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Musterung

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Die Musterung ist eine Untersuchung der körperlichen und geistigen Eignung eines Menschen für den Wehrdienst. Musterungen gibt es nicht erst seit der Einführung der gesetzlichen Wehrpflicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Schon bei der Werbung der Landsknechte und Söldner, aber auch bei der Aushebung von Untertanen zur Landesdefension gab es Musterungen.

Als Musterung bezeichnete man in der „Alten Armee“ auch die periodisch stattfindenden Besichtigungen der Truppen, Pferde und Geschütze. Diese Besichtigung entspricht etwa, im Gegensatz zur Rekrutenbesichtigung, der heutigen „Kompanie-Besichtigung“.[1]

Des Weiteren werden Begegnungen und Zusammenkünfte bei den Reservistenkameradschaften auch als Musterung bezeichnet.

Bei der deutschen Marine entspricht die Musterung dem Appell von Heer und Luftwaffe.

Geschichte

Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Staaten zu schildern.
„Der Stellungsbefehl“ (Gemälde aus dem 19. Jahrhundert)
Musterung für die Wehrmacht (1935)


Der Begriff Musterung (lat. monstrare „zeigen“) findet sich zuerst in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Werbeherr kontrollierte dabei am Musterplatz, ob die für den Feldzug Angeworbenen auch tatsächlich die geforderten Waffen mit sich führten. Gleichzeitig führte er seinem Auftraggeber vor, dass er seinen Teil des Werbevertrags erfüllt hatte und nun die Bezahlung fordern konnte. Auch von den Landesherren und Reichsständen wurden Musterungen durchgeführt, um einen annähernden Überblick über die zahlenmäßige Stärke und den Ausrüstungsstand der nach Lehnsrecht und Landfolge dienstpflichtigen Adligen, Bürger und Bauern [2] zu erlangen. Im 18. Jahrhundert musterten die Militärbehörden ihre Truppen in regelmäßigen Abständen, um ihren Zustand [3] zu überprüfen.

Kreissekretär Keller schilderte die Musterung der Reiterei am 17. August 1674 bei Ulm wie folgt:

„Zunächst bestellte man zwei Musterungskommissare für die Durchsicht der Pferde und Gewehre, nämlich von katholischer Seite den Rittmeister der Augsburger Kompanie Johann Friedrich Lütz, von evangelischer Seite den Regimentsquartiermeister Simon Brandstätter. Dann setzten sich der Regiments-Kommandant, Obrist Prinz Friedrich Karl von Württemberg, oben an eine lange Tafel, der Kriegskommissar Schmalkalder in die Mitte zur Formierung der Musterrollen und der Kreissekretär mit dem Kreisprotokoll unten hin. Die Gesandten der Kreisausschreibenden Fürsten und die übrigen anwesenden Kreistagsgesandten nahmen teils sitzend, teils stehend an der Musterung teil. Die beiden Musterungskommissare gaben die festgestellten Mängel an, die der Kreiskriegskommissar notierte. Nach Beendigung der Musterung fand am 25. August 1674 die feierliche Vereidigung statt. Reiterei und Fußvolk wurden zu diesem Zweck ‚in Bataille‘ gestellt, der Direktorialgesandte hielt eine Ansprache über ihren Auftrag und ihre Pflichten und der Kreissekretär verlas den Artikelbrief. Daraufhin ergriff der Direktorialgesandte nochmals das Wort und sprach die Eidesformel vor. Nach der Vereidigung fand ein Vorbeimarsch statt, die Truppe rangierte sich dann wieder in Schlachtordnung und eine dreifache Gewehrsalve sowie das ‚Lösen‘ der vier Regimentsstücke beschloss die Generalmusterung.“[4]

Im Blick auf die Türkengefahr wurde in Preußen ein dreigeteilter Ausschuss gebildet, wobei ein Drittel – die „geradesten, stärksten, tugendhaftesten und frömmsten“ jungen Männer – für ein stehendes Heer ausgewählt wurden, der Rest für die Reserve. Diese Musterungen erfolgten unter der Aufsicht von Musterherren oder Kommissaren und wurden regelmäßig und nach genaueren Maßstäben durchgeführt. Nach dem damals herrschenden Kantonssystem war mit dem Geburts- und Aufenthaltsort – und damit dem Aushebungsort – schon die Verbindung zu dem zum Kanton gehörenden Regiment hergestellt. Erst als Folge der Ersetzung des Kantonalsystems durch die Einrichtung von Rekrutierungsbezirken im 19. Jahrhundert (Baden 1832) wurde die Musterung von der Verwendung des gemusterten Soldaten abgekoppelt.

Im Dritten Reich erfolgte die Musterung durch die Wehrbezirke im Einvernehmen mit den gleichgeordneten Kreispolizeibehörden. In der DDR wurden die Wehrpflichtigen in wenigen Wochen im Frühjahr durch die Wehrkreiskommandos gemustert; zusätzliche Aufgabe der Musterung war die „weitere Vorbereitung der Bürger auf die Wahrnehmung ihres verfassungsmäßig garantierten Rechtes sowie die ehrenvolle Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Pflicht, Wehrdienst zu leisten“.

In Deutschland wurden im Jahr 2008 456.546 Wehrpflichtige gemustert, davon wurden 243.166 (53,3 %) für wehrdienstfähig befunden, 199.667 (43,7 %) galten als nicht wehrdienstfähig und 13.713 (3,0 %) Wehrpflichtige wurden als vorübergehend nicht wehrdienstfähig eingestuft [5]. Im Rahmen der Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland ist ab 2011 auch die Musterung weggefallen.

Ablauf in Deutschland

Musterung im bayerischen Kempten (1968).

Die Musterung ist in Deutschland gesetzlich im Abschnitt 2 (§§ 16 ff.) WehrpflichtgesetzVorlage:§§/Wartung/juris-seite geregelt. Die Erfassung im Vorlauf einer Musterung erfolgte ein Jahr vor Vollendung des 18. Lebensjahres oder später. Dies war auch vor 1975 so, als die Volljährigkeit erst mit Vollendung des 21. eintrat. Mit der Musterung sind Musterungsärzte betraut, die bei den Kreiswehrersatzämtern oder – für Freiwillige – bei den entsprechenden Institutionen der Truppe (z. B. Karrierecenter der Bundeswehr) eingesetzt sind. Für die Einstufung des Wehrpflichtigen ist in entsprechenden Richtlinien (Zentralen Dienstvorschriften (ZDv)) ein Rahmen festgelegt, nach dem die körperlichen Mängel klassifiziert sind, so dass je nach deren Erheblichkeit ein entsprechender Tauglichkeitsgrad vergeben wird. Auch über die Verwendbarkeit, also die Fähigkeiten und Kenntnisse, die einen Wehrpflichtigen für besondere Tätigkeiten besonders befähigen, wird entschieden. Im Rahmen der Musterung wird auch über so genannte Wehrdienstausnahmen entschieden. Nicht jeder Wehrpflichtige wird sofort zum Wehrdienst herangezogen. In vielen Fällen wird zunächst eine Zurückstellung gewährt, z. B. beim Besuch einer Schule oder für die Zeit einer Ausbildung. Unterschiedliche Gründe können auch zu einer Befreiung vom Wehrdienst führen (§ 11 Wehrpflichtgesetz).

Der Wehrpflichtige bringt Personalausweis, Impfbuch, Allergiepass und ggf. Atteste oder andere in seinem Besitz befindliche ärztliche Dokumente mit.

Die zu musternde Person durchläuft bei der Musterung folgende Stationen:

  • Personalaufnahme: Hier werden die bereits vorhandenen Daten abgeglichen und weitere Daten erhoben (Adresse, Führerschein, Ausbildung).
  • Fahrgeld wird von der Zahlstelle zurückerstattet (entweder sofort in bar oder per Banküberweisung) - dazu bedarf es einer Antragstellung an Ort und Stelle
  • Personalaufnahme im Labor: Die zu musternde Person wird gewogen, vermessen und nach Alkohol-, Zigaretten- und anderem Drogenkonsum befragt. Diese Befragung kann auch im Rahmen der ärztlichen Untersuchung durchgeführt werden. Es wird auch eine Urinprobe genommen und auf Eiweiße untersucht, die auf eine Stoffwechselkrankheit deuten könnten. Außerdem kann, sollte der Verdacht vorliegen, dass illegale Drogen konsumiert wurden (dies wird nach eigenem Ermessen der beteiligten Mitarbeiter oder durch die positive Antwort auf die entsprechende Frage nach dem Konsum illegaler Drogen festgestellt), die entsprechende Probe auf vorhandene aktive Wirkstoffe oder Abbauprodukte einer Droge (z.B. Cannabis) untersucht werden. Bei einem positiven Test erfolgt in seltenen Fällen die Ausmusterung (T5), in der Regel aber eine zweite Ladung zu einem späteren Termin.
  • Seh- und Hörtest
  • Puls und Blutdruck (werden nicht flächendeckend durchgeführt)
  • Überprüfung der Gelenke (Motorik) sowie der Statur (Körperbau und Haltung) (unter Umständen erst bei der ärztlichen Untersuchung)
  • Untersuchung durch den Arzt: Befragung zu Krankheitsgeschichte, gesundheitlicher Verfassung und Lebenswandel (Alkohol-, Tabakkonsum etc.), Kreislaufuntersuchung eventuell mit Belastungstest (in der Regel zehn Kniebeugen oder Liegestütze), Haltungsuntersuchung, Kontrolle des Skeletts auf Deformierungen, kursorische Zahnbeschau (Vorhandensein einer Zahnspange u.ä.), Lungenfunktionstest, Leistenbruchtest (durch Anlegen von zwei Fingern auf Hoden oder Leisten, um durch kurzes Husten unerkannt gebliebene frühere Leistenbrüche festzustellen), Feststellung allgemeiner äußerlicher Auffälligkeiten (Verbrennungen, Vernarbung, Ausschläge, äußerlich sichtbare Hautkrankheiten oder Tumore etc.) sowie (nicht flächendeckend) Überprüfung auf Hämorrhoiden. Sollte der Arzt bereits hier der Meinung sein, dass die zu musternde Person nicht wehrdienstfähig erscheint, entfällt die unten genannte EUF.[6]
  • EUF: Eignungsuntersuchung und -feststellung beim Psychologischen Dienst: Dies ist eine Mischung aus Rechtschreibprüfungen, Mathematik, Logik, Merkfähigkeit, gegebenenfalls Technik und einem Reaktionstest. Während die ärztliche Untersuchung zu Ausschlüssen (sprich Tätigkeiten, die man bei der Bundeswehr nicht ausüben darf) führt, stellt die EUF die Talente des Wehrpflichtigen fest. Dieser Test soll begünstigen, dass der Einzelne seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden kann.
  • Gespräch mit einem Musterungsbeamten: Beim Musterungsbeamten erhält der Wehrpflichtige seinen Musterungsbescheid. Ihm werden die rechtlichen Konsequenzen erläutert. Ebenfalls werden hier die Entscheidungen über die zuvor aufgenommenen Anträge gefällt.

