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Anton Webern

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Anton Webern, Stettin 1912
Anton Webern

Anton Webern (* 3. Dezember 1883 in Wien; † 15. September 1945 in Mittersill, Salzburg, Österreich; vollständiger Name: Anton Friedrich Wilhelm von Webern; das „von“ musste er 1919 aufgrund des Adelsaufhebungsgesetzes vom 3. April 1919 ablegen) war ein österreichischer Komponist. Als einer der ersten Schüler von Arnold Schönberg gehörte er zum inneren Kreis der Wiener Schule.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab er in seiner Musik praktisch gleichzeitig mit seinem Lehrer die Tonalität auf. Es entstand die atonale Musik, die zwar im Verlauf des Jahrhunderts vor allem innerhalb akademischer Kreise sehr beachtet wurde, jedoch in der Öffentlichkeit wenig positive Aufnahme fand, da sie nicht den Hörgewohnheiten des breiten Publikums entsprach.

Leben

Webern, Sohn von Karl Freiherr von Webern, eines äußerst erfolgreichen Bergbauingenieurs, wuchs in Graz und Klagenfurt auf. Die Familie war 1574 in den Adelsstand erhoben worden. Durch seine Mutter erhielt Anton Webern früh Klavierunterricht, später erteilte ihm Edwin Komauer Privatunterricht in Kompositionstheorie, außerdem erlernte Webern das Violoncello-Spiel. Entscheidung für die weitere Karriere: Von Herbst 1902 bis 1906 studierte er an der Universität Wien Musikwissenschaft. Er promovierte dort mit einer Edition des Choralis Constantinus II von Heinrich Isaac und Ludwig Senfl, die 1909 als Band 32 der Denkmäler der Tonkunst in Österreich erschien.[1] Weberns Interesse für Alte Musik sollte später auch seinen eigenen Kompositionsstil beeinflussen.

Von 1904 bis 1908 nahm Webern Unterricht bei Arnold Schönberg.

In den folgenden Jahren arbeitete Webern – eher mit halbem Herzen – als Kapellmeister in Bad Ischl, Teplitz, Danzig, Stettin und Prag, bevor er 1920 wieder nach Wien zurückkehrte.

Nach dem Ersten Weltkrieg war Webern u. a. Leiter des Wiener Schubertbundes (bis 1922), der Wiener Arbeiter-Sinfoniekonzerte sowie Chormeister des Wiener Arbeiter-Singvereins. 1927 wurde er ständiger Dirigent beim österreichischen Rundfunk. 1924 und 1932 erhielt Anton Webern den Musikpreis der Stadt Wien. Er gab Gastspiele in der Schweiz, in England, Spanien und Deutschland. Trotz seiner herausragenden Qualitäten als Musik- und Kompositionslehrer wurde er jedoch nie an die Wiener Universität berufen.

Weberns Beziehung zur NS-Ideologie und zum NS-Staat sind in der Forschung umstritten. „Ungeachtet partieller Übereinstimmungen mit dem ‚Nationalsozialismus‘ hatte (und wollte) er nach dem Anschluss Österreichs 1938 als ‚Kulturbolschewist‘ keine Chance im offiziellen Musikleben“, schreibt das Lexikon „Komponisten der Gegenwart“. Ab 1939 stellte er für die Universal Edition Klavierauszüge her und zog sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Eine authentische Sicht auf den Komponisten in dieser Zeit geben die Erinnerungen seines Schülers Karl Amadeus Hartmann ab.

Am 15. September 1945 wurde Anton Webern in Mittersill bei Zell am See, wohin er aus Angst vor der Roten Armee geflüchtet war, unbeabsichtigt von einem US-amerikanischen Soldaten erschossen. Der Soldat sollte an einer Razzia im Haus Weberns teilnehmen, da dessen Schwiegersohn des Schwarzmarkthandels verdächtigt wurde. Als Webern vor die Tür trat, um eine Zigarre zu rauchen, stieß er mit einem der Soldaten, die das Haus umstellt hatten, zusammen, und es lösten sich die tödlichen Schüsse.

Im Jahr 1998 wurde in Wien Landstraße (3. Bezirk) ihm zu Ehren der Anton-von-Webern-Platz, vor der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, nach ihm benannt.

Werk

Bereits aus der „Klagenfurter Periode“ (1899) sind zwei Stücke für Cello und Klavier aus Weberns Hand bekannt. Weberns frühe, zu Lebzeiten nicht aufgeführte Stücke (Im Sommerwind, 1904; Langsamer Satz, 1905) stehen noch deutlich in der Tradition der Spätromantik. Darauf folgte, beginnend 1908/1909 mit den Liedern nach Stefan George, eine lange atonale Phase, die Weberns Ruf als Hauptvertreter des musikalischen Expressionismus begründete. Bis 1914 entstanden Stücke von aphoristischer Kürze. 1924/1925 wendete Webern dann erstmals Schönbergs Zwölftontechnik an – z. B. im Fall der „Drei geistlichen Volkslieder“.

Von da an konzentrierte sich Weberns Musik immer mehr auf totale Beherrschung der Struktur – fast bis hin zur Ordnung der Töne nicht nur nach Höhen, sondern auch nach Dauer. Dieser Schritt wurde nach Weberns Tod dann von den Komponisten der seriellen Musik getan. Während sich Schönberg und Alban Berg auch an großen Formen versuchten, vollendete sich die Kunst Weberns in der kleinen, hochkonzentrierten Form.

Frühe Zwölftonstücke des Komponisten zeichneten sich durch ihre Kürze aus, später wurden seine Werke wieder etwas länger, die Ensembles wieder umfangreicher.

Webern war nicht der vollkommen unkritische Schönberg-Adept, den viele Beobachter in ihm sahen. Schönberg selbst merkte einmal an, dass Webern öfter vom Pfad seines Lehrers geschwankt sei, jedoch immer wieder zu ihm „zurückgeschwankt“ wäre. So nahm Webern die Zwölftonmusik zu Beginn sehr skeptisch auf und ließ sich erst überzeugen, als Schönberg eingestand, seiner Intuition und nicht einer abstrakten Idee oder Theorie gefolgt zu sein.

Zu Lebzeiten Weberns wurden lediglich 31 seiner Kompositionen veröffentlicht.

Anton Webern schuf einen „differenzierten… streng konstruktiven Stil der Zwölftonmusik“; spartanische Strukturen, Kürze, plötzliche melodische Sprünge und peinlich genaue Anweisungen zur Spielweise prägten seinen reifen Stil. Er hinterließ Kantaten, viele Lieder, ferner Chöre, Klavierstücke, Orchester- und Kammermusik. Neben anderen beeinflusste sein Vermächtnis die Komponisten Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen.

Werke (Auswahl)

Werke mit Opuszahl

Hier werden nur die von ihm veröffentlichten Werke aufgelistet:

