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Bundesgerichtshof

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Dieser Artikel beschreibt den Bundesgerichtshof in Deutschland, der historische Bundesgerichtshof in Österreich ist unter Bundesgerichtshof (Österreich) zu finden.
DeutschlandDeutschland Bundesgerichtshof
— BGH —p1
Logo des Bundesgerichtshofs
Staatliche Ebene Bund
Stellung Oberster Gerichtshof des Bundes
Bestehen seit 1. Oktober 1950[1]
Hauptsitz Karlsruhe (gemäß § 123 GVG)
Leitung Bettina Limperg, Präsidentin des Bundesgerichtshofs
Website www.bundesgerichtshof.de
Ehemaliges Erbgroßherzogliches Palais, heute Hauptgebäude des BGH, Karlsruhe
Datei:Stamp Germany 2000 MiNr2137 Bundesgerichtshof.jpg
Briefmarke „50 Jahre Bundesgerichtshof“

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ist das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit und damit letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren. Ferner ist er für verwandte Spezialrechtsgebiete zuständig wie etwa das Berufsrecht in der Rechtspflege. Der BGH soll durch seine Rechtsprechung die Rechtseinheit wahren und das Recht fortbilden, vor allem aber die Entscheidungen der ihm untergeordneten Gerichte überprüfen. Er ist neben dem Bundesarbeitsgericht, Bundesfinanzhof, Bundessozialgericht und Bundesverwaltungsgericht einer der fünf obersten Gerichtshöfe des Bundes (Art. 95 Abs. 1 GG). Im Gegensatz zum Bundesverfassungsgericht, das seinen Sitz ebenfalls in Karlsruhe hat, stellt der BGH kein eigenes Verfassungsorgan dar.

Hauptsächlich entscheidet der BGH über Revisionen gegen Urteile der Landgerichte und Oberlandesgerichte. Wie jedes Revisionsgericht erhebt er dabei – anders als ein Berufungsgericht – keine Beweise, sondern entscheidet lediglich darüber, ob das Urteil des Land- oder Oberlandesgerichts auf Rechtsfehlern beruht.

Als Behörde ist der Bundesgerichtshof – wie der Bundesfinanzhof und das Bundesverwaltungsgericht – ressortmäßig dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unterstellt und unterliegt dessen allgemeiner Dienstaufsicht. Als Gericht ist der BGH aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit allerdings keiner Aufsicht unterstellt.

Gründung und Sitz

Villa Sack (5. Strafsenat), Leipzig

Der Bundesgerichtshof wurde am 1. Oktober 1950 gegründet und hat seinen Hauptsitz seitdem in Karlsruhe.[2] Der 5. Strafsenat des BGH hat seinen Sitz in der Villa Sack in Leipzig. Ursprünglich sollte nach der Wiedervereinigung Deutschlands der gesamte BGH in das historische Reichsgerichtsgebäude in Leipzig ziehen, doch konnte sich dieser Vorschlag, zumal gegen den Willen der Richter, politisch nicht durchsetzen. Leipzig erhielt daher gemäß der Empfehlung der Föderalismuskommission nur den 5. Strafsenat, der zuvor als einziger BGH-Senat zur Pflege der „gewachsenen Verbindungen zwischen West-Berlin und der Bundesrepublik“ in Berlin residiert hatte. In das Reichsgerichtsgebäude zog am 22. August 2002 das bis dahin ebenfalls in Berlin ansässig gewesene Bundesverwaltungsgericht.

Gerichtsorganisation

Spruchkörper

Die Richter des BGH sind in Senate eingeteilt, die je einen Vorsitzenden und sechs bis acht weitere Mitglieder haben. An den einzelnen Entscheidungen der Senate sind nicht alle Mitglieder beteiligt, sondern die Richter arbeiten in sogenannten Sitzgruppen. Diese bestehen gemäß § 139 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) aus dem Vorsitzenden und vier Beisitzern aus dem Kreis der weiteren Mitglieder, sodass ein Senat als Spruchkörper grundsätzlich in der Besetzung von fünf Mitgliedern entscheidet.

Die Zahl der Senate wird gemäß § 130 GVG vom Bundesminister der Justiz bestimmt und erhöhte sich seit Gründung des BGH mehrfach. Seit 1990 gibt es zwölf Zivilsenate, die mit römischen Zahlen durchnummeriert sind, und fünf Strafsenate, die mit arabischen Zahlen durchnummeriert sind. Zusätzlich bestand von 2003 bis 2004 ein Hilfssenat (IXa-Zivilsenat) zur vorübergehenden Entlastung des IX. Zivilsenats und von 2009 bis 2010 ein weiterer Hilfssenat (Xa-Zivilsenat) zur vorübergehenden Entlastung des X. Zivilsenats.

Zudem gibt es acht Spezialsenate. Sechs davon beschäftigen sich mit dem Berufsrecht in der Rechtspflege, namentlich das Dienstgericht des Bundes (mit Ausnahme der Verfahren in Wehrdienstsachen, die dem Bundesverwaltungsgericht speziell zugewiesen sind), der Senat für Notarsachen, der Senat für Anwaltssachen, der Senat für Patentanwaltssachen, der Senat für Wirtschaftsprüfersachen und der Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen. Die beiden weiteren sind der Kartellsenat und der Senat für Landwirtschaftssachen. Den Spezialsenaten gehören die Richter zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in einem der Zivil- oder Strafsenate an, da die Spezialsenate nur gelegentlich zusammentreten.

Für die Entscheidungen über Ermittlungsanträge des Generalbundesanwalts in Strafverfahren (z. B. Hausdurchsuchung, Beschlagnahme, Haftbefehl) sind wie bei jedem Strafgericht besondere Ermittlungsrichter bestellt, deren Zahl – gegenwärtig sechs – vom Bundesminister der Justiz bestimmt wird (§ 130 GVG). Auch diese Tätigkeit erfolgt zusätzlich zu der in einem der Straf- oder Zivilsenate. Die Entscheidungen der Ermittlungsrichter können in bestimmten Fällen (§ 304 Abs. 5 StPO) durch Beschwerde angefochten werden, über welche ein Strafsenat des Bundesgerichtshofs entscheidet (kleiner Devolutiveffekt), der dann gemäß § 139 Abs. 2 GVG ausnahmsweise nur mit drei Richtern besetzt ist.

Geschäftsverteilung

Die Verteilung der einzelnen Verfahren auf die verschiedenen Senate ist im Geschäftsverteilungsplan des Gerichts geregelt. Das Prinzip des gesetzlichen Richters verlangt, dass von vornherein nach abstrakt-generellen Kriterien festgelegt ist, welcher Senat in welcher Besetzung für einen Fall zuständig ist, bevor der Bundesgerichtshof für eine Rechtssache zuständig wird. Auf diese Weise sollen Interessenkonflikte vermieden werden.

Der Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs regelt die Zuständigkeit der Senate dabei in Zivilsachen nach den betroffenen Rechtsmaterien, in Strafsachen in der Regel danach, welches Gericht die angegriffene Entscheidung erlassen hat. Zusätzlich sind den Strafsenaten Sonderzuständigkeiten zugewiesen, so etwa dem 3. Strafsenat, der daher als Staatsschutzsenat bezeichnet wird. Der vollständige Geschäftsverteilungsplan steht auf den Seiten des Bundesgerichtshofs zum Download zur Verfügung. Gegenwärtig (Geschäftsverteilung 2013,[3] unverändert gegenüber 2012[4]) bestehen im Groben folgende Zuständigkeiten:

Strafsenate

Die 24 Oberlandesgerichte und die fünf zuständigen Strafsenate (Stand Jan. 2014).
Die Zahlen befinden sich am Sitz des jeweiligen Oberlandesgerichts.
1. Strafsenat: Bezirke der Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg und Stuttgart, Militärstrafsachen und Vergehen gegen die Landesverteidigung sowie Steuer- und Zollstrafsachen
2. Strafsenat: Bezirke der Oberlandesgerichte Frankfurt am Main, Jena, Koblenz und Köln
3. Strafsenat: Bezirke der Oberlandesgerichte Celle, Düsseldorf, Oldenburg und Rostock sowie Staatsschutzdelikte
4. Strafsenat: Bezirke der Oberlandesgerichte Hamm, Naumburg und Zweibrücken sowie Verkehrsstrafsachen
5. Strafsenat: Bezirk des Kammergerichts sowie Bezirke der Oberlandesgerichte Brandenburg, Braunschweig, Bremen, Dresden, Hamburg, Saarbrücken und Schleswig

Zivilsenate

I. Zivilsenat: Urheberrecht, Gewerblicher Rechtsschutz
II. Zivilsenat: Gesellschaftsrecht
III. Zivilsenat: Staatshaftungsrecht
IV. Zivilsenat: Erbrecht
V. Zivilsenat: Sachenrecht
VI. Zivilsenat: Recht der unerlaubten Handlungen
VII. Zivilsenat: Werkvertragsrecht
VIII. Zivilsenat: Kaufrecht und Wohnraummietrecht
IX. Zivilsenat: Insolvenzrecht, Haftung der Rechtsanwälte und Steuerberater
X. Zivilsenat: Patentrecht, Vergaberecht, Reisevertragsrecht
XI. Zivilsenat: Banken- und Kapitalmarktrecht
XII. Zivilsenat: Familienrecht, gewerbliches Mietrecht

Weitere Senate

Kartellsenat: Revisionen gegen Entscheidungen der Kartellsenate der Oberlandesgerichte und weitere gesetzliche Zuständigkeiten
Dienstgericht des Bundes: Nach dem Deutschen Richtergesetz zugewiesene Aufgaben
Senat für Notarsachen: Nach der Bundesnotarordnung zugewiesene Aufgaben
Anwaltssenat: Nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugewiesene Aufgaben
Patentanwaltssenat: Nach der Patentanwaltsordnung zugewiesene Aufgaben
Landwirtschaftssenat: Landwirtschaftssachen nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen
Wirtschaftsprüfersenat: Nach der Wirtschaftsprüferordnung zugewiesene Aufgaben
Steuerberatersenat: Nach dem Steuerberatungsgesetz zugewiesene Aufgaben

Geschichte der Geschäftsverteilung

Die Zuständigkeitsbereiche der Senate haben sich seit der Errichtung des BGH vielfach geändert, beispielsweise um der zunehmenden Bedeutung bestimmter Rechtsbereiche Rechnung zu tragen und eine ausgeglichene Arbeitsbelastung der Senate zu erreichen. Besonders anschaulich kann dies am Beispiel der regionalen Zuständigkeit der fünf Strafsenate für die Oberlandesgerichtsbezirke für die Zeit ab 1990 gezeigt werden:

Bis zur Wiedervereinigung hatte der 5. Strafsenat seinen Sitz in West-Berlin, war jedoch stets auch für andere westdeutsche Oberlandesgerichtsbezirke zuständig. Im Zuge der Wiedervereinigung wurde der Senat nach Leipzig verlegt, behielt jedoch bis heute die Zuständigkeit für das (dann vergrößerte) Land Berlin.

In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung bestanden in den neuen Ländern die Bezirksgerichte der DDR fort. Jedem Strafsenat wurde die Zuständigkeit für die Bezirksgerichte in einem der fünf Länder zugewiesen (Mecklenburg-Vorpommern zum 1. Strafsenat, Thüringen zum 2. Strafsenat, Sachsen zum 3. Strafsenat, Sachsen-Anhalt zum 4. Strafsenat und Brandenburg zum 5. Strafsenat). Erst 1993 und 1994 wurden die Oberlandesgerichte Jena, Naumburg, Rostock, Brandenburg und Dresden errichtet.

Auch nach der Wiedervereinigung wurden gelegentlich einzelne Oberlandesgerichte der Zuständigkeit eines anderen Strafsenats unterstellt. So wechselte 1991 das OLG Oldenburg vom 5. in den 3. Strafsenat (Bild 2) und 1993 das OLG Rostock mit seiner Errichtung vom 1. in den 4. Strafsenat (Bild 3). 1998 tauschten die OLGs Celle und Dresden die Senate, d. h. ab 1998 war Celle dem 3. Strafsenat und Dresden dem 5. Strafsenat zugewiesen (Bild 4). 2010 wechselte die Zuständigkeit für das OLG Schleswig vom 3. in den 5. Strafsenat[5] (Bild 5) und 2012 die Zuständigkeit für das OLG Rostock vom 4. in den 3. Strafsenat und für das OLG Saarbrücken vom 4. in den 5. Strafsenat[6] (Bild 6).

