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Sozialstation
Sozialstationen sind Einrichtungen von privaten oder öffentlichen Trägern der Freien Wohlfahrtspflege (z. B. Deutsches Rotes Kreuz, Caritas und Diakonie), die es sich zur Aufgabe gemacht haben, betreuungsbedürftigen Menschen Alten- und Krankenpflege in der jeweils eigenen Wohnung gegen Entgelt zukommen zu lassen. Ursprünglich waren die Entgelte für Kirchenangehörige oder Pflegevereinsmitglieder nicht kostendeckend. Diese Regelung musste inzwischen der neueren Sozialgesetzgebung angepasst werden. Sozialstationen sind Teil der professionellen Pflege (Alten- bzw. Krankenpflege; geregelt durch das Sozialgesetzbuch V bzw. XI) – deshalb ist der manchmal ähnlich verwendete Begriff häusliche Alten- und Krankenpflege nicht ganz genau; er ist eher ein Oberbegriff für verschiedene Tätigkeitsbereiche der Sozialstationen und anderer ambulanter Dienste. Gleichartige Dienste von gewerblichen Anbietern laufen häufig unter dem Oberbegriff ambulante Pflegedienste. Dieser Oberbegriff ist allerdings weniger gebräuchlich, weil historisch die Sozialstationen als kirchliche Dienstform zunächst wesentlich verbreiteter waren, wie der Name mancher evangelisch getragener Einrichtung noch das „Diakonie-Station“ umfasst.
In seiner gewohnten Umgebung ist eine individuelle Pflege und Versorgung die sinnvolle Ergänzung nach und neben den ärztlichen Leistungen. Zuhause fühlt sich der Mensch oft am wohlsten und das trägt wesentlich zur Besserung, Genesung und Wohlbefinden bei. Die ambulante häusliche Pflege wird in der Regel der stationären Pflege (z. B. in einem Altenpflegeheim) vorgezogen.
Im Mittelpunkt der Hilfe steht der ganze Mensch im Zusammenspiel von Körper, Seele und sozialem Umfeld. Die Sozialstation sorgt also nicht nur für die Pflege, sondern bietet auch weitere Unterstützung. Denn pflegerisches Handeln soll sich umfassend an den sozialen, körperlichen, seelischen und kulturellen Bedürfnissen des Pflegebedürftigen orientieren.
Geschichte
Die erste Sozialstation der Bundesrepublik Deutschland wurde 1970 mit St. Lioba in Worms eingerichtet. Sie war eine völlig neuartige Antwort auf den durch Nachwuchsmangel bedingten Rückzug der Ordensschwestern aus der Gemeindekrankenpflege.[1] Zu den Miterfindern dieser Institution gehört der Pfarrer und damalige Caritas-Rektor in Mainz Günter Emig.[1]
Arten von Versorgungsleistungen
Die häusliche Alten- und Krankenpflege kann umfassen:
- Behandlungspflege nach ärztlicher Verordnung und Versorgung nach operativen Maßnahmen
- Beratung in allen Fragen zur Pflegeversicherung und zur Finanzierung der Leistungen
- Grundpflege bei Schwer- und Langzeitkranken jeden Alters (als Pflegesachleistung)
- hauswirtschaftliche Versorgung und Betreuungsdienste (als Pflegesachleistung)
- Hilfe bei Anträgen (Sozialberatung)
- Pflegeberatung, Pflegeanleitung und Gesprächskreise für pflegende Angehörige (Angehörigenarbeit)
- seelsorgerische Begleitung (als Besonderheit der kirchlichen Sozialstationen)
- und weitere lokal angebotene Leistungen oder deren Koordination (z. B. Fahrdienste, Hauswirtschaft, Essen auf Rädern/Mahlzeitendienst). Die Abrechnung kann unterschiedlich geregelt sein, je nachdem mit welcher Versicherungsart (Gesetzl. Krankenkasse, Private Kasse, Pflegeversicherung) über die eigene persönliche Bezahlung hinaus abgerechnet werden soll/kann.
Besonderheiten der ambulanten Leistungserbringung
Mitarbeitende des ambulanten Pflegedienstes / der Sozialstation betreuen nicht nur schwerst Pflegebedürftige, sondern erbringen häufig nur Teilleistungen wie Verbände anlegen oder die Tabletten/Medikamente für den Tag vorbereiten bei Personen, die ansonsten selbständig sind. Die Hauptlast der Versorgung für die meisten Patientengruppen liegt meistens bei pflegenden Angehörigen.