Falls der Arzt weitere Untersuchungen bei Spezialisten angeordnet hat (etwa zur Überprüfung von mitgebrachten Attesten) wird der Musterungsbescheid per Post zugestellt.

Ein normaler Musterungstag, inklusive EUF, nimmt 3-6 Stunden in Anspruch. Der medizinische Teil und die EUF dauern mit Wartezeiten jeweils ungefähr 2-3 Stunden. Die Musterung im eigentlichen Sinne, d.h. der Aufenthalt im Arztzimmer und die Befragung und Untersuchung durch den Arzt, ist als sogenannte „Reihenuntersuchung“ angelegt und dauert im Regelfall nicht länger als 15 Minuten.[7] In Ausnahmefällen kann die Tauglichkeit nicht an einem Musterungstag festgestellt werden. Der zu Musternde wird dann noch einmal einbestellt.

Bei einigen Kreiswehrersatzämtern wird im Anschluss an die EUF bei tauglichen Wehrpflichtigen eine computergesteuerte Vermessung durchgeführt, um die passende Uniform und andere Ausrüstungsgegenstände einzuplanen. Dazu ist es nötig, eine schwarze oder zumindest sehr dunkle Unter- oder Badehose zu tragen, da ansonsten kein ausreichender Kontrast zum Hintergrund besteht und die Messung nicht möglich ist. Verwendet das KWEA eine solche Anlage, wird im Anschreiben zur Ladung auf das Mitbringen einer dunklen Hose hingewiesen.

Tauglichkeitsstatistik

Die Verteilung der Einstufungen „tauglich“, „vorübergehend untauglich“ und „dauerhaft untauglich“ hat sich in den letzten Jahren der Wehrpflicht folgendermaßen entwickelt:

  • 2000: 86,28 % tauglich, 3,68 % vorübergehend untauglich, 10,04 % untauglich
  • 2002: 83,9 % tauglich, 3,35 % vorübergehend untauglich, 12,74 % untauglich
  • 2004: 79,2 % tauglich, 2,9 % vorübergehend untauglich, 17,89 % untauglich
  • 2006: 61,6 % tauglich, 9,22 % vorübergehend untauglich, 29,18 % untauglich
  • 2008: 54,1 % tauglich, 2,62 % vorübergehend untauglich, 42,28 % untauglich[8]

Die Zahl der Ausmusterungen hat sich somit innerhalb von acht Jahren vervierfacht bzw. um mehr als 300 % erhöht, d.h. drei von vier im Jahr 2008 ausgemusterten Personen wären 2000 noch tauglich gewesen. Es ist jedoch zu beachten, dass nach 2004 der Musterungsgrad T3 (eingeschränkt tauglich) entfallen ist und alle Personen mit diesem Grad als T5 (untauglich) deklariert wurden. In der Presse und bei den Oppositionsparteien hat dies vielfach die Kritik nach sich gezogen, dass die Musterung eher als Verfahren zum Aussortieren überschüssiger Personen eines Jahrgangs dient. [9]

Musterungsverweigerung

Als Musterungsverweigerung wird das absichtliche, wiederholte Fernbleiben von der Musterung bezeichnet. Anders als die Weigerung, einer Einberufung Folge zu leisten, ist die Weigerung, einer Ladung zur Musterung zu folgen – selbst wenn sie wiederholt und offen ausgesprochen erfolgt – keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Dementsprechend kann die Musterungsverweigerung auch nicht mit strafrechtlichen Schritten sanktioniert werden oder zu Einträgen im polizeilichen Führungszeugnis des Betreffenden führen.

Die Kreiswehrersatzämter reagierten auf das Nichterscheinen zur Musterung bei den ersten zwei bis drei Ladungen in der Regel mit weiteren, zum Teil „schärfer“ formulierten, Neuladungen. Erschien der zur Musterung Einbestellte darüber hinaus noch immer nicht, wurden Bußgelder oder die zwangsweise Vorführung durch die Polizei angedroht. Rechtliche Voraussetzung, damit die Ämter diese Maßnahmen juristisch rechtfertigen bzw. durchsetzen konnten, war ein nachweisbar „schuldhaftes“ Nichterscheinen des Musterungskandidaten.[10]

Ablauf in Österreich

Grundwehrdiener einer Stellungskommission bei Reinigungsarbeiten

Die Musterung, in Österreich „Stellung“ genannt, wird von den zuständigen Stellungskommissionen durchgeführt. Diese befinden sich in Wien, Sankt Pölten, Linz, Graz, Klagenfurt und Innsbruck. Eine Stellungskommission steht unter militärischer Führung und setzt sich aus militärischem Kader, Grundwehrdienern, aber auch aus zivilen Beamten und Vertragsbediensteten zusammen. Eine Stellungskommission ist üblicherweise in Zug-Stärke besetzt. Grundwehrdiener, die in einer Stellungskommission Dienst leisten, und mit Aufgaben mit medizinischem Zusammenhang betraut werden, haben grundsätzlich vor der Verwendung eine knapp vierwöchige Ausbildung als Ordinationsgehilfe zu absolvieren.

Mit Ausmusterung bezeichnet man in Österreich den meist feierlichen Abschluss einer militärischen oder polizeilichen Ausbildung und die damit verbundene Entlassung in den Dienst. Beispiele sind der Abschluss der Grundausbildung mit Angelobung oder der Abschluss der Theresianischen Militärakademie.

Reguläre Stellung

Jedem männlichen, österreichischen Staatsbürger, der das wehrpflichtige Alter erreicht, wird eine Stellung mittels öffentlicher Kundmachung (durch Aushang an Gemeindeämtern oder anderen öffentlichen Gebäuden) angeordnet. Zusätzlich erhält jeder Stellungspflichtige per eingeschriebenem Brief eine so genannte „Aufforderung zur Stellung“, in der aufgeführt ist, in welcher Stellungskommission er sich wann einzufinden hat. Ebenso wird ein „Bundesheerfahrausweis“ mitgesendet, der es dem Stellungspflichtigen ermöglicht, kostenlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Wird dieser Ausweis nicht in Anspruch genommen, so wird ein aliquotes Kilometergeld ausbezahlt.

In Österreich herrscht grundsätzlich Stellungspflicht, das heißt der Stellungspflichtige hat der Aufforderung zur Stellung nachzukommen. Tut er dies nicht, so wird er zuerst zu einer Nachstellung aufgefordert. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so kann er auch zwangsweise vorgeführt werden. Kann ein Stellungspflichtiger schon am Anfang des ersten Stellungstages medizinische Gutachten beibringen, die seine Untauglichkeit eindeutig belegen, so wird der Stellungspflichtige in einem verkürzten Verfahren als untauglich ermittelt. In besonderen Fällen, wie etwa bei körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung kann auch eine Stellung „in Abwesenheit“ durchgeführt werden, es wird hierbei anhand der vorgelegten bzw. eingeschickten amtsärztlichen Befunde die Untauglichkeit beschlossen, der Stellungspflichtige muss selbst nicht erscheinen und erhält den Stellungsbeschluss per RSb-Brief zugestellt.

Ablauf der Stellung

Der reguläre Stellungsablauf dauert in der Regel 1½ Tage. Am Anfang des ersten Tages, ab etwa 7 Uhr morgens, wird festgestellt, welche Stellungspflichtigen tatsächlich erschienen sind. Die erschienenen Stellungspflichtigen werden weiters mit einem Spindschlüssel, Hausschuhen und kurzen Hosen (in weißer oder grüner Farbe, abhängig vom Wochentag) ausgestattet, und in zwei Gruppen eingeteilt.

Die Untersuchungen am ersten Tag unterteilen sich in die medizinische und die psychologische Untersuchung. Am Vormittag führt dabei die erste Gruppe den medizinischen Teil durch, während die zweite Gruppe die psychologische Untersuchung in Form der so genannten CUT (Computerunterstützte Testung) durchführt. Am Nachmittag wechseln dann die Gruppen. Ziel der Untersuchungen des ersten Tages ist es, medizinische und psychologische Basisdaten für die am zweiten Tag folgende medizinische Hauptuntersuchung zu sammeln.

Am ersten Tag wird Folgendes durchgeführt:

In Fällen wie unklaren Befunden in Sachen Audiometrie, EKG oder bei möglichen Sehschwächen werden die betroffenen Stellungspflichtigen von einem jeweiligen Facharzt noch am Nachmittag des ersten, bzw. in der Früh des zweiten Tages untersucht und die Befunde an die Stellungskommission übermittelt. Stellungspflichtige, die bei der CUT ein Ergebnis unter einem bestimmten Niveau erreichen, müssen zusätzlich noch ein Einzelgespräch mit einem Psychologen absolvieren. Das Vortäuschen von nur geringen Kenntnissen und Fähigkeiten beim Test am Computer hat übrigens keinen direkten Einfluss auf die Tauglichkeit, sondern wirkt sich lediglich in der automatischen Ermittlung der Verwendungszwecke aus (Abgleich IST-Profil / SOLL-Profil).

Der erste Stellungstag endet üblicherweise etwa um 15 Uhr nach der Vorführung von Werbe- bzw. Informationsfilmen zu den Kräften für internationale Operationen (KIOP) und den Waffengattungen des Österreichischen Bundesheers.

Am zweiten Tag werden die Stellungspflichtigen von eigenen Ärzten (in der Regel Vertragsärztinnen) untersucht. Dabei werden sowohl die am Vortag festgestellten Daten als auch eventuell vom Stellungspflichtigen beigebrachte Befunde und ärztliche Bestätigungen berücksichtigt, sowie weitere Untersuchungen durchgeführt. Auf dieser Basis entscheidet der Arzt, ob der Stellungspflichtige tauglich, vorübergehend untauglich, untauglich oder vom Beschluss ausgesetzt ist. Vorübergehend untaugliche Stellungspflichtige werden zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Kurzstellungsverfahrens erneut auf ihre Tauglichkeit überprüft. Stellungspflichtige, bei denen der Beschluss ausgesetzt wurde, werden zu einem Facharzt überwiesen, wobei sich der Stellungspflichtige selbst um einen Termin kümmern muss. Diese Untersuchung beim Facharzt muss innerhalb von 4 Wochen geschehen. Dies geschieht vor allem in Fällen, wo die dem Untersuchungsarzt vorliegenden Befunde unklar und/oder zweifelhaft sind. Die Kosten für die Untersuchung selbst werden von der Stellungskommission selbst getragen.

Die Tauglichkeit wird mit so genannten Wertungsziffern angegeben, wobei 9 die höchste Ziffer („uneingeschränkt tauglich“) und 0 die niedrigste Ziffer („untauglich“) darstellt. Die Ziffern 4 bis 2 bezeichnen eine eingeschränkte Tauglichkeit (verbunden mit einem Ausnahmeprofil, eine Liste von Empfehlungen für Befreiungen an den Truppenarzt, sollte der Stellungspflichtige in Zukunft einrücken), und die Stufe 1 bezeichnet vorübergehende Untauglichkeit. Vom Beschluss ausgesetzten Stellungspflichtigen wird keine Wertungsziffer zugewiesen, da diese erst nach den weiteren Untersuchungen bestimmt werden kann. Wertungsziffern von 4 oder niedriger müssen zusätzlich noch von der leitenden Ärztin der Stellungskommission abgezeichnet werden.

Ebenfalls am zweiten Tag werden allfällige administratorische Tätigkeiten durchgeführt, wie etwa die Ausgabe der Fahrscheine oder Ausbezahlung des Kilometergeldes, oder die Einzelberatung zu den Karrieremöglichkeiten im Österreichischen Bundesheer.

Sind die medizinischen Untersuchungen abgeschlossen, so wird dem Stellungspflichtigen das Stellungsergebnis vom Leiter der Stellungskommission mitgeteilt. Hier kann auch eine eventuelle Zivildiensterklärung übergeben werden. Die Möglichkeit, eine derartige Erklärung abzugeben, besteht jedoch grundsätzlich bis 2 Tage vor Erhalt (Übernahme) eines Einberufungsbefehles. Mit der Unterschrift von Leiter und Stellungspflichtigem auf dem Stellungsbescheid erlangt das Stellungsergebnis Gültigkeit. Damit ist die Stellung beendet, und das ermittelte Ergebnis wird an die zuständige Ergänzungsabteilung weitergeleitet.

Beim Verlassen der Stellungskommission wird dem Stellungspflichtigen noch ein Paket mit Werbegeschenken (Autozeitschrift, Energy-Drink, Nassrasierzubehör) überreicht. Für die Heimfahrt wird dem Stellungspflichtigen wie schon bei der Anreise eine Fahrkarte oder, wenn gewünscht (z.B. bei Anreise mit dem eigenen Auto), ein aliquotes Kilometergeld ausbezahlt.

Kurzstellung

Wurde ein Stellungspflichtiger als „vorübergehend untauglich“ eingestuft, so wird die endgültige Tauglichkeit in einem späteren Verfahren, einer so genannten Kurzstellung, festgestellt. Dies geschieht, wenn der Stellungspflichtige zum Zeitpunkt der ersten Stellung z.B. verletzt oder krank ist, und der Heilungsprozess voraussichtlich länger dauern wird. Der Stellungspflichtige erhält nach einem bestimmten Zeitraum (maximal 2 Jahre) wiederum einen Stellungsbefehl. Die damit verbundenen Untersuchungen sind jedoch relativ rasch durchgeführt, da in der Regel lediglich vom Stellungspflichtigen beigebrachte oder der Stellungskommission vorliegende Befunde von einer Ärztin begutachtet werden. Zu beachten ist, dass auch das Ergebnis einer Kurzstellung wieder „vorübergehend untauglich“ sein kann. Die endgültige Feststellung der Tauglichkeit kann sich im ungünstigsten Fall, etwa bei langwierigen Heilungsprozessen, also dementsprechend in die Länge ziehen.

Darüber hinaus hat jeder Wehrpflichtige, wenn sich sein Gesundheitszustand wesentlich ändert, Anrecht auf eine erneute Stellung. Personen, die eine Zivildiensterklärung abgegeben haben, steht dieses Recht jedoch nicht mehr zu.

