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Lakritze
Lakritze | ||||||||||||
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Süßholz (Glycyrrhiza glabra) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Glycyrrhiza glabra | ||||||||||||
L. |
Lakritze (Glycyrrhiza glabra), auch Süßholz genannt, ist eine Pflanzenart aus der Unterfamilie Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Diese Art ist in der Mittelmeerregion und in Westasien beheimatet. Sie ist frostempfindlich und bevorzugt volle Sonne und tiefe, humusreiche, durchlässige Erde. Im Spätsommer erscheinen bläulich-violette und weiße Schmetterlingsblüten in kurzen, aufrechten Ähren. Süßholz ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 100 Zentimetern erreicht. Die Wurzeln werden im Herbst geerntet.
Am bekanntesten ist Lakritze als die aus der Pflanze gewonnene, gleichnamige Süßigkeit. In Tees findet Lakritze ebenfalls Verwendung.
Name
Der deutsche Name Lakritze geht auf das lateinische glycyrrhiza zurück, welches ein Lehnwort aus dem griechischen γλυκύς (glykys, „süß“) und ῥίζα (rhiza, „Wurzel“) ist. Der lateinische Name hat bereits im Mittellateinischen unter dem Einfluss von liquor („Flüssigkeit“) eine volksetymologische Wandlung zu liquiritia erfahren, woraus unmittelbar die deutsche Bezeichnung entstand.[1]
Inhaltsstoffe
Lakritze enthält Glycyrrhizin, ein Gemisch aus Kalium- und Calciumsalzen der Glycyrrhizinsäure. Dieses Glykosid, das der Lakritze ihren Geschmack verleiht, besitzt in etwa die 50-fache Süßkraft von Rohrzucker. Durch Abspaltung des Diglucuronids entsteht aus Glycyrrhizin die 18-β-Glycyrrhetinsäure, welche selbst keine Süßkraft mehr besitzt. In geringer Konzentration sind zahlreiche Triterpensaponine wie das 24-Hydroxyglycyrrhizin und die Sojasaponine I und II enthalten. Neben weiteren Glykosiden wie Glabrinsäure und Oleanolsäurederivate enthält Süßholzwurzel mehr als 40 identifizierte Flavonoide. Hierzu gehören das Chalconderivat Isoliquiritigenin und das zugehörige 4-O-Glycosid Isoliquirtin und das Flavanon Liquiritigenin und sein Glycosid Liquiritin. Auch Isoflavone, wie Formononetin, oder auch Sterin und höhere Alkohole sind nachgewiesen worden. Weiterhin sind Cumarine wie beispielsweise das auch in Doldenblütlern wie Liebstöckel vorkommende Umbelliferon enthalten. An flüchtigen Aromastoffen wurden neben anderen Anethol und Gerianol identifiziert. Das saure Polysaccharid Glycyrrhizan GA ist der Hauptbestandteil der weiterhin enthaltenen Polysaccharide.
Medizinische Verwendung
Süßholzwurzel wirkt aufgrund der enthaltenen Saponine, vor allem der Glycyrrhizinsäure, expektorierend (auswurffördernd), sekretolytisch (schleimverflüssigend) und sekretomotorisch (schleimlösend). Bei Süßholzextrakten wurde eine antibakterielle und antimykotische Wirkung nachgewiesen. Typische Anwendungsgebiete sind Husten, Bronchialkatarrh und andere Erkrankungen der oberen Atemwege.
