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Synagoge (Rees)

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Die ehemalige Synagoge in Rees wurde 1840 errichtet. Im Jahr 1840 wurde in der Oberstadt 16 ein Synagogenraum mit etwa 75 Sitzplätzen für die ca. 130 jüdischen Bürger der Stadt Rees eingerichtet. Bereits zuvor (1680) gab es in der Wasserstraße einen ersten Betraum, der aber bei einem Hochwasser des Rheins zerstört worden war.

In der Pogromnacht von 1938 wurde die Synagoge von den Nationalsozialisten geplündert und auch die im Erdgeschoss liegende Wohnung der dort lebenden jüdischen Familie unbewohnbar gemacht. Im Jahr 1941 ging das Synagogenhaus zwangsweise in das Eigentum der Stadt Rees über und wurde auch nach 1945 nicht zurückgegeben. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges diente das Haus als Lager.[1]

Heute erinnert eine schlichte Plakette am Haus daran, dass das Gebäude einmal eine Synagoge der jüdischen Gemeinde von Rees gewesen ist. Ihre Inschrift lautet “An dieser Stelle stand seit etwa 1840 die Synagoge der ehemaligen jüdischen Gemeinde von Rees. Sie wurde im Februar 1945 bei einem Bombenangriff auf Rees zerstört.“ Das profanisierte Gebäude dient heute als Wohnhaus für drei Mietparteien.

Eine Synagogengemeinde existiert seit 1938 in Rees nicht mehr. Nach dem Krieg lebten noch einzelne jüdische Mitbürger in der Stadt, die aber vor mehr als 40 Jahren verstorben sind.

Erstes jüdisches Bethaus in der Wasserstraße (17. Jahrhundert)

Vorgänger der Synagoge in der Oberstadt war ein erstes jüdisches Bethaus, das im 17. Jahrhundert von den jüdischen Bürgern in der Wasserstraße eingerichtet wurde. Im Jahr 1680 wurde dieses Bethaus durch ein Rhein-Hochwasser zerstört, Kultgegenstände und das Haus wurden von den Fluten weggeschwemmt.

Gründung der jüdischen Gemeinde Rees (18. und 19. Jahrhundert)

Alter jüdischer Friedhof auf der Stadtmauer

Um 1700 erwarb die Reeser Judenschaft von der Stadt ein Grundstück auf der ca. acht Meter breiten Stadtmauer (am „Weißen Turm“) zur Anlage eines hochwasserfreien Friedhofs.[2][3] Eine Erweiterung erfuhr dieser Friedhof in den 1780er Jahren. Das Begräbnisgelände diente auch verstorbenen Juden aus Haldern, Isselburg und Millingen als letzte Ruhestätte. Etwa 1870 musste der Friedhof wegen vollständiger Belegung geschlossen werden. Insgesamt sollen auf dem Friedhof etwa 160 Beerdigungen stattgefunden haben. In den Jahren 1750/1760 lebten in Rees keine jüdischen Familien.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten nur wenige Familien in Rees.[4] Im Jahr 1812 sind lediglich sechs (vielleicht auch zwölf) Familien ansässig. Ihre Namen sind bekannt: Herz, Cohen, Mandel, Marcus, Spier und Wolff.[5]

1840 wurde ein Synagogenraum für die ca. 130 Personen der jüdischen Gemeinde, mit Schule, Lehrerwohnung, Mikwe im Haus Oberstadt 16 eingerichtet. Im Obergeschoss war der Synagogenraum, der insgesamt etwa 75 Personen Platz bot. Im Erdgeschoss des Gebäudes befanden sich die einklassige jüdische Elementarschule und die Lehrerwohnung, im hinteren Bereich eine Mikwe.

Synagogenbezirk Rees

Die 126 in Rees lebenden jüdischen Bürger erhielten 1846 ihren festen bürgerlichen Namen. Im Jahr darauf, 1847, fand die Zusammenstellung der Statuten für die Synagogengemeinde Rees statt.

Nach dem preußischen Judengesetz wurde 1847 der Synagogenbezirk Rees mit Sitz in Rees geschaffen. Diesem Synagogenbezirk gehörten neben der jüdischen Gemeinde in Rees auch die Juden in Elten, Emmerich, Haldern, Hasselt und Isselburg an.