Ausbildungsdienst-Stellung

Personen, die sich freiwillig zum Österreichischen Bundesheer melden, werden vor dem Einrücken einer Tauglichkeitsüberprüfung unterzogen. Derartige Überprüfungen finden in einer der Stellungskommissionen statt, wobei die zu Überprüfenden von Mitarbeitern des Heerespersonalamtes begleitet werden. Es werden in etwa die gleichen Untersuchungen wie bei einer regulären Stellung durchgeführt, mit dem Unterschied, dass zu jedem zu Überprüfenden ein Belastungs-EKG ermittelt wird, sowie ein obligatorischer Drogentest in Form eines Urin-Teststreifens durchgeführt wird. Da an der Ausbildungsdienst-Stellung auch Frauen teilnehmen, müssen diese auch noch die CUT durchführen, welche die männlichen Teilnehmer schon bei ihrer regulären Stellung durchgeführt haben.

Das Verfahren der Ausbildungsdienst-Stellung ist im Gegensatz zur regulären Stellung beschleunigt, und dauert in der Regel weniger als einen Tag. Das ermittelte Ergebnis wird nicht an die zuständige Ergänzungsabteilung, sondern an das Heerespersonalamt übermittelt.

Auch die Stellungspflichtigen zum Ausbildungsdienst erhalten ein Paket mit Werbegeschenken, wobei sich das Paket für Frauen dadurch von dem der Männer unterscheidet, dass es einen Damenrasierer statt des normalen Rasierzubehörs enthält sowie zusätzlich noch eine Strumpfhose. Das Frauenpaket enthält die gleiche Auto-Zeitschrift wie die gewöhnlichen „männlichen“ Werbegeschenkpakete.

Ursprung in der Zweiten Republik

Die Musterung wurde ursprünglich in den jeweiligen Bezirkshauptstädten durchgeführt, wobei jeweils die Termine so angelegt waren, dass die Stellungspflichtigen jeweils einer Gemeinde angehörten.

Kritik an der Musterung

Es wird zwischen grundsätzlicher Kritik an der Institution Musterung an sich (Grundsatzkritik) und Kritik an der zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Gebiet angewandten Art der Durchführung der Musterung (Durchführungskritik) unterschieden. Erstere kritisiert die unfreiwillige Begutachtung von Menschen auf ihre Verwertbarkeit als menschliche Ressourcen für die Zwecke des Militärs in ihrer Gänze als eine verwerfliche Angelegenheit. Dies beinhaltet meist auch die Forderung nach der Abschaffung unfreiwilliger Musterungen. Kritik an der Durchführungspraxis schließt die Billigung oder Befürwortung der Musterung nicht aus und fordert, die Art ihres Ablaufes oder ihrer Organisation so abzuändern, dass diese für die Betroffenen als Gruppe oder als Individuum weniger ungerecht, willkürlich oder schikanös sind. Dies kann also auch von Unterstützern der Institution der Musterung aus Politik oder dem Militär selbst kommen, da Missstände und unnötige Unannehmlichkeiten und Rücksichtslosigkeiten bei der Musterung dem Ansehen des Militärs schaden könnten.

Grundsatzkritik an der Institution Musterung

Grundsatzkritik an der Institution der unfreiwilligen „Musterung“ steht meistens in engem Zusammenhang mit einer kritischen Haltung oder Ablehnung gegenüber der Wehrpflicht oder der Gesamtinstitution Militär als solcher.

Die grundsätzliche Kritik an der Musterung entzündet sich dabei in erster Linie an dem Spannungsverhältnis, in dem die Institution „Musterung“ nach Auffassung ihrer Kritiker zum Grundsatz der „Unverletzlichkeit der Menschenwürde“ steht. Die Quelle für dieses Spannungsverhältnis erblicken die Kritiker in der Regel in dem Umstand, dass militärärztliche Tauglichkeitsuntersuchungen, die aufgrund der Wehrpflicht erfolgen, auf unfreiwilliger Basis durchgeführt werden, diese Untersuchungen also einen Zwangscharakter besitzen. Hierbei wird zumeist darauf hingewiesen, dass die Praxis, Menschen zu zwingen, anderen Menschen auf unfreiwilliger Basis an ihren Körper „ranzulassen“ in jedem anderen Zusammenhang als schwerer Übergriff und sogar als Verbrechen gilt und es keinen Grund gebe, dies im Rahmen der Musterung anders zu bewerten, nur weil derjenige, von dem dieser Zwang im Rahmen der Musterung ausgeht, der Staat/eine Behörde und keine Privatperson ist.

Der Zwangscharakter der unfreiwilligen Musterung wird zudem von Kritikern häufig als ein Verstoß gegen das sonst allgemein anerkannte Prinzip der freien Arztwahl (und der damit einhergehenden Option, sich nach Wunsch auch überhaupt nicht ärztlich untersuchen zu lassen) gewertet. Hieran wird insbesondere die Frage angeknüpft, ob eine unfreiwillige ärztliche Untersuchung überhaupt noch als ärztliche Untersuchung gelten kann, da ihr das für ärztliche Untersuchungen ansonsten stets als wesensbestimmend angesehene Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient fehlt. Auch wird in diesem Kontext immer wieder darauf hingewiesen, dass zwangsweise ärztliche Begutachtungen atypisch für Rechtsstaaten sind, was es abseits der Musterung nur im Rahmen von zwangsweisen Leibesvisitationen im Rahmen des Strafvollzugswesens und (theoretisch) in der Seuchenbekämpfung gibt. Daran knüpfen Kritiker die Schlussfolgerung, dass die Institution der zwangsweisen Musterung nicht zum Konzept eines Rechtsstaates passe.

