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Adolph von Menzel

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Adolph von Menzel, 1900

Adolph Friedrich Erdmann von Menzel (* 8. Dezember 1815 in Breslau; † 9. Februar 1905 in Berlin), geadelt 1898, war Maler, Zeichner und Illustrator. Er gilt als der bedeutendste deutsche Realist des 19. Jahrhunderts. Sein Werk ist außerordentlich vielfältig; bekannt und zu Lebzeiten hoch geehrt wurde er vor allem durch seine historisierenden Darstellungen aus dem Leben Friedrichs des Großen.

Leben

Laufbahn

Selbstporträt, 1834

Adolph Menzel wurde am 8. Dezember 1815 im damals preußischen Breslau geboren, wo der Vater Carl Erdmann Menzel eine Steindruckerei betrieb. Seine künstlerische Begabung zeigte sich schon früh.

1830 zog die Familie in die aufstrebende Hauptstadt Berlin, sei es, weil der Vater sich dort bessere Chancen für sein Geschäft erhoffte, sei es, weil man dem Sohn eine akademische Ausbildung ermöglichen wollte. Aber schon zwei Jahre später starb der Vater, und der gerade 16-jährige Adolph Menzel sah sich vor die Aufgabe gestellt, für den Lebensunterhalt der Familie (Mutter und zwei jüngere Geschwister) zu sorgen. Er führte das väterliche Geschäft fort, und schon jetzt zeigten sich seine typischen Charaktereigenschaften: Pflichtbewusstsein, Fleiß und Selbstdisziplin. 1833 besuchte er zudem für ein halbes Jahr die Berliner Akademie der Künste, gab diesen Versuch aber enttäuscht wieder auf und bildete sich fortan autodidaktisch weiter.

1839 erhielt Menzel den Auftrag zu Illustrationen einer mehrbändigen Geschichte Friedrichs des Großen von Franz Theodor Kugler. Bis 1842 fertigte er dazu rund 400 Zeichnungen an. Diese Arbeit brachte die entscheidende Wende in Menzels Laufbahn. Sie machte ihn einer breiten Öffentlichkeit bekannt und verschaffte ihm wichtige Kontakte (u. a. zum preußischen Königshof) sowie weitere Aufträge.

Menzel 1898 in seinem Atelier

In den darauf folgenden Jahren illustrierte er zwei weitere Werke aus dem Friedrich-Themenkreis. Seine Gemälde, die zunächst oft historische Sujets, später zunehmend solche der Gegenwart behandelten, wurden immer begehrter. 1856 wurde sein Bild Friedrich und die Seinen in der Schlacht bei Hochkirch in der Akademie der Künste ausgestellt, 1867 auch auf der Pariser Weltausstellung. Das 1857 für eine private Kunstvereinigung gemalte Bild Begegnung Friedrichs II. mit Kaiser Joseph II. in Neisse im Jahre 1769, dessen Thema Menzel selbst gewählt hatte, fand aus ästhetischen und politischen Gründen geteilte Aufnahme.[1] 1861 erhielt Menzel seinen einzigen staatlichen Auftrag: Er schuf das offizielle Monumentalbild der Krönung von Wilhelm I. zum König von Preußen in Königsberg. Von da an wurde Menzel zu Hoffestlichkeiten eingeladen. Die Darstellung des Bürger- und Großbürgertums wurde von nun an eins seiner Themen. In seiner Nähe zum Hof und seiner Eigenschaft als Ereignis und Militärmaler ist sein Wirken mit dem seines Zeitgenossen Emil Hünten vergleichbar.

1873 wurde Menzels Tafelrunde Friedrichs des Großen vom preußischen Staat für die geplante Nationalgalerie angekauft. Später erwarb die Galerie noch weitere Gemälde und Zeichnungen Menzels. 1885 fand in Paris eine Menzel-Ausstellung statt; in Berlin wurde sein 70. Geburtstag mit einer großen Ausstellung und vielen Ehrungen gefeiert.

Der wachsende Ruhm ging einher mit einem gesellschaftlichen Aufstieg und zahlreichen öffentlichen Ehrungen. 1853 wurde Menzel zum Mitglied der Königlichen Akademie der Künste gewählt, 1856 zum Professor, unterrichtete aber nie. Menzel erhielt mehrere Orden, darunter 1898 den Schwarzen Adlerorden, mit dem der erbliche Adel verbunden war. Menzel stand diesen Ehrungen zunehmend skeptisch gegenüber und sprach von seinen Orden gern als all „dem ganzen Kladderadatsch“.

Menzels Grab in Berlin-Kreuzberg

Als Vorlagen für Stollwerck-Sammelbilder und –Postkarten erwarb der Kölner Schokoladenproduzent Ludwig Stollwerck im Jahre 1900 von Menzel für 120.000 Mark ein Skizzenbuch mit Zeichnungen von Soldaten der preußischen Armee. Das Skizzenbuch schenkte Ludwig Stollwerck nach seiner Ernennung zum Kommerzienrat dem Kaiserhaus.[2]

Am 9. Februar 1905 starb Adolph Menzel. Sein Ende hatte er kommen sehen. Am Neujahrstag 1905 sandte er an Kaiser Wilhelm II. den Gruß: „Die letzte Stunde ist vor der Tür! Schütze der Himmel Eure Majestät und Ihr ganzes Haus und unser Deutsches Vaterland!“[3] Wilhelm, der in Menzel einen Verherrlicher des Preußentums sah und ihn deshalb sehr verehrte, ordnete ein Staatsbegräbnis an und folgte mit seiner Familie dem Sarg. Seine letzte Ruhestätte fand Adolph Menzel auf dem Dreifaltigkeitskirchhof II, im Feld OM, G1. Die Ehrengrabstätte wird von einer Bronzebüste nach dem 1875 entstandenen Modell von Reinhold Begas geschmückt. Wenig später fand in der Nationalgalerie eine Gedenkausstellung statt, in der die Öffentlichkeit zum ersten Mal Menzels Balkonzimmer sah. Die Galerie erwarb den Nachlass Menzels.

Privatleben

Menzels Schwester Emilie im Schlaf, 1848

1850 wurde Menzel in den literarischen Verein Tunnel über der Spree aufgenommen, zu dem auch Theodor Fontane, Paul Heyse, Franz Theodor Kugler und Theodor Storm gehörten. Hier fand der als verschlossen beschriebene Künstler, der nur wenige engere Freunde hatte, Gelegenheit zum Gedankenaustausch. Menzels einzelgängerisches Wesen stand sicherlich in Zusammenhang mit seiner Kleinwüchsigkeit, wegen der er auch als „die kleine Exzellenz“ tituliert wurde. Er war nur 1,40 Meter groß und wegen „Gnomenhaftigkeit“ für militäruntauglich erklärt worden (in einem Land und einer Zeit, in der alles Soldatische in hohem Ansehen stand, ein erheblicher Makel). Menzel war nie verheiratet, über Beziehungen zu Frauen ist nichts bekannt. Emotionale Nähe fand er in seiner Familie. Er wohnte mit der Mutter und den Geschwistern zusammen, später, nach dem Tod der Mutter, dem frühen Tod des Bruders und der Heirat der Schwester, in Wohnungsnachbarschaft mit deren Familie. Gemeinsam führten sie mehrere Umzüge durch und fuhren auch zusammen in die Sommerfrische. Menzel stand seinen Angehörigen sehr nahe und hat sie auch verschiedentlich finanziell unterstützt.

Reisen brachten Abwechslung in Menzels recht ereignisarmes Leben; allerdings führten sie ihn wiederum oft in bereits bekannte Gegenden. Seit 1850 unternahm Menzel alljährlich eine längere Sommerreise. Häufige Ziele waren Dresden und das Elbsandsteingebirge, Süddeutschland und Österreich. Dreimal war Menzel in Paris: 1855 und 1867 zur Weltausstellung, wo jeweils auch Werke von Menzel gezeigt wurden, sowie 1868 (Ausstellung dreier seiner Bilder im Salon); dreimal war er in Oberitalien.

1866 reiste er zu den Schauplätzen des preußisch-österreichischen Krieges nach Böhmen. Seine Motive waren nach eigenem Bekunden Pflichtgefühl (wenn er schon nicht als Soldat teilnehmen konnte) sowie Neugier, der „Durst noch Dies und Jenes zu wissen, wenns einmal doch nicht das frische Schlachtfeld sein konnte“ (an Hermann Krigar, 24. Juli 1866). Menzel hatte in Zusammenhang mit seinen Friedrich-Illustrationen bereits des Öfteren Krieg und Tod dargestellt, ohne diese jedoch jemals wirklich gesehen zu haben. Jetzt zeichnete er verwundete, sterbende und tote Soldaten, und die neue Erfahrung scheint ihn, wie sich an diesen Blättern ablesen lässt, sehr erschüttert zu haben. Menzel hat danach keine Kriegsthemen mehr gemalt.

Berliner Gedenktafel am Wohnhaus Menzels in der Ritterstraße 43 in Kreuzberg

Menzel und Berlin

Adolph Menzels Karriere ist eng verbunden mit dem gleichzeitigen Aufstieg seiner Wahl-Heimatstadt. Aus der Hauptstadt des preußischen Staates wurde, während Menzel dort lebte, die Hauptstadt des Deutschen Reiches, das Zentrum von Politik, Finanzwelt und Industrie. 1800 zählte Berlin noch 170.000 Einwohner, so wurde in Menzels Todesjahr 1905 die Zwei-Millionen-Grenze überschritten. Die aufstrebende, schnell sich wandelnde Stadt versorgte Menzel mit einer zahlungskräftigen Kundschaft, aber auch mit vielfältigen Motiven. Häufig hat er beispielsweise die zahlreichen Baustellen Berlins gezeichnet und gemalt. Auf vielen seiner Bilder sind Berliner Örtlichkeiten zu erkennen, und vor allem in späteren Jahren machte er das Berliner Bürgertum zu einem Thema seiner Arbeiten. Menzel war aber nicht nur Maler, sondern hatte auch eine Professur in der Kgl. Academie der Künste inne. Er zog in Berlin mehrfach um, beispielsweise wohnte er 1874 in der Potsdamer Straße 7 und seine Tätigkeit wurde angegeben mit Historienmaler; Professor und ordentliches Mitglied der Kgl. Academie der Künste. 1890 findet sich Menzel in der Sigismundstraße 3 in Berlin W und seine Stellung wurde angegeben mit Dr., Geschichts-Maler, Prof. u. Senator d. Kgl. Academie der Künste, Kanzler des Ordens pour le mérite; Ehrenbürger von Breslau.

Werk

Maler Preußens

Flötenkonzert, 1850–1852
Aufbahrung der Märzgefallenen, 1848

Durch seine Arbeit an den Illustrationen zur Geschichte Friedrichs des Großen hatte Adolph Menzel sich zum Friedrich-Experten entwickelt. Sicherlich fühlte er sich dem König darüber hinaus persönlich verbunden: Zum Gefühl der Isoliertheit in ihrer Umgebung kam der Umstand, dass beide in einer fast reinen Männerwelt lebten, beiden die geliebte Schwester wichtigste Bezugsperson war. Er selbst schrieb dazu (in einem Brief an seinen Freund C. H. Arnold 1840): „... mich hat nicht bald was so ergriffen. Der Stoff ist so reich, so interessant, so großartig, ... so malerisch, dass ich bloß einmal so glücklich werden möchte, aus dieser Zeit einen Zyklus großer historischer Bilder malen zu können.“ Ab 1849 malte Menzel eine Serie von Darstellungen aus dem Leben Friedrichs des Großen, darunter als bekannteste Werke Das Flötenkonzert Friedrich des Großen in Sanssouci, König Friedrichs II. Tafelrunde in Sansscouci und Friedrich und die Seinen bei Hochkirch.

Die Tafelrunde (1850): König Friedrich II. (Mitte) in Sanssouci mit Voltaire (links)

Schon bei seinen Friedrich-Illustrationen hatte Menzel hohen Wert auf die größtmögliche historische Richtigkeit bei der Darstellung der damals rund hundert Jahre zurückliegenden Ereignisse gelegt. Anhand geschichtlicher Quellen hatte er sich über Kleidung und Uniformen der damaligen Zeit informiert, er hatte die Original-Schauplätze besucht. Diese Detailgenauigkeit übertrug er auf seine Friedrich-Gemälde; sie verleiht den Bildern große Glaubwürdigkeit und macht sie sozusagen zu einer Bilddokumentation der historischen Ereignisse.

Anders als damals üblich stellte Menzel den Herrscher nicht in glorifizierender Herrscherpose dar. Stattdessen bevorzugte er Szenen, in denen Friedrich als Privatmann (Tafelrunde, Flötenkonzert) oder als volkstümlicher, gütiger König erscheint (Die Bittschrift, Friedrich der Große auf Reisen). Von den beiden Darstellungen aus dem Siebenjährigen Krieg zeigt die eine (Friedrich und die Seinen bei Hochkirch) eine Schlacht, die mit einer preußischen Niederlage endete, die andere, Ansprache Friedrichs des Großen an seine Generale vor der Schlacht bei Leuthen, die angespannte Situation vor einer scheinbar aussichtslosen Schlacht (die dann allerdings doch gewonnen wurde). Menzel vermied auf seinen Friedrich-Bildern konsequent jeden Eindruck von Pathos oder bloßer Feierlichkeit. So sieht man bei Flötenkonzert auf der linken Seite einen Zuhörer, der gelangweilt zur Decke schaut. Die Tafelrunde wird keineswegs vom König beherrscht; vielmehr sind im Vordergrund mehrere Herren in Privatgespräche vertieft.

Krönung König Wilhelms I. in Königsberg, 1861

Wegen ihres mangelnden Sinns für das Heroische und Majestätische fanden die Bilder bei der konservativen Kunstkritik und auch bei der königlichen Familie, auf die Menzel sicherlich als Käufer gerechnet hatte, zunächst wenig Anklang. Das änderte sich, als mit wachsendem Nationalismus und der Reichsgründung die Gemälde zunehmend unter nationalistischen Aspekten interpretiert wurden, bis Wilhelm II. schließlich von Menzel als „dem Ruhmeskünder Friedrichs des Großen und seiner Armee“ sprechen konnte. Das war aber nicht die Absicht gewesen; vielmehr hatte der Maler mit seinen Bildern ein Beispiel für ein aufgeklärtes Herrschertum mit dem König als „erstem Diener des Staates“ liefern wollen. Auch war Menzel in seinem Herzen keineswegs (vor allem in seinen späteren Jahren nicht) der preußische Patriot, für den seine Bewunderer ihn hielten. Das zeigen seine Äußerungen zur Revolution von 1848 ebenso wie der Umstand, dass es sich mehrfach Anweisungen seines Königs bzw. Kaisers widersetzte. Als sein Bild zur Krönung Wilhelms I. 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis ausgestellt wurde, sagte er: „Ob die Amerikaner für den Gegenstand ein besorgtes Herz haben werden, und nicht vielleicht eines Tages ein freier Mann mit nem Stein in der Tasche die Ausstellung besuchen dürfte?“ (Zit. in Jost, S. 123).

Abreise König Wilhelms I. zur Armee am 31. Juli 1870

Obwohl die Friedrich-Bilder nur einen recht kleinen Anteil an Menzels Gesamtwerk ausmachen, waren und sind sie im öffentlichen Bewusstsein überproportional präsent und haben ihm den Ruf eines Staatskünstlers eingetragen. Tatsächlich hat er aber nur ein einziges Bild in staatlichem Auftrag gemalt. Das Riesengemälde (345 × 445 cm), geschaffen anlässlich der Krönung König Wilhelms I. zu Königsberg 1861, weist im Übermaß all das Pathos auf, das Menzel sonst sorgfältig vermied (hier spielten auch die Vorstellungen des königlichen Auftraggebers eine Rolle), und wirkt aus heutiger Sicht so theatralisch-leer wie der Staatsakt selbst. Die Abwicklung des Auftrags scheint mindestens für eine Seite nicht völlig zufriedenstellend verlaufen zu sein; jedenfalls folgte ihm kein zweiter nach.

Er beendete 1871 seine Historienmalerei mit dem Bild der Abreise Wilhelm I. zur Armee am 31. Juli 1870 (siehe Abbildung).

Maler des modernen Lebens

Das Ballsouper, 1878

Themen der Gegenwart nehmen in Adolph Menzels Werk einen breiten Raum ein. Er malte die Menschen, unter denen er sich bewegte, also Angehörige des Bürger- und, ab 1861, des Großbürgertums. Dabei gab er wieder, was er sah. In Abkehr von dieser objektivierenden Darstellungsweise lassen sich auf seinen Bildern der besseren Gesellschaft allenfalls hin und wieder gewisse karikaturhafte Züge feststellen. So auf dem bekannten Ballsouper (dargestellt ist eine Festveranstaltung am kaiserlichen Hof): Der Offizier im Vordergrund versucht mit wenig Erfolg, im Stehen Messer und Gabel zu handhaben und dabei gleichzeitig Teller, Glas und Hut zu halten.

Völlig frei von Ironie sind dagegen Menzels Darstellungen von Handwerkern und Arbeitern. Sie drücken den Respekt aus, den der Maler vor ernsthafter, gut gemachter Arbeit gleich welcher Art empfand. In diese Kategorie gehört Das Eisenwalzwerk (1872–1875). Bei dem Bild handelt es sich um eine Auftragsarbeit, jedoch hatte Menzel das Motiv selbst gewählt. Das Eisenwalzwerk (158 × 254 cm) gilt als die erste größere Industriedarstellung in Deutschland. Zur Vorbereitung des Bildes reiste Menzel ins schlesische Königshütte, in die damals – nach dem Ruhrgebiet – modernste Industrieregion Deutschlands. In einem dortigen Walzwerk fertigte er etwa hundert Detailzeichnungen an, die als Grundlage für das spätere Gemälde dienten.

Dargestellt ist die Herstellung von Eisenbahnschienen. Menzel zeigt aber nicht nur den Produktionsprozess selbst. Vorne rechts verzehren Arbeiter das Essen, das eine junge Frau (die als einzige Figur den Blick zum Betrachter gewendet hat) gebracht hat. Links sieht man sich waschende Arbeiter, und im linken Hintergrund den Ingenieur oder Werksleiter (mit rundem Hut), der die Arbeiter und den Produktionsablauf überwacht.

Eisenwalzwerk, 1872–1875

Schon bald nach seiner Fertigstellung erhielt das Bild den Beinamen Moderne Cyclopen (Cyclopen oder Kyklopen sind in der griechischen Sage die Gehilfen des Schmiedegottes, die im Inneren der Vulkane Blitze sowie die Waffen der Götter schmieden). Offenbar hielt man eine mythologische Überhöhung für notwendig, um dem Publikum das neuartige Thema schmackhaft zu machen. Die Zeitgenossen begriffen das Gemälde, entsprechend der Fortschrittsgläubigkeit der Epoche, als ein Sinnbild für die unbegrenzten Möglichkeiten der modernen Technik. Später ist es gern als eine Anklage gegen die elende Situation der Arbeiterschaft interpretiert worden. Dagegen spricht, dass Menzels Arbeiter als selbstbewusste Individuen erscheinen, die stolz sind auf ihre Fähigkeiten und den Wert ihrer geleisteten Arbeit. Zur Entstehungszeit des Bildes steckte der soziale Gedanke noch in den Anfängen (1863 war der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein, ein Vorläufer der SPD, gegründet worden, 1883 sollte die Sozialversicherung eingeführt werden). Es ist wenig wahrscheinlich, dass Menzel heimlich mit den Ideen der entstehenden Arbeiterbewegung sympathisiert hat. Er malte, was er sah, und das waren in diesem Fall eben auch die harten Arbeitsbedingungen in der Industrie. Ob er mit dem Eisenwalzwerk überhaupt ein außermalerisches Ziel verfolgte, bleibt offen. Vielleicht reizten ihn auch einfach die exakte Darstellung der komplizierten technischen Abläufe und die ungewöhnlichen Lichteffekte. – Eine Quelle bezeichnet das Bild indirekt als Auftragswerk für das 50-jährige Firmenjubiläum der Heckmannschen Fabriken (Sitz am Heckmannufer in Berlin-Kreuzberg).[4]

Menzels Realismus

Im Biergarten, 1883

Menzels Werk wird dem Stil des Realismus zugeordnet. Darunter wird – im Gegensatz zum verklärenden Idealismus – eine Malerei verstanden, die die vorgefundene Wirklichkeit abbildet. Für Menzel war die realitätsgetreue Darstellung auch kleinster Details ein wichtiges Anliegen. Darüber hinaus weist aber besonders das Werk seiner reiferen Jahre eine Reihe von charakteristischen Stilmerkmalen auf.

Vielleicht war Menzels Streben nach größtmöglicher Wirklichkeitstreue ein Grund für die Detailfülle, die viele vor allem seiner späteren Bilder auszeichnet: Pariser Wochentag (1869), Piazza d’Erbe in Verona (1882–1884), Brunnenpromenade in Kissingen (1890), Frühstücksbuffet der Feinbäckerei in Kissingen (1893). Jedoch verbindet in diesen Bildern die verwirrende Menge der Personen und der Einzelheiten sich nicht zu einem harmonischen Ganzen; jedes Element bleibt autonom, wodurch der Eindruck des Chaotischen ebenso erzeugt wird wie der der Isolation und der in verschiedenste Richtungen strebenden Dynamik. Auch weisen die Bilder kein Zentrum auf, das den Blick und die Aufmerksamkeit des Betrachters festhalten könnte. Nach Meinung des Kunstwissenschaftlers Forster-Hahn zeigt diese Malweise die „Unmöglichkeit, die Welt als harmonische Einheit zu erfassen“ (Forster-Hahn 1980). Der Eindruck der Isolation wird verstärkt dadurch, dass die Personen auf diesen Bildern meist nicht nur in keiner kompositorischen, sondern auch in keiner Handlungsbeziehung zueinander stehen: Sie blicken aneinander vorbei, kein Gespräch findet statt, jeder ist mit seinen eigenen Dingen beschäftigt.

Darüber hinaus wählte Adolph Menzel gern Bildausschnitte, die wie zufällig wirken und dadurch an die Schnappschüsse eines Fotografen erinnern, in Wirklichkeit aber sorgfältig arrangiert sind. Auf diesen Bildern werden Gegenstände und Menschen manchmal fast gewaltsam von den Bildrändern abgeschnitten. Ein Beispiel ist die Brunnenpromenade in Kissingen: Das Gemälde zeigt im Vordergrund eine Hand, die einen an der Leine ziehenden Hund hält; der dazugehörige Arm aber und der Rest der Person sind dem Bildrand zum Opfer gefallen.

Menzels Vorimpressionismus

Bauplatz mit Weiden, 1846
Balkonzimmer, 1845

In den 1840er und 1850er Jahren, also in einer relativ frühen Phase seines Schaffens, malte Adolph Menzel eine Reihe von Bildern, die Elemente des Impressionismus um Jahrzehnte vorwegzunehmen scheinen (beispielsweise den Verzicht auf eine Handlung, die farbige Darstellung des Lichts und den Eindruck des Momentanen, Flüchtigen). Dazu zählen unter anderem Das Balkonzimmer (1845), eines seiner bekanntesten Gemälde überhaupt, sowie Schlafzimmer des Künstlers in der Ritterstraße (1847) und Waldesnacht (1851). Adolph Menzel betrachtete diese Bilder offenbar als private, inoffizielle Arbeiten und stellte sie erst sehr spät erstmals aus; zum Teil wurden sie der Öffentlichkeit erst nach seinem Tod bekannt. Das gern als „vorimpressionistisch“ bezeichnete Frühwerk, das so ganz aus dem Rahmen des von Menzel Gewohnten fiel, wurde vom Publikum begeistert aufgenommen.

Übrigens hat Adolph Menzel den in der Jugend eingeschlagenen Weg nicht weiter verfolgt. Den ab den 1870er Jahren in Frankreich sich entwickelnden Impressionismus nahm er kaum wahr; die Impressionisten bezeichnete er einmal als „faule Künstler“.

Menzel als Zeichner

Jauchefass auf Wagen, 1884

Adolph Menzel hinterließ rund 6000 Zeichnungen, hinzu kommen 77 Skizzenbücher und Hefte. Diese gewaltige Menge erklärt sich zum einen aus der damals üblichen Vorgehensweise, jedes Gemälde mit einer Vielzahl von Zeichnungen vorzubereiten; so schuf Menzel beispielsweise zum Eisenwalzwerk mehr als hundert Zeichnungen. Zum anderen aber wird Menzel von den Zeitgenossen als manischer Zeichner beschrieben: „Kein Gegenstand war ihm zu gering, und er zeichnete, wo er ging und stand, mit geradezu krankhaftem Eifer.“ (Paul Meyerheim 1906). Diese Leidenschaft gab Anlass zu einer ganzen Reihe von Anekdoten.

Zeitungsleser, 1891

Das Zeichnen begleitete Menzel sein ganzes Leben lang. Eines seiner ersten Zeugnisse ist die gezeichnete Hand des Vaters. Nach 1875 ging die Zahl seiner Gemälde deutlich zurück, und im hohen Alter hat er nur noch gezeichnet. Menzel zeichnete zunächst gern mit spitzem Bleistift, aber auch mit Pastellkreiden und entwickelte sich zu einem Meister der Gouache und der aquarellierten Zeichnung. Später bevorzugte er den breiten Zimmermannsbleistift, den er im Alter ausschließlich benutzte. Dabei neigte er zunehmend dazu, die Linien zu verwischen, so dass die Zeichnungen seiner letzten Jahre einen verschwommenen, unwirklichen Eindruck vermitteln.

Menzels Zeichnungen werden bewundert für die Beobachtungsgabe, die in ihnen zum Ausdruck kommt, und für die Fähigkeit des Künstlers, mit einfachsten Mitteln das Wesen der Dinge und Personen zu erfassen. Unbelebte Gegenstände scheinen in diesen Zeichnungen oft auf magische Weise ein Eigenleben zu erhalten (Rüstkammer-Phantasien, Norwegische Fettaustern). Da Menzel sich in seinen Zeichnungen mehr Freiheiten nahm als in seinen Gemälden, treten charakteristische Elemente seines Werks dort häufig besonders stark hervor, so die Wahl scheinbar willkürlicher Bildausschnitte und das Interesse an Unordnung und Zerfall. In einigen Zeichnungen seiner späten Jahre nähert Menzel sich der Abstraktion (Kurhausstraße in Kissingen nach einem Gewitterregen, Enger Durchblick zwischen zwei Häusern).

Werke (Auswahl)

5-Mark-Gedenkmünze der DDR (1980) zum 75. Todestag von Adolph von Menzel

Gemälde

  • Das Balkonzimmer, 1845, Nationalgalerie, Berlin
  • Gewitter am Tempelhofer Berg, 1846, Wallraf-Richartz-Museum, Köln
  • Wohnzimmer mit der Schwester des Künstlers, 1847, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
  • Die Berlin-Potsdamer Eisenbahn (die erste deutsche Darstellung einer Eisenbahn), 1847, Nationalgalerie, Berlin
  • Aufbahrung der Märzgefallenen, unvollendet, 1848, Hamburger Kunsthalle
  • Die Bittschrift, ab 1849, erstes Gemälde Friedrichs des Großen, Nationalgalerie, Berlin.[5]
  • Die Tafelrunde Friedrich II. in Sanssouci, 1850, im 2. Weltkrieg zerstört
  • Das Flötenkonzert Friedrich des Großen in Sanssouci, 1850–1852, Nationalgalerie, Berlin
  • Frühmesse, um 1852, Österreichische Galerie, Wien
  • Atelierwand, 1852, Alte Nationalgalerie, Berlin
  • Friedrich und die Seinen in der Schlacht bei Hochkirch, 1850–1856, im 2. Weltkrieg zerstört
  • Das Théâtre du Gymnase, 1856, Nationalgalerie, Berlin
  • Ansprache Friedrichs des Großen an seine Generale vor der Schlacht bei Leuthen, unvollendet, 1859–1861, Nationalgalerie, Berlin
  • Kronprinz Friedrich besucht den französischen Maler Antoine Pesne auf dem Malgerüst in Schloss Rheinsberg, 1861, Nationalgalerie, Berlin
  • Krönung König Wilhelms I. in Königsberg, 1862–1865, Neues Palais, Potsdam
  • Das Kinderalbum (eine Sammlung von 44 kleinformatigen Gouachen mit kindgerechten Themen, die Menzel für die beiden Kinder seiner Schwester anfertigte), 1863–1883, Kupferstichkabinett, Berlin
  • Ein Nachmittag im Tuileriengarten, 1867, National Gallery, London
  • Pariser Wochentag, 1869, Kunstmuseum, Düsseldorf
  • Abreise Königs Wilhelms I. zur Armee am 31. Juli 1870, 1870, Nationalgalerie, Berlin
  • Atelierwand, 1872, Hamburger Kunsthalle
  • Das Eisenwalzwerk (Moderne Cyclopen), 1875, Nationalgalerie, Berlin
  • Das Ballsouper, 1878, Nationalgalerie, Berlin
  • Fronleichnamsprozession in Hofgastein, 1880, Neue Pinakothek, München
  • Piazza d’Erbe in Verona, 1884, Galerie Neue Meister, Dresden

