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Geschichte der Ukraine während des Zweiten Weltkriegs

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Datei:Ukrainian SSR 1940.jpg
Ukrainische SSR im Jahr 1940, nach der sowjetischen Besetzung von Teilen Polens und Rumäniens und vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion

Die Geschichte der Ukraine während des Zweiten Weltkriegs beschreibt insbesondere den Zeitraum der Geschichte der Ukraine ab dem 1. September 1939, als mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg begann, bis zur frühen Nachkriegszeit. Die sowjetische Besetzung Ostpolens ab 17. September 1939 führte zur Aufteilung Polens zwischen den beiden Staaten, die bereits in geheimen Zusatzprotokollen des Molotow-Ribbentrop-Paktes vorgesehen war.

Vorgeschichte

Die Ukrainische SSR, die den Hauptteil der heutigen unabhängigen Ukraine ausmacht, wurde 1922 anlässlich der Gründung der Sowjetunion gegründet. Zuvor bestand nach Ende des Ersten Weltkrieges kurzfristig die Westukrainische Volksrepublik mit insgesamt ukrainischer Bevölkerungsmehrheit. Daneben enthält die gegenwärtige Ukraine auch Bestandteile aus Staatsgebieten der ehemaligen Tschechoslowakei, Rumäniens und Polens.[1] Die heutige Ausdehnung sollte die Ukraine erst nach dem Zweiten Weltkrieg erlangen.

In diesem Kontext ist auch der Kollaborationswille mit den Deutschen zu sehen. Streng genommen darf dieser Begriff nicht nur für die Unterstützung der deutschen Besatzer verwendet werden, denn die Sowjetunion wurde, zumindest in den westlichen Teilen, ebenso als fremd betrachtet. Der Begriff „Kollaboration“ ist an sich schon schwierig zu definieren bzw. anzuwenden, genauso auch wie Widerstand, denn dieser konnte sich sowohl gegen die Deutschen, als auch gegen die Sowjetunion richten.

In Polen fanden die Ukrainer, denen 1931 offiziell 13,9 % der Bevölkerung angehörten,[2] Zugang zur Demokratie und somit zur Herausbildung von Gruppierungen, die ihr Vorgehen koordinieren konnte, womit auch deren Ziele definiert wurden. Ein Beispiel dafür ist die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), die aus der 1920 gegründeten Ukrainischen Militärischen Organisation (UVO) und einem Bund der Ukrainischen Nationalistischen Jugend 1929 in Wien hervorgegangen war.[3] Diese ist deswegen erwähnenswert, weil diese Partei für den Widerstand gegen die Politik Polens einerseits steht, aber auch in der Zeit des Zweiten Weltkrieges bedeutsam war.

Auf höchster Ebene konnte zwar ab 1926 eine Annäherung erfolgen, hingegen in Galizien trat eine Radikalisierung ein, wodurch circa 250.000 Ukrainer vorrangig nach Übersee auswanderten.[4] In dieser Zeit wurde der Nationalismus immer stärker und die eben genannten Organisationen gewannen durch den Zulauf von Jugendlichen an Bedeutung und Stärke. Dies äußerte sich auch in terroristischen Anschlägen auf polnisches Gut sowie ranghoher Politiker und sich mitunter in Gewalt und Gegengewalt hochschaukelte.[5] Einzelne Pogrome legten in der Zwischenkriegszeit den Boden für den Holocaust im Zweiten Weltkrieg.

In Rumänien wurden Organisationen und Zeitungen der Ukrainer verboten und eine Assimilierungspolitik betrieben, womit das Leben der nationalen Minderheiten denen in Polen ähnelte. Hingegen in der Tschechoslowakei wurde der Karpato-Ukraine Autonomie garantiert, womit auch die ukrainische Kultur profitieren konnte. Bei der Zerschlagung der Tschechoslowakei 1938/39 erlangte dieses Gebiet nicht die gewünschte Unabhängigkeit, sondern wurde unter ungarische Verwaltung gestellt.[2]

Zweiter Weltkrieg

Die Ukraine war neben Weißrussland und dem Baltikum einer der Hauptkriegsschauplätze des Zweiten Weltkrieges, wovon Millionen von Toten und verwüstete Landstriche Zeugnis geben. Die Kämpfe spielten sich zwischen den regulären Truppen der Roten Armee und der deutschen Wehrmacht sowie deren Verbündeten ab, wobei auch Waffen-SS-Verbände und Partisanen einbezogen waren.

