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Seekrieg
Seekrieg bezeichnet die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen politischen Akteuren zur See, die überwiegend zwischen staatlichen Seestreitkräften unter Einsatz von Seekriegsmitteln stattfindet.
Seekriegsmittel
Als Seekriegsmittel bezeichnet man alle vorrangig zur Führung des Seekriegs eingesetzten Waffen und Waffensysteme. Dazu gehören außer Kriegsschiffen und U-Booten auch Marineflugzeuge und Marineinfanterie. Im Seekrieg werden verschiedene Ziele verfolgt. Ein Ziel ist es, die Herrschaft über Seegebiete auszuüben mit dem Ziel, diese Gebiete für den eigenen Nachschub oder für Angriffe über See zu nutzen. Ein anderes Ziel kann es sein, dem Gegner eine solche Nutzung zu verwehren. Auf diese Art kann ein Gegner zum Beispiel vom Nachschub abgeschnitten werden.
Diese Ziele können durch einzelne Seegefechte und Feindfahrten oder beim Zusammentreffen größerer Flotten in Seeschlachten erreicht werden. Kennzeichnend für den Seekrieg sind jedoch lange Abnutzungsphasen, in denen der Gegner durch Blockaden geschädigt werden soll.
Die Aufgabe eines Kriegsschiffes im Gefecht ist es, gegnerische Schiffe durch Versenken unbrauchbar zu machen, die weitere Verwendung zu verhindern oder durch Entern zu erobern. Seit der Erfindung weitreichender Waffen, wie Kanonen ist es auch möglich, etwa durch Beschuss gegnerischer Hafenstädte oder Festungen, seegestützte Waffen im Landkrieg einzusetzen. Eine andere Art der Verbindung von Land- und Seekrieg ist die Seelandung.
Geschichte
Antike und Mittelalter (Zeitalter der Riemenschiffe)
Seekrieg konnte entweder durch Rammen oder Entern bzw. Umwandlung des Seekrieges in ein Infanteriegefecht Mann gegen Mann im Enterkampf geführt werden. Rammen erfordert ein sehr gezieltes Manövrieren des Schiffes, was nur mittels Rudern möglich war (Galeeren). Häufig war das Versenken gegnerischer Schiffe mit Brandsätzen (Griechisches Feuer). Die Römer verwendeten bereits in den Punischen Kriegen reguläre Infanterie auf Schiffen, die mittels Enterbrücken (corvus) die Besatzungen der feindlichen Schiffe angriff. Die letzte Schlacht, vor der großen Zeit der Segelschiffe (Age of Sail), war die Schlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571. 300 Schiffen der Liga, ein Bündnis der christlichen Mittelmeerstaaten, standen 270 Galeeren des osmanischen Reiches gegenüber. Die osmanische Flotte wurde besiegt und mehr als 30.000 Mann verloren ihr Leben.
Zeitalter der Segelschiffe (Age of Sail)
(wird ergänzt)
Nach Einführung von Feuerwaffen
Seit der militärischen Nutzung von Schwarzpulver und dem damit verbundenen Bau von Feuerwaffen wird der Seekrieg aus zunehmender Distanz geführt. Dies führte zur Entwicklung des Linienschiffes, das bis 1905 und danach in seiner Weiterentwicklung als Dreadnought bzw. Schlachtschiff bis etwa 1941 (Angriff auf Pearl Harbor, Versenkung der Bismarck und anderer großer Schlachtschiffe) das dominierende Kriegsschiff war. Das Linienschiff wurde (wie der Name sagt) in Kiellinie eingesetzt und feuerte mit seinen zahlreichen Kanonen auf gegnerische Schiffe.
