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Barbara Rütting
Barbara Rütting (* 21. November 1927 in Berlin als Waltraud Goltz; † 28. März 2020 in Marktheidenfeld) war eine deutsche Schauspielerin, Autorin und Politikerin. 2003 und 2008 wurde sie über die oberbayerische Bezirksliste für Bündnis 90/Die Grünen in den Bayerischen Landtag gewählt. Am 2. April 2009 gab Rütting ihr Landtagsmandat zurück und trat im September 2009 aus der Partei aus. Bei der Bundestagswahl 2017 ging sie als älteste Kandidatin für die V-Partei³ ins Rennen.
Leben
Rütting war das älteste von fünf Kindern des Lehrers Richard Goltz und seiner Ehefrau Johanna Goltz aus Wietstock an der Nuthe im Landkreis Teltow. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie vom Roten Kreuz einer Familie in Dänemark als Dienstmädchen zugeteilt. Später arbeitete sie in einer Bibliothek und als Fremdsprachenkorrespondentin in Kopenhagen. Nach der Scheidung der 1946 geschlossenen Ehe mit Hans Rütting war sie von 1955 bis 1964 mit Heinrich Graf von Einsiedel verheiratet.
Von 1969 bis 1988 führte Rütting eine Beziehung mit dem Schauspieler, Regisseur und Theaterintendanten Lutz Hochstraate (* 1942); bis 1980 wohnten die beiden auf einem Bauernhof in Sommerholz (Salzburg / Österreich).
Zuletzt lebte sie in Michelrieth an der Ostseite des Spessarts. Barbara Rütting starb am 28. März 2020 im Alter von 92 Jahren in einer Klinik im Spessart.[1][2]
Schauspielkarriere
Im Jahr 1952 debütierte Barbara Rütting als Schauspielerin in Theater und Film und erhielt den Bundesfilmpreis als beste Nachwuchsschauspielerin. Bis 1983[3] spielte sie Hauptrollen in insgesamt 45 Filmen, darunter im Antikriegsdrama Die letzte Brücke sowie in Canaris, Die Geierwally und Stadt ohne Mitleid. In der Fernsehserie Die Kramer (1969) verkörperte Barbara Rütting die Titelrolle einer Gymnasiallehrerin. Im Jahr 1975 übernahm sie neben Gert Fröbe in Mein Onkel Theodor oder Wie man im Schlaf viel Geld verdient ihre letzte Kinorolle.
Schriftstellerin
1970 erschien Rüttings erster Roman Diese maßlose Zärtlichkeit. Es folgten zahlreiche Ratgeber, Koch- und Kinderbücher sowie Autobiografien.
Politisches Engagement
In den 1980er-Jahren beendete Barbara Rütting ihre Schauspielkarriere und konzentrierte sich auf ihr politisches Engagement für Umweltschutz, Menschenrechte und Tierrechte. Im November 1982 kettete sie sich mit 30 Tierschützern aus Protest gegen Tierversuche vor den Berliner Werkstoren des Pharmakonzerns Schering an. 1984 verfasste sie das Vorwort für eine Sonderausgabe des Buches „Nackte Herrscherin“, in dem der Schweizer Schriftsteller Hans Ruesch sich mit Tierversuchen auseinandersetzte. Im selben Jahr wurde sie bei den Mutlanger Friedenstagen bei Demonstrationen gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen in polizeilichen Gewahrsam genommen. Am Schwarzen Meer in Bulgarien und in einer russischen Klinik für strahlengeschädigte Kinder der atomaren Katastrophe von Tschernobyl führte sie Vollwertkochkurse durch und organisierte Hilfsprojekte. Barbara Rüttings Erfahrung mit Vollwerternährung ist auch die Basis eines nach ihr benannten, mit Kümmel, Fenchel und Koriander gewürzten Bio-Vollkornbrots, für das sie mir ihrem Konterfei warb.[4]
1982 erfolgte ihr Eintritt bei den Grünen, sie war befreundet mit Petra Kelly, Gert Bastian und Robert Jungk. 1996 schrieb sie einen offenen Brief an Jutta Ditfurth, in dem sie Ditfurths Kritik an Max Otto Bruker als verleumderisch ablehnte.[5] Wegen der Zustimmung der Grünen unter Joschka Fischer zum Einsatz im Kosovokrieg trat sie aus der Partei aus, doch Renate Künasts Einsatz für Tierschutz veranlasste sie, wieder einzutreten.
2003 wurde sie von den Grünen im Chiemgau, wo sie damals lebte, gebeten, für den Bayerischen Landtag zu kandidieren, und zog im Alter von 75 Jahren für eine Legislaturperiode als Abgeordnete in den Landtag ein. Obwohl 2008 für eine weitere Legislaturperiode wiedergewählt, erschien ihr die parlamentarische Arbeit zunehmend sinnlos. Hinzu kam die Zustimmung der Grünen zum Afghanistaneinsatz, für sie als Pazifistin untragbar. 2009 kam es bei ihr zu einem Burnout, und sie gab ihr Landtagsmandat vorzeitig zurück. Renate Künasts Bemerkung „Wenn’s nachher gut schmeckt“ in einem Film, in dem die Politikerin gemeinsam mit einem Kind einen Fisch tötete, bewog Rütting dazu, erneut ihren Parteiaustritt zu erklären.[6] Die Gruppierung, die unter der Kurzbezeichnung Tierschutzpartei bekannt wurde, unterstützte Rütting von 2009 bis 2014; 2010 bekam sie von dieser die MUT-Medaille verliehen.
Ende 2016 trat sie in die neugegründete V-Partei³ (Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer) ein.[7] Sie kandidierte auf Listenplatz 2 der bayerischen Landesliste für die Bundestagswahl 2017 und holte in ihrem Heimatort das beste Zweitstimmenergebnis der Partei.[8] 2017 initiierte sie die Rettung der trächtigen Kuh Elli vor der Schlachtung; die Kuh lebt mittlerweile mit ihrem Kalb Talitha auf dem Gnadenhof „Wilde Hilde“ nahe Northeim in Niedersachsen.[9]
Position
Rütting war jahrzehntelang bis Januar 2018 Ehrenmitglied des Vegetarierbundes Deutschlands.[10] Sie begründete ihren Austritt damit, dass ihr das Verhalten des Vegetarierbundes Deutschland widersprüchlich erschien.[11] Sie bezeichnete Osho (alias Bhagwan) als „den größten Therapeuten des Jahrhunderts“ und praktizierte verschiedene von ihm entwickelte Meditationstechniken.[12] Ursula Caberta bezeichnete Rütting im Schwarzbuch Esoterik als „Hauptgewinn“ und „politisches Sprachrohr“ der esoterischen Szene. Rütting fiel während ihres Landtagsmandates bei den Grünen durch Kontakte zur Bewegung Universelles Leben auf, wovon sie sich aber insoweit distanzierte, dass sie ihr nicht angehörte. Sie selbst gehöre überhaupt keiner Religion an und forderte in den öffentlichen Diskussionen das verfassungsrechtliche Grundrecht ein, niemanden wegen seiner religiösen Anschauung zu diskriminieren.[13][14][15][16]
Bibliografie
- Diese maßlose Zärtlichkeit. Versuche mit Männern. Roman. Von Schröder, Hamburg 1970; Moewig, Rastatt 1985
- Mein Kochbuch. Naturgesunde Köstlichkeiten aus aller Welt. Mosaik, München 1976
- Ach du grüner Kater. Lentz, München 1979; emu, Lahnstein 2005, ISBN 978-3-89189-125-4.
