur bildenden Kunst, das auch deutlich sichtbare Spuren in seiner Schreibweise hinterließ. Sein letztes Werk behandelt den italienischen Maler Giorgio Morandi. Dieser Essay, "Der Pilger und seine Schale", ist nicht als wissenschaftliche Abhandlung zu lesen, sondern als Dialog mit einem geistesverwandten Künstler und als Selbstverständigung der Kunst selbst.

Die zugrundeliegende Ästhetik wurde als eine der Verweigerung, des Widerstehens und der Ausstreichung gekennzeichnet: Jaccottet suchte in einem "Trotzdem", Et, néanmoins, nach Möglichkeiten, die Wirklichkeit (sprachlich) bewohnbar zu machen.

Auszeichnungen

Philippe Jaccottets Werk erhielt zahlreiche Auszeichnungen; u. a.:

Werke (Auswahl)

Als Autor

Einzeltitel

  • L’Effraie et autres poésies. Gallimard, Paris 1986, ISBN 2-07-029828-0 (EA Paris 1953).
  • L’Entretien des muses. Gallimard, Paris 2015, ISBN 978-2-07-046658-0 (EA Paris 1968).
  • Paysages avec figures absentes. ACEL, Neuchâtel 2007, ISBN 978-2-88182-596-5 (EA Neuchâtel 1970).
  • Rilke par lui-même (= Ècrivains de toujours). Èd. du Seuil, Paris 1971. (Biografie)
  • Chant d’en-bas. Gallimard, Paris 1994, ISBN 2-07-032822-8 (EA Paris 1977).
  • À la lumière d’hiver. Gallimard, Paris 1994, ISBN 2-07-032822-8 (EA Paris 1977).
  • Pensées sous les nuages et Beauregard. Paris 1983.
    • Englisch: Under clouded skies and Beauregard.
  • La Semaison. Carnets 1954–1967. Paris 1984.
    • Deutsch: Fliegende Saat. Aufzeichnungen 1954–1979. Hanser, München 1995, ISBN 3-446-17316-1. (Übersetzt von Sander Ort)
  • Une Transaction secrète. Léctures de poésie. Gallimard, Paris 1987, ISBN 2-07-070865-9.
  • Cahier de verdure. Paris 1990.
  • Requiem. Neuausgabe. Éd. Fata Morgana, St-Clément-la-Rivière 1991, ISBN 2-85194-232-8 (EA Lausanne 1947)
  • Après beaucoup d’années, 1994.
    • Deutsch: Nach so vielen Jahren. Hanser, München 1998, ISBN 3-446-19484-3 (Übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).
  • Observations et autres notes anciennes. 1947–1962. Gallimard, Paris 1998, ISBN 2-07-075330-1.
  • Et, néanmoins. Paris 2001.
    • Deutsch: Die wenigen Geräusche. Späte Prosa und Gedichte. Hanser, München 2020, ISBN 978-3-446-26564-6 (Übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).
      Enthält die Werke Et, néanmoins, Nuages, Ce peu de bruits und Couleur de Terre.
  • Le bol du pèlerin (Morandi), 2001.
  • Truinas, le 21 avril 2001. 2005.
    • Deutsch: Truinas, 21. April 2001 (= Lyrik Kabinett. Band 5). Verlag Lyrik-Kabinett, München 2005, ISBN 3-9807150-7-8. (Übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz. Mit einem Nachwort „Durch einen Quittenbaumgarten. Erinnerung an André du Bouchet“ von Wolfgang Matz).
  • Ce peu de bruits. Paris 2008.
    • Deutsch: Die wenigen Geräusche. Späte Prosa und Gedichte. Hanser, München 2020, ISBN 978-3-446-26564-6 (Übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).
      Enthält die Werke Et, néanmoins, Nuages, Ce peu de bruits und Couleur de terre.
  • Le cours de la Broye. Suite moudonnoige. Éd. Empreintes, Moudon 2008, ISBN 978-2-940414-00-0.
  • Fin d’hiver. Winters Ende (= Das neue Gedicht. Band 17). Bläschke, Darmstadt 1965 (Übersetzt von Walter Helmut Fritz).
  • La promenade sous les arbres.
    • Deutsch: Der Spaziergang unter den Bäumen. Neuausgabe. Benziger, Zürich 1988, ISBN 3-545-34077-5 (Übersetzt von Friedhelm Kemp. Mit einer Nachbemerkung von Peter Handke).
  • Eléments d’un songe.
    • Deutsch: Elemente eines Traumes. Klett-Cotta, Stuttgart 1988, ISBN 3-608-95620-4 (Übersetzt von von Friedhelm Kemp).
  • Les Cormorans. Beauregard.
    • Deutsch: Die Kormorane. Beauregard. Edition Petrarca, München 1991, ISBN 3-927480-16-9 (Übersetzt von Friedhelm Kemp).
  • Paysages avec figures absentes.
    • Deutsch: Landschaften mit abwesenden Figuren. Klett-Cotta, Stuttgart 1992, ISBN 3-608-95262-4 (Übersetzt von Friedhelm Kemp).
  • Israël, cahier bleu. 2002.
    • Deutsch: Notizen aus der Tiefe. Hanser, München 2009, ISBN 978-3-446-23287-7 (Übersetzt von Friedhelm Kemp, Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).
      Beinhaltet die Werke Israël, cahier bleu, Notes du ravin, À partir du mot Russie.
  • Le Combat inégal. Éd. La Dogana, Genf 2010, ISBN 978-2-940055-62-3. (französisch, italienisch, deutsch übersetzt von Fabio Pusterla, Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).
  • Taches de soleil, ou d’ombre. 2013.
    • Deutsch: Sonnenflecken, Schattenflecken. Gerettete Aufzeichnungen 1952–2005. Hanser, München 2015, ISBN 978-3-446-24769-7 (Übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).
  • Pensées sous les nuages. 2018.
    • Deutsch: Gedanken unter den Wolken. Gedichte (= Edition Patrarca). Wallstein, Göttingen 2018, ISBN 978-3-8353-3260-7 (Übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).

