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Artemis (Bordell)

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Einfahrt zum Artemis in der Halenseestraße

Das Artemis ist ein FKK- und Sauna-Club im Berliner Ortsteil Halensee. Mit einer Fläche von rund 3000 m² ist es das größte Bordell in Berlin; darüber hinaus gilt es als eines der größten Bordelle in Deutschland. Ähnlich wie das Pascha in Köln oder das Paradise in Stuttgart erhielt auch das Artemis Aufmerksamkeit in nationalen und internationalen Medien.

Geschichte

Das Artemis befindet sich in der Halenseestraße am westlichen Ende des Kurfürstendamms in einem Industriegebiet in Halensee. Es liegt direkt an der S-Bahn-Station Westkreuz und rund 500 Meter südlich vom ICC. Das ehemalige Lagerhaus wurde von dem türkischstämmigen Geschäftsmann Hakim Şimşek, einem zuvor im Bereich Spielcasinos tätigen Investor, für etwa fünf Millionen Euro erworben und umgestaltet.[1] Als Geschäftsführer fungierte sein Bruder Kenan Şimşek. Die Eröffnung als „FKK- und Saunaclub“ erfolgte im September 2005. Ungeachtet vereinzelter kritischer Stimmen seitens bezirklicher Behördenvertreter erhob auch das Bauamt Charlottenburg keine Einwände.[1] Gegenüber der türkischen Zeitung Hürriyet charakterisierte Kenan Şimşek das Artemis als „Familienbetrieb“; das Budget für Werbung bezifferte er mit 500.000 Euro, wobei die TV-Werbung in 24 Ländern ausgestrahlt werde.[2] Die durchschnittliche Besucheranzahl 2006 lag laut Angaben von Artemis-Pressesprecher Egbert Krumeich bei rund 250 am Tag – wobei man eine größere Anzahl anstrebe.[3] Zum Teil über die Landesgrenzen hinausgehende Medienberichterstattung erhielt das Artemis im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. So funktionierte der Club während der WM eines seiner Sexkinos für WM-Fernsehübertragungen um. Laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kam der Club während der WM teilweise an den Rand seiner räumlichen Kapazitäten.[4]

In der Berliner Öffentlichkeit profilierte sich das Artemis unter anderem durch seine offensiven Werbemaßnahmen. Neben Bannerwerbung bei Hertha-BSC-Heimspielen sowie Taxiwerbung schaltete der Club auch Werbung auf städtischen Doppeldeckerbussen.[5] Nach Beschwerden im Hinblick auf den Jugendschutz entschied sich die BVG 2013, die Werbeverträge mit dem Artemis nicht zu verlängern.[6] In der lokalen Berichterstattung von sich reden machte das Artemis 2012 durch eine mit Schusswaffengebrauch verbundene Auseinandersetzung vor dem Club 2012 sowie Meldungen über einen geplanten Ableger in der Nähe des neuen Flughafens Schönefeld.[7][5] Für überregionale Aufmerksamkeit sorgte im Dezember 2013 eine Aktion von Aktivistinnen der feministischen Gruppe Femen, die sich gegen die Vermarktung von Frauen als Sexware richtete, und bei der sich die Aktivistinnen nackt vor dem Eingangsbereich des Artemis anketteten.[8]

Konzept

Das dreigeschossige Gebäude beherbergt einen Swimmingpool, drei Saunen (Bio-Sauna, Finnische Sauna und Hamam) sowie zwei Kinos. Es bietet Platz für 70 Prostituierte und 600 Freier. Das Artemis wird als FKK- und Saunaclub betrieben. Ähnlich wie in anderen derartigen Bordellen in Deutschland bezahlen sowohl die Prostituierten als auch die Freier ein Eintrittsgeld, um die Örtlichkeiten uneingeschränkt nutzen zu können. An einem durchschnittlichen Abend arbeiten rund 40 Frauen im Artemis. Deren Bezahlung erfolgt in der Regel nach dem Akt. Die Frauen arbeiten formal als freiberuflich tätige Selbständige.[1] Die auf der Club-Webseite aufgeführten sexuellen Dienstleistungen, vorgegebene Preisrahmen für Standard- und Extradienstleistungen sowie clubseitig festgelegte Dresscodes im Bereich Outfit (Dessous, High Heels usw.) sind de facto allerdings Vorgaben; hinzu kommen organisatorische Einschränkungen aufgrund von Anwesenheitszeiten und Schichtplänen (tagsüber und abends).

Die Kundschaft des Clubs ist stark international geprägt. Dasselbe gilt für die Frauen, die dort als Prostituierte arbeiten. Zusätzlich zu den Prostituierten arbeiten im Artemis mehrere Dutzend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Service-, Reinigungs- und Cateringbereich. Die Prostituierten können zusätzlich ein Zimmer anmieten, um dort zu leben. Das dritte Geschoss des Gebäudes ist nur für die dort arbeitenden Frauen zugänglich, Besuchern ist der Zutritt nicht gestattet.