Formen des Seekrieges
Neben der direkten Auseinandersetzung der kriegführenden Seemächte, die sich in großen Seeschlachten zuspitzt, gibt es verschiedene weitere Formen des Seekrieges, die entweder neben den direkten Auseinandersetzung geführt werden oder bei einem starken Ungleichgewicht der Marinestreitkräfte dominiert. In diesem Fall vermeidet der kräftemäßig Unterlegene die direkte Konfrontation, da sie mehr Nachteile als Vorteile hätte.
Handelskrieg
Als spezielle Form des Handelskrieges kann die Störung des Seehandels des Gegners mit verschiedenen maritimen Mitteln erfolgen. Sie dienen alle dazu, dessen Wirtschaft und die Versorgung mit Gütern zu unterbinden oder zumindest zu stören, um seine Fähigkeit zur weiteren Kriegführung zu schwächen. Der Kaperkrieg und der Kreuzerkrieg (siehe unten) sowie die Seeblockade sind solche Mittel. Der Handelskrieg ist durch den Prisenrecht genannten Teil des Seekriegsrechts geregelt.
Seeblockade
Seeblockaden gab es beispielsweise im Britisch-Amerikanischen Krieg und in den Koalitionskriegen. Eine Besonderheit der napoleonischen Kontinentalsperre war, dass die Franzosen zu jener Zeit von einer Seeherrschaft weit entfernt waren. Nach der Schlacht von Trafalgar lag die französische Flotte am Boden und die Kontinentalsperre wurde weitgehend durch Landoperationen sichergestellt.
Im und nach dem Ersten Weltkrieg blockierte Großbritannien die Versorgung Deutschlands durch die Nordsee. Im Zweiten Weltkrieg versuchte Deutschland Großbritanniens Nachschub aus Nordamerika im Nordatlantik zu unterbinden (Atlantikschlacht). Die für die Weltgeschichte bedeutsamste Seeblockade gelang der United States Navy 1962 in der Kubakrise unter US-Präsident John F. Kennedy.
Seit 2007 besteht Israels Blockade des Gazastreifens, die vor allem die Versorgung des Gazastreifens über das Europäische Mittelmeer betrifft.
Kreuzerkrieg
Der Kreuzerkrieg ist eine Strategie unterlegener Mächte und verfolgt eine Strategie der Nadelstiche. Speziell zu diesem Zweck gebaute Schiffe, die Kreuzer, sollen einzeln oder als kleine Gruppe in den entlegenen Interessensgebieten und Seestraßen des Gegners operieren und Handelsschiffe oder kleine Stützpunkte angreifen. Nach dem Angriff versteckt sich der Kreuzer wieder in den Weiten der Ozeane. Damit soll der Seehandel materiell oder zumindest psychologisch gestört werden und zwingt den Gegner, als Abwehrmaßnahme große Seestreitkräfte ins Operationsgebiet zu entsenden, was dessen Kräfte verteilt und schwächt.
Der Schiffsstyp Kreuzer muss daher über einen großen Einsatzradius verfügen und eine hohe Maximalgeschwindigkeit haben, um sich überlegenen Feindeinheiten entziehen zu können. Hilfskreuzer sind zivile Schiffe, die zu diesem Zweck umgerüstet werden.
Kreuzerkrieg führte Deutschland im Ersten Weltkrieg bis Kriegsende und setzte dabei sogar das Segelschiff SMS Seeadler ein. Die Kreuzer versorgten sich dabei überwiegend aus der Fracht und dem Brennstoffvorrat der gekaperten Handelsschiffe.
U-Boot-Krieg
Der Handelskrieg mit U-Booten ist eine spezielle Form des Kreuzerkrieges, wobei sich das U-Boot durch Tauchen dem Gegner weitgehend entziehen kann.
Kaperei
Kaper waren mit einem Kaperbrief ausgestattete Unternehmer; sie führten den (oft nicht offiziell erklärten) Krieg auf eigene Rechnung und mit eigenem Material. De facto ist Kaperei von einem Staat geförderte Piraterie / Freibeuterei; in der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856 wurde Kaperei verboten.