Werkauswahl

  • Gedichte. Klett-Cotta, Stuttgart 1985, ISBN 3-608-95178-4 (Übersetzt und Nachwort von Friedhelm Kemp).
  • Der Unwissende. Gedichte und Prosa 1946–1998. Hanser, München 2003, ISBN 3-446-20274-9. (Übersetzt von Friedhelm Kemp, Sander Ort, Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).
  • Words in the air. A selection of poems. Zweisprachige Ausgabe. Gallery Press, Oldcastle 1998, ISBN 1-85235-239-6, 1-85235-238-8. (Übersetzt und Einführung von Derek Mahon)

Als Herausgeber

  • Die Lyrik der Romandie. Eine zweisprachige Anthologie. Gedichte von C.-F. Ramuz, B. Cendrars, P.-L. Matthey, G. Roud, Edmund-Henri Crisinel, M. Chappaz, J. Cuttat, A. Perrier, Philippe Jaccottet, Nicolas Bouvier, P. Chappuis, J. Chessex, P.-A. Tâche, J. Berger, P. Voélin, Frédéric Wandelère, J.-F. Tappy. Zweisprachige Originalausgabe. Nagel & Kimche, München 2008, ISBN 978-3-312-00407-2 (Übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz).

Als Übersetzer

  • D’une lyre à cinq cordes. Traductions de Philippe Jaccottet 1946–1995. Gallimard, Paris 1997, ISBN 2-07-074718-2.
  • Noch ist nicht alles gesagt. Deutsch und französisch. Übertragen von Kurt Meyer. (Frz. Text als Beilage). Keicher, Warmbronn 2011, ISBN 978-3-943148-02-2.

Literatur

Weblinks

 Commons: Philippe Jaccottet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lisbeth Koutchoumoff: Philippe Jaccottet entre dans la Pléiade. 2014-02-14 ISSN 1423-3967 (https://www.letemps.ch/culture/philippe-jaccottet-entre-pleiade-0).
  2. Grand Prix Literatur für Paul Nizon und Philippe Jaccottet. srf.ch, 21. Februar 2014, abgerufen am 25. Februar 2021.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Philippe Jaccottet aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.