Die Mitarbeitenden der ambulanten Dienste betreuen tagsüber meist mehrere Menschen nacheinander, wobei die Dauer und die Häufigkeit der „Besuche“ bei 1- bis 5-mal täglich, aber auch ganztägig, je nach Vereinbarung bzw. Bedürftigkeit, liegen kann. Häufig ist es aber nur 1 Besuch oder, weniger häufig, 1× morgens und kürzer am späten Nachmittag. Im Bereich der Ambulanten Pflege arbeitet meist ausgebildetes Personal: z. B. Kranken- oder Altenpfleger/-in.
Nicht nur alte Menschen benötigen Hilfe, auch chronisch Kranke oder behinderte Erwachsene und Kinder bedürfen oft ambulanter fachlicher Betreuung durch einen Pflegedienst z. B. bis zur Wiedererlangung der eigenen Körperpflege oder beim Verabreichen von Insulinspritzen.
Bezahlung und Abrechnungsmöglichkeiten
Ambulante Pflegedienste werden von den jeweiligen Krankenkassen oder der Pflegekasse oder dem Träger der Sozialhilfe (z. B. im Rahmen der Hilfe zur Pflege) bezahlt. Dies richtet sich nach der Art der Hilfeleistung/Leistungskomplex:
- die Grundpflege (als Pflegesachleistung) z. B. Körperpflege, Hilfe beim Ankleiden, Auskleiden aber auch bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (Wäsche waschen, putzen) zahlt die Pflegekasse, sofern der Patient mindestens erheblich pflegebedürftig (Pflegegrad II) ist. Die Höhe der Kostenbeteiligung hängt vom Pflegegrad ab. Sofern kein Anspruch auf Pflegesachleistungen besteht, übernimmt die Sozialhilfe im Rahmen der Hilfe zur Pflege die Kosten der Grundpflege.
- die häusliche Krankenpflege als Behandlungspflege (z. B. Medikamente stellen/verabreichen, Verbände wechseln, Injektionen verabreichen, Absaugen, Infusionstherapie) und alle anderen Medizinischen Hilfeleistungen werden von der Krankenkasse nach ärztlicher Verordnung übernommen (§ 37 SGB V), von den Sozialämtern, wenn kein Krankenversicherungsschutz besteht, nach § 48 SGB XII. Die Preise für die Hilfestellungen/Leistungskomplexe variieren in den einzelnen Bundesländern.
Umfang, Marktpositionen
In Deutschland sind 2005 etwa 11.000 ambulante Pflegedienste mit insgesamt 214.000 Beschäftigten als Vertragspartner von Kranken- und Pflegeversicherungen zugelassen und versorgen 472.000 Pflegebedürftige zu Hause, gegenüber 980.000 Pflegebedürftige, die zu Hause von Angehörigen versorgt werden. 41 Prozent der ambulanten Pflegedienste werden von gemeinnützigen Trägern z. B. der Diakonie, der Caritas, Johanniter, Rotes Kreuz, Malteser, Lazarus-Hilfswerk usw. betrieben. 58 Prozent sind private Unternehmen. Die gemeinnützigen Träger sind dabei jedoch vom Umfang her die „Marktführer“, denn sie betreuen 55 Prozent der Pflegebedürftigen. Bei den Marktpositionen gibt es große regionale Unterschiede.
Siehe auch
Weblinks
- MDK Rheinland-Pfalz: Entscheidungshilfen für die Wahl eines Pflegeheimes oder ambulanten Pflegedienstes (PDF; 2,3 MB)
- Die Stiftung Warentest über Betreuung zu Hause durch Pflegedienste (Sept. 2006)
- Ambulante Pflegedienste in PflegeWiki
- Sebastian Meißner: Analyse ambulanter Pflegedienste nach Kosten der Leistungskomplexe bundesweit [1]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 J. Otto Weber: „Er war nie ein Sozialmanager“. Günter Emig wird 80 Jahre – Miterfinder der Sozialstation und Architekt der Caritasstruktur in der Diözese Mainz, Pressemitteilung des Diözesan-Caritasverbands Mainz vom 22. Juni 2009; abgerufen am 17. März 2013
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Sozialstation aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |