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Aerosol
Ein Aerosol [aeʁoˈzoːl] (Kunstwort aus lat. aer „Luft“ und solutio „Lösung“) ist ein Gemisch (Dispersion) aus festen oder flüssigen Schwebeteilchen und einem Gas. Das Verhalten eines Aerosols hängt immer von den Teilchen und dem Trägergas ab. Die Schwebeteilchen heißen Aerosolpartikel oder Aerosolteilchen. Ein Aerosol ist ein dynamisches System und unterliegt ständigen Änderungen durch Kondensation von Dämpfen an bereits vorhandenen Partikeln, Verdampfen flüssiger Bestandteile der Partikel, Koagulation kleiner Teilchen zu großen oder Abscheidung von Teilchen an umgebenden Gegenständen.
Arten, Entstehung und Vorkommen
Einteilung
Aerosole lassen sich auf verschiedene Weisen in Kategorien einteilen. Kriterien können die Entstehung der Aerosolteilchen, ihre Materialeigenschaften (fest oder flüssig) oder ihre Wirkung (Kondensationskeime) sein. Prinzipiell ist der Übergang zwischen allen solchen Kategorien fließend.
Aerosole können ebenso wie Staub auf viele unterschiedliche Weisen entstehen. In der Meteorologie sind Kondensationsaerosole von großer Bedeutung. Deren Teilchen bilden sich spontan durch Kondensation oder Resublimation aus übersättigten Gasen.
In Abhängigkeit von dem Ursprung der Teilchen lässt sich zwischen primären und sekundären Aerosolen unterscheiden. Die Teilchen der primären Aerosole stammen meistens aus mechanischen oder thermischen Prozessen. Bei den sekundären Aerosolen haben sich die Teilchen aus gasförmigen Stoffen durch chemische Reaktion und/oder durch Anlagerung der Reaktionsprodukte an Kondensationskerne gebildet.
Beispiele
Aerosole findet man in vielen Bereichen unserer Umgebung:
- Staub in der Raumluft
- Zigarettenrauch
- Nebel aus einer Spraydose
- Ruß oder Ölqualm aus einem Autoauspuff
Unsere Erdatmosphäre enthält stets Aerosole bzw. Aerosolteilchen unterschiedlichen Typs und unterschiedlicher Konzentration. Dazu zählen z. B.:
- natürliche organische Anteile: Pollen, Sporen, Bakterien und Viren
- natürliche anorganische Anteile: durch Erosion entstandener Wüsten-[2] bzw. Mineralstaub, vulkanische Asche und Schwefeldioxid sowie Meersalz
- vom Menschen eingebrachte Anteile: Verbrennungsprodukte wie Rauch (Brandgas, Rauchgas) bzw. Asche oder Stäube, industriell hergestellte Nanopartikel
Verbreitung
Aerosolpartikel sind kleine Partikel, die überall in der Luft vorkommen. Sie sind so klein, dass sie einzeln mit bloßem Auge nicht sichtbar sind. Sichtbar werden sie nur, wenn sie in einer sehr großen Konzentration in der Luft vorkommen, ab etwa 1.000.000 Partikel pro Kubikzentimeter. Dies nimmt man als so genannten Smog wahr. Der Durchmesser der Partikel liegt zwischen 0,5 nm und mehreren 10 μm. Am oberen Ende dieses Bereiches liegen beispielsweise größere Pollen.
Aerosolpartikel beginnen ab einer bestimmten Luftfeuchtigkeit Tröpfchen zu bilden, das Wasser in der Luft kondensiert an den Partikeln. Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto größer werden die Tröpfchen. Bei einer hohen Luftfeuchtigkeit werden so die Tröpfchen immer größer und stoßen auch zusammen, es kommt zur Wolkenbildung und letztendlich zum Regen. Man nennt Aerosolpartikel deshalb auch Wolkenkondensationskeime.
Die Konzentration der Partikel ist je nach Ort unterschiedlich, sie nimmt mit der Höhe ab. In 10 Kilometer über dem Erdboden findet man in der Regel nur noch ein Zehntausendstel des Wertes am Boden, der bei etwa 2 Milligramm Aerosolpartikel pro Kilogramm Luft liegt. Insbesondere Vulkanausbrüche können die Konzentrationen von Aerosolen in der Atmosphäre stark erhöhen und so das Wetter beeinflussen. Weitestgehend unerforscht ist der Einfluss des Wüstenstaubs. Erste Messungen über der Sahara zeigten unter anderem mäßigende, dämpfende Klimawirkungen infolge vergleichsweise großer Partikel und eine klar abgegrenzte fünf Kilometer dicke Aerosolschicht.[2]
So wie der Wind, besonders wenn er Turbulenzen bildet, Boden mobilisiert (äolische Bodenerosion), kann er auch zur Bodenoberfläche abgesunkene Aerosolpartikel ständig neu mobilisieren. Je nach Windrichtung, Windstärke und der gesamten meteorologischen Situation kann der Wind Aerosole großflächig verteilen. Bei schadstoffbelasteten Böden wird so die kontaminierte Fläche ausgedehnt und auch entfernte Regionen können kontaminiert werden. Ein dramatisches Beispiel war die großflächige Verteilung radioaktiver Aerosole nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986. Sie wurden vom Wind in Wolken transportiert, bevor sie als radioaktiver Niederschlag große Teile Europas kontaminierten.
Teilchenarten und deren Herkunft
Aerosolpartikel haben viele unterschiedliche Zusammensetzungen, was auch auf die Eigenschaften sowie auf die Herkunft der Partikel schließen lässt. Einzelne Moleküle sind die kleinsten Partikel, sehr selten größer als 1 nm. Sie entstehen meist bei Verbrennungen, aber auch als Stoffwechselprodukt von Pflanzen und Tieren, zum Beispiel Terpene. Sie reagieren in der Erdatmosphäre schnell mit anderen Molekülen, oder sogar mit größeren Partikeln. Moleküle zählen aber erst dann zu den Aerosolpartikeln, wenn sie groß genug sind, und einen festen Aggregatzustand aufweisen. Um diese Bedingung erfüllen zu können, müssen sich mehrere Moleküle zu einem Partikel verbinden.
Hochofenausstöße bestehen zum größten Teil aus Ruß, aber auch aus verschiedenen Sulfaten und Nitraten. Das Größenspektrum dieser Partikel liegt zwischen 1 und 1.000 nm. Sie entstehen zum Beispiel bei der Verhüttung von Metallen oder als Ausstoß von Kohlekraftwerken, aber auch durch Autoabgase. Das Größenspektrum dieser Aerosolpartikel ist deshalb so groß, da eine Verbrennung nie sauber ist und es so auch zu verhältnismäßig großen Rußpartikeln kommt. Ähnlich wie bei Hochofenausstößen bestehen Rauchpartikel zum größten Teil aus Ruß. Sie entstehen unter anderem bei offenen Feuern und Waldbränden.
Partikel aus Mineralstaub sind vor allem auf die Erosion von Gesteinen zurückzuführen. Sehr viele Mineralstaubpartikel entstehen zum Beispiel bei Sandstürmen. Aerosolpartikel aus Meersalz entstehen, wenn durch den Wind kleine Salzwassertröpfchen vom Meer aufgewirbelt werden. Das Wasser verdunstet anschließend, und zurück bleibt ein Meersalzpartikel.
Biologische Aerosolpartikel (Bioaerosole) sind Pollen, Algen, Pilzsporen, Bakterien und Viren, Zellorganellen und Ausscheidungen. Diese Art von Aerosolpartikeln umfasst ein sehr weites Größenspektrum. Während manche Pollen so groß sind, dass sie schon mit dem bloßen Auge sichtbar sind, gibt es auch Mikroviren, die manchmal sogar kleiner als 10 nm sind. Es gibt zudem sehr kleine Viren und Bakterien, die sich als Aerosolpartikel in der Atmosphäre befinden. Ihre Anzahl ist aber sehr klein. Es wird auch untersucht, ob diese Mikroviren und Mikrobakterien Einfluss auf die Gesundheit des Menschen haben können.
Es gibt allerdings noch sehr viele weitere Arten von Aerosolpartikel. Manche sind radioaktiv, andere bestehen aus Edelmetallen, und wiederum andere stammen noch nicht einmal von unserem Planeten. Um die Herkunft eines bestimmten Partikels genau zu bestimmen, bedarf es einer sehr genauen Analyse der Inhaltsstoffe. Während ihrer Zeit als Aerosol verändern sich die Partikel zudem ständig. Wenn Wasser an den Partikeln kondensiert und die vielen kleinen Tröpfchen immer größere bilden, reagieren viele Aerosolpartikel miteinander, oder es werden chemische Vorgänge in der Luft katalysiert, welche die Zusammensetzungen der Partikel verändern.
Eigenschaften
Die Eigenschaft von Partikeln, längere Zeit mit Gasen transportiert werden zu können liegt darin, dass sie sich mit kleiner werdendem Durchmesser immer mehr wie Gas-Moleküle verhalten. Durch den Luftwiderstand haben Aerosole eine maximale Sinkgeschwindigkeit, die beim Gleichgewicht von Gravitationskraft und Luftreibung erreicht wird. Eine Halbierung des Durchmessers eines Partikels bedeutet eine Verringerung der Masse und damit der Gravitationskraft um den Faktor 8 und eine Verringerung der Luftreibungskraft im hierbei relevanten Stokes-Bereich um den Faktor 2. Da die Luftreibungskraft im Stokes-Bereich linear von der Geschwindigkeit abhängt, folgt daraus, dass bei Halbierung des Partikeldurchmessers die Sinkgeschwindigkeit mit dem Faktor 4 abnimmt.
Der quadratische Zusammenhang gilt jedoch nur, solange die Partikel deutlich größer sind als die mittlere freie Weglänge des umgebenden Gases (in Luft 68 nm). Bei geringer werdender Partikelgröße findet ein Übergang vom Kontinuum in den Bereich einer molekularen Strömung statt, wodurch der Strömungswiderstand eines Partikels langsamer fällt als nach dem Gesetz von Stokes zu erwarten. Die sich ergebende Sinkgeschwindigkeit ist daher größer als nach obigem Zusammenhang und zu ihrer Berechnung muss die Cunningham-Korrektur berücksichtigt werden.
Messung
Aerosolkonzentrationen werden mit so genannten Kernzählern bestimmt. Hierbei lässt man im einfachsten Fall eine bestimmte Luftmenge auf eine dünne Vaselineschicht einwirken und wertet diese hiernach mikroskopisch aus. Dabei unterscheidet man in Abhängigkeit von der Korngröße
- Aitken-Kerne: 0,01 bis 0,1 µm
- große Kerne: 0,1 bis 2 µm
- Riesenkerne: größer als 10 µm
Weitere Messmethoden, bei denen Teilchen zur Wägung abgeschieden werden, sind Impaktoren oder Zentrifugen. Man kann Aerosolpartikel in einem Luftstrom aber auch mit Hilfe einer radioaktiven Quelle (meist Krypton-85 oder Americium-241) definiert elektrisch aufladen und in einem differentiellen Mobilitätsanalysator (engl. differential mobility analyser, DMA) nach Größenklassen sortiert detektieren. Als Detektoren kommen dabei entweder Kondensationspartikelzähler (engl. condensation particle counter, CPC) in Frage, bei denen die Partikel durch heterogene Kondensationsprozesse vergrößert und anschließen optisch detektiert werden, oder aber elektrische Detektoren, wie das Faraday Cup Electrometer (FCE).
Außerdem können Aerosolpartikel mit optischen Methoden vermessen werden. Das integrierende Nephelometer dient dazu, das gesamte von Aerosolpartikeln in einem Referenzvolumen gestreute Licht (einer bestimmten Wellenlänge) zu detektieren, polare Nephelometer analysieren das gestreute Licht zusätzlich je nach Streuwinkel. Einzelpartikelzähler analysieren das Streulicht einzelner Aerosolpartikel in einem Luftstrom und können so eine Größenverteilung liefern.
LIDAR-Systeme analysieren das „Lichtecho“ von in die Atmosphäre gesendeten Laserpulsen. Gemäß der Intensität und dem zeitlichen Abstand zum ausgesendeten Lichtpuls kann man die Aerosolschichtung in der Atmosphäre über mehrere Kilometer analysieren.
Die über die gesamte Atmosphäre integrierte aerosol optische Dicke (AOD, Funktion der Ångström Koeffizienten) lässt sich durch verschiedene fernerkundliche Verfahren ihrer raumzeitlichen Verbreitung kartieren. Dazu sind Annahmen bezüglich der Reflexionseigenschaften der Erdoberfläche zu treffen (zum Beispiel: Reflexion tiefer klarer Wasserflächen im nahen Infrarot ist gleich null). Solche Verfahren werden in der Fernerkundung eingesetzt, um die vom Satelliten aufgenommenen Bilder zu korrigieren.
Bedeutung
Wetter und Klima
Eine wichtige Rolle für das Wetter spielen hygroskopische Aerosolpartikel, welche als Kondensationskerne fungieren und so die Tropfen- beziehungsweise Wolkenbildung anregen. Zudem gibt es Aerosolpartikel, die als Eiskeime dienen und zur Bildung von Eiskristallen führen (dies können Aerosolpartikel aus bestimmten Bakterien sein, wie sie in Schneekanonen verwendet werden). Eiskristalle sind in Wolken der Initiator für Niederschlagsbildung (das Prinzip wird durch den Bergeron-Findeisen-Prozess beschrieben). Aus diesem Grund setzte man lange Zeit auch Silberiodid und andere Chemikalien ein, um durch künstliche Eiskeime das Abregnen von Wolken hervorzurufen. Besonders bei Hagelgefahr sollen die Hagelflieger auf diese Weise besonders „gefährliche“ Wolkenformationen entschärfen. Die Abwesenheit von Aerosolen wird in Nebelkammern genutzt und führt hier zu Übersättigung des Wasserdampfs von bis zu 800 Prozent.
Unklar ist derzeit noch die Rolle der Aerosole für das Klima beziehungsweise den Klimawandel. Durch anthropogene Emissionen zeigen sich vor allem lokal teilweise sehr große Konzentrationssteigerungen und eine umfassende Luftverschmutzung (Smog). Diese kann den Strahlungshaushalt der Erde direkt oder indirekt (Wolkenbildung) beeinflussen und ist daher ein aktueller Schwerpunkt vieler Forschungsvorhaben.
Als verstärkender Faktor für die Bildung von Wolkenkondensationskeimen wird von einigen Wissenschaftlern die kosmische Strahlung vermutet. Ein Forscherteam um den Dänen Henrik Svensmark zeigte eine starke Korrelation mit der globalen Wolkendichte[3], welche aber von anderen Wissenschaftlern stark angezweifelt wird. Zur Untersuchung des Einflusses der kosmischen Strahlung auf die Aerosolbildung in der Erdatmosphäre findet seit 2006 das CLOUD-Experiment am CERN statt, was gegenwärtig einen kleinen verstärkenden Effekt auf die Aerosolbildung in höheren Atmosphärenbereichen nachweisen konnte.[4] Es zeigte aber auch, dass der Prozess der Bildung von Wolkenkondensationskeimen derzeit noch unzureichend erklärt werden kann, was weitere Forschungen auf diesem Gebiet notwendig macht.