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Die Royal Navy, die Marine des British Empire, der führenden Seemacht des 19. Jahrhunderts, jagte Kaperer bzw. Piraten. Schnelle Dampfschiffe erleichterten diese Jagd. Der Schiffsverkehr (Überseehandel, Passagierverkehr) nahm zu. Ab etwa 1850 machte die Artillerietechnik große Fortschritte (Reichweite, Kadenz, Treffgenauigkeit; Erfindung/Verbreitung der Brisanzgranate); diese moderne Technik war praktisch nur für Marinen verfügbar.
Minenkrieg
→ Hauptartikel Seemine
Minenkrieg ist eine indirekte Form der Kriegführung und bedient sich der Seeminen. Minenkrieg ist nur in flachen Küstengewässern und Schelfmeeren möglich. In offensiven Operationen werden im Küstengewässer vor gegnerischen Häfen und Schifffahrtsstraßen Seeminen ausgelegt, um anfangs Schiffe zu versenken, nach Entdeckung des Minenfeldes die Schifffahrt zu blockieren und gegnerische Kräfte zum Beseitigen des Minenfeldes zu bewegen. Gegen Seeminen werden verschiedene Arten von Minenabwehrfahrzeugen eingesetzt.
Minenfelder dienen auch defensiv zum Schutz eigener Häfen und Stützpunkte. Die Durchquerung des Minenfeldes ist nur durch schmale und geheim gehaltene Fahrstraßen möglich. Sie hindern damit den Gegner vor dem Angriff auf die Stützpunkte.
Deutschland und Finnland verminten im Zweiten Weltkrieg ab 1941 die Narwa-Bucht in der Ostsee so massiv, dass die Baltische Flotte der Sowjetunion für knapp drei Jahre beinahe vollständig ausgeschaltet war, indessen jedoch gelangen einzelnen U-Booten immer wieder Durchbrüche durch die Minenriegel[1]. Während des Ersten Weltkrieges verlegten die Royal Navy und die United States Navy ab 1917 die sogenannte North Sea Mine Barrage in der nördlichen Nordsee, wobei über 70.000 Minen verlegt wurden[2], um deutschen U-Booten den Ausbruch aus der Nordsee zu verwehren. Weitere Seegebiete, die im Ersten Weltkrieg teils stark vermint waren, waren die Deutsche Bucht und der Ärmelkanal.
Im Zweiten Weltkrieg wurden Seeminen verstärkt auch aus der Luft abgeworfen. So warfen deutsche Flugzeuge zwischen Herbst 1939 und März 1940 rund 1.000 Seeminen, darunter zahlreiche Magnetminen, in britischen Küstengewässern ab. Bis April 1940 gingen 129 alliierte Handelsschiffe durch Minen verloren[3]. Im späteren Verlauf des Krieges führten die Alliierten noch umfangreichere Minenunternehmen aus der Luft durch. Die United States Air Force etwa warf zwischen März und Juli 1945 mehr als 12.000 Minen[4][5]. in japanischen Küstengewässern ab (Operation Starvation), was den Schiffsverkehr dort fast zum Erliegen brachte[6]. Zudem wurden im Zweiten Weltkrieg vermehrt Minen mit verschiedenen Zündvorrichtungen eingesetzt, so gab es Druck-, Magnet- und Akustikminen, was Räumoperationen dementsprechend erschwerte.
Minenkrieg ist eine der wenigen Möglichkeiten des Guerillakrieges zur See. 1984 wurden im Roten Meer durch ein Handelsschiff Seeminen gelegt, durch die mehrere Schiffe versenkt oder beschädigt wurden. Hinter der Aktion wird der Staat Libyen als Urheber vermutet.
