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Fettleibigkeit

Aus Jewiki
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Klassifikation nach ICD-10
E66.0 Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr
E66.1 Arzneimittelinduzierte Adipositas
E66.2 Übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation
E66.8 Sonstige Adipositas
E66.9 Adipositas, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2013)
Die dick seyllerin auf einem Kupferstich von ca. 1612, ein frühes Beispiel für Fettleibigkeit. Aufschrift: "an gewicht 4 Centner und 89 pfundt" (d. h. über 200 kg)

Bei der Adipositas (lat. adeps ‚Fett‘), Fettleibigkeit oder Obesitas (selten Obesität; engl. aber fast nur obesity), umgangssprachlich auch Fettsucht, handelt es sich um eine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit mit starkem Übergewicht, die durch eine über das normale Maß hinausgehende Vermehrung des Körperfettes mit krankhaften Auswirkungen gekennzeichnet ist. Nach der WHO-Definition liegt eine Adipositas ab einem Körpermasseindex (BMI) von 30 kg/m² vor, wobei drei Schweregrade unterschieden werden, zu deren Abgrenzung ebenfalls der BMI herangezogen wird. Indikatoren für den Anteil von Körperfett und dessen Verteilung sind der Bauchumfang und das Taille-Hüft-Verhältnis.

Schweregrade

BMI zur ersten Selbsteinschätzung
Typisches Erscheinungsbild bei Fettleibigkeit mit Fettverteilung besonders im Bauchbereich (Apfeltyp)
Kategorie (nach WHO[1]) BMI (kg/m²)
Normalgewicht 18,5–24,9
Übergewicht (Praeadipositas) 25–29,9
Adipositas Grad I 30–34,9
Adipositas Grad II 35–39,9
Adipositas Grad III

(Adipositas permagna oder morbide Adipositas)

≥ 40

Entscheidend für das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung ist nicht der BMI, sondern das Fettverteilungsmuster. Besonders nachteilig wirken sich Fettdepots im Bauchraum und an den inneren Organen aus (sogenannter Apfeltyp). Dieses innere Bauchfett („intraabdominales Fett“, „viszerales Fettgewebe“) beeinflusst den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel (Zuckerstoffwechsel) besonders ungünstig und gilt als wesentlicher Indikator des metabolischen Syndroms und führt damit zu Fettstoffwechselstörungen und Diabetes. Als risikoärmer gilt die mehr hüft- und oberschenkelbetonte Fettverteilung (sogenannter Birnentyp).

Der Bauchumfang ist leicht zu messen als Maß für die Fettverteilung. Ein erhöhtes Risiko besteht für Frauen ab 80 cm, für Männer ab 92 cm.[2]

Adipositas bei Kindern wird unter Berücksichtigung von Entwicklungsstand, Alter und Größe (sog. Perzentilen) bestimmt.[3] Zur Adipositas bei Kindern und Jugendlichen siehe auch Idefics-Studie, eine europäische Interventions-Studie, die „[…] die Auswirkungen von Ernährung, Lebensweise und sozialem Umfeld auf die Gesundheit von europäischen Kindern im Alter von zwei bis zehn Jahren […]“ untersucht.[4]

Ursachen

Übergewicht tritt gehäuft in industrialisierten Ländern auf – insbesondere unter Lebensbedingungen, die durch wenig körperliche Arbeit und Nahrungsüberfluss geprägt sind. In den letzten Jahren sind aber auch Schwellenländer zunehmend betroffen.

Zahlreiche Studien haben den Zusammenhang zwischen BMI und Nahrungsaufnahme untersucht. Das Ergebnis der VERA Studie[5] war überraschend: Es gab keinen Zusammenhang zwischen den aufgenommenen Kalorien und dem beobachteten BMI. Es gab allerdings klare Hinweise darauf, dass die untersuchten Menschen meist zu viel Fett – insbesondere ungesunde gesättigte Fettsäuren – und zu wenig Vitamine und Mineralstoffe zu sich nahmen.

Die wichtigsten Ursachen sind:

Überernährung und Bewegungsmangel

Zu viel und falsche Ernährung einerseits – zu wenig Bewegung (Energieverbrauch) andererseits – führen zu einer ungesunden Energiebilanz. Bei einer jährlichen Energieaufnahme von etwa 1 Million Kilokalorien führt bereits eine geringe Veränderung der Energiebilanz zu erheblichen Gewichtsschwankungen.

Bei der Ernährung scheinen zuckerhaltige Getränke eine wichtige Rolle zu spielen[6][7][8][9]. Zwar kommen einige Übersichtsarbeiten zu dem Schluss, dass kein Zusammenhang nachweisbar wäre, eine neue Arbeit zeigt jedoch, dass dies vor allem in Arbeiten mit finanziellem Interessenskonflikt der Fall ist[10]. Studien ohne finanziellen Interessenskonflikt zeigen in über 80 Prozent der Fälle einen Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen und hohen Konsum zuckerhaltiger Getränke und Übergewicht.

Sozio-kulturelle Faktoren

Viele sozio-kulturelle Faktoren begünstigen über Fehl- und Überernährung sowie Bewegungsmangel die Entwicklung von Übergewicht:

  • Sitzende Tätigkeit
  • Geringe Bewegung dank Auto, Fahrstuhl, Rolltreppe
  • Passive Freizeit (Fernsehen, Computer)
  • Frust, Langeweile, Stress: Essen als Übersprungshandlung
  • Waren-Überangebot
  • Essen als Ersatz für emotionale und persönliche Zuwendung
  • Erziehung: „Der Teller wird leer gegessen“, „Iss was, dann wirst du was!“
  • Keine geregelten Mahlzeiten
  • Fastfood: Portionengröße, Essgeschwindigkeit, zu hoher Fett-, Salz- und Zuckergehalt, dabei nicht ausreichend sättigend
  • Geschmacksverstärker Glutamat (kann Appetit anregen)
  • Farb- und Geruchsstoffe, die das Essen appetitlicher erscheinen lassen
  • Werbung für zucker- und fetthaltige Lebensmittel
  • Geschmacksprägung durch Zuckerzusatz (Softdrinks, Babynahrung, gesüßter Tee, gesüßte Fleischwaren)
  • Jo-Jo-Effekt nach einer Diät
  • Übergewicht als Schönheitsideal bzw. Zeichen für Wohlstand in manchen Kulturen
  • Sportarten, bei denen Übergewicht vorteilhaft ist (Sumō-Ringen)

Je niedriger der soziale Status (bestimmt durch die drei Faktoren Höhe der Ausbildung, Haushaltseinkommen und berufliche Stellung), desto häufiger trifft man auf das Problem Übergewicht: Je höher der Schulabschluss, desto niedriger – und damit günstiger – liegt der Body-Mass-Index. An Adipositas sowie an Übergewicht und daraus entstehenden krank machenden Folgen wie Bluthochdruck oder Diabetes leiden rund ein Viertel der Männer in unteren Schichten – in der Oberschicht sind es nur 13 %. Bei den Frauen ist der Unterschied mit 35 % zu 10 % noch deutlicher.[11]

Genetische Faktoren

Genetische Faktoren (Erbanlage) prägen den Grundumsatz, die Nahrungsverwertung und das Fettverteilungsmuster. Die Nahrungsverwertung war zu Zeiten der „Jäger und Sammler“ ein wichtiges Überlebensmerkmal: wer den Überschuss in Fettzellen abspeichern konnte, konnte in Zeiten des Mangels davon zehren.

„Da sich die genetische Ausstattung des Menschen in den letzten Jahrzehnten praktisch nicht verändert hat, ist die starke Zunahme von Adipositas in erster Linie das Ergebnis veränderter Lebensumstände.“ (Schauder/Ollenschläger)

Zwillingsstudien deuten darauf hin, dass Übergewicht auch eine genetische Komponente hat. Sie wird in dieser Betrachtung mit 70 % angegeben.[12] Außerdem fand man bei Adoptivkindern einen starken Zusammenhang zwischen ihrem BMI und dem ihrer leiblichen Eltern, aber keinen Zusammenhang zwischen ihrem Gewicht und dem ihrer Adoptiveltern.[13]

Adipositas infolge anderer Erkrankungen

Eine Essstörung oder eine Sucht können vorliegen, wenn oft und ohne Hungergefühl zwanghaft große Mengen von Nahrungsmitteln verzehrt werden. Zu den Ursachen von Essstörung und Sucht siehe dort.

Stoffwechselkrankheiten kommen bei etwa 2 % der Gesamtbevölkerung vor. Wie hoch der Anteil der Fälle ist, in denen Stoffwechselkrankheiten ursächlich für Übergewicht sind, ist noch nicht belegt. Typische Stoffwechselkrankheiten, die Adipositas verursachen können, sind

Vermutet wird auch ein Zusammenhang mit einer Infektion durch das Adenovirus des Typ Ad-36.[14][15][16] Einige Formen von Adipositas, insbesondere wenn diese ohne die meist ebenfalls vorliegenden Fettstoffwechselstörungen einhergeht, könnten auf eine Infektion mit diesem Virus zurückzuführen sein. Dieses Virus ist in der Lage, Stammzellen zu Fettzellen zu transformieren.[17] Unklar ist jedoch, wie dieses Virus genau zu Übergewicht führt, welche zusätzlichen Faktoren Einfluss haben und welche therapeutischen Konsequenzen daraus entstehen könnten. Auch ungeklärt ist noch, ob dieses Virus bei Adipösen nur häufiger zu Infektionen führt, aber selbst nicht an der Entstehung des Übergewichts beteiligt ist.[18][19]

Nebenwirkungen von Medikamenten

Während einige Medikamente zweifelsfrei die Nebenwirkung 'Gewichtszunahme' haben, wie etwa Insulin, medikamentöse Verhütungsmittel, Antidepressiva, Neuroleptika, Kortikosteroide und Betablocker, verursachen andere beim Absetzen den Effekt einer Gewichtsabnahme; hierzu zählen beispielsweise Sympathikomimetika oder NO-Donatoren wie Viagra.

Pränatale Faktoren

Bestimmte Erkrankungen der Mutter (z. B. Diabetes mellitus Typ 2) sowie Medikamente und bestimmte Chemikalien, welche während der Schwangerschaft Einfluss auf die Entwicklung des Fötus nehmen können, stehen im Verdacht, die Entstehung von Stoffwechselerkrankungen und Diabetes, aber auch die Nahrungsverwertung des Menschen und somit die Neigung zu Adipositas zu beeinflussen (z. B. Bisphenol A).

Nahrungsqualität

Die Verwertung von Nahrung erfordert Arbeit. Die Verdauung leicht verdaulicher (gegarter) Nahrung erfordert weniger Energie. Die Verdauung ballaststoffreicher und proteinhaltiger Nahrung verbraucht hingegen mehr Energie.

Auch die Qualität der Fette spielt eine Rolle. Bestimmte Fette (Cholesterin, trans-Fettsäuren) können vom Körper bis zu einem bestimmten Grad leicht eingelagert werden (was nicht nur die Bildung von viszeralem Fettgewebe, sondern auch Arteriosklerose begünstigt). Der Verzicht auf solche Fette ist allerdings keine Lösung – überschüssige Kohlenhydrate kann der Körper in Fett umwandeln und übermäßige Eiweißzufuhr (etwa bei Low-Carb-Diät) kann gesundheitsschädlich sein.

Bestimmte Lebensmittel werden künstlich mit Phytosterinen angereichert, welche den Transport von Cholesterin im Blut reduzieren sollen. Die Nebenwirkungen (z. B. auf den Hormonspiegel) sind allerdings noch nicht ausreichend erforscht.

Schlafgewohnheiten

Immer wieder suchen Forscher nach Zusammenhängen zwischen Schlafgewohnheiten und dem Übergewicht. Immer wieder zeigen Studien, dass ausreichend Schlaf in hoher Qualität wichtig ist, um Übergewicht zu vermeiden[20][21][22][23].

In einer Studie an Schulkindern zwischen 8 und 11 Jahren konnte nun gezeigt werden, dass mehr Schlaf zu geringerer Nahrungsaufnahme, niedrigeren Nüchtern-Leptin-Konzentrationen und geringerem Gewicht führt[24].

Folgen

Viele Zivilisationskrankheiten hängen direkt mit Übergewicht zusammen. Adipositas ist ein hoher Risikofaktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Kommen andere Erkrankungen dazu wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Fettstoffwechselstörungen (erhöhtes Cholesterin, bzw. LDL) oder Bluthochdruck, wird die Gefahr einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (Metabolisches Syndrom) nochmals deutlich erhöht, ebenso das Risiko eines verfrühten Todes.

Adipositas erhöht das Risiko für arterielle Hypertonie (Bluthochdruck), Diabetes mellitus Typ 2 (Altersdiabetes, Zuckerkrankheit), Reflux, Herzinfarkte, Arteriosklerose, Schlaganfälle, Brustkrebs, Arthrose, degenerative Wirbelsäulenerkrankungen, Gallenblasenerkrankungen, Gicht und das Obstruktive Schlafapnoe-Syndrom. Ab einem BMI von 30 ist das Krankheitsrisiko deutlich erhöht.[25]

Adipositas ist darüber hinaus auch ein Risikofaktor für eine Verminderung der kognitiven Leistungsfähigkeit und für Demenzerkrankungen, einschließlich der Alzheimer-Krankheit.[26][27] Dies könnte zumindest zum Teil mit dem Diabetes mellitus zusammenhängen, von dem man heute weiß, dass er mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer-Krankheit assoziiert ist.[28][29] Eine Rolle spielen hierbei Defekte des Gefäßsystems, der beeinträchtigte Insulin-Metabolismus und Signalweg und ein Defekt im Glukosetransportmechanismus im Gehirn.[30] Neuere Untersuchungen zeigen, dass mit zunehmendem BMI das Risiko für eine Atrophie (Gewebsschwund) bestimmter Hirnareale und infolgedessen das Risiko für eine Demenz steigt.[31] Betroffen von der Schrumpfung des Gehirngewebes sind vor allem der Frontallappen, Teile des Scheitellappens und der Hippocampus. Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings, ob der Hirngewebeschwund zuerst auftritt und das Übergewicht hierdurch erst ausgelöst wird, da sich in den betroffenen Regionen auch Hirnzentren befinden, welche die Nahrungsaufnahme und den Stoffwechsel beeinflussen.[32]

Auch die seelischen Folgen der Adipositas sind gravierend. Die Betroffenen fühlen sich oft als Versager und Außenseiter. Oft treten psychische und sogar wirtschaftliche Schäden für die Betroffenen auf, weil Fettleibigkeit gesellschaftlich nicht toleriert wird und Betroffene oft sozial und beruflich ausgegrenzt werden. Adipositas kann beispielsweise einer Einstellung in den öffentlichen Dienst oder einer Verbeamtung entgegenstehen.[33][34]

Die finanziellen und sozialwirtschaftlichen Folgen von Übergewicht sind enorm. Allein die Schäden am Stütz- und Bewegungsapparat führen zu einer Vielzahl von Therapien bis hin zu operativen Eingriffen (zum Beispiel Knieoperation, Hüftoperation), die ihrerseits insbesondere bei ausgeprägter Adipositas zu Komplikationen wie Wundheilungsstörungen und verzögerter Wiederherstellung führen.

Andererseits ist es durch epidemiologische Studien erwiesen, dass adipöse Patienten bei einigen Erkrankungen, wie zum Beispiel Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus Typ 2 und Chronisches Nierenversagen, bessere Überlebenschancen haben als normalgewichtige. Dieses Phänomen bezeichnet man als Adipositas-Paradoxon.[35]

Adipositas im Kindes- und Jugendalter

Auch die Adipositas im Kindesalter ist mit höheren Gesundheitsrisiken verbunden. Dies betrifft nicht nur körperliche, sondern auch psychische Erkrankungen. So leiden adipöse Kinder öfter an emotionalen Störungen, Verhaltensstörungen, Schulproblemen, ADHS, Depressionen, Lernstörungen, Entwicklungsstörungen von Knochen, Muskeln und Gelenken, Asthma, Allergien, Kopfschmerzen und Ohrentzündungen. Während für übergewichtige Kinder das Risiko für Entwicklungsstörungen und andere Dysfunktionen um 1,3-fach erhöht ist, ist das Gesundheitsrisiko für adipöse doppelt so hoch wie für normalgewichtige Altersgenossen.[36]

Adipositas während der Schwangerschaft

Die Auswertung schottischer Daten von 28.540 Schwangeren in der Aberdeen Maternity and Neonatal Datenbank in Verbindung mit Krankenhausstatistiken und dem lokalen Sterberegistern zeigte, dass Kinder deren Mütter in der Schwangerschaft einen BMI von 30 oder höher hatten, ein erhöhtes Risiko für stationäre Behandlungen aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer um rund ein Drittel erhöhte Sterberate aufwiesen[37]. Ein kausaler Zusammenhang kann durch die Kohortenstudie aber nicht bewiesen werden. Auch genetische, familiäre und soziale Faktoren könnten eine Rolle spielen.

Neurobiologie

Durch Fortschritte im Bereich der Molekular- und Neurobiologie beginnt man heute zu verstehen, wie der komplexe Regelkreis zur Steuerung der Nahrungsaufnahme und des Energiegleichgewichts funktionieren könnte. Ob sich die Erkenntnisse, die meist aus Tierversuchen gewonnen wurden, auf den Menschen übertragen lassen, ist nicht klar.

Diskutiert wird auch ein Set-Point-Modell, nach dem das Gewicht bei Abweichungen nach oben oder unten wieder auf einen Grundwert zusteuern soll.

Einige Ergebnisse über die sehr komplizierten Regelmechanismen:

  • Leptin ist ein Hormon, das in den Fettzellen gebildet wird. Je mehr Fett sich in den Fettzellen befindet, desto höher ist auch die Leptinkonzentration. Primär informiert es das Zentralnervensystem (ZNS), ob der Körper gerade verhungert. Es hemmt auch das Hungergefühl. Die meisten Übergewichtigen scheinen an einer Leptinresistenz zu leiden. Dafür gibt es heute zwei Erklärungen: Einen Defekt im Leptin-Transport über die Blut-Hirn-Schranke und einen defekten Leptin-Rezeptor.
  • Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet. Es reguliert die Glukosekonzentration im Blut. Mäuse, deren Neuronen keine Insulin-Rezeptoren besitzen, leiden unter mildem Übergewicht.
  • PYY, GLP-1,Oxyntomodulin und Cholecystokinin werden im Darm produziert und verringern das Hungergefühl.
  • Ghrelin ist ein Peptid, das u. a. im Magen gebildet wird. Es wirkt appetitanregend.

Alle diese Informationen werden im ZNS verarbeitet und regulieren den Appetit, den Energieverbrauch, den Hormonspiegel und das Wachstum.

Selfish-Brain-Theorie

Neurobiologische Forschungsansätze der jüngsten Zeit führen die Entstehung von Adipositas auf eine Funktionsstörung in der Energieversorgung des Gehirns zurück. Das Gehirn wird in diesem Theoriesystem als von Natur aus „selfish“ (engl. für selbstsüchtig) betrachtet, weil es trotz seines im Verhältnis zum Körper geringen Volumens die Hälfte des täglichen Glukosebedarfs eines Menschen verbraucht. Dieser hohe Verbrauch wird in Situationen starker physischer Belastung oder Abmagerung beibehalten, wie experimentelle Beobachtungen am Menschen belegen. Der hohe Energiebedarf des Gehirns wird bei gesunden Menschen durch hormonell gesteuerte Allokation sichergestellt, d. h., dem Körper wird Glukose entzogen und zum Gehirn geleitet. Adipositas nun stellt sich als die Folge von Allokationsversagen dar: Aufgrund von Defekten in Hirnregionen, die den Blutzucker- und Fettregelkreislauf kontrollieren, wird Energie nicht aus dem Körper angefordert, sondern durch zusätzliche Nahrungsaufnahme zugeführt, obwohl die Organe eigentlich gesättigt sind.[38][39] Das Ergebnis ist ein energetischer Stau in der Lieferkette. Die Selfish-Brain-Theorie als Grundlage der neurobiologischen Erklärung zur Entstehung der Adipositas wurde von Achim Peters begründet und wird unter seiner Leitung mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen in der von der DFG geförderten Forschungsgruppe: „Selfish Brain: Gehirnglukose und metabolisches Syndrom“ an der Universität zu Lübeck weiterentwickelt.[40][41]

Behandlung

Je nach Ursache sind unterschiedliche Therapien angezeigt. Ziel ist immer die Gewichtsreduktion.

Ernährungsumstellung

Im Vorfeld einer Therapie sind nach den offiziellen „Leitlinien Adipositas 050/001“ der AWMF folgende Voruntersuchungen durchzuführen:

  • Körpergröße und -gewicht, Taillenumfang
  • Klinische Untersuchung
  • Nüchternblutzucker
  • Cholesterin, Triglyzeride
  • Harnsäure
  • Kreatinin
  • TSH, fakultativ auch andere endokrinologische Parameter (z. B. Dexamethason-Hemmtest zum Ausschluss eines Cushing-Syndroms)
  • Albumin/Kreatinin-Ratio
  • EKG

Außerdem sollten folgende Dinge bei einer ausführlichen Anamnese geklärt werden:

  • Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsgewohnheiten (mittels Ess- und Bewegungstagebüchern)
  • Krankengeschichte (relevante Krankheiten als Ursache für die Adipositas)
  • psychischer Zustand (Selbstwertgefühl, Stellenwert des Gewichts für den Patienten)

Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Deutsche Diabetes-Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Ernährung und Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin nennen folgende Behandlungsziele:[42]

  • Adipositas Grad I: 5-10 % Gewichtsabnahme
  • Adipositas Grad II: 10-20 % Gewichtsabnahme
  • Adipositas Grad III: 10-30 % Gewichtsabnahme

Therapeutische Aufgaben sind:

  • Essverhalten nachhaltig verändern
  • Bewegungsverhalten nachhaltig verändern
  • Psychotherapie
  • Einbeziehung der Partner, der Familie

Entscheidend ist eine positive Motivation: Vorfreude auf ein gesundes Leben mit mehr Wohlfühlen, Lust an Bewegung, besseren Lebensstil, genussvollem Essen, Einsichten, Erkenntnisse, Zielgerichtetheit, Unabhängigkeit, Reife, Freiheit, soziale Kontakte etc. Nicht „weg vom Übergewicht“, sondern „hin zum Leben“.

Aktion „Gesunde Ernährung und Bewegung“

Die Bundesregierung hat 2007 die Aktion „Gesunde Ernährung und Bewegung“ gestartet. Ziel ist, die 37 Millionen übergewichtigen oder adipösen Erwachsenen und 2 Millionen Kinder zu einem gesünderen Ernährungs- und Bewegungsverhalten zu bewegen und dadurch die Verbreitung von Übergewicht nachhaltig zu verringern. Man erhofft sich einen ähnlichen Erfolg wie mit der Trimm-dich-Bewegung in den 1970er Jahren. Die Aktion wurde 2008 durch den Aktionsplan „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ ersetzt. Es handelt sich dabei um einen Aktionsplan der Bundesregierung (BMELV, BMG), den Ländern, den Kommunen und von wichtigen Akteuren aus der Zivilgesellschaft. Der Aktionsplan will bis 2020 die Zahl der Übergewichtigen deutlich reduzieren und so einen Beitrag zur Kostensenkung im Gesundheitssystem leisten.

Ernährung und Bewegung

Die Ernährung des Menschen und sein Bewegungsverhalten sind in hohem Maße eine Gewohnheitssache. Für Patienten ohne psychische Erkrankungen bzw. Essstörungen können eine ausführliche Beratung über gesunde Ernährung und wie man sich mehr bewegt sowie eine Unterstützung bei der Ernährungsumstellung Erfolg haben.

Fette und Öle sind Triglyceride. Im abgebildeten Beispiel ist der blau markierte Fettsäurerest gesättigt, der grün markierte einfach, der rot markierte dreifach ungesättigt. Im Zentrum ist schwarz das dreifach acylierte Glycerin erkennbar. Öle enthalten einen höheren Anteil an ungesättigten Fettsäureresten (= essentielle Fettsäurereste) als Fette.

Es ist wissenschaftlich nicht gesichert, welche Ernährungsform am ehesten Abhilfe schafft. Meist wird zu mehr Ballaststoffen (s. a. Vollwertkost) und zur Vermeidung von Fetten geraten; Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil an gesättigten Fetten sollen durch Nahrungsmittel mit mehr essentiellen Fettsäuren ersetzt werden, bzw. der Fettkonsum sollte insgesamt drastisch eingeschränkt werden. Es gibt allerdings auch Schulen, die statt dessen eine Umstellung auf gesunde Fette und viel Eiweiß und dafür eine Reduktion der Kohlenhydrate empfehlen (z. B. LOGI-Methode oder Atkins-Diät).

Die 2010 veröffentlichte, europäische Diogenes-Studie, an der 772 Familien mit 938 übergewichtigen Erwachsenen und 827 Kindern teilgenommen haben, zeigte, dass eine eiweißreiche Ernährung mit kohlenhydratreduziertem Anteil dem Übergewicht vorbeugt bzw. das Abnehmen erleichtert, den Jo-Jo-Effekt verhindert und am leichtesten im Alltag dauerhaft umgesetzt werden kann. Die Studiengruppe mit einer Kost mit erhöhtem Eiweißanteil (25 % Eiweißanteil) und niedrigem Glykämischen Index hatte von allen fünf Studiengruppen die besten Ergebnisse.[43][44]

Die Steigerung der körperlichen Bewegung ist ein wichtiger Posten in der Energiebilanz. Insbesondere Ausdauersport wie Fahrradfahren, Schwimmen, Wandern und Joggen dienen – konsequent über Monate und Jahre durchgeführt – der Gewichtsreduktion.

Eine Analyse von mehreren Studien über den Effekt von sportlicher Betätigung und Diät auf Übergewicht zeigte, dass durch alleinige sportliche Betätigung eine geringe Gewichtsreduktion erreicht werden konnte. Die Gewichtsabnahme war ausgeprägter, wenn die Studienteilnehmer zusätzlich eine Diät einhielten oder die sportliche Betätigung intensivierten. Neben der Gewichtsabnahme zeigte sich bei den Studienteilnehmern auch eine Senkung des Blutdrucks, von Blutfetten und des Nüchternblutzuckers.[45]

Es gibt zahlreiche Gewichtsreduktionsprogramme, die auf eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten abzielen. Das Weight Watchers-Programm ermöglicht bei mäßig adipösen Personen eine mittlere Gewichtsreduktion von 3–4,5 kg. Das DGE-Programm „Ich nehme ab …“ führte nach einem Jahr zu einem mittleren Gewichtsverlust von 2,3 kg (Frauen) und 4,1 kg (Männer).[42]

Essstörung

Bei einer Essstörung ist meist eine mehrwöchige Therapie in einer Spezialklinik erforderlich (siehe: Psychosomatische Klinik), ergänzt durch regelmäßige langjährige Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe (z. B. Overeaters Anonymous).

Psychotherapie, Familientherapie, Sucht-Therapie

Ziel einer Psychotherapie ist es, die individuellen Ursachen für die Essstörung zu identifizieren und alternative Verhaltensweisen zu erlernen. Bewährt hat sich auch die Therapie in einer Gruppe. Für den langfristigen Erfolg ist es wichtig, dass die Angehörigen mit einbezogen werden. Parallel arbeitet der Betroffene regelmäßig in einer Selbsthilfegruppe mit Gleichgesinnten.

Ambulante oder stationäre Therapie in einer Fachklinik für Essstörungen bzw. psychosomatischen Klinik ist ein guter Start auf dem Weg zur Veränderung von Verhalten und Lebensstil. Sie wird in der Regel von der Kranken- oder Rentenversicherung finanziert. Der begründete Antrag muss über einen niedergelassenen Arzt bei der Sozialversicherung eingereicht werden. Bei Ablehnung hat der Patient auch ein Widerspruchsrecht, bei Annahme nach § 9 SGB 9 ein freies Wunsch- und Wahlrecht, nämlich welche Fachklinik er bevorzugt. Ziel der Reha ist die Teilhabe am beruflichen und gesellschaftlichen Leben, entscheidend ist die Lebensstil- und Verhaltensänderung während des meist etwa vierwöchigen Aufenthaltes sowie eine kompetente Nachsorge.

Behandlungserfolg

Hilfreich für Erfolg ist:

  • mindestens 500 Kcal weniger essen als verbrauchen
  • Mindesttrinkmenge 2,5 bis 3,0 Liter pro Tag
  • drei- bis fünfmal wöchentlich 30 bis 60 Minuten Bewegung

Bei einem erhöhten BMI erhöht sich das Mortalitätsrisiko. Bei Diabetes oder Bluthochdruck ist eine Gewichtsreduktion immer sinnvoll.

Der Erfolg hängt stark mit der Persönlichkeitsstruktur und der Motivation zusammen. Günstig sind: höhere Intelligenz, höherer sozialer Status, später Beginn der Übergewichtigkeit, starke subjektive Beschwerden, messbare Gesundheitsstörungen, starke Persönlichkeit. Eine Essstörung ist stark hinderlich.[46]

Besonders bei starkem Übergewicht erweist sich die Behandlung als sehr schwierig. Rückschläge oder ausbleibender Erfolg veranlassen den Patienten (aber auch den Behandler und die Angehörigen) häufig dazu, das Vorhaben ganz aufzugeben. Der Behandlungserfolg wird langfristig für 10 bis 20 % der Patienten festgestellt (Stabilisierung auf 50 % der ursprünglich erreichten Gewichtsabnahme).

Sinnvoller ist daher frühes Einüben eines gesunden Lebensstils, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden.

Reduktionsdiät

Angesichts der vielfachen Ursachen für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas gibt es keine Diät, die allein die Entgleisung des Gewichts nachhaltig beendet. Als Einstieg in eine neue Ess- und Lebensweise eignen sich alle Diäten, die zu besserer Auswahl der Nahrung, zu ihrer fachgerechten Zubereitung und kluger Einteilung der Nahrungsaufnahme am Tage führen. Gewöhnung an andere Geschmacksvorlieben als süß, fett und kalorienreich zu essen oder eine Kontrolle des Hungergefühls durch medikamentöse Weckung des Esshormons Serotonin können nur ergänzende Hilfen sein. Ohne umfassende Änderung des Ess- und Bewegungsverhaltens führen Diäten meist nur zu einer kurzfristigen Gewichtsreduktion.

Die häufige Empfehlung, fünfmal am Tag zu essen, kann vor allem bei insulinresistenten Übergewichtigen die Gewichtsreduktion erschweren, da durch die vielen Mahlzeiten die Insulinsekretion stimuliert wird, welche wiederum die Fettspaltung (Lipolyse) hemmt.[47]

Pharmakologische Intervention

Wenn die Umstellung des Ess- und Bewegungsverhaltens schwierig ist, muss die Ursache dafür gefunden und behoben werden. Pharmakologische Therapie sollte ausschließlich vom Arzt durchgeführt werden. In den USA wird vielfach das dort frei verkäufliche 5-Hydroxytryptophan (5-HTP) außer für die Verbesserung des Wach- und Schlafverhaltens auch für die Reduzierung des Körpergewichts dauerhaft eingenommen. Hinreichende Studien hierüber gibt es noch nicht, es wird über geringfügige Nebenwirkungen berichtet. Die dauernde Einnahme des Vorhormons 5-HTP bedarf aber der ärztlichen Kontrolle, da es zum einen durch systemische Aufnahme in den Blutkreislauf übergeht, zum anderen die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann und somit auch im Liquor des Gehirns ankommt. Langfristiger Einsatz von 5-HTP ist deshalb kritisch zu beobachten.

Rimonabant, ein Cannabinoid-Rezeptorantagonist, wurde 2008 bereits 2 Jahre nach seiner Zulassung wieder vom Markt genommen, nachdem sich das Risiko für ein Auftreten von Depressionen, Angst, Schlafstörungen und Aggressionen deutlich erhöht zeigte und 5 Suizide im Zusammenhang mit der Einnahme beobachtet worden waren.[48]

Bei der Hungerkontrolle durch Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie beim bis 2010 in Deutschland zugelassenen fälschlicherweise „Appetitzügler“ genannten Medikament Sibutramin (Handelsname: Reductil®) hatte es seit der Zulassung Hinweise auf erhebliche Nebenwirkungen gegeben. In einer Studie (Langzeitinterventionsstudie SCOUT - 2010 noch nicht vollständig veröffentlicht) erlitten Sibutraminanwender signifikant häufiger schwere kardiovaskuläre Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzstillstand oder kardiovaskulär bedingten Tod) als Placeboanwender, worauf unter anderem in Deutschland das Mittel vom Markt genommen wurde.[49]

Als einziges in der Bundesrepublik zugelassenes Medikament findet sich noch der Wirkstoff Orlistat (Handelsname: Xenical®), seit 2010 auch in der rezeptfreien Version (Handelsname: Alli® oder als Generikum). Die Kosten für dieses Medikament sind erheblich - bei zweimal täglicher Anwendung etwa 60 Euro/Monat (Kosten für 84 Kapseln etwa 90 Euro - Recherche in Internetapotheken im Mai 2010 für Xenical 120 mg). Die Wirkung beruht auf einer Störung der Fettresorption des Gegessenen - d. h., der Fettanteil wird in Form von Fettdurchfällen ausgeschieden. Die Wirkung bleibt weitgehend auf die Mahlzeit nach der Medikamenteneinnahme beschränkt. Nachteil: Mit der fehlenden Fettaufnahme werden auch fettlösliche Vitamine mit dem Stuhl ausgeschieden. Sinnvoll kann der Einsatz von Orlistat im Rahmen einer betreuten Gewichtsreduktion sein, wenn andere Maßnahmen aktuell keinen oder zu geringen Erfolg zeigen.

Chirurgische Intervention

Wenn alle konservativen Behandlungsmethoden versagen, kann die Adipositaschirurgie zum Einsatz kommen. Bei Übergewichtigen mit einem BMI deutlich über 40 ist davon auszugehen, dass mit nicht-chirurgischen Maßnahmen nur in Ausnahmefällen eine signifikante, nachhaltige Gewichtsreduktion zu erzielen ist.

Verbreitung

Prozentualer Anteil der Adipösen (BMI 30 oder höher) nach Ländern (Stand: 2005)
Daniel Lambert war Anfang des 19. Jahrhunderts der schwerste Mann der Welt

Die Adipositas als komplexes Krankheitsbild betrifft alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen (jedoch nicht im jeweils gleichen Maße) und beschränkt sich keineswegs auf die Industrieländer. Waren im Jahre 1995 weltweit noch 200 Millionen Erwachsene adipös, so waren es im Jahre 2000 schon 300 Millionen, davon 115 Millionen in Entwicklungsländern. Weltweit leben laut WHO über 300 Millionen Menschen mit Adipositas. Nachdem das Problem jahrzehntelang auf die wohlhabenden Industrieländer beschränkt war, beobachtet man in jüngster Zeit einen Anstieg der ernährungsbedingten Krankheiten auch in Schwellenländern wie Indien oder China. Die WHO spricht von einer Pandemie.

Deutschland

Werbung mit Fettleibigem (1904)

In Deutschland wird seit Jahrzehnten ein Anstieg der Adipositas-Prävalenz beobachtet. Befragungen ergeben niedrigere Werte als Untersuchungen, bei denen Größe und Gewicht gemessen werden. Ein Anstieg über die Jahre zeigt sich bei beiden Erhebungsarten.

Gemäß Mikrozensus-Zusatzerhebung aus dem Jahre 2003 waren 13,6 % der Männer und 12,3 % der Frauen ab 18 Jahren adipös (d. h. BMI 30 oder höher). Bei der Folgeerhebung im Jahr 2009 waren es 15,7 % der Männer und 13,8 % der Frauen.[50]. Nach den Daten der telefonischen Erhebungen des Robert Koch-Instituts (GEDA 2009) liegt der Anteil der Erwachsenen mit einem BMI ab 30 kg/m² in einem ähnlichen Bereich. Hier geben 16,3 % der Männer und 15,7 % der Frauen entsprechende Körpermaße an.[51]

Die beiden großen Untersuchungssurveys für Deutschland zeigen den gleichen Trend, nur auf höherem Niveau: Im Bundes-Gesundheitssurvey 1998 wurde Adipositas (BMI>=30) bei 18,9 % der Männer und 22,5 % der Frauen gemessen. Bei der Fortsetzungs-Studie DEGS 2008/11 waren es 23,3 % der Männer und 23,9 % der Frauen.[52]

Mit dem Alter steigt auch der Anteil der adipösen Personen. Bei den Männern ist Adipositas in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen am meisten verbreitet, bei den Frauen in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen. Außerdem korreliert die Verbreitung von Adipositas mit dem sozioökonomischen Status: Menschen mit hohem Status sind deutlich seltener adipös (BMI >=30). Dieser Effekt ist bei den Frauen besonders ausgeprägt.[52]

Österreich

Waren in Österreich 1991 noch 8,5 % der Erwachsenen adipös, so waren es im Jahre 2000 schon 11 %. Europaweit sind 10–20 % der Männer und 15–25 % der Frauen adipös, tendenziell ist ein Anstieg der Adipositasprävalenz Richtung Süden und Osten zu beobachten. Dies gilt auch für Österreich – mit dem höchsten Anteil an Übergewichtigen im Osten des Landes und dem niedrigsten Anteil in Tirol und Vorarlberg.

USA

In den USA haben nach Schätzungen des CDC 30 % der Einwohner einen BMI von über 30 kg/m² und gelten damit als adipös. In den USA sind sozial schwächere (ungebildetere, ärmere) Minderheiten (Indianer, Afroamerikaner) sehr viel häufiger bzw. stärker übergewichtig als andere Bevölkerungsgruppen und haben eine niedrigere Lebenserwartung.[53]

Aktuell sind laut einer Studie der Duke University aus dem Mai 2012 rund 36 % aller Amerikaner fettleibig. Die Wissenschaftler rechnen damit, dass sich die Zahl bis zum Jahr 2030 auf 42 % erhöht.[54].

Italien

Die europäische IDEFICS-Studie,[4] die „[…] die Auswirkungen von Ernährung, Lebensweise und sozialem Umfeld auf die Gesundheit von europäischen Kindern im Alter von zwei bis zehn Jahren […]“ untersucht, zeigt für Italien eine Prävalenz von 42 % für Übergewicht oder Fettleibigkeit in den untersuchten Altersklassen. In allen untersuchten Länder ist jedes fünfte Kind übergewichtig oder fettleibig. Der Anteil fettleibiger Kinder in den untersuchten südlichen Ländern Europas beträgt bis zu 20 %, der in den nördlichen Regionen liegt unter 5 %.[55]

Adipositas bei Tieren

Adipositas spielt vor allem bei Haushunden und Hauskatzen eine größere Rolle. In den Industrieländern sind im Mittel 40 % der Hunde und Katzen adipös, wobei in den letzten 40 Jahren eine Zunahme um etwa 10 % zu verzeichnen war. Bei Hunden neigen einige Rassen (Labrador Retriever, Cocker Spaniel) stärker zu Übergewicht, bei Katzen lässt sich kein Rassenzusammenhang nachweisen. Familien- und Schoßhunde werden eher übergewichtig als Arbeitshunde. Während bei Hunden weibliche Tiere eher zu Übergewicht neigen, sind es bei Katzen männliche Tiere. Eine Kastration ist ein wesentlicher Risikofaktor: Kastrierte Tiere neigen zu einer stärkeren Futteraufnahme und zu einer verminderten Bewegung. Als Ursache dieses Phänomens werden reduzierte Östrogen-Spiegel und erhöhte IGF-1-Spiegel vermutet. Auch eine Veränderung der Genexpression von Leptin und Lipoproteinlipasen durch die Kastration wird diskutiert. Das Alter ist ein weiterer Risikofaktor, Übergewicht tritt vor allem im mittleren Lebensalter auf. Die Fütterung spielt eine entscheidende Rolle, vor allem das Verfüttern von Extrahappen und Tischabfällen scheint eine maßgebliche Rolle zu spielen, da sie meist nicht in die Tagesration eingerechnet werden. Bewegungsmangel führt ebenfalls zu stärkerer Gewichtszunahme. Freigänger sind wesentlich seltener adipös als reine Wohnungskatzen. Bei Hunden neigen einzeln gehaltene Hunde stärker zu Übergewicht als solche, die mit Artgenossen zusammenleben. Übergewichtige und ältere Besitzer besitzen häufig übergewichtige Hunde.[56]

Folgen einer Adipositas sind vor allem Osteoarthrosen, Kreuzbandrisse, Hauterkrankungen, Harnsteine, Bluthochdruck, Lungenfunktionsstörungen, feliner beziehungsweise caniner Diabetes mellitus, bei Hunden auch Pankreatitis, Tumorerkrankungen sowie verminderte Lebenserwartung und Lebensqualität.[56]

Siehe auch

Literatur

  • P. Schauder, G. Ollenschläger: Ernährungsmedizin. Prävention und Therapie. 2006, ISBN 3-437-22921-4.
  • H. Biesalski, P. Fürst, H. Kasper: Ernährungsmedizin. 2004, ISBN 3-13-100293-X.
  • G. Reich, M. Cierpka: Psychotherapie der Eßstörungen. 2001, ISBN 3-13-108782-X.
  • S. Eder, A. Radinger, J. Möhring: Pauline purzelt wieder. Hilfe für übergewichtige Kinder und ihre Eltern. edition riedenburg, Salzburg 2009, ISBN 978-3-902647-23-8.
  • Rachel Schemmel (Editor): Nutrition, Physiology and Obesity. CRC Press, Boca Raton, Florida 1980, ISBN 0-8493-5471-4.
  • S3-Leitlinie: Therapie der Adipositas im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Registernummer 050/002 (online: Langfassung, Kurzfassung, Leitlinienreport), Stand 01/2009.
  • S2-Leitlinie: Adipositas der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Rehabilitation und Prävention, AWMF-Registernummer 070/001 (online: Volltext), Stand 10/2007
  • Georges Vigarello: Les métamorphoses du gras: Histoire de l'obésité du Moyen Age au XXe siècle. Ed. Seuil, Paris 2010, ISBN 978-2-02-089893-5.