Wirkung auf die Wolkenbildung
Ihre wichtigste Rolle kommt den Aerosolpartikeln bei der Bildung von Wolkentröpfchen zu. Die Fähigkeit als Kondensationskern zu wirken hat jeder Partikel, allerdings wird die Intensität dieser Fähigkeit durch die Zusammensetzung und die Größe des Partikels bestimmt. Je größer ein Partikel ist, desto mehr wasserlösliche Einzelkomponenten sind in ihm enthalten. Es ist somit mehr hydrophile Masse vorhanden, die Wasserdampf am Partikel kondensieren lässt. Bei Aerosolpartikeln, in denen keine hydrophilen Komponenten enthalten sind, wie zum Beispiel bei Ruß, kommt es auf die Oberfläche des Partikels an, wie gut Wasserdampf an ihm kondensieren kann. Je größer die Oberfläche des Aerosolpartikels, desto mehr Wasser kann an ihm kondensieren. Größere Partikel bilden früher Wolkentröpfchen als kleinere. Es kommt aber auch auf die Zusammensetzung der Partikel an. Wolkenkondensationskeime aus hydrophilen Mineralsalzen, wie zum Beispiel Ammoniumsulfat oder Ammoniumnitrat können schon ab 70 % Luftfeuchtigkeit Tröpfchen bilden, während hydrophobe Rußpartikel erst bei einer Luftfeuchtigkeitsübersättigung, also bei über 100 % Luftfeuchtigkeit Tröpfchen bilden. In der Regel bilden alle Aerosolpartikel ab 103 % Luftfeuchtigkeit Tröpfchen. Gäbe es keine Aerosolpartikel, so wäre eine Übersättigung bis zu 300 % Luftfeuchtigkeit nötig, um eine Tröpfchenbildung herbeizuführen. In der Regel ist in Verbindung mit Aerosolpartikeln immer von relativer Luftfeuchtigkeit die Rede. Es wird auch untersucht, wie die Konzentration der Partikel auf die Wolkenbildung wirkt. Sobald die Kondensationskeime der Wolken Tröpfchen bilden, sinkt die Luftfeuchtigkeit, da das zuvor in der Luft gelöste Wasser an den Partikeln kondensiert hat. Wird die Luftfeuchtigkeit also geringer, hören die Tröpfchen irgendwann auf zu wachsen, da nicht mehr genügend Wasser in der Luft vorhanden ist. Sind also wenig Partikel in der Luft vorhanden, bilden sich große Tröpfchen, die dann mit großer Wahrscheinlichkeit auch zusammenstoßen, es kommt schnell zu Regen. Sind aber sehr viele Partikel vorhanden, bilden sich nur kleine Tröpfchen, deren Wahrscheinlichkeit zusammenzustoßen gering ist. Es bildet sich eine sehr große Wolke, die aber kaum, wenn überhaupt Regen abgibt. Dies wird oft bei Waldbränden beobachtet. Diese so genannten Pyrowolken wachsen manchmal bis zur Stratosphäre hinauf.
Wirkung auf das Klima
Bei Konzentrationen von durchschnittlich 10.000 Partikeln je Kubikzentimeter Luft haben Aerosolpartikel auch großen Einfluss auf das Klima. Sie haben jedoch nichts mit dem Treibhauseffekt zu tun, da für den Treibhauseffekt ausschließlich Gase verantwortlich sind. Wie genau Aerosole auf unser Klima wirken, ist noch nicht genau erforscht, da sie in vielen Bereichen wirksam sind. Die wichtigste klimatologische Eigenschaft der Partikel ist, ob diese Sonnenlicht absorbieren und dabei Wärme freisetzen (wie Ruß), oder ob sie das Licht reflektieren oder brechen, wie zum Beispiel Salzpartikel. Dies kann auch in speziellen Geräten untersucht werden. Die Partikel werden hier mit UV-Licht bestrahlt, gleichzeitig wird gemessen, wie viel Licht die Partikel reflektieren, brechen oder absorbieren (also in Wärme umwandeln). Es kommt aber nicht nur auf diese Eigenschaften an sich an, sondern auch wo sie sich auswirkt. In der Troposphäre sorgen Rußpartikel zum Beispiel für Temperaturanstieg, da sie das Sonnenlicht absorbieren und somit Wärmestrahlung abgeben. In der Stratosphäre hingegen fangen sie durch ihre Absorption das Licht ab, sodass weniger UV-Licht die Troposphäre erreicht, die Temperatur in der Troposphäre sinkt. Genau umgekehrt ist dieser Effekt bei Mineralpartikeln. Sie sorgen in der Troposphäre für deren Abkühlung, während sie für deren Erwärmung verantwortlich sind, wenn sie sich in der Stratosphäre befinden. Aerosolpartikel beeinflussen das Klima in einem sehr komplizierten System. Allein die Eigenschaft der Wolkenbildung hat einen sehr großen Einfluss auf das Klima. Man könnte sogar meinen, dass dieses System auch der Erderwärmung entgegenwirken kann, da es durch die Erwärmung zur Verdunstung von mehr Wasser führen kann, es entstehen mehr Wolken, die wiederum die Troposphäre abkühlen. Jüngste Forschungsergebnisse konnten einige Widersprüche im bisherigen Verständnis der Wirkung von Aerosolen beseitigen und den Kenntnisstand deutlich verbessern.[5]
Einfluss auf das Ozonloch
Wie schon bekannt ist, wird das Ozonloch maßgeblich von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) hervorgerufen. Diese Stoffe sind in der Troposphäre sehr stabil, spalten aber in der Stratosphäre Fluor- und Chlorradikale ab, die dann die Reaktion von Ozon (O3) zu Sauerstoff (O2) katalysieren. Für diese Abspaltung von Chlor- und Fluorradikalen in der Stratosphäre sind Aerosole verantwortlich, da die Reaktion nur auf der Oberfläche eines Aerosolpartikels stattfinden kann.