Nicht selten wird von Musterungs-Kritikern auch darauf verwiesen, dass der Status des (unfreiwillig) Begutachteten, den der Musterungskandidat bei unfreiwilligen Musterungen einnimmt, diesen von einem Subjekt zu einem Objekt, von einem Menschen zu einem „Ding“ degradiert. Die standardisierte Untersuchungsprozedur und die – theoretisch – feste Verknüpfung bestimmter Eindrücke und/oder Feststellungen durch den die Untersuchung durchführenden Art mit einer bestimmten Tauglichkeitsentscheidung, d.h. das Prinzip, dass die mit der Durchführung der Musterung beauftragten Militärärzte das Feststellen bestimmter körperlicher Eigenschaften/Eigenschaftskombinationen und Befunde (z. B. das Verhältnis Körpergröße zu Gewicht, der Blutdruck, die Sehstärke etc.) in Form einer (durch einheitliche Bewertungsrichtlinien und Vorgaben - die besagen, dass das Vorliegen/Festgestellt-Werden von Gegebenheit x mit Maßnahme/Entscheidung y zu sanktionieren ist (also ein bestimmtes Problem in dem entsprechenden Bereich des Bewertungsbogens mit einer bestimmten Fehlerziffer bzw. das Nicht-Vorliegen eines bestimmten Problems mit einer Positivziffer zu vermerken ist) - festgelegten) mechanischen Zuordnung automatisch mit der Zuteilung eines bestimmten Urteils (tauglich/untauglich) beziehungsweise eines bestimmten Tauglichkeitsgrades (bzw. einer bestimmten Einstufungsziffer) quittieren, wird überdies häufig als eine Missachtung der menschlichen Individualität aufgefasst. Menschen würden so aufgrund von äußerlichen Kriterien künstlich gleichgesetzt, „als ob sie identische Maschinenteile einer Bauart“ seien. Befürworter der Musterung halten dieser Kritik wiederum entgegen, dass eine „Schematisierung“ oder Gleichsetzung der Gemusterten unumgänglich sei, um die Institution vor dem Vorwurf der Willkür zu bewahren und um dem Gleichheitsgrundsatz genüge zu tun.

Die allgemeine Kritik an der Musterung deckt sich mit der allgemein an militärischen Strukturen geübten Kritik: Die Einschränkung der individuellen Freiheit und der Entfaltung des Einzelnen sowie die „Abfertigung“ des Musterungskandidaten nach einer festen Prozedur werden als eine Reduktion des Gemusterten vom Menschen zum Objekt bewertet. Der Mensch werde so zum Verfügungsgegenstand anderer gemacht. So wird die Musterung mitunter auch mit der Begutachtung von Industriegütern verglichen. Umstritten sind von den Kritikern immer wieder angestellte Vergleiche, die die Musterung mit Begriffen wie „Fleischbeschau“, „Pferdemarkt“, „Menschenmaterialbegutachtung“ oder „TÜV“ als eine vermeintlich menschenverachtende Institution kennzeichnen.

Kritik an der deutschen Musterungspraxis

In den letzten Jahren der aktiven Wehrpflicht war das Musterungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland vermehrt in Kritik geraten. Dabei wurde von Gegnern wie auch Befürwortern der Wehrpflicht vor allem Willkür und Ungerechtigkeit der Musterungsärzte bei der Entscheidung über die tauglichkeitsgradmäßige Verwendungsfähigkeit der Musterungskandidaten moniert. So war die Ausmusterungsquote infolge von sinkendem Personalbedarf der Bundeswehr von 12 % der männlichen Angehörigen eines Jahrgangs (2002) auf über 43 % (2008) gestiegen. Dies legt den Verdacht nahe, dass nicht ausschließlich objektive Dienstunfähigkeit zur Ausmusterung führte, sondern dass die Musterungsärzte willkürlich tatsächlich diensttaugliche junge Männer als „untauglich“ aussonderten, die dies realiter nicht waren. Es wurden also junge Männer aus nichtigen Gründen untauglich geschrieben. Anstatt Kriterien der Notwendigkeit wurden Kriterien der Beliebigkeit bei der Zumessung eines Tauglichkeitsgrades angelegt.