Arbeitsweise

Beratungszimmer eines Strafsenats

Ist durch die Geschäftsverteilung des Gerichts ein Fall dem zuständigen Senat zugeteilt worden, so bestimmt anschließend die von den Richtern des jeweiligen Senats gemäß § 21g GVG vor Beginn des Geschäftsjahres zu beschließende senatsinterne Geschäftsverteilung, in welcher personellen Besetzung über die Sache entschieden wird und welcher Richter Berichterstatter ist, also die Akten bearbeitet und den Fall vorbereitet. Der Vorsitzende übt keine Berichterstattertätigkeit aus, sondern liest die Akten aller dem Senat zugewiesenen Fälle zusätzlich zum jeweiligen Berichterstatter (Vier-Augen-Prinzip).

Der Senat trifft sich in regelmäßigen Abständen zur Beratung, die in Zivilsachen durch „Voten“ (gutachtliche Stellungnahmen und Entscheidungsvorschläge) der jeweiligen Berichterstatter vorbereitet wird. In Strafsachen dagegen werden in der Beratung von jedem Richter die ihm als Berichterstatter zugewiesenen Fälle mündlich zusammengefasst und die rechtlichen Probleme herausgestellt. Anschließend wird gemeinsam über den Fall beraten. Unter bestimmten Voraussetzungen, die im Abschnitt Verfahren beschrieben sind, kann der Senat aufgrund des Beratungsergebnisses durch schriftlichen Beschluss entscheiden, ohne dass eine Verhandlung stattfindet. Anderenfalls wird eine Verhandlung anberaumt, welche grundsätzlich öffentlich ist. Eine Verhandlung in Revisionssachen entspricht einem Gespräch zwischen den Richtern und den Verfahrensbeteiligten über die Frage, ob das angefochtene Urteil auf Rechtsfehlern beruht. In der anschließenden Urteilsberatung wird, sofern keine Einigkeit besteht, eine Entscheidung durch Abstimmung herbeigeführt, wobei jeder der fünf Richter eine Stimme hat. Die Entscheidung wird anschließend als Urteil verkündet.

Verfahren

Der Bundesgerichtshof wird gemäß §§ 133, 135 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) hauptsächlich als Revisionsgericht tätig. Zudem entscheidet der BGH in Zivilsachen über Sprungrevisionen, Rechtsbeschwerden und Sprungrechtsbeschwerden (§ 133 GVG) sowie in Strafsachen über Beschwerden gegen Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte und Beschwerden gegen Verfügungen der Ermittlungsrichter des BGH (§ 135 GVG). Durch Sondervorschriften in anderen Gesetzen sind ihm weitere Verfahren zugewiesen.

Im Jahr 2012 hatte der BGH in Zivilsachen 4.238 Revisionen einschließlich Nichtzulassungsbeschwerden, 1.617 Rechtsbeschwerden und ähnliche Verfahren sowie 594 sonstige Rechtssachen zu bearbeiten; in Strafsachen waren es 3.032 Revisionen einschließlich Vorlegungssachen und 447 sonstige Rechtssachen.[7]

Revision in Strafsachen

Die Revision in Strafsachen zum BGH erfolgt gegen die in erster Instanz ergangenen Urteile der Landgerichte (Große Strafkammern) und der Oberlandesgerichte (in Staatsschutzsachen nach § 120 GVG).[1] Sie kann sowohl vom Angeklagten als auch von der Staatsanwaltschaft oder der Nebenklage eingelegt werden. Hält der Senat aufgrund seiner Beratung die Revision für unzulässig (§ 349 Abs. 1 Strafprozessordnung) oder dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend einstimmig für offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO) oder hält er eine zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet (§ 349 Abs. 4 StPO), so kann er durch Beschluss entscheiden. In den übrigen Fällen (ca. 5 % der Revisionen[1]) wird aufgrund einer Hauptverhandlung durch Urteil entschieden (§ 349 Abs. 5 StPO).

In der Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof wird die Staatsanwaltschaft durch einen Vertreter des Generalbundesanwalts vertreten, der Angeklagte durch seinen Verteidiger, sofern er einen hat. Der Angeklagte darf zwar, sofern es ihm möglich ist, persönlich an der Verhandlung teilnehmen, hat jedoch keinen Anspruch darauf. Insbesondere hat er keinen Anspruch auf Überführung zur Verhandlung, sofern er sich in Haft befindet (§ 350 Abs. 2 StPO). Dies ist dadurch begründet, dass die Verhandlung der Erörterung von Rechtsfragen dient (keine Beweisaufnahme) und somit der Anspruch des Verteidigers auf Anwesenheit zur Wahrung der Interessen des Angeklagten genügt. In der Praxis nimmt der Angeklagte sehr selten an der Verhandlung teil. Gemäß § 351 StPO beginnt die Hauptverhandlung mit dem Vortrag des Berichterstatters. Daran schließt sich der Vortrag desjenigen Beteiligten an, der Revision eingelegt hat. Anschließend folgen die Ausführungen der Gegenseite. Sofern der Angeklagte anwesend ist, erhält er das letzte Wort.

Hält der BGH eine Revision für begründet, so wird das angefochtene Urteil aufgehoben (§ 353 StPO). Der BGH kann anschließend jedoch nur selbst in der Sache entscheiden, sofern keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind und keine neue Strafzumessung vorzunehmen ist. Dies ist gemäß § 354 StPO unter anderem der Fall, wenn der Angeklagte nach Ansicht des BGH aus rechtlichen Gründen freizusprechen ist, das Verfahren einzustellen ist oder in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf die Mindeststrafe erkannt werden kann. Auch Fehler beim Strafausspruch kann der BGH teilweise selbst korrigieren. Liegen die Voraussetzungen für eine eigene Entscheidung des BGH nicht vor, insbesondere wenn weitere Tatsachenfeststellungen erforderlich sind, so verweist er die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Spruchkörper des erstinstanzlichen Gerichts zurück (§ 354 Abs. 2 StPO).

Revision und Rechtsbeschwerde in Zivilsachen

Die Revision in Zivilsachen zum BGH erfolgt in der Regel gegen in der Berufungsinstanz erlassene Endurteile der Land- und Oberlandesgerichte. Sie ist nur möglich, wenn sie vom Berufungsgericht zugelassen wurde oder der Bundesgerichtshof sie aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde nachträglich für zulässig erklärt (§ 543 Abs. 1 Zivilprozessordnung). Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO). Hält der Senat eine Revision für unzulässig, verwirft er sie, was durch Beschluss erfolgen kann (§ 552 ZPO). Sind nach einstimmiger Ansicht des Senats die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht nicht gegeben und zudem keine Erfolgschancen ersichtlich, wird die Revision durch Beschluss zurückgewiesen (§ 552a ZPO). In der Mehrzahl der Verfahren entscheidet der Senat jedoch aufgrund einer mündlichen Verhandlung (§ 553 ZPO) durch Urteil.[1]

In Zivilsachen müssen sich die Parteien von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (siehe Abschnitt Rechtsanwälte). Hat eine Revision Erfolg, so wird das angefochtene Urteil aufgehoben. Ist der Sachverhalt rechtsfehlerfrei festgestellt worden und die Sache danach reif zur Entscheidung, so entscheidet der BGH selbst über sie (§ 563 Abs. 3 ZPO). Andernfalls verweist er die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück (§ 563 Abs. 1 ZPO).

In Familiensachen wurde zum 1. September 2009 das Rechtsmittel der Revision durch das der Rechtsbeschwerde abgelöst, welche hier grundsätzlich nur bei Zulassung durch die Vorinstanz möglich ist.[1] Eine Rechtsbeschwerde wird ähnlich behandelt wie eine Revision (vgl. § 577 ZPO), über sie wird jedoch gemäß § 577 Abs. 6 ZPO durch Beschluss entschieden, welcher nicht begründet werden muss, sofern die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Auch in anderen Bereichen als dem Familienrecht erfolgt die Beanstandung bestimmter Arten von Entscheidungen nicht durch Revision, sondern durch Rechtsbeschwerde, beispielsweise die Beanstandung von Nebenentscheidungen und Entscheidungen in Nebenverfahren wie Zwangsvollstreckungs-, Insolvenz- und Kostensachen.[1]

Große Senate

Beim Bundesgerichtshof sind gemäß § 132 Abs. 1 GVG ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen eingerichtet, welche zusammen die Vereinigten Großen Senate bilden. Gemäß § 132 Abs. 5 GVG besteht der Große Senat für Zivilsachen aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senat für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Die Mitglieder der Großen Senate werden vom Präsidium bestimmt (§ 132 Abs. 6 GVG). Häufig sind die Senatsvorsitzenden auch Vertreter ihres Senats im Großen Senat.

Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, an welcher der andere Senat auf Anfrage festhält, so muss die Sache gemäß § 132 Abs. 2 und 3 GVG dem Großen Senat vorgelegt werden, welcher dann verbindlich über die Rechtsfrage entscheidet (§ 138 Abs. 1 GVG). Will ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat abweichen, so ist der Große Senat für Zivilsachen anzurufen, bei Abweichungen zwischen Strafsenaten der Große Senat für Strafsachen. Will hingegen ein Zivilsenat von einem Strafsenat abweichen oder umgekehrt, so entscheiden die Vereinigten Großen Senate. Des Weiteren kann ein Senat eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 132 Abs. 4 GVG).

Die Großen Senate entscheiden nur über Rechtsfragen, der vorlegende Senat ist jedoch bei seiner anschließenden Sachentscheidung an die Entscheidung des Großen Senats zur Rechtsfrage gebunden (§ 138 Abs. 1 S. 3 GVG). Da die Großen Senate nur über Rechtsfragen befinden, können sie ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 138 Abs. 1 S. 2 GVG), wobei in Strafsachen stets der Generalbundesanwalt zu hören ist, was auch in der Beratung geschehen kann (§ 138 Abs. 2 GVG). Entscheidungen werden im Fall der Uneinigkeit durch Abstimmung herbeigeführt, wobei jeder Richter eine Stimme hat; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden, also des Präsidenten, den Ausschlag (§ 132 Abs. 6 S. 3 GVG).

Verhältnis zu anderen Gerichten

Der Bundesgerichtshof steht als oberstes Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Instanzenzug über den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten der Länder. Gegen seine Entscheidungen ist somit grundsätzlich kein Rechtsmittel mehr möglich, sie werden mit ihrer Verkündung rechtskräftig. Zwar kann auch gegen Entscheidungen des BGH – wie gegen jeden Akt der deutschen Öffentlichen Gewalt – Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt werden, doch stellt diese keine vollständige Überprüfung der Entscheidung des BGH dar, sondern lediglich eine Überprüfung am Maßstab des Verfassungsrechts.

Zu den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes ist der BGH gleichrangig, kann sich also nicht über deren Rechtsauffassungen hinwegsetzen. Für die Entscheidung von Rechtsfragen bei abweichenden Rechtsauffassungen zwischen dem Bundesgerichtshof und einem anderen obersten Gerichtshof des Bundes ist gemäß Art. 95 Abs. 3 GG der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zuständig.

Hat der Bundesgerichtshof Recht der Europäischen Union anzuwenden, so ist er gemäß Art. 267 AEUV als letzte innerstaatliche Instanz grundsätzlich dazu verpflichtet, eine noch ungeklärte Rechtsfrage vorab im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg vorzulegen, dessen Beantwortung der Rechtsfrage für den BGH bei seiner anschließenden Sachentscheidung bindend ist.

Mögliche Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) durch Entscheidungen des BGH – ebenso wie jedes anderen letztinstanzlichen Gerichts – können vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg geltend gemacht werden. Bislang nicht abschließend geklärt ist, welche Bindungswirkung die Urteile des EGMR in Deutschland haben.

Die Rechtsprechung des BGH ist auch für die österreichische Rechtswissenschaft von Bedeutung: Im Bereich des Handelsrechts, das überwiegend durch das in Österreich im Jahr 1938 eingeführte deutsche Handelsgesetzbuch geregelt ist, orientieren sich die Gerichte in Auslegungsfällen bevorzugt an Entscheidungen des BGH. Das österreichische Handelsgesetzbuch wurde zwar zum 1. Januar 2007 im Zuge einer umfassenden Novelle in Unternehmensgesetzbuch umbenannt, stimmt jedoch weiterhin in vielen Teilbereichen mit dem deutschen Handelsgesetzbuch überein.

Beschäftigte

Der Bundesgerichtshof hat derzeit (Stand 2012) 404,5 Planstellen. Davon sind 129 Richter, 48 wissenschaftliche Mitarbeiter, 106,5 Beamte, 116 tarifliche Arbeitnehmer und 5 Auszubildende.[8] Da einige Personen in Teilzeit beschäftigt sind, liegt die tatsächliche Zahl der Beschäftigten etwas höher – im Jahr 2012 lag sie bei 406 Personen.[1]

Präsident

An der Spitze des Gerichts steht der Präsident. Er ist Dienstvorgesetzter aller Beschäftigten. Als Präsident eines Obersten Gerichtshofs des Bundes ist er in die Besoldungsgruppe R 10 eingestuft. Er ist gemäß § 21a GVG kraft Amtes Vorsitzender des Präsidiums des BGH, welchem des Weiteren zehn gewählte Richter angehören und welches gemäß § 21a Abs. 1 GVG für die Besetzung der Senate und die Geschäftsverteilung zuständig ist. Der Präsident gehört in der Regel keinem der Zivil- oder Strafsenate an, häufig jedoch einem oder mehreren Spezialsenaten. Er führt zudem kraft Gesetzes (§ 132 Abs. 6 S. 3 GVG) den Vorsitz in den Großen Senaten, wo seine Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt. Neunter Präsident des BGH ist seit dem 1. Juli 2014 Bettina Limperg. Sie ist die erste Frau in diesem Amt. Im Folgenden eine Liste aller bisherigen Präsidenten des Bundesgerichtshofs:

Präsidentinnen und Präsidenten des Bundesgerichtshofs[9]
Nr. Name Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
1 Hermann Weinkauff (1894–1981) 1. Oktober 1950 31. März 1960
2 Bruno Heusinger (1900–1987) 1. April 1960 31. März 1968
3 Robert Fischer (1911–1983) 1. April 1968 30. September 1977
4 Gerd Pfeiffer (1919–2007) 1. Oktober 1977 31. Dezember 1987
5 Walter Odersky (* 1931) 1. Januar 1988 31. Juli 1996
6 Karlmann Geiß (* 1935) 1. August 1996 31. Mai 2000
7 Günter Hirsch (* 1943) 15. Juli 2000 31. Januar 2008
8 Klaus Tolksdorf (* 1948) 1. Februar 2008 31. Januar 2014
9 Bettina Limperg (* 1960)[10] 1. Juli 2014

Vizepräsident

Der Vizepräsident des Bundesgerichtshofs ist der ständige Vertreter des Präsidenten. Er ist zugleich Vorsitzender Richter eines der Senate des BGH und als solcher in die Besoldungsgruppe R 8 eingestuft. Bis 1968 war die Stelle des Vizepräsidenten nicht besetzt beziehungsweise nicht eigenständig vorgesehen. Ständiger Vertreter des Präsidenten war in dieser Zeit gemäß § 5 der Geschäftsordnung des Bundesgerichtshofs der jeweils dienstälteste Senatsvorsitzende (damals Senatspräsident genannt).[11] Später wurde die Stelle formell besetzt. Gegenwärtiger Vizepräsident ist der Vorsitzende des III. Zivilsenats, Wolfgang Schlick. Im Folgenden eine Liste aller Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofs kraft Ernennung:

Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofs[12]
Name Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Roderich Glanzmann (1904–1988) 1968 30. April 1972
Fritz Hauß (1908–2003) 23. Mai 1972 31. Oktober 1976
Gerd Pfeiffer (1919–2007) 3. November 1976 30. September 1977
Walter Stimpel (1917–2008) 1. Oktober 1977 30. November 1985
Ludwig Thumm (1920–2011) 2. Dezember 1985 30. April 1988
Hannskarl Salger (1929–2010) 1. Mai 1988 30. November 1994
Horst Hagen (* 1934) 1. Dezember 1994 28. Februar 1999
Burkhard Jähnke (* 1937) 1. März 1999 31. Mai 2002
Joachim Wenzel (1940–2009) 1. April 2002 30. Juni 2005
Gerda Müller (* 1944) 1. Juli 2005 30. Juni 2009
Wolfgang Schlick (* 1950) 1. Juli 2009

Richter

Die Richter am Bundesgerichtshof tragen durch die ihnen übertragenen Aufgaben eine besondere Verantwortung. Durch die Auswahl der Richter kann die Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland erheblich beeinflusst werden. Deshalb wird sie von einem Richterwahlausschuss vorgenommen (§ 125 Abs. 1 GVG), welchem die Justizminister der Länder und 16 vom Bundestag gewählte Mitglieder angehören. Kandidaten können gemäß § 10 Richterwahlgesetz (RiWG) vom Bundesjustizminister und von den Mitgliedern des Richterwahlausschusses vorgeschlagen werden. Gewählt werden kann nur, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und das 35. Lebensjahr vollendet hat (§ 125 Abs. 2 GVG). Der Bundesgerichtshof gibt durch seinen Präsidialrat eine Stellungnahme zur persönlichen und fachlichen Eignung der Vorgeschlagenen ab, welche für den Richterwahlausschuss aber nicht bindend ist. Der Richterwahlausschuss entscheidet in geheimer Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 12 RiWG). Nach ihrer Wahl werden die Richter vom Bundespräsidenten ernannt.

Die Richter am Bundesgerichtshof sind grundsätzlich hauptamtliche und planmäßige Berufsrichter. Lediglich bei den Entscheidungen der Spezialsenate zum Berufsrecht kommen neben drei Berufsrichtern zwei ehrenamtliche Richter aus dem jeweiligen Berufszweig zum Einsatz. Die Berufsrichter sind als Bundesrichter an einem der Obersten Gerichtshöfe des Bundes grundsätzlich in die Besoldungsgruppe R 6 eingeordnet, Vorsitzende Richter in die Besoldungsgruppe R 8; zusätzlich erhalten alle eine Bundeszulage. Die derzeit 129 Richter und Vorsitzenden Richter[13] üben ihr Amt wie alle Richter unabhängig aus (Art. 97 Abs. 1 GG) und werden auf Lebenszeit ernannt (Art. 97 Abs. 2 S. 2 GG), können also vor Erreichen des Renteneintrittsalters nur aufgrund schwerwiegender Verstöße aus dem Amt entfernt werden. Das Dienstgericht des Bundes ist als einer der Spezialsenate beim Bundesgerichtshof selbst eingerichtet, hätte letztlich also gemäß § 62 DRiG über Disziplinarmaßnahmen gegen Kollegen bis hin zur Entfernung aus dem Amt zu entscheiden.

Der Frauenanteil unter den Richtern am Bundesgerichtshof beträgt derzeit mit 26 von 130 Personen (einschließlich des Präsidenten) genau 20 Prozent. Damit liegt der Bundesgerichtshof hinter den anderen vier Obersten Gerichtshöfen des Bundes, beispielsweise dem Bundesarbeitsgericht (31 %) oder dem Bundesverwaltungsgericht (29 %).[14]


Wissenschaftliche Mitarbeiter

Der BGH beschäftigt stets etwa 50 wissenschaftliche Mitarbeiter, offiziell „wissenschaftliche Hilfskräfte“ (§ 193 Abs. 1 GVG), intern meist „Hiwis“ genannt. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter müssen die Befähigung zum Richteramt haben und sind meist Richter am Amts-, Land-, Oberlandes- oder Bundespatentgericht oder Staatsanwälte. Sie werden für drei Jahre an den BGH abgeordnet und einem Senat zugeteilt. Dort sollen sie die Richter durch vorbereitende Arbeiten, insbesondere durch Recherche, Voten und Entscheidungsentwürfe, in ihrer juristischen Arbeit unterstützen. In der Regel erhält jeder Zivilsenat drei und jeder Strafsenat zwei wissenschaftliche Mitarbeiter.[15]

Sonstige Beschäftigte

Die etwa 240 weiteren Beschäftigten des BGH sind teilweise den einzelnen Senaten zugeordnet, wie etwa die Geschäftsstellen und Schreibkräfte, oder sie nehmen die zahlreichen am Gericht bestehenden allgemeinen Verwaltungsaufgaben wahr, wie etwa Bibliotheksführung, Öffentlichkeitsarbeit, Sicherheit, Poststelle oder technische Dienste.

Rechtsanwälte

Vor dem Bundesgerichtshof können in Zivilsachen grundsätzlich (abgesehen von Patent-Nichtigkeitsverfahren) nur besonders zugelassene Rechtsanwälte auftreten. Die Zulassung erfolgt gemäß § 170 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) durch das Bundesministerium der Justiz. Zugelassen werden kann nur, wer das 35. Lebensjahr vollendet hat, den Rechtsanwaltsberuf mindestens fünf Jahre ohne Unterbrechung ausgeübt hat und durch den Wahlausschuss für Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof benannt wird (§ 164 BRAO).[1] Der Wahlausschuss besteht aus dem Präsidenten und den Senatsvorsitzenden der Zivilsenate des Bundesgerichtshofes sowie aus den Mitgliedern des Präsidiums der Bundesrechtsanwaltskammer und des Präsidiums der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof (§ 165 BRAO). Die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte sind Pflichtmitglieder der Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof und nur dort zugelassen (Singularzulassung). Gegenwärtig (Stand 2013) sind 37 Rechtsanwälte beim BGH zugelassen.[16]

Die Zulassungsbeschränkung wird mit dem Erfordernis erhöhten revisionsrechtlichen Sachverstands begründet. Ob sie mit der Verfassung (insbesondere Art. 12 GG) vereinbar ist, wird seit Jahren immer wieder aufs Neue diskutiert. Der BGH hat es mit Beschluss vom 5. Dezember 2006[17] bejaht. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008[18] nicht zur Entscheidung angenommen, jedoch führt das Gericht in dem Beschluss aus, dass Art. 12 GG nicht verletzt sei.

In Strafsachen kann hingegen jeder Verteidiger vor dem BGH auftreten.

In Verfahren nach dem Bundesrückerstattungsgesetz besteht gar kein Anwaltszwang (§ 4 Abs. 3 ZustÜblG), sodass insoweit jede Person vor dem BGH auftreten kann.

Elektronische Eingaben

Das Gericht nimmt eine Vorreiterrolle im elektronischen Rechtsverkehr ein. Zusammen mit dem Bundespatentgericht war der BGH an der Entwicklung von XJustiz maßgeblich beteiligt,[19] mit dem bundesweit einheitliche Standards für den Austausch elektronischer Informationen geschaffen werden sollen.[20]

Bereits seit 2001 besteht für die beim BGH zugelassenen Rechtsanwälte in Zivilsachen die Möglichkeit, Schriftsätze in elektronischer Form einzureichen, und in Strafsachen wird an einer elektronischen Kommunikation mit der Behörde des Generalbundesanwalts gearbeitet.[1] Die technischen Voraussetzungen und die zulässigen Dokumentenformate für elektronische Eingaben ergeben sich aus der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV).[21] Die elektronischen Eingaben erfolgen über ein elektronisches Postfach, wofür der BGH seit 2010 das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach verwendet[22], an welchem sich mittlerweile viele deutsche Gerichte beteiligen.[23]

Baugeschichte und Gebäudenutzung

Erbgroßherzogliches Palais mit Galatea-Brunnen (2006)
Weinbrennergebäude (2012)
Westgebäude (2012)
Nordgebäude (2012)
Neues Empfangsgebäude mit Eingangsschleuse (2012)
Neuer Sitzungssaal im Obergeschoss des Empfangsgebäudes

Der Bundesgerichtshof befindet sich seit seiner Gründung auf dem etwa vier Hektar großen Gelände[1] des ehemaligen Erbgroßherzoglichen Palais, welches im Südwesten der Karlsruher Innenstadt zwischen der Kriegs-, Herren-, Blumen- und Ritterstraße liegt. Die Gebäude sind rings um eine zentrale Rasenfläche gruppiert, welche von einem Galatea-Brunnen geziert wird. Von der ursprünglichen Bebauung bestehen heute noch das Palais selbst an der Südseite des Grundstücks und das ehemalige Gärtnerhaus (heute „Weinbrennergebäude“ genannt) an der Nordwestseite.[24] Das Erbgroßherzogliche Palais beherbergt heute den Präsidenten und die Verwaltung des BGH sowie einige Zivilsenate und deren Sitzungssäle.

Bereits in den 1950er Jahren wurden erste Um- und Anbauarbeiten durchgeführt, um dem wachsenden Platzbedarf des Gerichts gerecht zu werden. Von 1958 bis 1960 entstand entlang der Herrenstraße das Westgebäude sowie ein südlich daran angeschlossener abhörsicherer Sitzungssaal für die Strafsenate. Im Westgebäude befinden sich heute die vier in Karlsruhe sitzenden Strafsenate, die Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes, einige Zivilsenate und die Kantine des Gerichts. Ebenfalls von 1958 bis 1960 wurde ein Nordgebäude errichtet, welches unter anderem Platz für die Bundesanwaltschaft bot.[24]

Bis 1978 war das Gelände des Bundesgerichtshofs für die Bevölkerung frei zugänglich. Nach dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und einem missglückten Raketenangriff durch die RAF wurde die gesamte Anlage jedoch von einer videoüberwachten Doppelzaunanlage umzogen. Als Haupteingang wurde ein Kontrollgebäude mit Eingangsschleuse zwischen Westgebäude und Weinbrennergebäude errichtet.[24]

Bereits seit den 1970er Jahren waren verschiedene Konzepte für Erweiterungsbauten im Gespräch, da der Platzbedarf des Gerichts mit zunehmendem Arbeitsaufkommen stetig stieg und zwischenzeitlich zusätzliche Gebäude in der Karlsruher Innenstadt angemietet werden mussten. Schließlich entschloss man sich, die Bundesanwaltschaft aus dem Gelände auszulagern. 1998 bezog sie ihren neuen Dienstsitz in der Brauerstraße, sodass der Weg frei war für eine Modernisierung und Erweiterung des Nordgebäudes. Zudem war nach der Wiedervereinigung der zunächst formell nur provisorische Dienstsitz in Karlsruhe endgültig zum Sitz des Bundesgerichtshofes erklärt worden, sodass die dringend nötige Erweiterung nicht mehr mit Verweis auf den provisorischen Zustand verweigert werden konnte. Nach Abriss des alten Nordgebäudes entstand von 2000 bis 2003 auf der Nordhälfte des BGH-Geländes ein zur zentralen Parkanlage offener U-förmiger Bau, in welchem sich heute einige Zivilsenate und deren Sitzungssäle, die Bibliothek des Bundesgerichtshofs sowie das Rechtshistorische Museum Karlsruhe befinden.[24]

2011 wurde das sanierungsbedürftige und als zu abweisend erachtete Kontrollgebäude abgerissen und anschließend durch ein neues Empfangsgebäude ersetzt. In dessen Obergeschoss befindet sich zudem ein neuer großer Sitzungssaal für die Strafsenate, welcher am 6. März 2012 erstmals durch den 1. Strafsenat genutzt und am 18. April 2012 offiziell eingeweiht wurde.[25] Verhandlungsbesucher müssen nun nicht mehr vom Haupteingang zum alten Sitzungssaal geleitet werden, sondern passieren die Kontrolle im Erdgeschoss des Empfangsgebäudes und gelangen von dort direkt ins Obergeschoss zum neuen Sitzungssaal. Dieser umfasst 120 Zuschauerplätze.

Bibliothek

Außenansicht der Bibliothek (Ostflügel des U-förmigen Nordgebäudes)
Innenansicht der Bibliothek

Die Bibliothek des Bundesgerichtshofs verfügt über einen Bestand von über 430.000 Druckwerken sowie über 20.000 weiteren Medieneinheiten und ist damit die größte Gerichtsbibliothek Deutschlands.[26][27] Nach der Wiedervereinigung wurden ihr die Bestände der Bibliothek des Obersten Gerichts der DDR übertragen, darunter auch sehr viele historisch wertvolle Werke aus der Bibliothek des Reichsgerichts.[26] Die Bibliothek des Bundesgerichtshofs erfasst die relevante juristische Literatur von 1800 bis 1970 fast vollständig und hat seitdem bei der Beschaffung von Medieneinheiten den Schwerpunkt entsprechend der Tätigkeit des Bundesgerichtshofs auf zivil- und strafrechtliche Literatur gelegt.[1][27] Die jährlichen Ausgaben belaufen sich auf 700.000 bis 1.000.000 €.[28][27]

Durch den 2003 erfolgten Umzug in das neu gestaltete Nordgebäude erhielt die Bibliothek erstmals repräsentative Räumlichkeiten mit 21,5 km Buchstellmöglichkeiten und modern ausgestatteten Arbeitsplätzen.[1][26] Sie wird vorrangig von den Richtern des Bundesgerichtshofs, den beim BGH zugelassenen Rechtsanwälten und akkreditierten Pressevertretern und den Mitarbeitern der Bundesanwaltschaft genutzt und wird für diese tätig, beispielsweise bei der Beschaffung benötigter Medien.[26][27] Sie ist während der allgemeinen Dienstzeiten jedoch auch für Fremdbenutzer zugänglich, wovon jährlich knapp 3.000 Personen Gebrauch machen.[1][27]

Veröffentlichung der Entscheidungen

Einige Bände der vollständigen Entscheidungssammlung aus dem Bestand der Bibliothek des BGH