Bei Gastritis und Magengeschwüren findet die Süßholzwurzel ebenfalls Anwendung. Die experimentell und klinisch belegte entzündungshemmende und krampflösende Wirkung ist noch nicht vollständig geklärt. Die nachgewiesene entzündungshemmende Wirkung der Glycyrrhizinsäure soll aber nicht durch eine Hemmung der Prostaglandinbiosynthese, sondern durch Einfluss auf die Wanderung der Leukozyten zum Entzündungsort entstehen.[2] Daneben beeinflusst Glycyrrhizinsäure selbst den Steroidstoffwechsel, indem sie das Enzym Steroid-5β-Reduktase (EC 1.3.99.6), möglicherweise auch die NAD+-abhängige 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 2 hemmt. Diese Enzyme bauen Cortison und Aldosteron ab, ihre Hemmung führt daher zu einer Verlängerung der biologischen Halbwertszeit der Corticosteroide sowie bei hohem Aldosteronspiegel zu Bluthochdruck und Kaliumverlust.[3]
Zur Behandlung der chronischen Hepatitis und der Leberzirrhose wird im ostasiatischen Raum Glycyrrhizinsäure in Kombination mit Glycin und Cystein als Infusion eingesetzt. Für Glycyrrhizin wurde eine antivirale Wirkung bei Hepatitis A und C belegt.[4] Auch soll der Süßholzzucker die Produktion eines Virusproteins der Herpesviren blockieren, das normalerweise die Entdeckung des Erregers durch die Zelle verhindert.[5] Ohne dieses Protein bemerken die Zellen den Eindringling und leiten ihren eigenen Tod ein. Die dafür nötige Dosis ist allerdings viel zu hoch, um durch normalen (gesundheitlich unbedenklichen) Lakritzkonsum erreicht zu werden, und wurde nicht am lebenden Menschen, sondern nur an Zellkulturen nachgewiesen.[6] Weitere Forschungen untersuchen auch die antivirale Wirkung auf das Kaposi-Sarkom-auslösende Herpesvirus.[7]
Die medizinische Wirkung der Süßholzwurzeln war schon in der Antike bekannt. Die Ägypter des Altertums schätzten Lakritze sehr und kannten ein Lakritzegetränk namens Mai sus. Theophrastos von Eresos, der um 350 v. Chr. lebte, schätzte Lakritze als Heilmittel gegen Husten und als Durstlöscher. Es soll daher zur Standardausrüstung der römischen Soldaten gezählt haben. Tim Richardson weist in seiner Geschichte der Süßigkeiten darauf hin, dass auch französische und türkische Soldaten im Ersten Weltkrieg Lakritze im Marschgepäck hatten.
In Mitteleuropa kennt man Lakritze als Heilmittel seit dem Mittelalter. In Großbritannien wurden Lakritztaler zu therapeutischen Zwecken hergestellt. Erst 1760 setzte ein Apotheker namens George Dunhill der Lakritze Zucker zu, so dass sie von da an als Süßigkeit verzehrt wurde. In der chinesischen Medizin ist die chinesische Lakritze (G. inflata, eine verwandte Süßholz-Art) nach wie vor ein Standardheilmittel. Es wird dort als Tonikum für das Herz eingesetzt sowie bei Geschwüren, Erkältungen und Hautunreinheiten verwendet.
In der Kombination mit Ammoniumchlorid und Anisöl wird Süßholzwurzelextrakt zu Salmiakpastillen verarbeitet. Als „traditionell angewendetes Arzneimittel zur Schleimlösung im Bereich der Atemwege“ bezeichnet, wurden sie bereits in Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis von 1925 beschrieben.
Verwendung als Genussmittel
Lakritze als Süßigkeit
Bei der Herstellung werden die Inhaltsstoffe aus den Wurzeln extrahiert und eingedickt. Zusätzlich werden Zuckersirup, Mehl und Gelatine zugesetzt, um daraus die üblichen Lakritzformen herzustellen. Vermischt mit Stärke, Agar, Anis, Fenchelöl, Pektin und teilweise Salmiak werden die üblichen Lakritzvariationen hergestellt. Angeblich hat Lakritz je nach Anbaugebiet einen unterschiedlichen Geschmack. Kenner sollen den Geschmacksunterschied zwischen den in Spanien, Italien, der Türkei und Frankreich angebauten Pflanzen herausschmecken können.
Die schwarze Farbe, die Lakritzsüßigkeiten in der Regel haben, ist künstlich verstärkt.
In den Niederlanden und Skandinavien ist Lakritze (nl. drop, dän. lakrids) sehr verbreitet und wird in den verschiedensten Geschmacksrichtungen und Formen als Süßigkeit angeboten. Hauptsächlich wird zwischen süßem (nl. zoet, dän. sød) und salzigem (nl. zout, dän. salted) unterschieden. Vor allem in Skandinavien wird der Lakritze Salmiak beigemischt, welches sehr intensiv im Geschmack ist. Im süddeutschen Sprachraum, in der Schweiz sowie in Österreich wird die süße Lakritze mundartlich oft auch Bärendreck genannt, weil der Ulmer (später Nürnberger) Süßwarenfabrikant Karl Bär auf viele Lakritzarten teilweise europaweit Patente innehatte.