Die Jahre 1850 bis 1933

Oberstadt 16 – Dieses Haus war von 1840 bis 1938 mit Synagogenraum, Mikwe und Schule das Gemeindezentrum der jüdischen Gemeinde Rees. Zuletzt wohnte dort die jüdische Familie Sander

1854 war die Konstituierung der Synagogengemeinde Rees (1850: ca. 150 Gläubige) mit den Städten und Ortschaften Emmerich, Isselburg, Haldern, Elten, Hasselt und Millingen. Da der Friedhof auf der Stadtmauer belegt war, wurde 1872 ein zweiter jüdischer Friedhof an der Weseler Straße errichtet.

Im Jahre 1911 zerstörte eine Feuersbrunst das Synagogengebäude in der Oberstadt, das aber kurze Zeit später wieder aufgerichtet wurde. Die Zahl der Reeser Juden betrug 1925 einundvierzig, insgesamt bestand die jüdische Gemeinde aus 59 Gläubigen.[6]

Im Jahr 1932/1933 bildeten Isidor Wolff (1. Vorsitzender, 1877–1937), Dr. Hermann Cussel (2. Vorsitzender, 1897–1965) und Isidor Isaac (3. Vorsitzender, 1860–1943; ermordet in Theresienstadt) den Vorstand der Synagogengemeinde, während Meier Levisohn (1862–1935) religiöser Vorsteher, Lehrer und Kantor der Gemeinde war.

Die jüdische Volksschule Rees – Kantoren und Lehrer

Da die jüdische Gemeinde in Rees im Jahr 1840 auf 130 Personen angewachsen war[7], entschloss sich der Gemeindevorstand, im Gemeindezentrum in der Oberstadt 16 neben der Synagoge auch eine einklassige jüdische Volksschule (Elementarschule) einzurichten.[8] Die Schülerinnen und Schüler kamen aus der Synagogengemeinde in Rees, wozu auch jüdische Einwohner von Haldern, Millingen, Hurl und Isselburg gehörten. Die vier Lehrer, die gleichzeitig auch Kantoren der jüdischen Synagogengemeinde waren hießen: Abraham Hermanns (1840 bis 1866), Isidor Gutmann (1866 bis 1874), Levi Cohen (1874 bis 1900) und Meier Levisohn (1900 bis 1935). Im August 1900 feierte der Lehrer Levi Cohen sein 50. Dienstjubiläum. Nach einem Festgottesdienst in der Synagoge fand die öffentliche Feier mit zahlreichen Gratulanten im Restaurant Fischer (Dresen) am Rhein statt.

Die jüdische Schule wurde Anfang der 1920er Jahre geschlossen; Gründe für die Schließung sind nicht bekannt. Seit der Schließung der jüdischen Volksschule mussten die Kinder die evangelische Volksschule (am Markt) besuchen. Ab 1937 wurde ein Besuch dort aber verboten, weshalb die Kinder auf die jüdische Schule nach Bocholt geschickt wurden.

Judenverfolgung und Auslöschung der jüdischen Gemeinde (1933 bis 1945)

Im Haus der Synagoge lebte bis November 1938 die jüdische Familie Sander

Zur Zeit der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 lebten 55 Juden in Rees. Ihre Familiennamen lauteten: Sander, Plaat, Straus, Wolff, Lilienfeld, Isaac, Bernhard, Marcus, Cussel und Gompertz. Die Synagogengemeinde hatte zu dieser Zeit 66 Mitglieder. Vier Jahre später, 1937, lebten nur noch 35 Juden in Rees.[9]

Im November 1938 wurde das Gebäude mit Synagogenraum in der Oberstadt 16 von den Nationalsozialisten zerstört.[10][11] Kultgegenstände wurden auf die Straße geworfen, die in dem Haus lebende Familie wurde aus dem Haus vertrieben und der Familienvater im Rathaus arrestiert.[12]

Am 10. November 1938 wohnten noch ca. 10 Personen jüdischen Glaubens in Rees. Im Jahr 1941 ging das Gebäude in der Oberstadt 16 in den Besitz der Stadt Rees über und blieb auch nach 1945 in deren Besitz.