Saurer Regen
Als sauren Regen bezeichnet man Regen, der aufgrund eines überhöhten Säuregehaltes (hauptsächlich Schwefelsäure (H2SO4) und Salpetersäure (HNO3)) den pH-Wert des Niederschlagswassers herabsetzt und über die hierdurch unterstützte Bodenversauerung das Edaphon beeinflusst. Ursache des hohen Säuregehalts sind bestimmte Aerosole, wie zum Beispiel Nitrate (R-NO3), Sulfate (RSO4) und verschiedene Stickoxide. Sie reagieren mit anderen Aerosolen in der Luft, oder während der Tröpfchenbildung, zu Salpetersäure und Schwefelsäure. Hauptquellen für solche Aerosole sind die Abgase, die von Menschen verursacht werden. Zudem wurden auch in den 1970er Jahren, als noch nicht so viel über die Entstehung des sauren Regens bekannt war, Rußfilter in die Schornsteine vieler Fabriken eingesetzt. So wurde dann zwar weniger sichtbarer Ruß freigesetzt, die unsichtbaren Stickoxide und andere säurebildende Aerosole wurden jedoch weiter ausgestoßen. Da Rußpartikel in der Atmosphäre basisch reagieren, also die Fähigkeit haben, Säuren zu neutralisieren, hat der Einsatz solcher Filter auch zur Bildung von saurem Regen beigetragen.
Humanmedizin
Aerosole werden vom Menschen eingeatmet, dabei scheidet sich ein Teil der inhalierten Aerosolpartikel im Atemtrakt ab. Ungefähr 10 % aller inhalierten Aerosolteilchen bleiben im Atemtrakt. Weil die Abscheidewahrscheinlichkeit eines Teilchens stark von seiner Größe abhängt, kann dies nur ein grober Richtwert sein. Teilchen, die mindestens bis in den Bronchialbereich vordringen können, heißen lungengängig. Dazu gehören alle Aerosolpartikel unterhalb eines Durchmessers von ungefähr 10 Mikrometer (PM10). Größere Teilchen scheiden sich schon in der Nase oder im Rachen ab oder lassen sich überhaupt nicht inhalieren. Am wenigsten scheiden sich Teilchen mit einem Durchmesser zwischen 0,5 Mikrometer und 1 Mikrometer ab. Das bedeutet gleichzeitig, dass sie besonders tief in die Lunge eindringen. Deutlich größere und auch kleinere Teilchen scheiden sich bereits in den oberen Bereichen stärker ab, dringen dadurch weniger tief ein und belasten deshalb die empfindlichen Alveolen weniger.
Im Atemtrakt abgeschiedene Aerosolteilchen verweilen dort eine gewisse Zeit. Ihre Verweilzeit hängt vom Teilchenmaterial und vom Depositionsort ab. Die Substanz leicht löslicher Teilchen verteilt sich schnell auf den gesamten Organismus. Chemisch sehr schwer lösliche Teilchen können bis zu mehreren Jahren im Alveolarbereich bleiben. Trotzdem bekämpft der Organismus auch diese Teilchen. Alveolarmakrophagen umschließen die Teilchen und können sie in einigen Fällen verdauen oder zumindest in die Lymphknoten transportieren. Flimmerhärchen im Bronchialbereich befördern dort deponierte Teilchen mechanisch recht schnell wieder aus dem Atemtrakt heraus. Mit den gesetzlichen Bestimmungen für Feinstaub nach PM10 und PM2.5 wird versucht, die Verhältnisse im Atemtrakt nachzubilden, um die Grenzwerte anhand ihrer Schadwirkung festzulegen.
Die Auswirkung inhalierter Teilchen auf den Menschen reichen von Vergiftungen über radioaktive Bestrahlung durch Radonzerfallsprodukte bis zu allergischen Reaktionen. Besonders gefährlich sind faserförmige Teilchen, besonders Asbest und Nanoröhren, weil Fasern die Lungenreinigung durch Makrophagen blockieren.
Aerosole dienen auch der Inhalationstherapie. Inhalationsgeräte zerstäuben Medikamente, die der Patient durch Inhalation in den Körper aufnimmt. Außer zur Bronchialbehandlung kann dieser Weg auch Unverträglichkeiten von Tabletten oder Spritzen umgehen. Das größte Problem bei dieser Anwendung ist die richtige Dosierung eines Medikaments.
Anwendung und Nutzung
Gezielt hergestellt und genutzt werden Aerosole, um Stoffe auf Oberflächen gleichmäßig aufzutragen, etwa beim Lackieren oder Auftragen von Pflanzenschutzmitteln oder Schmiermitteln. Spraydosen mit Nasenspray, Haarspray oder Raumspray geben Aerosole ab, die dem Wohlbefinden dienen sollen, aber auch Risiken und Nebenwirkungen aufweisen. Nebelbrunnen erzeugen ein Aerosol aus Luft und Wasser, um die Luft durch Verdunstung der Tröpfchen zu befeuchten. Kälte- oder Sportlerspray kühlt durch Verdampfen.
Siehe auch
Literatur
- J. Feichter: Aerosole und das Klimasystem. In: Physik in unserer Zeit, 2003, 34, 72–79, doi:10.1002/piuz.200390034.
- J. Schnelle-Kreis, M. Sklorz, H. Herrmann, R. Zimmermann: Atmosphärische Aerosole: Quellen, Vorkommen, Zusammensetzung. In: Chemie in unserer Zeit, 2007, 41, 220–230, doi:10.1002/ciuz.200700414.
- T. Hoffmann, C. Zetzsch, M. J. Rossi: Chemie von Aerosolen. In: Chemie in unserer Zeit. 2007, 41, 232–246,doi:10.1002/ciuz.200700417.
- Robert Sturm: Biogene Schwebepartikel in der Atmosphäre. Bioaerosole – was wir alles einatmen. In: Biologie in unserer Zeit 41(4), S. 256–261 (2011), ISSN 0045-205X
- Ulrich Pöschl: Atmosphärische Aerosole: Zusammensetzung, Transformation, Klima- und Gesundheitseffekte, in: Angewandte Chemie 2005, 117, 7690–7712.
Weblinks
- Was sind Aerosole? Labor für Atmosphärenchemie (LAC) des Paul Scherrer Instituts (PSI)
- Aerosole Bildungsserver wiki – Klimawandel (klimawiki.org)
- GAeF Homepage Gesellschaft für Aerosolforschung e.V.
- Der Treibhauseffekt, Kapitel 5. Aerosole (PDF; 261 kB) Webpage von H. Zickmann und B. Rakow
- Aerosols: Tiny Particles, Big Impact NASA Earth Observatory (englisch)
- Einführung in die Aerosolforschung Geographisches Institut der Universität Bern
- Homepage des AEROCOM Projets Internationales Projekt zur Evaluierung von Aerosol Modellen (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ nach Andreae 1994 (1)
- ↑ 2,0 2,1 Die Wüste schwebt, 3Sat; hitec vom 17. Februar 2008 Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „diewuesteschwebt“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ K. Scherer et al.: Interstellar-Terrestrial Relations: Variable Cosmic Environments, the dynamic heliosphere, and their Imprints on terrestrial archives and Climate. In: Space Science Reviews. 127, Nr. 1-4, 25. August 2007, S. 467, doi:10.1007/s11214-007-9167-5.
- ↑ Jasper Kirkby et al.: Role of sulphuric acid, ammonia and galactic cosmic rays in atmospheric aerosol nucleation. In: Nature. 476, 25. August 2011, S. 429–433, doi:10.1038/nature10343.
- ↑ Max-Planck-Institut für Chemie Mainz: Dreck in Maßen macht mehr Regen
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