Landungsoperationen
Landungsoperationen sind Teil der amphibischen Kriegführung zum Beispiel in Form von Insel-Besetzungen oder militärischen Interventionen in nicht benachbarten Staaten. Große Landungsoperationen gab es vor allem im Zweiten Weltkrieg. Zu den größten gehören die Schlacht um Iwojima und die Operation Overlord. Die bislang letzten waren die Operation Attila im Zypernkonflikt und der Falklandkrieg.
Die Marineinfanterie gilt in manchen Staaten als eigene Teilstreitkraft.
Abschreckung
„Flotten gibt es, weil es U-Boote gibt.“
Alleine die Existenz großer Seestreitkräfte in Seegebieten (fleet in being) kann die Strategie des Gegners massiv beeinflussen. Dies wirkte sich auch direkt auf die Taktiken der beteiligten Flotten aus. Während der napoleonischen Kriege versuchte die britische Royal Navy die Gegner möglichst schnell zu versenken und nutzte fast jede Gelegenheit für ein Gefecht. Anders war die Strategie der Franzosen: Nur eine intakte Flotte konnte an der richtigen Stelle den Gegner abschrecken, bzw. seine Kräfte binden. Daher versuchten die Franzosen möglichst die gegnerische Takelage zu zerstören um die eigenen Schiffe außer Gefahr zu bringen. Nur Schiffe die bewegt werden konnten, konnten eine Bedrohung darstellen.
Das deutsche Schlachtschiff Tirpitz war die meiste Zeit von 1941 bis 1944 in den Fjorden Nord-Norwegens versteckt, aber zwang die Briten, ständig eine Übermacht an vergleichbaren Schlachtschiffen bereitzuhalten, die die Konvois nach Archangelsk eskortieren mussten.
Literatur
- Iain Dickie u. a.: Geschichte der Seekriege, Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2250-0.
- Ian Speller: Naval Warfare, in: Jordan, David et al.: Understanding Modern Warfare, Cambridge: Cambridge University Press 2008, S. 122-177
- Geoffrey Till: Seapower - A Guide for the Twenty-First Century, Oxon: Frank Cass 2004, ISBN 0-7146-8436-8
- Bernard Ireland, Eric Grove: 100 Jahre Krieg zur See - Die Chronik. Motorbuch, Stuttgart 1999. ISBN 3-613-02003-3
- Paul Kemp: Der Kampf zur See - 1939-1945. Bechtermünz, Augsburg 1998. ISBN 3-8289-5325-5
- Heinz Neukirchen: Seemacht im Spiegel der Geschichte. Transpress, Berlin 1982, Gondrom, Bayreuth 1988. ISBN 3-8112-0368-1
- Helmut Pemsel: Seeherrschaft. Bernard & Graefe, Augsburg 1995 (3. Aufl.). ISBN 3-89350-711-6
- Bd 1. Eine maritime Weltgeschichte von den Anfängen bis 1850.
- Bd 2. Eine maritime Weltgeschichte von der Dampfschiffahrt bis zur Gegenwart.
Siehe auch
- Alfred Thayer Mahan#Werke (sein Werk The Influence of Sea Power upon History (1890) ist in bei englischsprachigen Marinehistorikern bis heute bekannt und anerkannt)
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Steigleder, Horst: Die deutsche Kriegsmarine und der Ostfeldzug. 1. Aufl., Militärverlag. Berlin 2010, S. 193.
- ↑ Gebauer, Jürgen: Marineenzyklopädie. 3. Aufl., Brandenburgisches Verlagshaus. Berlin 1998, S. 257.
- ↑ http://www.naval-history.net/WW2CampaignsMineWarfare1.htm
- ↑ Craven, Wesley F. / Cate, James L.: The Army Air Forces in World War II (Volume V). The Pacific: Matterhorn to Nagasaki – June 1944 to August 1945. University of Chicago Press, Chicago 1953, S. 21
- ↑ http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/45-03.htm
- ↑ Hansell, Haywood S.: Strategic Air War against Japan. Airpower Research Institute, Air War College. Washington (DC) 1980, S. 42.
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