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Ernst Kantorowicz (Sozialpädagoge)

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Ernst Kantorowicz (auch: Ernst Kantorowitz;[1] geboren 16. September 1892 in Forst (Lausitz); gestorben 1944 im Konzentrationslager Auschwitz) war ein deutscher Jurist, Kommunalbeamter, Hochschullehrer, Pionier der Erwachsenenbildung und Opfer des Nationalsozialismus.[2]

Leben

Ernst Kantorowicz wurde als Sohn eines jüdischen Arztes geboren. Mit seiner Familie übersiedelte er als Kleinkind 1894 nach Hannover, wo er bis zu seinem Abitur lebte.[3]

Kantorowicz studierte Rechtswissenschaften in Lausanne an der dortigen Universität sowie in Berlin und in Heidelberg an der Ruprecht-Karls-Universität. 1917 schloss er seine Studien mit der Promotion[3] in Göttingen an der Georg-August-Universität zum Thema Methodologische Studie über den Zugangsbegriff (§ 130 BGB) ab.[1]

Kantorowicz kehrte 1919 für kurze Zeit nach Hannover zurück und war dort „[...] vermutlich Mitglied eines sogenannten Rates geistiger Arbeiter“. Im Februar desselben Jahres veröffentlichte er seine Bemerkungen über das öffentliche Musikleben Hannovers in der Zeitschrift Das Hohe Ufer,[3] ein spätexpressionistisches Monatsblatt, das im Umfeld der Kestnergesellschaft durch Ludwig Ey verlegt und von Hans Kaiser herausgegeben wurde.[4]

Von 1920 bis 1930 wirkte Ernst Kantorowicz als Assessor des Magistrats in Kiel, leitete dort unter anderem das Jugendamt sowie die Kieler Volkshochschule. 1930 zog er nach Frankfurt am Main um, wo er am Berufspädagogischen Institut Frankfurt am Main als Professor für Staatsbürgerkunde und Sozialwissenschaften lehrte. Zu dieser Zeit wurde Kantorowicz Mitglied der SPD.[3]

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde Ernst Kantorowicz aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums bereits im April 1933 seiner Frankfurter Ämter enthoben.[3]

Während der Novemberpogrome 1938 wurde Kantorowicz zum ersten Mal verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Nachdem seiner Entlassung emigrierte er in die Niederlande.[3] Laut dem Deutschen Reichsanzeiger wurde er am 15. April 1940 ausgebürgert.[5]

In den Niederlanden wurde Ernst Kantorowicz 1940 in Amsterdam ein weiteres Mal verhaftet und dann über das KZ Bergen-Belsen in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Dort weigerte er sich, an einer Selektion von Juden teilzunehmen, die für die Deportation in das KZ Auschwitz bestimmt worden waren. Aus diesem Grunde wurde Ernst Kantorowicz im Herbst 1944 selbst nach Auschwitz deportiert, wo er wenig später ermordet wurde.[3]

Schriften (Auswahl)

  • Methodologische Studie über den Zugangsbegriff (§ 130 BGB) (in Frakturschrift), juristische Dissertation an der Universität Göttingen, Hannover: Helwingsche Verlagsbuchhandlung, 1917; Inhaltsverzeichnis
  • Bemerkungen über das öffentliche Musikleben Hannovers, in: Hans Kaiser (Hrsg.): Das Hohe Ufer, Hannover: Verlag Ludwig Ey, Ausgabe Februar 1919
  • Leitfaden für Jugendämter und Jugendschöffen in der Jugendgerichtshilfe, hrsg. im Auftrag des Provinz Wohlfahrtsamtes für die Provinz Schleswig-Holstein von Em. Altenloh, Meldorf in Holstein: Argelaudersche Verlagshandlung, 1923
  • Leitfaden für Jugendschöffen ( = Schriftenreihe der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, Heft 7), 3., überarbeitet und ergänzte Auflage, Berlin: Herbig Verlag, 1931

Literatur

  • Gustav Radbruch: Den Unvergessenen. Opfer des Wahns 1933 bis 1945, Heidelberg: Schneider Verlag, 1952, S. 76–80
  • Ines Katenhusen: Kunst und Politik. Hannovers Auseinandersetzungen mit der Moderne in der Weimarer Republik, zugleich Dissertation an der Universität Hannover unter dem Titel Das Verständnis für eine Zeit gewinnt man vielleicht am besten aus ihrer Kunst, in der Reihe Hannoversche Studien, Schriftenreihe des Stadtarchivs Hannover, Band 5, Hannover: Hahnsche Verlagsbuchhandlung, 1998, ISBN 3-7752-4955-9, S. 578ff.
  • Silke van Dyk, Alexandra Schauer: Ernst Kantorowitz, in dies.: ... »daß die offizielle Soziologie versagt hat.« Zur Soziologie im Nationalsozialismus, der Geschichte ihrer Aufarbeitung und der Rolle der DGS ( = Jahrbuch für Soziologiegeschichte), mit dem Abdruck einer Porträt-Fotografie des Juristen, hrsg. von der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, 2., überarbeitete und ergänzte Auflage, Wiesbaden: Springer VS, 2015, ISBN 978-3-658-06636-9, S. 113; online über Google-Bücher

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Vergleiche die Angaben nebst Querverweisen unter der GND-Nummer der Deutschen Nationalbibliothek
  2. Anne May (Verantw.): Kantorowicz, Ernst in der Datenbank Niedersächsische Personen (Neueingabe erforderlich) der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, zuletzt abgerufen am 7. Oktober 2016
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 Hugo Thielen: Kantorowicz, Ernst, in: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 192
  4. Ines Katenhusen: Hohe Ufer - Das H. U., in: Stadtlexikon Hannover, S. 305
  5. Siegfried Rambaum: Namensextrakt der Personen mit Geburtsorten in der Neumark (oder nahege- legenen Orten außerhalb davon) aus "Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933-45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen - Expatria- tion Lists as Published in the Reichsanzeiger 1933-45" München, New York, London, Paris; 1985; Transliteration auf der Seite des Vereins für Computergenealogie
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ernst Kantorowicz (Sozialpädagoge) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.