Gesellschaftliche Wahrnehmung und Kritik

Aufgrund seiner exponierten Stellung als international frequentiertes Großbordell und der hauptstädtischen Lage war und ist auch die Medienresonanz auf das Artemis überdurchschnittlich hoch. Unterschiedlich bewertet wurden zum einen die Arbeitsbedingungen der dort arbeitenden Frauen sowie das Geschäftskonzept FKK-Club allgemein. Die Juristin Rahel Gugel führte in ihrer Dissertation zum aktuellen Prostitutionsgesetz als Ursache für den Erfolg von Artemis, Pascha oder dem Collosseum in Augsburg vor allem die ökonomische Effizienz derartiger Großeinrichtungen: „Der äußerliche Charakter der Großbordelle ähnelt dem eines Wellnessbetriebs mit Sauna, Schwimmbad, Whirlpool u. a. Sie werden mit hohen Investitionen aufwendig, oftmals luxuriös eingerichtet und dienen der Gewinnmaximierung zugunsten der Betreiber. Die Neuausrichtung dieser Bordelle bezweckt, den Einrichtungen den Charakter des klassischen Bordells zu nehmen und so neue Kundenschichten zu erschließen.“[9]

In den Blickpunkt geriet das Artemis auch im Hinblick auf die Diskussion der Arbeitsbedingungen, denen frei arbeitende Prostituierte nach der Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes 2002 unterliegen. Katarina Cetin von der Prostituiertenselbsthilfegruppe Hydra etwa lobte in einer Stellungnahme 2005 vor allem die hohen Hygienestandards des Clubs. Als positiv bewertete Cetin auch das allgemeine Arbeitsambiente sowie den Umstand, dass kein Alkohol ausgeschenkt wird. Allerdings verband sie ihre Aussagen mit der Einschränkung, dass es noch zu früh sei, die Arbeitsbedingungen konkret zu beurteilen.[10] Der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen hingegen befürchtete nach der Eröffnung des Artemis einen Verdrängungswettkampf. Die Prostituierten-Aktivistin Stephanie Klee sah die Existenz von über 850 Kleinbordellen und Erotik-Salons bedroht und kritisierte in einem Statement die „Geiz-ist-Geil“-Haltung, die im Gewerbe immer mehr überhand nehme. Kritisch bewerteten Huren-Selbsthilfeorganisationen 2007 auch das Vorgehen städtischer Behörden gegen Prostituierte – ein Zusammenhang, in dem das Artemis ebenfalls aufgeführt wurde. Razzien im mehreren hundert Berliner Wohnungsbordellen hatten bei Betroffenen den Verdacht verstärkt, die städtischen Behörden wollten frei arbeitende Prostituierte in überschaubare Großbordelle wie das Artemis abdrängen. Hintergrund war ein verstärkter, unter anderem vom damaligen Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin befürworteter Steuerdruck sowie strittige Auslegungen in Bezug auf die Steuerpauschalen, die Prostituierte gemäß dem Düsseldorfer Modell vorzuentrichten haben.[11]

Veranlasst durch die gesellschaftliche Debatte über das Für und Wider der Prostitution sowie spezielle Aspekte wie Menschenhandel und Zwangsprostitution geriet das Artemis periodisch ebenfalls in die Kritik. So führte etwa die Zeitschrift Emma im Zug ihres 2013 gestarteten Appells gegen Prostitution das Artemis namentlich auf. Ebenso wie das Paradise und das Pascha, so Emma, gehöre auch das Artemis zu jenen Großbordell-Einrichtungen, die die Hemmschwelle von Freiern weiter absenken würden.[12] Eine ähnliche Richtung verfolgte auch die Aktion von Femen Deutschland, die im Dezember 2013 mit einer Ankettaktion vor dem Artemis gegen Frauenkauf beziehungsweise die Behandlung von Frauen als Ware protestierten. Die Femen-Aktivistinnen befürworteten Gesetze zur Bestrafung von Freiern wie 2013 in Frankreich verabschiedet und forderten ähnlich eingreifende Maßnahmen auch in Deutschland. Im dazugehörigen Artikel auf ihrer Webseite schreibt Femen unter anderem, im Artemis herrsche Pflicht zum Oralverkehr ohne Kondom. Frauen, die sich ansteckten, müssten das Bordell verlassen.[13] Laut FAZ hat Thomas Brussig bereits in seinem 2007 erschienenen Buch Berliner Orgie über das Artemis berichtet: beim Oralverkehr werde „sogar aufs Kondom verzichtet“.[14] Eine Berliner Prostituierte sagte 2007 gegenüber der Tageszeitung, die Arbeitsbedingungen im Artemis hätten die Standards der Berliner Prostituierten unterhöhlt: „Nacktgebot, Zungenküsse, Französisch ohne – also Oralverkehr ohne Kondom – alles ein Muss.“[15] Abseits ereignisbezogener Berichterstattung wird das Artemis zumeist als überdurchschnittlich dienstleistungs- und kundenorientiertes, modernes Rotlicht-Etablissement charakterisiert. Der Autor Damien McGuiness hob in einem Artikel für die internationale Ausgabe von Spiegel Online die internationale Frequentierung hervor und setzte den aus der griechischen Mythologie abgeleiteten Namen in Kontrast zu dem eher funktionalen, an Las Vegas erinnernden Interieur.[10] Eine enthusiastische Kritik schrieb der Autor Thomas Brussig in seiner Milieureportage Berliner Orgie. Positiv hob Brussig neben der Sauberkeit vor allem die angenehm entspannte Atmosphäre hervor. Die im Artemis arbeitenden, aus unterschiedlichen Ländern kommenden Frauen charakterisierte Brussig überwiegend als sympathisch.[16] Ein insgesamt positives Bild vermittelte auch ein 2011 erschienener Artikel in der tageszeitung. Die Managerin des Artemis, früher selbst im Sexgewerbe aktiv, zog einen Vergleich mit früheren Arbeitsstätten und charakterisierte die Arbeit im Artemis mit den Worten: „Im Vergleich zu anderen ist das, was wie hier machen, natürlich Blümchensex.“[17]