  • Op. 2, Entflieht auf leichten Kähnen (1908), Gemischter Chor (A Cappella), Text: Stefan George
  • Op. 3, Fünf Lieder aus Der Siebente Ring (1908–1909), Gesang und Klavier, Text: Stefan George
1. „Dies ist ein Lied“, 2. „Im Windesweben“, 3. „An Bachesrand“, 4. „Im Morgentaun“, 5. „Kahl Reckt der Baum“
  • Op. 4, Fünf Lieder zu Gedichten von Stefan George (1908–1909)
1. Eingang („Welt der Gestalten“), 2. „Noch zwingt mich Treue“, 3. „Ja, Heil und Dank dir“, 4. „So ich traurig bin“, 5. „Ihr tratet zu dem Herde“[2]
  • Op. 5, Fünf Sätze für Streichquartett (1909)
  • Op. 6, Sechs Stücke für großes Orchester (1909)
  • Op. 7, Vier Stücke für Geige und Klavier (1910)
1. „Du, der ich’s nicht sage“, 2. „Du machst mich allein“
  • Op. 9, Sechs Bagatellen für Streichquartett (1911)
  • Op. 10, Fünf Stücke für Orchester (1911)
  • Op. 11, Drei kleine Stücke für Violoncello und Klavier (1914)
  • Op. 12, Vier Lieder für Gesang und Klavier (1915–17)
1. „Der Tag ist vergangen“ (1915), 2. „Die geheimnisvolle Flöte“ („An einem Abend“) (1917), 3. „Schien mir’s, als ich sah die Sonne“ (1915), 4. „Gleich und gleich“ („Ein Blumenglöckchen“) (1917)
  • Op. 13, Vier Lieder für Gesang und Orchester (1914–18)
1. „Wiese im Park“ („Wie wird mir zeitlos“) (1917), 2. „Die Einsame“ („An dunkelblauem Himmel“) (1914), 3. „In der Fremde“ („In Fremdem Lande“) (1917), 4. „Ein Winterabend“ („Wenn der Schnee“) (1918)
  • Op. 14, Sechs Lieder nach Gedichten von Georg Trakl (1917–21), Gesang und Kammerensemble
1. „Die Sonne“, 2. „Abendland I“, 3. „Abendland II“, 4. „Abendland III“, 5. „Nachts“, 6. „Gesang einer gefangnen Amsel“
  • Op. 15, Fünf geistliche Lieder (1917–22), Gesang und Kammerensemble
1. „Das Kreuz, das musst' er tragen“, 2. Morgenlied „steht auf, ihr lieber Kinderlein“, 3. „In Gottes Namen aufstehen“, 4. „Mein Weg geht jetzt vorüber“, 5. „Fahr hin, O Seel'“
  • Op. 16, Fünf Canons nach lateinischen Texten (1924), Gesang und Kammerensemble
1. „Christus factus est“ (1924), 2. „Dormi Jesu“ (1923), 3. „Crux fidelis“ (1923), 4. „Asperges me“ (1923), 5. „Crucem tuam adoramus“ (1924)
  • Op. 17, Drei Volkstexte (1924), Gesang und Kammerensemble
1. „Armer Sünder, du“ (1924), 2. „Liebste Jungfrau“ (1925), 3. „Heiland, unsere Missetaten“ (1925)
  • Op. 18, Drei Lieder (1925), Gesang und Kammerensemble
1. „Schatzerl klein“, 2. Erlösung „Mein Kind, Sieh an“, 3. „Ave, Regina Coelorum“
  • Op. 19, Zwei Lieder (1926), gemischter Chor und Kammerensemble, Text: („Chinesische-Deutsche Jahres- und Tageszeiten“), Zyklus – J. W. v. Goethe
1. „Weiß wie Lilien“, 2. „Ziehn die Schafe“
  • Op. 20, Streichtrio (1926–1927), in zwei Sätzen
  • Op. 21, Symphonie (1927–1928), in zwei Sätzen
  • Op. 22, Quartett (1928–1930), Geige, Klarinette, Tenorsaxophon, Klavier, in zwei Sätzen
  • Op. 23, Drei Lieder aus „viae inviae“ (1934), Gesang und Klavier
1. „Das Dunkle Herz“ (1934), 2. „Es stürzt aus Höhen Frische“ (1933), 3. „Herr Jesus mein“ (1933)
  • Op. 24, Konzert (1931–1934), Kammerensemble, in drei Sätzen
  • Op. 25, Drei Lieder nach Gedichten von Hildegard Jone (1934), Gesang und Klavier, Text: „Die Freunde“ Zyklus – Hildegard Jone
1. „Wie bin ich froh!“, 2. „Des Herzens Purpurvogel“, 3. „Sterne, Ihr silbernen Bienen“
  • Op. 26, Das Augenlicht („Durch unsre offnen Augen“) (1935), gemischter Chor und Orchester, Text: „viae inviae“ – Hildegard Jone
  • Op. 28, Streichquartett (1936–1938), in drei Sätzen
  • Op. 29, Erste Kantate (1938–1940), Sopran Solo, gemischter Chor und Orchester
1. „Zündender Lichtblitz“, 2. „Kleiner Flügel“, 3. „Tönen die Seligen Saiten Apolls“
  • Op. 30, Variationen für Orchester (1940), in einem Satz
  • Op. 31, Zweite Kantate (1943), Sopran Solo, Bass Solo, gemischter Chor und Orchester
1. „Schweigt auch die Welt“, 2. „Sehr tief verhalten“, 3. „Schöpfen aus Brunnen“, 4. „Leichteste Bürden“, 5. „Freundselig ist das Wort“, 6. „Gelockert aus dem Schoße“