Der Generalplan Ost, der vorsah, in der Ukraine 20 Millionen Deutsche anzusiedeln, wurde letzten Endes nicht verwirklicht.

Widerstand allgemein

Der Widerstand in der Ukraine richtete sich während des Zweiten Weltkrieges, in der historischen bzw. zeitlichen Abfolge, gegen Polen, Kommunisten bzw. die Rote Armee und/oder die Deutschen. Dabei kam es zu teilweise eigenartigen Bündnissen, wobei einzelne Organisationen schließlich zeitlich parallel gegen alle, also Russen, Polen und Deutsche, vorgingen.[6]

Widerstand gegen die Sowjetunion

Bereits im Oktober 1939, also unmittelbar nach der Eroberung der westukrainischen Gebiete, wurden Volksabstimmungen abgehalten. Eine „gewählte“ „Westukrainische Nationalversammlung“ erbat den Beitritt zur UdSSR, was schließlich mittels Gesetz beschlossen wurde. Dieses sollte auch die Rechtsgrundlage für die spätere Annexion 1944 darstellen.[7]

Die sowjetische Herrschaft wurde von der ukrainischen Bevölkerung im Laufe des Jahres 1940 zunehmend als Belastung empfunden. Die Kollektivierung der Landwirtschaft führte zum Widerstand der sogenannten Kulaken, die „Entkulakisierung“ forderte Hunderttausende von Menschenleben.[8] Weitere sowjetische Aktionen waren Verbote ukrainischer Organisationen, zahlreiche Deportationen, die schätzungsweise zwischen 125.000 und 150.000 Menschen betrafen, sowie Massenerschießungen. Dies schürte den Hass sowie den Widerstandswillen weiter.

Bis Ende 1939 entschlossen sich circa 30.000 Ukrainer, die antisowjetisch eingestellt waren, zur Flucht in die von den Deutschen besetzten Gebiete.[7]

In den übrigen Teilen des Landes hoffte die ukrainische Bevölkerung, auch aufgrund des Bürgerkriegs und darauf folgenden stalinistischen Terrors, auf eine Besserung der Situation und Befreiung von der sowjetischen Herrschaft bzw. der polnischen Bevormundung. Dies führte zu grundlegender Sympathie gegenüber dem Deutschen Reich.[9]

Die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN)[8] kämpfte trotz ihrer Aufspaltung in „Melnykisten“ und „Banderisten“ von Beginn weg gegen die Sowjetunion, die Ukrainische Aufständische Armee der „Banderisten“ bekämpfte auch die Polnische Heimatarmee. Die beiden Gruppierungen der OUN wirkten 1941 an der Seite von Wehrmacht-Truppen beim Angriff auf die Sowjetunion mit und marschierten in den sowjetischen Teil der Ukraine ein.[10]

Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion ab Juni 1941 wurden die Wolgadeutschen und etwa ein Viertel der Schwarzmeerdeutschen, die sich im „alten“ Herrschaftsgebiet befanden, durch Stalin weiter ins Landesinnere deportiert. Circa 300.000 so genannte Ukrainedeutsche blieben zurück. Sie begrüßten mehrheitlich den Einmarsch deutscher Truppen. Einige von ihnen wurden von deutschen Behörden eingestellt, einige von ihnen traten der Wehrmacht oder der SS bei und beteiligten sich an Massenermordungen von Juden. Beim Rückzug der Wehrmacht mussten auch sie fliehen, wurden aber großteils von der Roten Armee eingeholt und schließlich in andere Teile der Sowjetunion deportiert.[11]

Die Zeit unter deutscher Besatzung

Mit dem schnellen Vordringen der deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion 1941 wurde auch der Wunsch nach Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit der Ukraine bestärkt. Viele sahen nun diesen Zeitpunkt gekommen, womit bereits am 30. Juni in Lemberg ein eigener Staat durch Mitglieder der OUN, allen voran Stepan Bandera und Jaroslaw Stezko, proklamiert wurde. Dies sollte jedoch nicht von deutscher Seite aus toleriert bleiben, womit diese Begründer wenige Tage später verhaftet und in das KZ Sachsenhausen deportiert wurden.[10]

Der deutsche Einmarsch hatte für die meisten Ukrainer sogar eine Schlechterstellung im Vergleich zur sowjetischen Herrschaft zur Folge, worauf der Widerstandswille der Bevölkerung auch gegen die deutsche Besatzungsmacht geweckt wurde.