Sonstiges

Im Bezug auf Menschenhandel, Zuhälterei und andere kriminelle Aktivitäten schätzt die Berliner Polizei das Artemis vergleichsweise positiv ein; der Club zähle, so ein Polizeisprecher als Reaktion auf entsprechende Befürchtungen im Umfeld der Fußball-WM 2006, nicht zu den „Problemfällen“. Auch in sozialer und karitativer Hinsicht strebt das Artemis eine angenehme Außenwahrnehmung an. So entrichtete der Club regelmäßig Spenden an die Berliner Tafel, andere wohltätige Brennpunkt-Organisationen sowie das Obdachlosenmagazin Straßenfeger.[18] Darüber hinaus bietet das Artemis ein- bis zweimal in der Woche ermäßigte, auf die Hälfte reduzierte Eintrittspreise für Rentner an.[17][19]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Frank Junghänel: Im Gewerbegebiet. In: Berliner Zeitung, 10. November 2005
  2. Berlin: Deutsch-Türke leitet eines der größten Sauna-Clubs Deutschlands. In: Deutsch Türkische Nachrichten, 14. November 2013
  3. Mark Landler: World Cup Brings Little Pleasure to German Brothels. In: New York Times, 3. Juli 2006 (engl.)
  4. Julia Schaaf: Prostitution: Weltmeister in käuflichem Sex. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Juni 2006
  5. 5,0 5,1 Timo Kather: Neuer BER-Nachbar: Großbordell am Großflughafen. In: Der Tagesspiegel, 26. April 2013 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „tagesspiegel“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  6. BVG: Schluss mit der Bordell-Werbung. In: B.Z., 19. August 2013
  7. Streit um Rechnung: Männer fliehen nach Schüssen im Berliner Bordell Artemis. In: Berliner Morgenpost, 17. August 2012
  8. Diese Frauen liegen in Ketten!. In: Emma, 1. Dezember 2013
  9. Rahel Gugel: Das Spannungsverhältnis zwischen Prostitutionsgesetz und Art. 3 II Grundgesetz: eine rechtspolitische Untersuchung. LIT Verlag Münster, 2011, ISBN 978-3-643-11064-0, Seite 54
  10. 10,0 10,1 Damien McGuiness: World Cup: Soccer Fans Will Get a Kick out of Berlin's Latest Brothel. In: Spiegel Online International, 23. September 2005 (engl.)
  11. Hannes Heine: Steuerprüfung auf dem Strich. In: Potsdamer Neueste Nachrichten, 19. Mai 2007
  12. Chantal Louis: Deutschlands Sonderweg. In: Emma, 1. Oktober 2012
  13. Am 27.11.2013 stürmen FEMEN Aktivistinnen das größte Bordell Berlins: Germany is not a brothel! Berlin prostituiert sich! Bei: femengermany.com, abgerufen am 6. Januar 2014
  14. Johanna Adorján: Thomas Brussigs Bordelltest. Das kostet extra. Bei: FAZ.net. Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Mai 2007, Nr. 116 / Seite 41
  15. Waltraud Schwab: Sex und Gesetz. Bei: taz.de, 26. April 2007
  16. Thomas Brussig: Berliner Orgie. Piper, München 2007, ISBN 978-3-492-05037-1, S. 92 ff.
  17. 17,0 17,1 In Badeschlappen durchs wilde Amazonien. In: die tageszeitung, 21. September 2011
  18. Tuff Tuff Tuff, wir fahren in den „Puff“… In: Straßenfeger, Ausgabe 1 / Januar 2007
  19. Stefano Vastano: Mondo: Eros alle berlinese. In: L’espresso, 24. Juli 2007
52.499513.282388888889
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