Werke ohne Opuszahl

  • Zwei Stücke für Cello und Klavier (1899)
  • Drei Gedichte, für Stimme und Klavier (1899–1902)
  • Acht frühe Lieder, für Stimme und Klavier (1901–1903)
  • Drei Lieder, nach Ferdinand Avenarius (1903–1904)
  • Im Sommerwind, Idyll für großes Orchester nach einem Gedicht von Bruno Wille (1904)
  • Langsamer Satz für Streichquartett (1905)
  • Streichquartett (1905)
  • Satz für Klavier (1906)
  • Sonatensatz (Rondo) für Klavier (1906)
  • Rondo für Streichquartett (1906)
  • Fünf Lieder, nach Gedichten von Richard Dehmel (1906–1908)
  • Klavierquintett (1907)
  • Vier Lieder, nach Stefan George (1908–1909)
  • Fünf Orchesterstücke (1913)
  • Drei Orchesterlieder (1913–1914)
  • Cellosonate (1914)
  • Kinderstück, für Klavier (1924)
  • Klavierstück, im Tempo eines Menuetts (1925)
  • Satz für Streichtrio (1925)

Schriften / Vorträge

  • Der Weg zur Neuen Musik, zwei Vortragszyklen 1932-33, hg. von Willi Reich. Wien: Universal Edition 1960, 73 S. Internet Archive
    • Der Weg zur Komposition in zwölf Tönen (1932), 8 Vorträge Januar bis März 1932
    • Der Weg zur Neuen Musik (1933), 8 Vorträge Februar bis April 1933
  • Über musikalische Formen, aus den Vortragsmitschriften [1934–1938] von Ludwig Zenk, Siegfried Oehlgiesser, Rudolf Schopf und Erna Apostel, hg. von Neil Boynton, = Veröffentlichungen der Paul-Sacher-Stiftung Bd. 8, Mainz: Schott 2002, 439 S.

Nachlass

Ein Gutteil des Nachlasses von Anton Webern befindet sich heute in der Paul-Sacher-Stiftung.

Literatur

  • Heinrich Deppert: Studien zur Kompositionstechnik im instrumentalen Spätwerk ANTON WEBERNS,. Edition TONOS, Darmstadt 1972.
  • Walter Kolneder: Anton Webern. Verlag Lafite, Wien 1974 (Komponisten des 20. Jahrhunderts, Bd. 19).
  • Hans und Rosaleen Moldenhauer: Anton von Webern. Chronik seines Lebens und Werkes, Zürich 1980.
  • Matthias Herrmann: Schönberg – Berg – Webern und Dresden, in: Dresden und die avancierte Musik im 20. Jahrhundert. Teil I: 1900-1933, hrsg. von Matthias Herrmann und Hanns-Werner Heister, Laaber 1999, S. 297-348 (Musik in Dresden 4), ISBN 3-89007-346-8
  • Anton Webern I. Musik-Konzepte Sonderband. Herausgegeben von Heinz-Klaus Metzger und Rainer Riehn, München 1983.
  • Anton Webern II. Musik-Konzepte Sonderband. Herausgegeben von Heinz-Klaus Metzger und Rainer Riehn, München 1984.
  • Karlheinz Essl: Das Synthese-Denken bei Anton Webern. Hans Schneider, Tutzing 1991 (Wiener Veröffentlichungen zur Musikwissenschaft, Bd. 24).
  • Alain Galliari: Anton von Webern, [Paris] : Fayard, 2007, ISBN 978-2-213-63457-9
  • webern_21. Wiener Veröffentlichungen zur Musikgeschichte 8. Herausgegeben von Dominik Schweiger und Nikolaus Urbanek, Wien-Köln-Weimar 2009. ISBN 3-205-77165-6

Weblinks

 Commons: Anton Webern – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.dtoe.at/Publikationen/Bandverzeichnis.php
  2. als Musikbeilage abgedruckt in: Kandinsky/Franz Marc: Der Blaue Reiter, Piper, München 1912 (Nachdruck der Ausgabe von 1912. Piper Verlag, München 2004, ISBN 3-492-24121-2)
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