Aus Großbritannien stammen die sogenannten liquorice allsorts, bei denen Stücke von Lakritze mit verschieden aromatisierten, lakritzefreien Schichten umhüllt oder gefüllt werden; unter verschiedenen Markennamen werden liqourice allsorts international verkauft.
Ein weiterer charakteristischer Bestandteil von Lakritzwaren ist Ammoniumchlorid, auch Salmiak genannt. In Deutschland dürfen Lebensmittel ohne Warnhinweis auf der Verpackung nicht mehr als 2 Prozent Salmiak enthalten. Lakritzwaren mit einem höheren Gehalt an Salmiak müssen einen Warnhinweis auf der Verpackung haben. Dieser lautet:
- Erwachsenenlakritz – kein Kinderlakritz bei Gehalten über 2 % bis 4,49 %
- Extra stark, Erwachsenenlakritz – kein Kinderlakritz bei Gehalten über 4,49 bis 7,99 %
Lakritz kann den Elektrolythaushalt des Körpers beeinflussen und zu Bluthochdruck, Kopfschmerzen und Ödemen führen. Diese Wirkung beruht darauf, dass einer der Hauptinhaltsstoffe der Lakritze (Glycyrrhizin) den Mineralocorticoidstoffwechsel beeinflusst. Derselbe Mechanismus hemmt auch den Abbau von 4-(Methylnitrosamino)-1-(3-pyridyl)-1-butanon (NNK). NNK trägt als wichtiges Karzinogen der Zigarette zum Lungenkrebsrisiko bei.[8] Die Tabakverordnung erlaubt den Zusatz von Lakritz als Aromastoff, der Gehalt in verschiedenen Zigarettenmarken kann auf der Website des BMELV nachgeschlagen werden.[9]
Obwohl derzeit noch keine gesetzlichen Höchstgrenzen für Glycyrrhizin festgelegt worden sind, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung dennoch vor übermäßigem Lakritzgenuss. Lakritzprodukte, die mehr als 200 Milligramm Glycyrrhizin pro 100 Gramm Lakritze enthalten, müssen in Deutschland als Starklakritz gekennzeichnet sein.
Insbesondere als Süßigkeit für Kinder ist Lakritz seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Formen beliebt, so als Schnecken, Rauten oder als Taler. Die Lakritzmünzen der Firma Haribo wurden ab 1925 als Negertaler, umgangssprachlich auch Negergeld, vertrieben; wegen des diskriminierenden Ausdrucks wurden sie 1993 umbenannt.[10]
Lakritze als Getränk
In Finnland ist der sogenannte Salmiakki Koskenkorva oder Salmiakki Kossu weitverbreitet. Es ist ein Mischgetränk auf Basis des Koskenkorva Viina (Kossu), eines wodkaähnlichen finnischen Schnapses. Die tiefschwarze Spirituose hat 32 Volumenprozent Alkohol und schmeckt intensiv nach Lakritze. Sie wird, besonders im norddeutschen Sprachraum, auch als „Vogelsuppe“ bezeichnet.
Auch in Island gibt es Wodka-Mischgetränke mit Lakritzgeschmack. Die im Land beliebten Lakritzgummis Opal und Tópas sind beide als pechschwarze, alkoholische Getränke erhältlich und haben einen gewöhnungsbedürftig scharfen und intensiven Geschmack.
In Deutschland ist vor allem Lakritzlikör verbreitet.
