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Edgar Selge

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Edgar Selge bei der Berlinale 2019

Edgar Selge (* 27. März 1948 in Brilon) ist ein deutscher Schauspieler und Schriftsteller. Er wurde unter anderem durch seine Rolle als Polizeiruf 110-Kommissar Jürgen Tauber bekannt, den er zwischen 1998 und 2009 spielte.

Leben

Herkunft und Ausbildung

Eimterstraße 5: Edgar Selges Herforder Elternhaus

Edgar Selge wurde als vierter von fünf Söhnen des promovierten Juristen und Regierungsdirektors Edgar Selge (1903–1975) und seiner Frau Signe, geb. Wiehe (1914–2000), in der Lungenklinik Hoheneimberg, einem Tuberkulosekrankenhaus in Brilon-Wald im Sauerland, geboren.[1][2] Seine Eltern waren Ende des Zweiten Weltkrieges aus Königsberg in Ostpreußen über Bückeburg nach Westfalen geflohen. Selges Vater arbeitete hier zunächst als Oberregierungsrat am Oberlandesgericht in Hamm, dann in der Leitungsebene des britischen Militärgefängnisses in Werl. 1952 zog die Familie nach Herford, wo der Vater Direktor der Justizvollzugsanstalt für Jugendliche wurde.[3] Hier wuchs Selge, wenige Meter vom Gefängnis entfernt, in einem protestantisch und musisch geprägten Elternhaus auf.[4][5][6] Sein Vater galt neben seiner Funktion als Anstaltsleiter als begabter Pianist, hatte sich durch Konzerte etwa in Herford, Bielefeld und Bad Salzuflen einen Namen gemacht und veranstaltete regelmäßig Hauskonzerte für die inhaftierten Jungen und auswärtige Gäste – stets begleitet von namhaften Musikern wie der Pianistin Elly Ney.[7] Selges Großvater, Paul Selge, wurde nach Stationen als Lehrer und Chordirigent in Welnau bei Posen Königlicher Musikdirektor in Berlin, sein Onkel Aribert Selge (* 1893) war Germanist. Selges ältester Bruder Martin Selge (* 1938) wurde ebenfalls Germanist und Experte für das Werk des Dichters und Liedermachers Ulrich von Winterstetten. Sein Bruder Werner Friedrich Selge (* 1940) wurde Cellist und Konzertmeister der Niederrheinischen Philharmonie in Krefeld/Mönchengladbach.[7][8] Zwei Brüder Selges verstarben bereits im Kindes- und Jugendalter: Rainer Selge kam im Frühjahr 1949 im Alter von sieben Jahren in Bückeburg bei der Explosion eines Blindgängers ums Leben; Andreas Selge starb 1972 mit 19 Jahren an einer Gefäßkrankheit.

Nach dem Besuch des Herforder Friedrichs-Gymnasiums wechselte Selge auf das musische Christian-Dietrich-Grabbe-Gymnasium in Detmold und legte dort im Jahr 1967 sein Abitur ab. Anschließend begann er zunächst ein Klavierstudium an der Musikhochschule Detmold bei Gregor Weichert und setzte dieses in Wien fort. Das Klavierstudium brach er ab und zog nach München, wo er in der Theatertruppe Theater in der Marktlücke an der Erarbeitung und Aufführung einer Revue über die deutsche Sozialdemokratie mitwirkte. Von 1969 bis 1972 studierte er u. a. bei Ernesto Grassi Philosophie und Germanistik in München und Dublin. Ab 1974 besuchte er die Otto-Falckenberg-Schule und schloss dort seine Ausbildung zum Schauspieler 1975 ab.[9]

Schauspielkarriere

Nach Abschluss seiner Schauspielausbildung debütierte Selge an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlin. 1978 führte er beim „Dublin Theatre Festival“ Regie in Tom Stoppards Every Good Boy Deserves Favour.

Ab 1978 war er an den Münchner Kammerspielen engagiert. Selge spielte unter anderem den Andreas Kragler in Trommeln in der Nacht (1979), Bleichenwang in Was ihr wollt (1980), Saint Just in Dantons Tod (1980), den Sekretär in Maria Magdalena (1981), Arkas in Iphigenie auf Tauris (1981), Marinelli in Emilia Galotti (1984), Licht in Der zerbrochne Krug (1986) und George Garga in Bertolt Brechts Im Dickicht der Städte (1988). 1989 stellte er den Oberlehrer Arnholm in Ibsens Die Frau vom Meer dar. Im August 1991 verließ Selge das Ensemble der Münchner Kammerspiele, gastierte aber dort weiterhin.

Selge steht neben seiner Bühnentätigkeit auch vor der Kamera und wirkte in über 70 Film- und Fernsehproduktionen. Sein Filmdebüt gab er 1982 als Oscar in dem Kinofilm Krieg und Frieden. In den 1980er Jahren folgten wiederholt Gastrollen in den Krimiserien Der Fahnder, Derrick und Der Alte. Konrad Sabrautzky besetzte ihn 1990 an der Seite von Maja Maranow und Adele Neuhauser als Felix in der Travestiekomödie Der neue Mann. 1994 stand er in der Rolle des Dr. Walter in der Verfilmung von Uwe Timms Kinderbuch Rennschwein Rudi Rüssel vor der Kamera. Einem breiten Fernsehpublikum wurde Selge neben Michaela May als einarmiger Kommissar Jürgen Tauber, den er zwischen 1998 und 2009 spielte, in den vom BR produzierten Folgen der ARD-Krimireihe Polizeiruf 110 bekannt. 2012 übernahm er unter der Regie von Sibylle Tafel in dem Märchenfilm Rotkäppchen der ARD-Fernsehreihe Sechs auf einen Streich die Rolle des bösen Wolfs. 2014 spielte er den blinden Anarchisten Otto Weidt in der Fernsehdokumentation Ein blinder Held – Die Liebe des Otto Weidt. Für seine dortige schauspielerische Leistung erhielt er im selben Jahr den Seoul International Drama Awards in der Kategorie „Bester Schauspieler“. Für seine Rolle des Universitätsdozenten François im Theaterstück und Fernsehfilm Unterwerfung wurde er 2016 zum Schauspieler des Jahres gekürt und mit dem Deutschen Theaterpreis Der Faust sowie dem Rolf-Mares-Preis ausgezeichnet.[10][11]

Als Schriftsteller

2021 erschien Selges literarisches Debüt, das autofiktionale Buch Hast du uns endlich gefunden.[12][13]

Politisches Engagement

Er ist Erstunterzeichner des in der Zeitschrift Emma veröffentlichten Offenen Briefs an Bundeskanzler Scholz vom 29. April 2022, der sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausspricht, aus Sorge vor einem Dritten Weltkrieg im Kontext des Russischen Überfalls auf die Ukraine 2022.[14]

Privates

Edgar Selge mit seiner Ehefrau Franziska Walser, 2012

Selge war in erster Ehe mit der Schauspielerin Daphne Moore verheiratet;[3] 1985 heiratete er die Schauspielerin Franziska Walser. Das Paar hat einen Sohn und eine Tochter. Edgar Selge und Franziska Walser sind aktive Mitglieder von „BASTA – Das Bündnis für psychisch erkrankte Menschen“, einer Kampagne gegen die Diskriminierung psychisch Kranker.[15] Der Regisseur und Drehbuchautor Titus Selge ist ein Neffe von Edgar Selge – Sohn seines ältesten Bruders, des Literaturwissenschaftlers Martin Selge.

Filmografie

Kino

Fernsehfilme

Fernsehserien und -reihen

Hörspiele (Auswahl)

Buch

Auszeichnungen

Literatur

Weblinks

 Commons: Edgar Selge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jürgen Hendrichs: 10.000 Euro Spende für den Briloner Heimatbund. 13. August 2020, abgerufen am 18. Oktober 2021 (deutsch).
  2. Vgl. Edgar Selge: Hast Du uns endlich gefunden, Hamburg 2021, S. 217.
  3. 3,0 3,1 Vgl. Who's who in the Arts, Bd. 2, 1975, S. 227.
  4. Edgar Selge im Munzinger-Archiv, abgerufen am 27. März 2018
  5. Edgar Selge. PR Emami, abgerufen am 27. März 2018.
  6. Peter Steinert: 70. Geburtstag: Edgar Selge über seine Heimatstadt Herford. Abgerufen am 24. Oktober 2021.
  7. 7,0 7,1 Vgl. Christoph Lauer: „18 Stühle zuviel“ – Kunstgenuss kontra Katastrophenschutz. Eine kleine Geschichte aus 35 Jahren „Kulturdienst Herford Stadt und Land e.V.“ (1945–1980), in: Der Remensnider 34 (2006), Heft 1, S. 40–43.
  8. Vgl. Das Orchester 36 (1988), S. 179.
  9. Edgar Selge bei filmportal.de , abgerufen am 20. Oktober 2021.
  10. Die Auswertung: Die größte Ehre. In: kultiversum. Die Kulturplattform. Abgerufen am 25. August 2016.
  11. deutschlandfunk.de: "Der Faust" für Neuenfels, Selge und Castorf
  12. Edgar Selge – Hast du uns endlich gefunden. In: rowohlt.de. Rowohlt Verlag, abgerufen am 1. Oktober 2021.
  13. Tobias Rüther: Es funktioniert nur, wenn man es tut. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Nr. 40. 10. Oktober 2021, S. 33;.
  14. Offener Brief an Kanzler Olaf Scholz, Online auf www.emma.de, zuletzt abgerufen am 30. April 2022.
  15. Unsere Schirmherren Franziska Walser und Edgar Selge im Fernsehen. In: Newsblog. BASTA, 2. Oktober 2017, abgerufen am 10. Oktober 2021.
  16. Edgar Selge erhält Literaturpreis Fulda 2022, boersenblatt.net, veröffentlicht und abgerufen am 26. Januar 2022.
  17. Argon Verlag. Abgerufen am 23. Juli 2022.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Edgar Selge aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.