Die Gebiete mit ukrainischer Bevölkerung wurden in einzelne Verwaltungsbezirke mit unterschiedlicher Herrschaftsausübung aufgeteilt. Galizien wurde ein Teil des Generalgouvernements, die Bukowina, Bessarabien, Transnistrien[9] sowie das Gebiet zwischen Dnjestr und dem südlichen Bug inklusive Odessa (als „Transnistria“ bezeichnet) rumänisch[12] und schließlich wurde für den Rest ein eigenes Reichskommissariat Ukraine[9] geschaffen, welches von Erich Koch gemeinsam mit Ostpreußen geführt wurde. Die östlichsten frontnahen Gebiete wurden vom deutschen Militär direkt verwaltet.[12]

Vor allem in den ersten Monaten, bereits nach dem Abzug der Roten Armee 1941, nahmen viele Ukrainer als Hilfspolizisten oder weil diese aufgehetzt wurden, auch an den Pogromen gegen Juden Teil.[13] Nach dem Einmarsch der SS und der Sicherheitspolizei erfolgte eine planmäßige Tötung mit ukrainischer Hilfe. Das erste größere Pogrom fand bereits im Sommer mit geschätzten 5.000 ermordeten Juden in Lemberg statt.[14] Beim Massaker von Babyn Jar in Kiew am 29./30. September 1941 wurden über 30.000 Juden ermordet.[15]

Die SS, welche sogleich hinter der vorrückenden Wehrmacht und somit in relativer Frontnähe agierte, hatte den Auftrag, nach jeder eroberten Ansiedlung die jüdischen Bewohner zu selektieren und möglichst zu liquidieren. Bereits nach wenigen Monaten waren schätzungsweise ungefähr 850.000 Juden ermordet worden.[14]

Auch Mitglieder der OUN beteiligten sich an solchen Aktionen.[13] In Galizien war die Beteiligung von Ukrainern am Holocaust bis zum Ende deutlich höher als im Osten. Hierbei erwähnenswert, dass allein 1943 circa 80.000 Ukrainer als Freiwillige angeworben wurden, wobei 17.000 in der SS-Division „Galizien“ für die Deutschen kämpften.[6]

Dieser Antisemitismus sowie die Abneigung gegenüber den Polen hatten seit dem Chmelnyzkyj-Aufstand um 1650 eine jahrhundertelange Tradition, was die Kollaboration in Form von Aktionen gegen Polen und Juden förderte. Gewisse scheinbare Autonomie, zumindest Verwaltung und Rechtsprechung, gab es unter dem Ukrainischen Zentralkomitee, welches 1940 in Krakau gegründet wurde und für die Ukrainer in Ostpolen zuständig war.[16] Dieser Antisemitismus wurde nicht nur von den Ukrainern ausgelebt, sondern ebenso von der Sowjetunion, die auch Judendeportationen vornahm.[14]

Mit der Eroberung der Ukraine durch das Deutsche Reich begann die Ausbeutung und Unterdrückung der Bevölkerung durch die Deutschen und deren Verbündete. Die Ukraine hatte den Status einer Kolonie, die Produkte aus der Landwirtschaft (u. a. Getreide, Fleisch, Vieh) ins Dritte Reich zu liefern hatte.[17] Hierbei spielte auch die Differenzierung und Einteilung nach den Nürnberger Rassengesetzen, wonach Slawen „Untermenschen“ seien, eine gewichtige Rolle. Zahlreiche ukrainische Kriegsgefangene starben in deutscher Gefangenschaft, meist durch Hunger, Seuchen und Misshandlungen.[15]

Während der Besatzung der Ukraine durch die Deutschen wurden ebenso über eine Million Ukrainer zur Zwangsarbeit ins Reich verfrachtet[15] und waren als Industrie- oder Landarbeiter tätig.[14] Diese Transporte wurden sogar noch während des Rückzugs der deutschen Wehrmacht durchgeführt.[18]

Diese Maßnahmen, die die Deutschen gesetzt hatten, schürten den Widerstandswillen der Ukrainer, worauf 1942 die Ukrainische Aufstandsarmee (UPA) gegründet wurde, die bis um 1956 Bestand hatte. Sie führte einen Partisanenkrieg in Polesien und Wolhynien[19] gegen Polen, Sowjetunion sowie Deutschland. 1943/44 verstärkte sich der Abwehrkampf und es bildete sich eine breite Partisanenbewegung heraus, die offen gegen die deutschen Besatzer ankämpften: Jedoch war der Widerstand in sich keineswegs geeint, sondern es gab neben den national ukrainisch Gesinnten ebenso Kommunisten, die wiederum im Westen keine Unterstützung fanden.[9] Schließlich sollte die UPA auch nach dem Zweiten Weltkrieg gegen die Sowjetunion bis in die 1950er Jahre kämpfen.[20]

Im Osten arbeiteten die Partisanen auch mit der Roten Armee zusammen, aber unter den Widerstandskämpfern, die mit dem Kommunismus sympathisierten, waren neben Russen und Weißrussen deutlich weniger Ukrainer zu finden. Diese konstituierten sich 1944 in von UPA-Anführern gegründeten „Obersten ukrainischen Befreiungsrat“.[19]

Deportationen

Deportationen betrafen einige nationale Ethnien und umfassten sowohl Juden, Ukrainer, aber auch Deutsche und in späterer Folge ebenso zahlreich Polen. Dadurch war auf diesem Gebiet eine starke Fluktuation gegeben.

Die Haager Landkriegsordnung von 1907 legt in Artikel 46 fest, dass die Okkupanten verpflichtet sind, in den von ihnen besetzten Gebieten, insbesondere die Rechte sowie das Eigentum der Bürger zu schützen, Artikel 50 verbietet Kollektivstrafen. Damit waren Vertreibungen unvereinbar. Aus diesem Grunde wurden auch die von Deutschen durchgeführten Aktionen dieser Art als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.[21]

Die ersten Deportationen betrafen bereits 1939 nach dem fast gleichzeitigen erfolgten Angriff der Sowjetunion auf Polen die neu eroberten Gebiete. Alte Führungsstrukturen wurden aufgelöst oder verboten, deren Vertreter wurden verhaftet sowie in den Osten des Landes verfrachtet. Dies betraf vorrangigerweise Polen, jedoch auch Juden und Ukrainer.[22] Viele sollten in der weiteren Folge des Krieges folgen.

An der Konferenz von Jalta im Februar 1945 wurde die Curzon-Linie als die Westgrenze der Sowjetunion festgelegt und schließlich mit Abänderungen auch nach der Potsdamer Konferenz realisiert. Damit konnte die heutige Grenze der Ukraine entstehen, aber dies diente auch als eine Grundlage für die Deportationen ab 1944.

Umsiedlungen erfolgten in Osteuropa vorrangig aufgrund eines am 8. September 1944 geschlossenen polnisch-sowjetischen Abkommens, womit dies eine Legitimation für die Deportationen darstellen sollte und betraf vor allem Polen und Ukrainer.[23] Hiervon wurde auch zahlreich Gebrauch gemacht und diese „Umsiedlungen“ sind als „ethnische Säuberungen“ zu bezeichnen bzw. betrachten. Im Rahmen der „Westverschiebung Polens“ wurden vorrangig in den Westen des heutigen Polens, wo bis dahin die Deutschen ansässig waren, in etwa eine Million Polen vertrieben. Außerdem wurden etwa eine halbe Million Ukrainer in den ehemals polnischen Gebieten angesiedelt, die aus Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen.[24] Von diesen „Umsiedlungsaktionen“ waren zunächst die Lemken ausgenommen, welches sich jedoch 1947 änderte. Nach einem Anschlag wurden diese aufgrund einer Anordnung in der so genannten „Operation Weichsel[25] in ehemals deutsche Gebiete Polen deportiert und diese Aktion umfasste in etwa 150.000 Personen und entzog den im Untergrund operierenden ukrainischen Partisanen ihren Rückhalt.[26]

Ebenso gab es zwischen 1946 und 1949 einerseits hunderttausende Ukrainer, die nach Sibirien deportiert wurden und andererseits den Beginn einer Einwanderungswelle der Russen.[24]

Im heute gültigen Völkerrecht werden Zwangsumsiedlungen verboten und sind nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei zwingenden militärischen Gründen sowie um die Bevölkerung durch eine Evakuierung zu schützen, vorübergehend gestattet. (Artikel 49 der IV. Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949)[21] Auch aus diesem Grunde sind diese Vertreibungen der Bevölkerung in 1945 ehemals bzw. zukünftigen Gebieten ebenso als völkerrechtswidrig zu betrachten, wenn nicht sogar, da diese, zwar noch in kleineren Ausmaßen, bereits während des Weltkrieges erfolgten, bereits als Kriegsverbrechen anzusehen.

Die Ukraine nach dem Zweiten Weltkrieg

Das Staatsgebiet der heutigen Ukraine wurde bis Oktober 1944 durch die Rote Armee von der deutschen Wehrmacht befreit und erobert,[27] sodass die Konferenz von Jalta im Februar 1945 auf der Halbinsel Krim stattfinden konnte, welche die Neuordnung Europas zum Inhalt hatte. Hierbei wurde wie bei der Konferenz von Teheran im Herbst 1943 und der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 über die Curzon-Linie, die durch die geheimen Zusatzprotokolle des Molotow-Ribbentrop-Abkommens vom August 1939 entstanden war, verhandelt. Letztlich wurde die Westverschiebung Polens mit Abweichungen zur Curzon-Linie in die Tat umgesetzt, womit die heute gültigen Grenzen der Ukraine zu seinen westlichen Nachbarstaaten entstehen konnten. Von dieser Abweichung war auch die Karpato-Ukraine betroffen, die ursprünglich wieder ungarisches Gebiet, aber 1944 erstmals sowjetisches Staatsgebiet wurde. Damit waren erstmals fast alle Ukrainer in einem Staat vereinigt.[28]

Somit wurde in mehreren Konferenzen wie in Teheran, Jalta und schließlich in Potsdam über die zukünftigen Grenzen Deutschlands, aber auch Polens und somit ebenso über das territoriale Schicksal der Ukraine beratschlagt und schlussendlich beschlossen. Die Anerkennung sollte diese jedoch erst später erfahren. Da sich die Verhandlungspartner der Konsequenzen dieser Beschlüsse durchaus bewusst waren, sollten die Ausweisungen in „geregelter und humaner“ Weise durchgeführt werden. Historische Berichte von Augenzeugen, welchen zumeist zweifelsohne Glauben geschenkt werden kann, beweisen, dass diese nicht so abliefen. Eigentlich waren diese Beschlüsse nur eine weitere Legitimation für das sich abzeichnende Unglück, das seine Fortsetzung finden sollte. Aufgrund der geplanten Ausweisungen kam es immer wieder zu Behinderungen der potentiellen Heimkehrer in ihre Heimat durch polnische und sowjetische Behörden[29] und stellt ebenso eine Vertreibung dar.

Sofort nach der Rückeroberung bzw. „Befreiung“ des ukrainischen Gebietes wurde von Seiten der Sowjetunion eine Eingliederung und Gleichschaltung praktiziert, die unter anderem durch eine nach außen hin scheinbare Autonomie hergestellt werden sollte, um die Bevölkerung für sich zu gewinnen, und so wurde die Ukraine neben Weißrussland auch Gründungsmitglied der Vereinten Nationen.[30] Somit wurde die Anzahl der Stimmberechtigten erhöht, die mit ziemlicher Sicherheit loyal an Stalins Seite stehen würden, weil die Außenpolitik weiterhin in der Kompetenz der Sowjetunion verblieb.[31]

Innenpolitisch wurde gegen die national gesinnten Ukrainer, welche Autonomiebestrebungen verfolgten und sich vor allem im Westen des Landes aufhielten sowie gegen die Unierte Kirche, vorgegangen. So wurden Letztere zur Aufkündigung der Anerkennung des Papstes als deren kirchliches Oberhaupt gezwungen. Deren Gläubige unterstanden nunmehr der Russisch-Orthodoxen Kirche, konnten aber weiter im Untergrund operieren.[32]

Neben diesen Maßnahmen, die sich unmittelbar gegen die Bevölkerung richteten, gab es noch ab 1946 Kampagnen des Zentralkomitees gegen den „bürgerlichen ukrainischen Nationalismus“ sowie gegen „die feindliche bürgerlich-nationale Ideologie“. Dies betraf vorrangig die Intellektuellen, also Historiker, Komponisten, Literaturwissenschafter sowie Schriftsteller und gegen diese wurde vorgegangen. Das Ziel dieser Aktionen war die Einschüchterung, Gleichschaltung und teilweise bewusste Inkaufnahme der Vernichtung dieser Bevölkerungsgruppe. So wurden circa 10.000 Angehörige dieser Eliten, die auch Juden betraf, verhaftet und nach Sibirien deportiert. Viele von ihnen fielen den neuerlichen stalinistischen Säuberungen zum Opfer.[33] Ebenso wurde an Stelle des Sowjetpatriotismus ein alleiniger russischer Nationalismus gesetzt, wodurch das im Westen des Landes in der Zwischenkriegszeit langsam herausgebildete ukrainische Nationalbewusstsein nicht Fuß fassen konnte. Dies gipfelte in einer Lobpreisung des „großen russischen Volkes“ und der Unterricht war ausschließlich in der Grundschule ukrainischsprachig.[34]

Als deutlich schwieriger und fühlbar offensichtlicher war der Kampf gegen die Ukrainische Aufständische Armee (UPA), deren Anzahl mehrere Zehntausend Mann umfasste. Diese war auch nach dem Kriegsende weiterhin im Westen des Landes aktiv und verübte Sabotageakte sowie Attentate auf Funktionäre der Sowjetunion, wodurch Tausende zu Tode kamen.[32] Da diese Organisation auf die Hilfe der ukrainischen Zivilbevölkerung zählen konnte, hielt sich der Widerstand in den galizischen und karpatischen Wäldern jahrelang erfolgreich, bis er ab 1948 nachhaltig gebrochen wurde,[32] auch mit Hilfe von „Umsiedlungsaktionen“. So wurden ein Jahr zuvor die Lemken, eine Volksgruppe der in den Karpaten lebenden Ukrainer mit etwa 150.000 Personen, deportiert. Damit war den im Untergrund operierenden ukrainischen Partisanen ein wichtiger Rückhalt entzogen worden.[35] Außerdem fiel 1950 im Widerstandskampf der Kommandeur der UPA Roman Schuchewytsch, womit die Partisanen weiter geschwächt wurden. Dennoch konnten sich die Auseinandersetzungen noch einige Jahre fortsetzen. Somit waren zwar die meisten Ukrainer in einem Staat vereint, aber dennoch nicht frei.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 306–309.
  2. 2,0 2,1 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 206.
  3. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 209.
  4. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 309.
  5. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 213 f.
  6. 6,0 6,1 Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 345.
  7. 7,0 7,1 Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 341.
  8. 8,0 8,1 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 216.
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 Ernst Lüdemann Ukraine. C. H. Beck, München 1995, S. 57.
  10. 10,0 10,1 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 217.
  11. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 220.
  12. 12,0 12,1 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 218.
  13. 13,0 13,1 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 221.
  14. 14,0 14,1 14,2 14,3 Ernst Lüdemann: Ukraine, C. H. Beck, München 1995, S. 58.
  15. 15,0 15,1 15,2 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 219.
  16. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 342.
  17. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 343.
  18. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 223.
  19. 19,0 19,1 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 222.
  20. Ernst Lüdemann: Ukraine, C. H. Beck, München 1995, S. 59.
  21. 21,0 21,1 Alfred-Mauris de Zayas: Anmerkungen zur Vertreibung der Deutschen aus dem Osten, W. Kohlmaier, Stuttgart 1993, S. 212.
  22. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 215.
  23. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 347.
  24. 24,0 24,1 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 224.
  25. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 226.
  26. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 347 f.
  27. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 346.
  28. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 339.
  29. Alfred-Mauris de Zayas: Anmerkungen zur Vertreibung der Deutschen aus dem Osten, W. Kohlmaier, Stuttgart 1993, S. 120.
  30. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 223.
  31. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 348.
  32. 32,0 32,1 32,2 Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 225.
  33. Ernst Lüdemann: Ukraine, C. H. Beck, München 1995, S. 60.
  34. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, C. H. Beck, München 1994, S. 227.
  35. Britta Böhme: „Grenzland zwischen Mythos und Realität – Real- und Ideengeschichte des ukrainischen Territoriums“ Berliner Debatte Wiss.-Verlag, Berlin 1999, S. 347 f.
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