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Tonnengewölbe

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Elemente eines Tonnengewölbes
Wange - rote Fläche
Kappe - blaue Fläche
Widerlager - grüne Kante
Gurtbogen - rote Kante
Gratbogen - blaue Kante

Als Tonnengewölbe bezeichnet man ein Gewölbe mit zwei gleich langen parallelen Widerlagern.

Bezeichnungen

Bei rundbogigem Querschnitt spricht man von einer ‚Rundtonne‘, bei spitzbogigem Querschnitt von einer ‚Spitztonne‘. Ein Tonnengewölbe ist gerade, wenn es einen rechteckigen Grundriss hat; es ist schief, wenn er parallelogramm- oder paralleltrapezförmig ist.

Denkt man sich ein Tonnengewölbe von zwei sich kreuzenden Diagonalen (auf den Grundriss bezogen) unterteilt, heißen die dreieckigen Segmente von den Widerlagern zum Scheitel Wangen oder Walme, die beiden anderen von den Schilden zum Scheitelpunkt Kappen. Die auf die Leibung projizierten Diagonalen, die Wangen und Kappen trennen, werden Gratbogen genannt.

Diese Segmente sind die Grundbausteine für kompliziertere Gewölbeformen, bei denen sich zwei oder mehr „gedachte“ Gewölbe durchdringen. Ein Tonnengewölbe, das ein Hauptgewölbe senkrecht schneidet, bildet im Schnittbereich eine Stichkappe.

Geschichte

rekonstruiertes Tonnengewölbe in der Römervilla von Bad Neuenahr-Ahrweiler

In der Antike war die Kunst, Räume nicht mit einer flachen Decke, sondern mit einem Gewölbe abzuschließen, weit entwickelt. In Rom haben sich einige herausragende Beispiele erhalten, so z. B. die Maxentiusbasilika. Religiöse Kultbauten wie die antiken Tempel und die frühchristlichen Kirchen waren jedoch in der Regel nicht gewölbt, sondern flachgedeckt. Die römische Gewölbetechnik entwickelte sich vor allem in Thermenbauten weiter.

Mit der Eroberung Roms durch die Germanen gingen ab dem 5. Jahrhundert im westlichen Europa die Kenntnisse der Wölbungstechnik nach und nach verloren. Beispiel einer Tonnenwölbung des frühen Mittelalters ist die Königshalle von Santa María del Naranco in Nordspanien (9. Jahrhundert). In der Regel jedoch waren die Baumeister nicht mehr in der Lage, Räume einzuwölben. Die Anfänge des mittelalterlichen Wölbungsbaus liegen in Brückenbauten oder in den Krypten. Großräume wurden meist nicht gewölbt. Dies änderte sich erst um die Jahrtausendwende. Zunächst wölbte man nur die schmaleren und niedrigeren Seitenschiffe, die breiten hohen Mittelschiffe blieben flachgedeckt. Die zweite Kirche der berühmten und einflussreichen Abtei Cluny im französischen Burgund war wohl um 1000/1010 im Mittelschiff durch eine Tonne gewölbt. Damit war sie eine der ersten – wenn nicht die erste – Kirche dieser Art. Der damals unbekannte Raumeindruck muss gewaltig gewesen sein: die neue Technik wurde schnell aufgegriffen und nachgeahmt. Keine zwanzig Jahre später folgte in den Pyrenäen die Klosterkirche von Saint-Martin-du-Canigou, in der Schweiz die Kirche von Kloster Romainmôtier.

Diese ersten Kirchen waren noch sehr schmal, da man zunächst Erfahrungen mit der neuen Wölbungstechnik machen musste und weite Räume nicht überspannen konnte. Nicht wenige dieser Versuche misslangen, und etliche Gewölbe stürzten ein – so z. B. in Tournus in Burgund bei der Abteikirche Saint Philibert. Hier kam man in der Folge auf die originelle – möglicherweise aus dem Brückenbau übernommene – Idee, das eingestürzte Gewölbe durch aneinandergereihte und quer zum Kirchenschiff verlaufende Halbtonnen zu ersetzen.

Da sich die bis zu diesem Zeitpunkt errichteten Gewölbe als wenig tragfähig erwiesen, ging man schnell dazu über, die Gewölbe durch gemauerte Steinbögen zu unterstützen – die ‚Gurtbögen‘. Gewaltige Tonnengewölbe haben die Pilgerstraßenkirchen am Pilgerweg nach Santiago de Compostela, namentlich die Bauten St-Étienne de Nevers, St-Sernin de Toulouse, Sainte Foy in Conques, Notre-Dame du Port in Clermont-Ferrand und die Kathedrale von Santiago de Compostela selbst.

Es stellte sich heraus, dass anstelle der bisherigen halbkreisförmigen Gewölbetonnen (‚Rundtonnen‘) spitzbogige Gewölbe (‚Spitztonnen‘) belastbarer waren. Erstmals wurde dies ab 1088 in der dritten Kirche von Cluny realisiert. Die Spitztonne wurde zum typischen Merkmal der burgundischen Romanik, beispielsweise in Sacré-Cœur de Paray-le-Monial und Fontenay.

Der nächste Entwicklungsschritt waren Kreuzgratgewölbe und die daraus entstandenen Kreuzrippengewölbe als standardmäßige Gewölbeform der Gotik, die bald die Tonnengewölbe völlig verdrängten.

Erst in der Renaissance kehrte man im Kirchenbau zur nun erheblich weiter gespannten Tonnenwölbung zurück, um eine grandiose Raumwirkung zu erzielen. Bedeutende Beispiele sind die Basilika Sant'Andrea in Mantua, die Kirche San Giorgio Maggiore in Venedig und vor allem der Petersdom mit seinem 27 Meter weiten Gewölbe über dem Mittelschiff sowie die Michaeliskirche in München mit einem mächtigen, über den Fenstern und Seitenkapellen liegenden durchgehenden Tonnengewölbe.

Die Einführung von Stahl und Beton erlaubten die Verwendung von Tonnengewölben und ähnlichen Strukturen bei unterschiedlichsten Gebäuden. Einige Beispiele sind der ehemalige Crystal Palace in London, der Lehrter Bahnhof in Berlin, die Empfangshalle des Kaiserbahnhofs in Potsdam und der Hauptbahnhof in Frankfurt am Main sowie das Tonnengewölbe in der Kuppelhalle des Bundeshauses in Bern. Wegen ihrer monumentalen Wirkung wurden Tonnengewölbe im Beinhaus von Douaumont und im Valle de los Caídos gebaut. Als moderne Halle kann die in den Jahren 1965–1969 in München an der Friedenheimer Brücke mit flachen Kreissegment-Bögen gebaute ehemalige Paketposthalle genannt werden, die mit einer Spannweite von 146,8 Meter und einer Länge von 124 Meter die größte freitragende Betonfertigteilhalle der Welt war.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Tonnengewölbe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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