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Umweltbewusstsein
Das Umweltbewusstsein ist die Einsicht eines Menschen in die Tatsache, dass Menschen die natürliche Umwelt - und damit die Lebensgrundlage der Menschen - durch ihr Tun und Lassen bzw. durch Eingriffe in die Umwelt schädigen oder ihr natürliches Gleichgewicht gefährden.
Das Umweltbewusstsein setzt sich zusammen aus dem Umweltwissen, den Umwelteinstellungen, den Verhaltensintentionen bezüglich der Umwelt und dem tatsächlichen Umweltverhalten eines Menschen.
Chronologie der Entstehung von Umweltbewusstsein in der Bevölkerung
Von einer Verbreitung des Umweltbewusstseins kann ab den 1960er Jahren gesprochen werden. Einflussreich waren
- Willy Brandts Ausspruch: „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muß wieder blau werden!“, 1961
- das Buch Der stumme Frühling von Rachel Carson, Erstveröffentlichung 1962
- der erste Tag der Erde 1970
- durch den Bericht Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome (1972),
- durch die UN-Weltumweltkonferenz (Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen) in Stockholm 1972,
- durch die erste Ölkrise 1973,
- durch zahlreiche Umweltkatastrophen und durch immer sichtbarere Umweltverschmutzung,
- durch die 68er-Bewegung sowie
- durch staatliche Stellen und Parteien: zum Beispiel wurde 1973 auf Betreiben der FDP (siehe "Freiburger Thesen") eine 'Bundesstelle für Umweltangelegenheiten' geschaffen (ab 22. Juli 1974 Umweltbundesamt).
Weiter verstärkt wurde das Umweltbewusstsein durch das erstmals 1983 so benannte Waldsterben, die Atom-Katastrophe von Tschernobyl von 1986 und weitere Ereignisse, wie den „Rhein-GAU“ im selben Jahr, bei dem ca. 30 Tonnen schädliche Chemikalien aus dem Basler Chemiekonzern Sandoz (heute Novartis) in den schon vorher stark verödeten Rhein flossen. Oft wird die erste Hälfte der 1980er Jahre als „Höhepunkt“ der Umweltbewegung und eines besonders starken Umweltbewusstseins angesehen. In diese Phase fällt auch die Gründung der Partei Die Grünen (heute: Bündnis 90/Die Grünen) 1980 sowie von bekannten Umweltschutzgruppen wie Greenpeace (deutsche Sektion ab 1980) oder Robin Wood (1982).
Vom 3. bis 14. Juni 1992 fand die auch „Erdgipfel“ genannte Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro statt. Die Unterzeichnerstaaten betonten in der dort verabschiedeten Agenda 21, dass es ohne ein Umweltbewusstsein keine Lösung der global bedeutsamen Umweltproblematik geben könne.
Die häufige Thematisierung des Umweltproblems bis heute – auch in den Medien – beeinflusste das immer größer werdende Bewusstsein der Menschen zusätzlich. Der Informationsstand der Menschen über Umwelt, Natur, Risiken etc. verbesserte sich (Umweltwissen) und auch die auf Umwelt bezogenen Wertehaltungen und Grundeinstellungen wurden sensibilisiert (Umwelteinstellung). Viele Menschen entwickelten daher eine zunehmende Handlungsbereitschaft und positive Verhaltensintentionen bezüglich des Umweltschutzes und bekundeten, ihr Umweltverhalten zu überdenken.
Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
Obwohl beispielsweise in Deutschland Großteile aller Bevölkerungsschichten nachweislich ein Umweltbewusstsein entwickelt haben, lässt sich das Alltagsverhalten der Menschen - wie Studien belegen - oftmals nicht mit Informationsstand, Wertehaltungen und Verhaltensintentionen erklären. Es existiert also eine Kluft zwischen den Einstellungen einiger Menschen und ihrem tatsächlichen Verhalten.
Nur in sogenannten „low-cost-Situationen“, in Situationen also, in denen die Realisierung umweltschonender Verhaltensalternativen mit relativ geringen (zusätzlichen) Kosten verbunden ist, führt vorhandenes Umweltbewusstsein regelmäßig zu umweltgerechtem Verhalten. Der Begriff Kosten (als Gegenstück zum Begriff Nutzen) sei hierbei (im Sinne der ökonomischen Verhaltenstheorie, vgl. homo oeconomicus) als jeglicher Aufwand, sei er physischer, zeitlicher, geldlicher oder anderer Art, verstanden. Dadurch lassen sich allerdings nicht alle Verhaltensweisen erklären. Einige weitere Gründe gegen die Wahl der umweltschonenderen Alternative wider das Umweltbewusstsein können das Passen zum individuellen Lebensstil, Bequemlichkeit, Routinisierung der konventionellen Alternative oder andere persönliche Interessen sein.
Vor diesem Hintergrund ist man in der Umweltpolitik strategisch vom individualpolitischen Ansatz abgerückt, welcher das Umweltbewusstsein fördern und die Menschen durch Überzeugung zu umweltfreundlicherem Verhalten veranlassen will, und präferiert stattdessen ökonomische Instrumente (z. B. Ökosteuern oder Emissionszertifikate), deren Vorteil darin besteht, dass sie umweltfreundliches Verhalten mit Hilfe ökonomischer Anreizstrukturen belohnen.
Literatur
- Andreas Diekmann, Peter Preisendörfer: Umweltsoziologie. Eine Einführung. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-55595-6.
- Annett Entzian: Denn sie tun nicht, was sie wissen : eine Studie zu ökologischem Bewusstsein und Handeln, Oekom, München 2015, ISBN 978-3-86581-485-2 (Dissertation Universität Flensburg 2015, 221 Seiten).
- Oliver Geden: Strategischer Konsum statt nachhaltiger Politik? Ohnmacht und Selbstüberschätzung des "klimabewussten" Verbrauchers (PDF; 52 kB), in: Transit - Europäische Revue, Heft 36 (Winter 2008/2009), Klimapolitik und Solidarität
- Angelika Poferl: Die Kosmopolitik des Alltags. Zur ökologischen Frage als Handlungsproblem. Edition Sigma, Berlin 2004, ISBN 3-89404-517-5 (Dissertation Universität Augsburg 2003, 253 Seiten).
- Angelika Poferl, Karin Schilling, Karl-Werner Brand: Umweltbewusstsein und Alltagshandeln. Eine empirische Untersuchung sozial-kultureller Orientierungen. Opladen 1997, ISBN 3-8100-1904-6
- Udo Kuckartz, Anke Rheingans-Heinze: Trends im Umweltbewusstsein. Umweltgerechtigkeit, Lebensqualität und persönliches Engagement. Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14892-3
- Udo Kuckartz: Umweltbewusstsein und Umweltverhalten. Berlin / Heidelberg 1998, ISBN 3-540-63658-7.
- Gerhard de Haan, Udo Kuckartz: Umweltbewusstsein. Denken und Handeln in Umweltkrisen. Opladen 1996, ISBN 3-531-12808-6.
- Umweltbundesamt (Hrsg.): Umweltbewusstsein in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage (PDF; 3,8 MB), Berlin 2000 ff.
Weblinks
- Untersuchungen des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein der Deutschen unter www.umweltbewusstsein.de
- Bewusstsein und Verhalten: Umweltbewusstsein 2005 - Zur Empirie der ´Nachhaltigkeit´. Ergebnisse einer aktuellen Studie (PDF)
- Studie Umweltbewusstsein 2012 (sowie Links zu den Studien 2000–2010)
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