- Ursula Rüttings Koch- und Spielbuch für Kinder. Lentz, München 1979
- Mein neues Kochbuch. Schlemmereien aus der Vollwertküche. Mosaik, München 1984
- Auf der Flucht mit Mirto. Eine wahre Geschichte. Lentz, München 1987; emu, Lahnstein 2005, ISBN 978-3-89189-126-1.
- Mein Gesundheitsbuch. Mosaik, München 1988
- Lieblingsmenüs aus meiner Vollwertküche. Mosaik, München 1991
- Träumen allein genügt nicht. Ein Stück Leben. Goldmann, München 1993
- Grüne Rezepte für den blauen Planeten. Goldmann, München 1997
- Bleiben wir schön gesund. Herbig, München 2001
- Lachen wir uns gesund. Anleitungen zum Glücklichsein (mit 1 Lach-CD). Herbig, München 2001
- Essen wir uns gesund. 30 Jahre Erfahrung mit der Vollwerternährung. Herbig, München 2002
- … und dennoch. Erfahrungen eines Lebens. Herbig, München 2005, ISBN 978-3-7766-2364-2.
- Ich bin alt und das ist gut so. Meine Muntermacher aus acht gelebten Jahrzehnten. Nymphenburger, München 2007, ISBN 978-3-485-01114-3.
- Gesunde Ernährung kurz & bündig. Meine besten Tipps. Nymphenburger, München 2008, ISBN 978-3-485-01157-0.
- Wo bitte geht’s ins Paradies? Burnout einer Abgeordneten und Neuanfang. Herbig, München 2010, ISBN 978-3-7766-2651-3.
- Was mir immer wieder auf die Beine hilft. Nymphenburger, München 2012, ISBN 978-3-485-01373-4.
- Vegan & vollwertig. Meine Lieblingsmenüs für Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Nymphenburger, München 2013, ISBN 978-3-485-01430-4.
- Durchs Leben getobt. Autobiografie. Herbig, München 2015, ISBN 978-3-7766-2764-0.
Filmografie
- 1952: Postlagernd Turteltaube
- 1952: Die Spur führt nach Berlin
- 1953: Christina
- 1953: Die letzte Brücke
- 1954: Das zweite Leben
- 1954: Heideschulmeister Uwe Karsten
- 1954: Canaris
- 1955: Mädchen ohne Grenzen
- 1955: Spionage
- 1956: Die Geierwally
- 1956: Rot ist die Liebe
- 1957: Glücksritter
- 1957: Liebe, wie die Frau sie wünscht
- 1957: Alle Sünden dieser Erde
- 1957: Die Freundin meines Mannes
- 1958: Zeit zu leben und Zeit zu sterben (A Time to Love and a Time to Die)
- 1958: Du gehörst mir
- 1958: Ich war ihm hörig
- 1958: Frauensee
- 1958: Herz ohne Gnade
- 1958: Schwarzer Stern in weißer Nacht (Un homme se penche sur son passé)
- 1958: Das Glück auf der Alm (Kinder der Berge, Ein wunderbarer Sommer)
- 1959: Arzt ohne Gewissen
- 1961: Stadt ohne Mitleid (Town Without Pity)
- 1961: Der Strafverteidiger (TV)
- 1961: Die Sendung der Lysistrata
- 1961: Die Schatten werden länger
- 1962: Frauenarzt Dr. Sibelius
- 1963: … und der Amazonas schweigt
- 1963: Liebe will gelernt sein
- 1963: Der Zinker
- 1964: Das Phantom von Soho
- 1965: Neues vom Hexer
- 1965: Geheimaktion Crossbow (Operation Crossbow)
- 1967: Tamara
- 1969: Die Kramer (Fernsehserie)
- 1969: Eine Frau sucht Liebe
- 1970: Dem Täter auf der Spur: Frau gesucht (Fernsehserie)
- 1972: Der Todesrächer von Soho
- 1973: Diamantenparty
- 1975: Der Kommissar: Ein Playboy segnet das Zeitliche (Fernsehserie)
- 1975: Mein Onkel Theodor oder Wie man im Schlaf viel Geld verdient
- 1980: Der Alte: Der Neue (Fernsehserie)
- 1980: Der Alte: Das letzte Wort hat die Tote (Fernsehserie)
- 1981: Derrick: Prozente (Fernsehserie)
- 1981: Ein Fall für zwei: Das Haus in Frankreich (Fernsehserie)
- 1984: Schwarz Rot Gold: Um Knopf und Kragen
- 1985: Hallo Oma (Fernsehserie)
- 2000: Rosamunde Pilcher – Im Licht des Feuers
Weblinks
- Barbara Rüttings Homepage
- Literatur von und über Barbara Rütting im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Barbara Rütting in der Internet Movie Database (englisch)
- [ Barbara Rütting] bei filmportal.de
Einzelnachweise
- ↑ Barbara Rütting im Alter von 92 Jahren gestorben. 2. April 2020, abgerufen am 2. April 2020.