Weblinks

 Commons: Adipositas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Fettleibigkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  2. Lean u. a.: Waist circumference as a measure for indicating need for weight management. In: BMJ. 1995; 311, S. 158-161, 1995 EK III.
  3. Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA).
  4. 4,0 4,1 http://www.idefics.eu/
  5. VERA-Schriftenreihe: Lebensmittel- und Nährstoffaufnahme in der BRD (1985–1989), Band XII, Wissenschaftlicher Fachverlag, Niederkleen 1994.
  6. Sarah C. Bundrick, Marie S. Thearle, Colleen A. Venti, Jonathan Krakoff, Susanne B. Votruba: Soda Consumption During Ad Libitum Food Intake Predicts Weight Change. In: Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics. 2013, S. , doi:10.1016/j.jand.2013.09.016.
  7. Lynne Millar, Bosco Rowland, Melanie Nichols, Boyd Swinburn, Catherine Bennett, Helen Skouteris, Steven Allender: Relationship between raised BMI and sugar sweetened beverage and high fat food consumption among children. In: Obesity. 2013, S. n/a–n/a, doi:10.1002/oby.20665.
  8. M. Zheng, A. Rangan, N J Olsen, L. Bo Andersen, N. Wedderkopp, P. Kristensen, A. Gr ntved, M. Ried-Larsen, S M Lempert, M. Allman-Farinelli, B L Heitmann: Sugar-sweetened beverages consumption in relation to changes in body fatness over 6 and 12 years among 9-year-old children: the European Youth Heart Study. In: European Journal of Clinical Nutrition. 2013, S. , doi:10.1038/ejcn.2013.243.
  9. Cara B. Ebbeling: Sugar-sweetened beverages and body weight. In: Current Opinion in Lipidology. 2013, S. 1, doi:10.1097/MOL.0000000000000035.
  10. Maira Bes-Rastrollo, Matthias B. Schulze, Miguel Ruiz-Canela, Miguel A. Martinez-Gonzalez, David Stuckler: Financial Conflicts of Interest and Reporting Bias Regarding the Association between Sugar-Sweetened Beverages and Weight Gain: A Systematic Review of Systematic Reviews. In: PLoS Medicine. 10, 2013, S. e1001578, doi:10.1371/journal.pmed.1001578.
  11. taz.de: Seehofers nationale Verzehrstudie: Die dicke Unterschicht, Zugriff am 19. Februar 2011.
  12. A. J. Stunkard, J. R. Harris, N. L. Pedersen, G. E. McClearn: The body-mass index of twins who have been reared apart. The New England Journal of Medicine, 1990. 322:1483–1487 Abstract
  13. Stunkard AJ et al(1986): An Adoption study of human obesity. The New England Journal of Medicine. 314: 193-198 (abstract).
  14. R. L. Atkinson: Viruses as an etiology of obesity. In: Mayo Clin Proc. 82, Nr. 10, 2007, S. 1192–1198, PMID 17908526.
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  25. Matthias Lenz u. a.: Morbidität und Mortalität bei Übergewicht und Adipositas im Erwachsenenalter: Eine systematische Übersicht. In: Deutsches Ärzteblatt. Jg. 106, Heft 40.
  26. M. F. Elias u. a.: Obesity, diabetes and cognitive deficit: The Framingham Heart Study. In: Neurobiol Aging. 26, Nr. 1, 2005, S. 11–16, PMID 16223549.
  27. P. A. Wolf u. a.: Relation of obesity to cognitive function: importance of central obesity and synergistic influence of concomitant hypertension. The Framingham Heart Study. In: Curr Alzheimer Res. 4, Nr. 2, 2007, S. 111–116, PMID 17430232.
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  30. E. K. Naderali u. a.: Obesity and Alzheimer's Disease: A Link Between Body Weight and Cognitive Function in Old Age. In: Am J Alzheimers Dis Other Demen. Epub ahead of print, 2009, PMID 19801534.
  31. A. R. Cyrus u. a.: Brain Structure and Obesity (PDF-Datei; 352 kB). In: Human Brain Mapping. Epub ahead of print, 2009.
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  34. Ekkehard Müller-Jentsch: Prozess um Verbeamtung einer Lehrerin: Guter Unterricht – aber die Lehrerin war zu schwer. In: Süddeutsche Zeitung. 14. April 2011, abgerufen am 9. Februar 2014.
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  36. N. Halfon, K. Larson, W. Slusser: Associations Between Obesity and Comorbid Mental Health, Developmental, and Physical Health Conditions in a Nationally Representative Sample of US Children Aged 10 to 17. {{DOI:10.1016/j.acap.2012.10.007}}
  37. R. M. Reynolds, K. M. Allan, E. A. Raja, S. .. Bhattacharya, G. .. McNeill, P. C. Hannaford, N. .. Sarwar, A. J. Lee, S. .. Bhattacharya, J. E. Norman: Maternal obesity during pregnancy and premature mortality from cardiovascular event in adult offspring: follow-up of 1 323 275 person years. In: BMJ. 347, 2013, S. f4539–f4539, doi:10.1136/bmj.f4539.
  38. Rainer H. Straub, (Hrsg.): Lehrbuch der klinischen Pathophysiologie komplexer chronischer Erkrankungen. Band 2: Spezielle Pathophysiologie: mit 20 Tabellen. Vandenhoeck & Ruprecht,, Göttingen 2007, darin Kap. 31B Pathophysiologisches Konzept zur Entstehung des Diabetes mellitus Typ 2 (und der Adipositas) unter Betrachtung neuroendokriner Interaktionen. S. 168 ff.
  39. R. Klinke, H. C. Pape, Stefan Silbernagl: Lehrbuch Physiologie. 5. Auflage. Thieme, Stuttgart u. a. 2005, darin das Kapitel 16.6: Der Inselapparat des Pankreas: Insulin und Glucagon. S. 551 ff., insbesondere S. 557 f: „Gemäß neueren Konzepten handelt es sich bei Adipositas und Typ-2-Diabetes um Erkrankungen des Gehirns mit Defekten der neuroendokrinen Funktionen. Wenn die hierarchisch übergeordneten Gehirnteile (im Neokortex) dem Gehirn zu wenig Glukose zuteilen, wird die Energieversorgung des Gehirns über eine vermehrte Nahrungsaufnahme sichergestellt und dem zufolge wächst die Körpermasse – eine Adipositas entsteht. Bei diesen Patienten sind häufig auch eine arterielle Hypertonie und Fettstoffwechsel-Störungen zu beobachten, so dass der Symptom-Komplex auch Metabolisches Syndrom genannt wird.“
  40. A. Peters, U. Schweiger, L. Pellerin, C. Hubold, K. M. Oltmanns, M. Conrad, B. Schultes, J. Born, H. L. Fehm: The selfish brain: competition for energy resources In: Neurosci Biobehav Rev. 2004. 28, S. 143–180. PMID 15172762.
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  42. 42,0 42,1 S3-Leitlinie: Prävention und Therapie der Adipositas, AWMF-Registernummer 050/001 (online: Volltext), Stand 05/2007.
  43. New England Journal of Medicine, Diets with High or Low Protein Content and Glycemic Index for Weight-Loss Maintenance, Abstract, abgerufen am 27. März 2011.
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  45. K. Shaw, H. Gennat, P. O'Rourke, C. del Mar: Exercise for overweight or obesity. In: Cochrane database of systematic reviews (online). Nr. 4, 2006, S. CD003817, doi:10.1002/14651858.CD003817.pub3, PMID 17054187.
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  47. Kurt A. Moosburger: Fettverbrennung im Sport - Mythos und Wahrheit (PDF-Datei; 61 kB).
  48. Endlich: Appetithemmer Sibutramin (Reductil) vom Markt. In: arznei-telegramm. 12. Februar 2010, abgerufen am 9. Februar 2014 (PDF; 104 KB).
  49. Nebenwirkungen: Rimonabant (Acomplia) vom Markt. In: arznei-telegramm. 7. November 2008, abgerufen am 9. Februar 2014 (PDF; 97 KB).
  50. Statistisches Bundesamt (destatis) (Hrsg.): --- Tabellen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes.
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  52. 52,0 52,1 Robert Koch-Institut (Hrsg.): --- DEGS-Symposium „Gemessen und gefragt - die Gesundheit der Deutschen unter der Lupe“: Übergewicht und Adipositas in Deutschland: Werden wir immer dicker? Folie 8-9.
  53. C. L. Odgen, M. D. Carroll, L.R. Curtin, M. A. McDowell, C. J. Tabak, K. M. Flegal: Prevalence of overweight and obesity in the United States, 1999–2004. In: JAMA. 295, Nr. 13, April 2006, S. 1549–1555.
  54. Übergewicht im Jahr 2030: Fast die Hälfte der Amerikaner wird fettleibig sein. In: Süddeutsche Zeitung. 29. Juni 2012, abgerufen am 9. Februar 2014.
  55. http://www.eufic.org/ (European Food Information Council) 2011: Wie man Fettleibigkeit bei Kindern vermeiden kann – Neues von der IDEFICS-Studie.
  56. 56,0 56,1 Stefanie Handl und Christine Iben: Aktuelles zur Adipositas bei Hund und Katze I: Risikofaktoren, assoziierte Erkrankungen und pathophysiologische Hintergründe. In: Kleintierpraxis 57 (2012), S. 196–210.
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