Der Bundesgerichtshof veröffentlicht seine seit dem 1. Januar 2000 ergangenen Entscheidungen in elektronischer Form auf seiner Internetseite, wo sie kostenlos abgerufen werden können. Persönliche Daten werden vor der Veröffentlichung stets anonymisiert. In gedruckter Form wird die vollständige Entscheidungssammlung des BGH nicht veröffentlicht, sondern lediglich beim BGH archiviert. Vor dem 1. Januar 2000 ergangene Entscheidungen können gegen eine Kopiergebühr beim Entscheidungsversand des Bundesgerichtshofs angefordert werden; auch sie werden vor dem Versenden anonymisiert.[29]

Zudem beteiligt sich der BGH seit 1980 am elektronischen juristischen Informationssystem „juris“. Hierfür wertet die Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs die Entscheidungen sämtlicher Instanzen aus dem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie ca. 220 Fachzeitschriften aus und stellt jährlich über 50.000 Entscheidungen, Fundstellen und Anmerkungen in die Datenbank ein.[1] Die Entscheidungen des BGH sind dort seit etwa 1984 im Wesentlichen vollständig erfasst, davor lückenhaft. Der Zugriff auf „juris“ ist allerdings kostenpflichtig.

Von den Richtern des Bundesgerichtshofs und den Mitgliedern der Bundesanwaltschaft werden die Entscheidungssammlungen BGHZ und BGHSt herausgegeben. Die in gedruckter Form ungefähr halbjährlich respektive jährlich erscheinenden Bände enthalten eine Auswahl der nach Ansicht des BGH wichtigsten aktuell ergangenen Entscheidungen. Sie werden vom Bundesgerichtshof in erster Linie zitiert und finden sich in nahezu jeder deutschen Gerichtsbibliothek, sind aber im strengen Sinn keine amtliche Sammlung. Die früher ebenfalls in gedruckter Form herausgegebene Entscheidungssammlung BGHR, eine nach Paragraphen sortierte Sammlung wichtiger BGH-Entscheidungen, wird hingegen nur noch digital herausgegeben. Lediglich der Veröffentlichung von BGH-Entscheidungen – zum Teil mit Besprechung – ist die vierzehntäglich erscheinende Zeitschrift BGH-Report gewidmet. Daneben veröffentlichen die führenden juristischen Fachzeitschriften regelmäßig Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.

Die Pressestelle des BGH veröffentlicht häufig Pressemitteilungen zu anstehenden und ergangenen Entscheidungen sowie zum Zu- und Abgang von Richtern oder zur Ernennung von Vorsitzenden.

Literatur

Karlmann Geiß, Kay Nehm, Hans Erich Brandner, Horst Hagen (Hrsg.): Festschrift aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof. Heymann, Köln 2000, ISBN 3-452-24597-7.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Bundesgerichtshof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 1,13 Der Bundesgerichtshof. (PDF) Bundesgerichtshof, 2009, abgerufen am 17. November 2012.
  2. § 123 Gerichtsverfassungsgesetz: "Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe."
  3. Geschäftsverteilung 2013 des Bundesgerichtshofs (abgerufen am 26. März 2013)
  4. Geschäftsverteilung 2012 des Bundesgerichtshofs (abgerufen am 11. März 2012)
  5. Geschäftsverteilung 2010 des Bundesgerichtshofs (abgerufen am 12. März 2012)
  6. Geschäftsverteilung 2012 des Bundesgerichtshofs (abgerufen am 11. März 2012)
  7. Tätigkeitsbericht des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2012 (abgerufen am 24. Juni 2013)
  8. Stellenplan des Bundesgerichtshofs 2012
  9. Die Präsidenten des Bundesgerichtshofs www.bundesgerichtshof.de (abgerufen am 17. November 2012)
  10. Bettina Limperg ist Präsidentin des Bundesgerichtshofes. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, 26. Juni 2014, abgerufen am 26. Juni 2014.
  11. Geschäftsordnung des Bundesgerichtshofes vom 3. März 1952, veröffentlicht im Bundesanzeiger 83, 30. April 1953, S. 9–10.
  12. Handbücher der Justiz seit 1953
  13. Besetzung der Senate des Bundesgerichtshofs www.bundesgerichtshof.de (abgerufen am 18. November 2012)
  14. Geschäftsverteilungspläne der fünf Obersten Gerichtshöfe des Bundes Stand 18. November 2012 (abgerufen am 18. November 2012)
  15. Webseite der wissenschaftlichen Mitarbeiter des BGH (abgerufen am 17. November 2012)
  16. Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof – Zugelassene Rechtsanwälte (abgerufen am 26. März 2013)
  17. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2006, Az. AnwZ 2/06, Volltext.
  18. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2008, Az. 1 BvR 1295, Volltext.
  19. Bundespatentgericht – Die elektronische Poststelle als erster elektronischer Dienst beim Bundespatentgericht (abgerufen am 3. Juni 2012)
  20. XJustiz: Elektronischer Rechtsverkehr mit XML (abgerufen am 11. Juni 2012)
  21. Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) (abgerufen am 11. Juni 2012; PDF; 38 kB)
  22. Bundesgerichtshof – Elektronischer Rechtsverkehr (abgerufen am 11. Juni 2012)
  23. Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach – Gerichte / Justizbehörden (www.egvp.de, abgerufen am 11. Juni 2012)
  24. 24,0 24,1 24,2 24,3 Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe – Das Gericht und seine Gebäude (herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und vom Bundesgerichtshof, Karlsruhe 2005)
  25. Bundesgerichtshof Karlsruhe – Neubau Empfangsgebäude mit Sitzungssaal (Herausgeber: Staatliches Hochbauamt Baden-Baden Bundesbau für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2012)
  26. 26,0 26,1 26,2 26,3 Geschichte und Aufgaben der Bibliothek des Bundesgerichtshofs (abgerufen am 24. Januar 2014)
  27. 27,0 27,1 27,2 27,3 27,4 Die Bibliothek des Bundesgerichtshofs in Zahlen 2013 (abgerufen am 24. Januar 2014)
  28. Bibliothek des Bundesgerichtshofs in Zahlen 2011 (abgerufen am 3. Juni 2012, nicht mehr abrufbar)
  29. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (abgerufen am 3. Juni 2012)
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