Verbreitung und Verbrauch
Da das Süßholz aus dem Vorderen Orient herangeschafft werden musste, ist Lakritze vor allem in Küstenregionen bekannt und geschätzt. Stark verbreitet ist sein Genuss z.B. an den Küstenregionen Frankreichs und in Norditalien sowie in ganz England. Den Weltrekord im Lakritzeverbrauch halten die Niederländer mit 2 Kilogramm pro Person und Jahr. Deutschland, wo der Verbrauch im Norden deutlich größer ist als im Süden, kommt auf etwa 200 Gramm pro Person und Jahr.[11]
Trivia
- Im Film Goldrausch konnte der Schauspieler Charlie Chaplin seine Schuhe und Schnürsenkel verspeisen, weil diese Requisiten aus Lakritze gefertigt waren.
- Napoléon Bonaparte soll stets Süßholzpulver bei sich getragen haben.[11]
Literatur
- Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. 4. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002, ISBN 3-8047-1854-X
- Tim Richardson: Sweets. The History of Temptation. Bantam Books, New York 2004.
- Klaus-D. Kreische: Lakritz - Die schwarze Leidenschaft.Thorbecke-Verlag 2010, ISBN 978-3-7995-0291-7
- Klaus-D. Kreische: Lakritz - Traktat einer Reise in die Welt der schwarzen Süßigkeit.Oktober-Verlag 2012, ISBN 978-3-941895-31-7
Einzelnachweise
- ↑ Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
- ↑ F. Capasso et al. (1983): Glycyrrhetinic acid, leucocytes and prostaglandins.In: J Pharm Pharmacol. 35(5); 332-335; PMID 6134809
- ↑ Cosmetic Ingredient Review Expert Panel (2007): Final report on the safety assessment of Glycyrrhetinic Acid, Potassium Glycyrrhetinate, Disodium Succinoyl Glycyrrhetinate, Glyceryl Glycyrrhetinate, Glycyrrhetinyl Stearate, Stearyl Glycyrrhetinate, Glycyrrhizic Acid, Ammonium Glycyrrhizate, Dipotassium Glycyrrhizate, Disodium Glycyrrhizate, Trisodium Glycyrrhizate, Methyl Glycyrrhizate, and Potassium Glycyrrhizinate. In: Int J Toxicol. 26 Suppl 2; 79-112; PMID 17613133
- ↑ S. Bürschi, Deutsche Apothekerzeitung 136, 89-98 (1996)
- ↑ Cohen, JI. (2005): Licking latency with licorice. In: J Clin Invest. 115(3); 591-593; PMID 15765143
- ↑ Lakritze verhindert bei Herpes Krebserkrankung
- ↑ Curreli, F., Friedman-Kien, AE. und Flore, O. (2005): Glycyrrhizic acid alters Kaposi sarcoma-associated herpesvirus latency, triggering p53-mediated apoptosis in transformed B lymphocytes. In: J Clin Invest. 115(3); 642-652; PMID 15765147; PDF (freier Volltextzugriff, engl.)
- ↑ * Significance of reductases in the detoxification of the tobacco-specific carcinogen NNKerschienen in: Trends in Pharmacological Sciences Band 25, Heft 5, Mai 2004, Seiten 235-237
- ↑ * Inhaltsstoffe von Zigaretten
- ↑ Trevor Jones: Harrap's standard German and English dictionary. Teil 1, Band L-R, S. N 26 s. v. Negergeld. – Manfred Paeffgen: Das Bild Schwarz-Afrikas in der öffentlichen Meinung der Bundesrepublik Deutschland (1949–1972). München 1976, ISBN 3-8039-0130-8, S. 98. – Bettina Grosse de Cosnac: Ein Bär geht um die Welt. Haribo – Vom Bonbonkocher zum König der Gummibärchen. Eine deutsche Familiensaga. Hamburg 2003, ISBN 3-203-77521-2, S. 151. – Schwarze Kunst. In: Der Spiegel, 10. Februar 1965, online
- ↑ 11,0 11,1 Michael Witt: Naschkatzen, Süßholzraspler, in Die Rheinpfalz am Sonntag, 12. August 2007, S. 19
Weblinks
- Weitere Informationen auf Gernot Katzers Gewürzseiten
- www.wissenschaft.de: Lakritz bringt Herpesviren den Tod im Schlaf, Inhaltsstoff wirkt auch gegen inaktive Form der Erreger
- Three Common Herbs Effective In Boosting Key Lymphocytes
- Süßholz, die Bamberger Denkmalpflanze
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