- ↑ Abendzeitung Germany: Barbara Rütting ist tot: Die Schauspielerin stirbt mit 92! Abgerufen am 2. April 2020.
- ↑ imdb.com: Nachruf auf Othello
- ↑ http://das-ist-drin.de/PEMA-Bio-Barbara-Ruetting-Brot-500-g--18361/
- ↑ Zeitschrift 'Gesundheitsberater', Ausgabe 2/1996, S. 3.
- ↑ Am 22. September, fünf Tage vor der Bundestagswahl, erklärte die 81-Jährige in einer vorab aufgezeichneten Folge der ARD-Talkshow Menschen bei Maischberger: „Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Ich werde auch nicht grün wählen. Ich werde eine kleine Partei wählen, Partei Mensch Umwelt Tierschutz, meiner Meinung nach die einzige Partei, die sich um Mensch, Umwelt und Tiere kümmert und eine radikale Friedenspolitik betreibt ohne Wenn und Aber. Ich bin aufgeregt, unglücklich, und ich trage Trauer.“
- ↑ barbara-ruetting.de
- ↑ v-partei.de: Bayerische Landeshauptversammlung nominiert 33 Bundestagskandidaten
- ↑ dpa: Gnaden- statt Schlachthof: Geflohene Kuh Elli bringt in Freiheit ein Kälbchen zur Welt. Abgerufen am 5. Juli 2019.
- ↑ Ehrenmitglieder (Memento vom 30. November 2010 im Internet Archive)
- ↑ Barbara Rütting - Autorin. Abgerufen am 14. Januar 2018.
- ↑ Interview auf Barbara Rüttings Webseite (Memento vom 16. Dezember 2004 im Internet Archive)
- ↑ Ursula Caberta: Schwarzbuch Esoterik. Gütersloher Verlagshaus, 2011, S. 38f
- ↑ Barbara Rütting und die Sekte 19. Mai 2010 Süddeutsche Zeitung
- ↑ "Ich fühlte mich von der Partei versklavt" 10. November 2010 Frankfurter Rundschau
- ↑ Ich leide mit allen Geschöpfen 15. Dezember 2012 Neues Deutschland
Personendaten | |
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NAME | Rütting, Barbara |
ALTERNATIVNAMEN | Goltz, Waltraud (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schauspielerin, Autorin und Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen) |
GEBURTSDATUM | 21. November 1927 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 28. März 2020 |
STERBEORT | Marktheidenfeld |
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- Filmschauspieler
- Landtagsabgeordneter (Bayern)
- Bündnis-90/Die-Grünen-Mitglied
- Autor
- Literatur (Deutsch)
- Roman, Epik
- Autobiografie
- Kinder- und Jugendliteratur
- Sachbuchautor (Essen und Trinken)
- Person (Vegetarismus)
- Person (Marktheidenfeld)
- Träger des Deutschen Filmpreises
- Familienmitglied des Adelsgeschlechts Einsiedel
- Deutscher
- Geboren 1927
- Gestorben 2020
- Frau