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Provinziallandtag (Preußen)
Der Provinziallandtag war das Parlament einer preußischen Provinz.
Da das Land Preußen allein bereits weit über die Hälfte der Einwohner des Deutschen Reiches umfasste, war der Preußische Landtag als Landesparlament die Volksvertretung für eine große Zahl von Bürgern. Weil die jeweiligen Provinzen des Landes Preußen nach Fläche und Einwohnerzahl größer waren als die meisten anderen deutschen Länder, repräsentierten ihre eigenen Provinziallandtage − mehr als der preußische Landtag selbst − die regionale Volksvertretung. Sie lassen sich daher eher mit den Landtagen der anderen Länder vergleichen.
Provinziallandtage (Provinzialstände) im Königreich Preußen
Die ersten Provinziallandtage in Preußen wurden unter dem Namen Provinzialstände am 5. Juni 1823 in Preußen angeordnet und in den Jahren 1824 bis 1827 in den acht Provinzen als provinzielle Vertretungskörperschaften auf ständischer Grundlage eingerichtet.
→ siehe Provinzen Preußens
Das Vertretungsrecht besaßen lediglich Grundbesitzer, und zwar stellten die adligen Großgrundbesitzer jeweils die Hälfte, die städtischen Grundbesitzer ein Drittel und die großbäuerlichen Grundbesitzer ein Sechstel der Deputierten.
Die Provinzialstände sollten bei Gesetzen über Personen- und Eigentumsrechten sowie Steuern die Regierungen durch Gutachten beraten. Nur in provinziellen Kommunalfragen hatten sie legislative Befugnisse. Vom Adel beherrscht, wurden die Provinzialstände zu einem vorwiegend konservativen Vertretungselement im Staat und zu Organen des Provinzpartikularismus.
Nur in den rheinischen, westfälischen, (ost-)preußischen und schlesischen Provinzialständen bildete sich in den 1840er Jahren eine gemäßigt-liberale Opposition heraus. Auf die Forderung des Provinziallandtags in der Provinz Preußen von 1840 die versprochene gesamtstaatliche Repräsentation zu schaffen, wurden ständische Ausschüsse eingeführt, die in der Zeit zwischen den Sessionen tagten. Darüber hinaus debattierten sie als Vereinigte Ausschüsse über gesamtstaatliche Fragen. 1847 berief Friedrich Wilhelm IV. erstmalig alle preußischen Provinzialstände als Vereinigten Landtag, um die von der antifeudalen Opposition geforderte Einführung einer Volksvertretung zu umgehen.
Im Zuge der Revolution von 1848 abgeschafft, wurden die Provinzialstände in der nachrevolutionären Reaktionsära durch die Verordnung vom 18. Mai 1851 reaktiviert. Erst durch die preußische Provinzialordnung aus dem Jahre 1875 wurden sie in ihrer bisherigen Form aufgehoben.
Nach dem Deutschen Krieg von 1866 konstituierte sich am 11 Oktober 1868 in der Provinz Schleswig-Holstein der Provinziallandtag Schleswig-Holstein.
Provinziallandtage im Kaiserreich
Provinziallandtage wurden in Preußen aufgrund der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 gebildet. Die Mitglieder wurden durch die Magistrate und Kreistage der Kreise und Städte der Provinz auf sechs Jahre gewählt. Der Provinziallandtag sollte alle zwei Jahre vom König einberufen werden.
Die Provinziallandtage waren wesentlich gestärkt. Es waren nun Selbstverwaltungskörperschaften mit eigenen Finanzen und eigenem Aufgabenkreis (Staatschausseen, Sozialfürsorge, Melioration, Förderung von Wissenschaft und Kunst, Wohnungs- und Siedlungswesen). Auch trug die Tatsache, dass die Provinziallandtage öffentlich tagten, zur Erhöhung ihrer Wirkung bei.
Der Provinziallandtag wählte aus seiner Mitte den Provinzialausschuss.
Ostpreußen
Provinziallandtage in der Weimarer Republik
Die Provinziallandtage im Freistaat Preußen (Berlin: Stadtverordnetenversammlung; Posen-Westpreußen und Hohenzollern: Kommunallandtag) waren die Parlamente der Provinzen. Rechtsgrundlage waren die Regelungen des Abschnitts VIII der Verfassung des Freistaats Preußen vom 30. November 1920.
Sie wurden auf 4 Jahre gewählt. Ihre Mitgliederzahlen richteten sich nach der Einwohnerzahl der Provinz. Die Provinziallandtage wählten den Landeshauptmann (in Berlin: Oberbürgermeister) und bildeten aus ihrer Mitte jeweils den Provinzialausschuss.
Aus den Reihen der Provinziallandtage wurden 13 der 26 (zeitweise 27) Vertreter Preußens in den Reichsrat entsandt. Vertreter der Provinziallandtage bildeten den preußischen Staatsrat (Abschnitt IV der Verfassung des Freistaats Preußen vom 30. November 1920).
Rechtsnachfolger in der Bundesrepublik
Während im größten Teil des ehemaligen preußischen Staates die provinziellen Selbstverwaltungseinrichtungen mit der Auflösung der Provinzen verschwanden, existieren in einigen Bundesländern Nachfolgeeinrichtungen. In Nordrhein-Westfalen etwa knüpfen die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe direkt in Struktur und Aufgaben an die früheren Einrichtungen an.
Hessen-Nassau
Während im Königreich Preußen je Provinz ein Provinziallandtag gebildet wurde, galt für die Provinz Hessen-Nassau eine Sonderregelung. Hier waren nach der Annexion des Herzogtums Nassau, des Kurfürstentums Hessen-Kassel und der Freien Reichsstadt Frankfurt für jedes der drei Gebiete jeweils ein Kommunallandtag gebildet worden. Die Volksvertretung erfolgte also in der Provinz Hessen-Nassau auf Ebene der Regierungspräsidien Wiesbaden (der Nassauische Kommunallandtag) und Kassel (der Kurhessische Kommunallandtag). Bis zur Verwaltungsreform 1885/86 bestand zusätzlich noch der Kommunalständische Verband Frankfurt.
Literatur
- Herbert Obenaus: Anfänge des Parlamentarismus in Preußen. Düsseldorf, 1984. ISBN 3-7700-5116-5
Siehe auch
Quellen
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Provinziallandtag (Preußen) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |