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Max Josef Metzger

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Gedenktafel am Haus Willdenowstraße 8 in Berlin-Wedding

Max Josef Metzger (* 3. Februar 1887 in Schopfheim; † 17. April 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden) war ein katholischer Priester, der wegen seiner pazifistischen Überzeugung vom Volksgerichtshof unter Vorsitz seines Präsidenten Roland Freisler am 14. Oktober 1943 zum Tode verurteilt und nach acht Monaten in der Todeszelle hingerichtet wurde.

Leben

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Max Josef Metzger als Schüler (vorne Mitte). Dahinter links sein Vater.

Max Josef[1] Metzger wurde als erstes von vier Kindern des Realschullehrers Friedrich August Metzger und seiner Ehefrau Anna geboren. Er besuchte die Volksschule und die Realschule in Schopfheim, dann Gymnasien in Donaueschingen, Lörrach und Konstanz. Von 1905 bis 1910 studierte er Philosophie und Theologie in Freiburg im Breisgau und in Freiburg im Üechtland. 1911 wurde er zum Dr. theol. promoviert. Ungeachtet seiner hervorragenden Begabungen schlug er nicht die wissenschaftliche Laufbahn ein, sondern widmete sich der praktischen Tätigkeit. Aufgrund seiner Erfahrungen als Divisionspfarrer im Ersten Weltkrieg wurde er zum radikalen Pazifisten mit internationaler Ausstrahlung und war Mitglied des Internationalen Versöhnungsbundes. Er gründete verschiedene pazifistische Organisationen, darunter den Friedensbund Deutscher Katholiken, den Weltfriedensbund vom Weißen Kreuz und engagierte sich in der überkonfessionellen Una-Sancta-Bewegung sowie für die Plansprache Esperanto und war daneben noch für die Christkönigsgesellschaft, die sich der Trinkerfürsorge widmete, tätig. 1915 war er Generalsekretär des Kreuzbund-Verband abstinenter Katholiken. 1919 war er Mitgründer und später Generalleiter des Säkularinstituts Christkönigs-Institut Meitingen.

Diese vielfältigen und öffentlichkeitswirksamen Tätigkeiten ließen Metzger bald nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten ins Visier der Gestapo geraten. Nach zwei kürzeren Haftaufenthalten vom 23. Januar 1934 bis 26. Januar 1934 und vom 9. November 1939 bis 4. Dezember 1939 wurde er endgültig am 29. Juni 1943 aufgrund des Verrats der Gestapoagentin Dagmar Imgart, die sich als Spitzel in die Una-Sancta-Bewegung eingeschlichen und sein Vertrauen erworben hatte, verhaftet. Er hatte ihr, da sie schwedische Staatsbürgerin war und regelmäßig auch während des Krieges Verwandte in Schweden besuchen durfte, ein an Erzbischof Erling Eidem gerichtetes Memorandum (das Demokratische Manifest) anvertraut, das die künftigen demokratischen Strukturen Deutschlands ausformulierte.[2]

Das Todesurteil

Gedenktafel für Metzger in Magdeburg
Stolperstein für Metzger in Meitingen
Stolperstein, Müllerstraße 161, in Berlin-Wedding

Max Josef Metzger wurde in einem nur siebzig Minuten langen Schauverfahren zum Tode verurteilt. Freisler hatte an jenem Tag in der ihm eigenen Art bereits drei Strafverfahren erledigt. Er lehnte es ab, den Angeklagten anzuhören, weil es ihm unmöglich sei, „die politischen Tiraden Dr. Metzgers“ anzuhören. Als Metzger die Bewegung „Una Sancta“ erwähnte, schrie Freisler: „Una Sancta, Una sancta – una sanctissima – Una – das sind wir, und weiter gibt es nichts!“. Freisler erklärte, eine solche Pestbeule sei auszumerzen und verkündete wenige Minuten später das vorgefasste Todesurteil.[3]

Das auch vom zweiten Berufsrichter, dem Kammergerichtsrat Hans-Joachim Rehse, unterzeichnete Urteil ist durch die Bewertungen, die es bei der Bewältigung nationalsozialistischen Unrechts nach Untergang des Deutschen Reiches erfuhr, bemerkenswert. Zunächst wird Metzgers Demokratisches Manifest mit folgenden Worten kommentiert:

„Es handelt sich also um den Entwurf eines Regierungssystems für Deutschland, das demokratisch-pazifistisch, wehrlos, einer Terrorarmee unserer Feinde unterworfen, kein Einheitsstaat, nicht einmal ein Bundesstaat, sondern nur ein Staatenbund sein soll; also um die Verwirklichung schlimmster Wunschträume unserer Feinde! (…) Ein ganz ungeheuerlicher Gedanke, wie ihn nur ein zutiefst defaitistischer Mensch überhaupt fassen kann. Ein schmachvoll verräterischer Gedanke, wie ihn nur derjenige zu fassen vermag, der unser nationalsozialistisches Deutschland zutiefst haßt.“

Dann machen die Richter deutlich, dass es nicht darum geht, angebliches Unrecht einem bestimmten Straftatbestand zuzuordnen, sondern dass es um die Vernichtung des Gegners unter dem Deckmantel der Justiz geht:

„Denn die ganze Handlungsweise Metzgers ist so ungeheuerlich, daß es gar nicht darauf ankommt, ob sie sich nun juristisch als Hochverrat kennzeichnen läßt (…) oder ob sie juristisch Feindbegünstigung ist (…) – auf das alles kommt es nicht an: denn jeder Volksgenosse weiß, daß ein solches Ausscheren eines einzelnen Deutschen aus unserer Kampffront eine ungeheuerliche Schandtat ist, ein Verrat an unserem Volke, in seinem Kampf um sein Leben, und daß ein solcher Verrat todeswürdig ist; es ist ein Verrat in Richtung auf Hochverrat, ein Verrat in Richtung auf Defaitismus, ein Verrat in Richtung auf Feindbegünstigung, ein Verrat, den unser gesundes Volksempfinden für todeswürdig hält (§ 2 StGB.). Deshalb müßte Metzger wegen dieses gemeinen Volksverrates auch dann zum Tode verurteilt werden (…). Metzger versuchte heute in der Hauptverhandlung darzulegen, daß er doch nur aus guter Vorsorge (…). Aber das ist eben eine ganz andere Welt, eine Welt, die wir nicht verstehen. Und bei uns im Großdeutschen Reich kann jeder nur nach den Grundsätzen verurteilt werden, die bei uns gelten, nach nationalsozialistischen Ansichten, die davon so himmelweit entfernt sind, daß über sie eine Diskussion auf nationalsozialistischer Basis überhaupt nicht möglich ist – und das sind die Ansichten, die Metzgers Handlungsweise zugrunde liegen –, kann, darf und will kein deutsches Gericht berücksichtigen. Jeder muß sich gefallen lassen, nach deutschem, nationalsozialistischem Maßstab gemessen zu werden. Und der sagt eindeutig, daß ein Mann, der so handelt, ein Verräter am eigenen Volk ist.“

Juristische Aufarbeitung nach 1945

Die juristische Aufarbeitung dieses und anderer Unrechtsurteile blieb sehr unvollkommen.

Die Denunziantin wurde 1947 im Rahmen der Entnazifizierung von der Spruchkammer in Gießen als Hauptschuldige zu zehn Jahren Internierungslager verurteilt, jedoch bereits nach drei Jahren entlassen.

Die strafrechtliche Aufarbeitung war unzureichend. Zunächst wurde die genannte Gestapobeamtin im Oktober 1951 durch das Schwurgericht Limburg vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord und zur Freiheitsberaubung freigesprochen. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) dieses Urteil aufgehoben hatte, konnte sich das Schwurgericht Kassel lediglich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten Zuchthaus wegen Freiheitsberaubung verstehen.[4] Es lehnte es ab, das Todesurteil als materiell rechtswidrig zu bezeichnen. Erst auf die erneute Revision erklärte der BGH das Urteil als Terrorurteil, es handele sich um „Rechtsprechung als Terrorinstrument“.

Nachdem Freisler wegen seines vorzeitigen Todes nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte, stand nur noch Hans-Joachim Rehse zur Verfügung. Letztlich ist auch das gegen ihn wegen Rechtsbeugung und anderer Delikte eingeleitete Verfahren gescheitert.

Erst 1997 ist das Todesurteil gegen Max Josef Metzger postum vom Landgericht Berlin aufgehoben worden.

Gedenken

Gedenkstein auf dem nach Max Josef Metzger benannten Platz in Berlin

Die katholische Kirche hat Dr. Max Joseph Metzger als Glaubenszeugen in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen.

Anlässlich der Umbenennung des früheren Courbière-Platzes in Berlin-Wedding im Jahr 1994 enthüllte der Berliner Senat eine Granitstele zu Ehren des Pfarrers mit der Inschrift „Ich habe Gott mein Leben angeboten für den Frieden der Welt.“

Der 17. April wird im Evangelischen Namenkalender[5] als Gedenktag für Metzger geführt.

In Magdeburg, Brandenburg an der Havel, Konstanz, im Freiburger Stadtteil Rieselfeld und in Augsburg wurden Straßen und in Meitingen die Staatliche Realschule nach Max Josef Metzger benannt.

In Lörrach gibt es ein Max-Josef-Metzger-Haus und in seiner Geburtsstadt Schopfheim wurde die Grundschule nach ihm benannt.

In Augsburg findet jedes Jahr am 17. April um 17 Uhr eine Gedenkfeier bei der Max-Josef-Metzger-Stele vor dem Dom statt.

Am 22. September 2016 wurde vor der St.-Joseph-Kirche (Berlin-Wedding), Müllerstraße 161, ein Stolperstein verlegt.

Seligsprechungsverfahren

Am 8. Mai 2006 eröffnete Robert Zollitsch, der Erzbischof von Freiburg, das Seligsprechungsverfahren für Max Josef Metzger, den er als „prophetischen Märtyrer“ bezeichnete.[6] Acht Jahre lang wurden schriftliche Quellen und Zeugenaussagen zu Max Josef Metzger gesammelt. Im März 2014 wurde die Dokumentation der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse übergeben und damit dieser erste Teil des Verfahrens, der „diözesane Informativprozess“, abgeschlossen.[7] 2015 wurde der Seligsprechungsprozess aus Bistumsebene beendet und das Ergebnis mit rund 6000 Seiten Studien und Belegen an die römische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse weitergegeben.[8]

Schriften

  • Memorandum. Metzgers Demokratisches Manifest bei Die Linke Wedding, 16. Februar 2007 (PDF; 9 kB; „Abschrift aus den Akten des Deutschen Bundesarchivs in Berlin, BArch NJ 13512“)

Siehe auch

Literatur

  • Werner Becker: Max Josef Metzger. In: Werner Becker, Bruno Radom (Hrsg.): Ökumenische Menschen. Leipzig 1969, S. 39–59.
  • Klaus Drobisch: Wider den Krieg. Dokumentarbericht über Leben und Sterben des katholischen Geistlichen Dr. Max Josef Metzger. Berlin 1970.
  • Paulus Engelhardt (Hrsg.): Max Josef Metzger: Bruder Paulus. Imba-Verlag, Fribourg 1980, ISBN 3-85740-099-4.
  • Rupert Feneberg & Rainer Öhlschläger (Hrsg.): Max Josef Metzger. Auf dem Weg zu einem Friedenskonzil (= Hohenheimer Protokolle. Bd. 22). Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Stuttgart 1987, ISBN 3-926297-02-6.
  • Emmanuel Maria Heufelder: Dr. Max Josef Metzger. Ein Gedenken zu seinem 80. Geburtstag am 3. Februar 1967. In: Erbe und Auftrag. Jg. 43 (1967), S. 143–146.
  • Benedicta Maria Kempner: Priester vor Hitlers Tribunalen. 2., durchges. und erg. Auflage. Rütten und Loening, München 1967, DNB 457181737, S. 273–289; unveränd. Nachdr. Bertelsmann, München 1996, ISBN 3-570-12292-1.
  • Marianne Möhring: Täter des Wortes. Max Josef Metzger – Leben und Wirken. Meitingen 1966.
  • Marianne Möhring: Metzger, Max Josef. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, S. 255 f. (Onlinefassung).
  • Helmut Moll: Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts. Hrsg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz. Paderborn u. a. 6. erweiterte und neu strukturierte Auflage 2015, ISBN 978-3-506-78080-5, Band I, S. 274– 277.
  • Hugo Ott: Dokumentation zur Verurteilung des Freiburger Diözesanpriesters Dr. Max Josef Metzger und zur Stellungnahme des Freiburger Erzbischofs Dr. Conrad Gröber. In: Freiburger Diözesan Archiv Bd. 90 (1970)
  • Michael Plathow: Metzger, Max Josef. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 1399–1401..
  • Dagmar Pöpping: Abendland. Christliche Akademiker und die Utopie der Antimoderne 1900–1945. Metropol, Berlin 2002, S. 187–199.
  • Stadt Schopfheim (Hrsg.): Für den Frieden der Welt und die Einheit der Kirche. (Begleitbuch zur Ausstellung Dr. Max Josef Metzger). Textredaktion: Klaus Schubring. Druckerei Rünzi, Schopfheim-Fahrnau 1987, ISBN 3-926431-00-8.
  • Lilian Stevenson: Max Joseph Metzger, Priest and Martyr 1887–1944 with a selection from his letters and poems written in prison. SPCK, London 1952.
  • Leonard Swidler: Bloodwitness for peace and unity: the life of Max Josef Metzger. Philadelphia 1977.

Weblinks

 Commons: Max Josef Metzger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. „Statt des F am Ende dieses Namens zunächst mit PH geschrieben.“ Meinulf Barbers: Max Josef Metzger (hingerichtet am 17. April 1944). Vorkämpfer für Frieden, Versöhnung und die Einheit der Christen – und Quickborner (PDF; 892 kB). In: Burgzeitung. Hrsg. von Quickborn Arbeitskreis. 1/[20]14, S. 39–43, hier: S. 39 Anm. 1 (ausführliche Kurzbiografie).
  2. Zum Originaltext siehe Schriften.
  3. Das Urteil des Volksgerichtshofes gegen Dr. Metzger: 8 J 190/43 g l H 253/43. Als Richter fungierten: Präsident des Volksgerichtshofes Dr. Freisler, Vorsitzer, Kammergerichtsrat Rehse, Gauhauptstellenleiter Bürgermeister Ahmels, Ortsgruppenleiter Kelch, Kreisleiter Reinecke, als Vertreter des Oberreichsanwalts: Erster Staatsanwalt Dr. Drullmann.
  4. LG Kassel, 16. November 1954. In: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1966. Bd. XII. Bearbeitet von Adelheid L. Rüter-Ehlermann, H. H. Fuchs und C. F. Rüter. University Press, Amsterdam 1974, Nr. 408, S. 743–858.
  5. Max Josef Metzger. In: Ökumenisches Heiligenlexikon, abgerufen am 27. Oktober 2016.
  6. Dr. Max Josef Metzger – Ein „prophetischer Märtyrer“. (PDF; 42 kB) Erzbistum Freiburg, abgerufen am 30. Oktober 2016.
  7. „Friedensapostel“ und „Pionier in der Ökumene“ (Memento vom 28. März 2014 im Webarchiv archive.is). Mitteilung des Erzbistums Freiburg zum Abschluss des diözesanen Informativprozesses. 28. März 2014, abgerufen am 27. Oktober 2016.
  8. Lehmann würdigt NS-Gegner Max Josef Metzger (Memento vom 17. Dezember 2015 im Webarchiv archive.is). 16. Dezember 2015, abgerufen am 27. Oktober 2016.
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