Siehe auch: Konskription

Vom schwedischen Menschenrechtsaktivisten Lars G. Petersson wird auch kritisiert, dass die Untersuchung des Unterleibs und der Genitalien bei Männern nicht immer von gleichgeschlechtlichen Ärzten durchgeführt wird bzw. häufig andergeschlechtliches Hilfspersonal ohne Sichtschutz dabei präsent ist.[11][12]

Kritik an der österreichischen Stellung

Die Kritik an der Stellung richtet sich hauptsächlich an die Tatsache, dass die Stellung unter keinen Umständen verkürzt oder umgangen werden kann. Auch Kandidaten, die den Zivildienst anstreben, müssen das ganze Programm absolvieren, um einen Tauglichkeitsbeschluss zu erhalten. Bei dieser Argumentation wird allerdings übersehen, dass das Ergebnis der Stellung, nämlich Tauglichkeit oder Untauglichkeit, erst am Ende des Stellungsablaufs feststehen kann. So kann es vorkommen, dass sich eine vermeintlich taugliche Person als untauglich herausstellt, und so weder Wehrdienst noch Zivildienst geleistet werden muss. Die Gesundenuntersuchung – von Kritikern der Stellung an sich oftmals als „Zwang“ bezeichnet – ist eine durch das Wehrgesetz geregelte staatsbürgerliche Pflicht, wobei wesentlich detaillierter untersucht wird als bei einer regulären Gesundenuntersuchung eines praktischen Arztes.

Die Institution Musterung in Dichtung und Kultur

Die wahrscheinlich berühmteste Schilderung einer Musterungssituation in der deutschsprachigen Literatur findet sich in Thomas Manns Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull aus dem Jahr 1909. Dort gelingt es dem Titelhelden, seine Ausmusterung zu erreichen, indem er der Musterungskommission einen epileptischen Anfall vorspielt. Weitere bekannte Musterungsszenen finden sich in dem Musical Hair von Galt MacDermot sowie in dem Roman Die Blechtrommel von Günter Grass.

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki veröffentlichte 1982 unter dem Titel Musterung einen Band mit Zeitungsglossen aus dem Werk des österreichischen Schriftstellers Alfred Polgar. Das Leitmotiv, nach dem die Beiträge des Bandes von Reich-Ranicki ausgewählt wurden, ist Polgars Auseinandersetzung mit dem „Unrecht, das dem kleinen Mann geschieht.“ Der Titel des Bandes ist dabei dem Umstand geschuldet, dass sich in ihm besonders viele Texte zum Thema Musterung finden, einer Institution, der Polgar wiederholt besondere „Unmenschlichkeit“ attestiert. In dem Essay „Nr. 28“ kritisiert er beispielsweise das System, jedem Gemusterten am Ende der Musterung eine Zahl zuzuordnen als den ersten „Greuel des Krieges“. Militärärzte beschreibt er an anderer Stelle als Leute „die ein Sieb halten, in das die männliche Menschheit hineingeschüttet [und gesondert]“ wird. In der Glosse „Der Zahnarzt“ (über einen Militärarzt, der auch eine private Zahnarztpraxis betreibt) wiederum beschreibt er Militärärzte als Ärzte, für die der Patient „kein Patient [ist] sondern ein untergeordnetes Lebewesen. Eine menschenähnliche Sache“, die auf ihre Verwertbarkeit geprüft wird.[13]

Weblinks

 Commons: Musterung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wort und Brauch im deutschen Heer, Transfeldt – v. Brand – Quenstedt, 6. vermehrte Auflage, Hamburg 11 H.G. Schulz 1967, S. 2
  2. Soweit sie Haus- und Grundbesitzer waren, also nicht Besitzlose; soweit eine Witwe Haus und Hof besaß, musste ein Ersatzmann gestellt oder Geldersatz bezahlt werden.
  3. Alter der Soldaten, Befähigung der Vorgesetzten, Brauchbarkeit der Bewaffnung und Ausrüstung
  4. zitiert nach Peter-Christoph Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr, Schriften zur Verfassungsgeschichte Band 21, Duncker & Humblot Berlin, 1974, ISBN 3-428-03033-8, Seite 525
  5. Deutscher Bundestag, Drucksache 16/12522, 26. März 2009
  6. Heinz Sahmer: Gesetz über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst […] nebst Bestimmungen über die Durchführung der Musterung, 1957, passim; Wolfgang Stauf: Wehrrecht von A-Z, 1986.
  7. Wolfgang Pooch: Wehrpflicht und Wehrersatzwesen in der Bundesrepublik Deutschland, 1985.
  8. Antworten der Bundesregierung auf Kleine Anfragen vom 18. März 2008, S. 6 und vom 26. März 2009, S. 5.
  9. Siehe z.B. [1]
  10. Wolfgang Pooch: Wehrpflicht und Wehrersatzwesen in der Bundesrepublik Deutschland, 1985 (Kapitel mit Übungsfragen zur Beamtenunterweisung).
  11. Bundesministerium der Verteidigung: ZDv 46/1. Allgemeine Durchführungsbestimmungen zu der ärztlichen Untersuchung bei Musterung und Dienstantritt von Wehrpflichtigen, Annahme und Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern für den freiwilligen Dienst in den Streitkräften sowie bei der Entlassung von Soldatinnen und Soldaten. Bonn, 2010
  12. Lars G. Petersson: Musterung: Staatlich Legitimierte Perversion, 2010. ISBN 978-1849911863
  13. Marcel Reich-Ranicki [Hrsg.]: Musterung (= Alfred Polgar: Kleine Schriften, Bd. 1), Hamburg 1982.
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