Zeichnungen

  • Ungemachtes Bett, um 1845, Kupferstichkabinett, Berlin
  • Menzels Bruder Richard, 1848, Sammlung Dr. Peter Nathan und Barbara Nathan, Zürich
  • Porträtskizzen von 132 Personen zum Krönungsbild, 1863–1864
  • Rüstkammer-Phantasien, ca. 20 Blätter mit Rüstungen und mittelalterlichen Waffen, 1866
  • zirka 100 Skizzen zum Eisenwalzwerk, 1872–1874
  • Leichenporträts, 1873
  • Abendgesellschaft bei Frau von Schleinitz, 1875
  • Kurhausstraße in Kissingen nach einem Gewitterregen, 1889, Kupferstichkabinett, Berlin
  • Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung, 1908 bis 1912, Berlin (Reprint Weltbild GmbH, Augsburg, 2005, ISBN 3-8289-0523-4)
Frontispiz im Goldenen Buch der Stadt Bad Kissingen vom „Nicht-Kurgast“ Adolph Menzel am 5. August 1889

Buchillustrationen

Briefe

  • Briefe. 1830–1905. Hgg. von Claude Keisch und Marie Ursula Rieman-Reyher, unter Mitarbeit von Kerstin Bütow und Brita Reichert. 4 Bände. Deutscher Kunstverlag, Berlin, München 2009. ISBN 978-3-422-06740-0

Literatur

Briefmarke (1952) der Serie Männer aus der Geschichte Berlins
150. Geburtstag von Adolph von Menzel, auf einer Briefmarke der DDR von 1965
  • Georg Jacob Wolf: Adolf von Menzel: der Maler deutschen Wesens. 149 Gemälde und Handzeichnungen des Meisters. Verlag: F. Bruckmann, München 1915 - online
  • Jost Hermand: Adolph Menzel mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek: Rowohlt 1986 (rowohlts monographien 361)
  • Gisold Lammel: Adolph Menzel. Frideriziana und Wilhelmiana. Verlag der Kunst, Dresden 1987, ISBN 3-364-00051-4.
  • Jens Christian Jensen: Menzel, Adolph von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, S. 102–104 (Onlinefassung).
  • Claude Keisch / Marie Ursula Riemann-Reyher (Hrsg.): Adolph Menzel 1815–1905. Das Labyrinth der Wirklichkeit. Berlin, Nationalgalerie im Alten Museum 7. Februar – 11. Mai 1997. Köln 1996
  • Michaela Diener: „Ein Fürst der Kunst ist uns gestorben“. Adolph von Menzels Nachruhm im Kaiserlichen Deutschland (1905–1910). Regensburg 1998
  • Hubertus Kohle: Adolph Menzels Friedrichbilder. Theorie und Praxis der Geschichtsmalerei im Berlin der 1850er Jahre. München/ Berlin: Deutscher Kunstverlag 2001
  • Jens Christian Jensen: Adolph Menzel. DuMont Verlag, Köln 2003
  • Werner Busch: Adolph Menzel. Leben und Werk (C. H. Beck Wissen in der Beck’schen Reihe Band 2501). Verlag C. H. Beck, München 2004
  • Bernhard Maaz (Hrsg.): Adolph Menzel radikal real. Hirmer Verlag, München 2008, ISBN 978-3-7774-4175-7.

Weblinks

 Commons: Adolph von Menzel – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Werner Busch: Adolph Menzels »Begegnung Friedrich II. mit Kaiser Joseph II. in Neisse im Jahre 1769« und Moritz von Schwinds »Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe«, Jahrbuch der Berliner Museen, 33 (1991), S. 173–183
  2. Stollwerck-Archiv, RWWA, Köln.
  3. Wortlaut bei Alfred Grunow: Der Kaiser und die Kaiserstadt (= Berlinische Reminiszensen 27), Verlag Haude & Spener, Berlin 1970, S. 67
  4. Geschichte Heckmannufer bei kauperts.de
  5. https://www.freunde-der-nationalgalerie.de/de/projekte/ankaeufe/2007/adolph-menzel.html
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