Im Jahr 1941 und 1942 wurden die Familien Sander und Isaac in Konzentrationslager deportiert[13]. Ab Dezember 1941 lebten in der Zeit des Nationalsozialismus keine Juden in Rees.

Die Synagogengemeinde verlor durch den Holocaust 38 ihrer 66 Mitglieder.[14]

Literatur

  • Dieter Roos: Jüdische Friedhöfe in Rees, Hrg. Reeser Geschichtsverein Ressa e.V., Emmerich 1996.
  • Bernhard Schäfer: Auch sie waren Reeser. Zur Erinnerung an die jüdische Gemeinde Rees, in: Kalender für das Klever Land 1997, S. 133–136.
  • Bernhard Schäfer: Es geschah in der Oberstadt. Die Reichspogromnacht des Jahres 1938 in Rees, in: Kalender für das Klever Land auf das Jahr 1998, S. 86–90.
  • Michael Brocke: Feuer an dein Heiligtum gelegt – Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 447/448.
  • Elfi Pracht-Jörns: Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Teil II: Regierungsbezirk Düsseldorf, J.P. Bachem Verlag, Köln 2000, S. 355–361.
  • Monika Grübel / Georg Mölich: Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Köln/Weimar/Wien 2005 (Verlag Böhlau).
  • Ursula Reuter: Jüdische Gemeinden vom frühen 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. (= Geschichtlicher Atlas der Rheinlande VIII.8.) Bonn 2007
  • Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Drei Bände. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08035-2.
  • Jüdische Volksschule Rees, in: Stadt Rees / Stadtarchiv (Hrsg.): Von der Stiftsschule zum Schulzentrum – Streifzüge durch die Geschichte –, Rees 2010, S. 145.
  • Stefanie Bleckmann: Jüdische Lebenswelten im 19. Jahrhundert im ländlichen Raum unter emanzipatorischen Aspekten dargestellt an der Synagogengemeinde Rees, Facharbeit in Geschichte, 2014.
  • Christiane E. Müller / Wolfgang Jung / Bearb.), Juden in Wesel und am Niederrhein – eine Spurensuche, hrg. vom Jüdisch-Christlichen Freundeskreis Wesel e.V. in Zusammenarbeit mit der Stadt Wesel, 2014 (verschiedene Aufsätze, u. a. auch von Bernhard Schäfer und Stefanie Bleckmann).
  • Michael Scholten: Auf den Spuren jüdischen Lebens, in: rp-online vom 10. Dezember 2016.
  • Auflistung der in Rees verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: Liste der Stolpersteine in Rees.
  • Maria Raudszus: Das Pogrom: Was geschah vor 80 Jahren in Rees, in: NRZ vom 8. November 2018 (Interview mit Bernd Schäfer).
  • Michael Scholten, In Gedenken an das Grauen. Rees erinnert an Pogromnacht vor 80 Jahren, in: RP vom 9. November 2018.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Schäfer, Es geschah in der Oberstadt, 1997.
  2. S. Terlinden, Die jüdischen Friedhöfe in Rees, 1977
  3. S. Roos, Jüdische Friedhöfe in Rees, 1996.
  4. Vgl. zum folgenden auch den Artikel Jüdische Emanzipation
  5. S. Bleckmann, Jüdische Lebenswelten im 19. Jahrhundert im ländlichen Raum, 2014.
  6. S. Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Köln 2000
  7. Die Gesamtzahl der Reeser Bevölkerung lag Mitte des 19. Jahrhunderts bei etwa 3.500 Einwohner.
  8. Vgl. hierzu: Jüdische Volksschule Rees, 2010.
  9. Vgl. auch den Artikel: Kollektivschuld
  10. Vgl. M. Raudszus, Das Pogrom: Was geschah vor 80 Jahren in Rees, 2018.
  11. Vgl. M. Scholten, Rees erinnert an Pogromnacht vor 80 Jahren, 2018.
  12. Vgl. Brocke, Feuer an dein Heiligtum gelegt – Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, 1999
  13. Dokumentation der Deportationen aus dem Deutschen Reich und den Niederlanden
  14. Vgl. B. Schäfer, Es geschah in der Oberstadt. Die Reichspogromnacht des Jahres 1938 in Rees
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