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Otto Weidt

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Otto Max August Weidt (* 2. Mai 1883 in Rostock; † 22. Dezember 1947 in Berlin) war Besitzer einer Berliner Blindenwerkstatt. Als junger Mann engagierte sich Weidt in der anarchistischen Arbeiterbewegung. Während des Holocaust stellte sich Weidt schützend vor seine jüdischen Mitarbeiter und rettete mehreren Juden das Leben. Postum wurde er 1971 als Gerechter unter den Völkern geehrt.

Otto Weidt, rechts daneben Alice Licht

Leben

Otto Weidt, Sohn des Tapezierers Max Weidt und der Auguste Grell, siedelte als Kind mit seiner Familie von Rostock nach Berlin über. Er erlernte wie sein Vater den Beruf des Tapezierers. Er war überzeugter Pazifist; dem Einsatz im Ersten Weltkrieg konnte er sich dank eines Ohrenleidens entziehen.

Im Jahr 1913 heiratete Weidt die Schneiderin Martha Karoline Gustava Konieczny.[1] Die Ehe wurde 1918 geschieden. In zweiter Ehe heiratete er 1919 die Pförtnerin Johanna Stoll.[2] Im Jahr 1928 wurde auch diese Ehe geschieden.

Anfang der 1940er Jahre war Weidt in dritter Ehe kinderlos verheiratet. Selbst erblindet, eröffnete er in der Rosenthaler Straße 39 eine Blindenwerkstatt als Besen- und Bürstenbinderei. Sie war ein „wehrwichtiger Betrieb“, da er seine Produkte hauptsächlich an die Wehrmacht verkaufte. Es gelang Weidt durch gute Beziehungen, Bestechung, Passfälschung und mit Unterstützung von Hedwig Porschütz, seine größtenteils jüdischen Mitarbeiter zu versorgen und zunächst vor den einsetzenden Deportationen zu schützen. Zu ihnen zählten Inge Deutschkron, Hans Israelowicz und Alice Licht.

Die 1922 geborenen Zwillinge Anneliese und Marianne Bernstein konnte er bei Hedwig Porschütz unterbringen. Sie nahm beide in ihre kleine Wohnung auf, versorgte sie und sicherte ihr Überleben.

Unter großem Aufwand organisierte Otto Weidt die Versorgung von wenigstens 25 Menschen, die im Ghetto Theresienstadt inhaftiert waren, mit Lebensmittelpaketen, die unter Verwendung zahlreicher fingierter Absender geschickt wurden. Von den bedachten Personen überlebten drei; die anderen wurden im Herbst 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet.

Die Familie Horn versteckte er in einem Hinterraum seiner Werkstatt, bis sie nach neun Monaten von einem Gestapo-Spitzel verraten wurde. Kurz vor Kriegsende fuhr er nach Auschwitz, um zu seiner Freundin Alice Licht Kontakt aufzunehmen und sie bei einer Flucht zu unterstützen. Als sie in Christianstadt bei der Munitionsproduktion eingesetzt wurde, mietete er dort ein Zimmer für sie an. Beim Todesmarsch aus dem Außenlager des KZ Groß-Rosen konnte sie fliehen und fand in dem Zimmer Unterschlupf. Danach tauchte sie bei den Weidts in Berlin unter und wanderte später in die USA aus.

Nach dem Krieg setzte sich Weidt für den Bau eines jüdischen Waisenhauses und eines Altenheimes für KZ-Überlebende ein.

Otto Weidt starb 1947 im Alter von 64 Jahren in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof Zehlendorf.[3] Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Otto Weidt (Feld 22 U 319) seit 1994 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung wurde im Jahr 2018 um die übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[4]

1993 wurde auf Initiative von Inge Deutschkron am Haus Rosenthaler Straße 39 ihm zu Ehren eine Gedenktafel angebracht. Weidts ehemalige Werkstatt ist heute ein Museum, das von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand betreut wird.

Literatur

  • Inge Deutschkron, Lukas Ruegenberg: Papa Weidt: Er bot den Nazis die Stirn. Butzon & Bercker, Kevelaer 2001, ISBN 3-7666-0210-1.
  • Robert Kain: Otto Weidt. Anarchist und „Gerechter unter den Völkern“ (Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand / Reihe A / Analysen und Darstellungen; Band 10). Lukas Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-86732-271-3 (Volltext in Leseprobe Online).
  • Robert Kain: Pierre Ramus’ Begegnung mit dem späteren „Stillen Helden“ Otto Weidt. In: Erkenntnis, Jg. 19, Nr. 19 (2011), S. 82–89; ramus.at (PDF; 836 kB).
  • Robert Kain: Otto Weidt: Vom Anarchisten zum „Gerechten unter den Völkern“. In: Hans Coppi, Stefan Heinz (Hrsg.): Der vergessene Widerstand der Arbeiter – Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten, Trotzkisten, Anarchisten und Zwangsarbeiter. Dietz, Berlin 2012, ISBN 978-3-320-02264-8, S. 185–198.
  • David Koser et al.: Blindenwerkstatt Otto Weidt. In: Hauptstadt des Holocaust. Orte nationalsozialistischer Rassenpolitik in Berlin. Stadtagentur, Berlin 2009, ISBN 978-3-9813154-0-0. Ort 35, S. 154; Volltext in Leseprobe (PDF; 1,3 MB) stadtagentur.de

Film

Weblinks

 Commons: Otto Weidt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heiratsregister StA Schöneberg I, Nr. 175/1913
  2. Heiratsregister StA Berlin I/II, Nr. 902/1919
  3. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 679.
  4. Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 91; abgerufen am 18. März 2019. Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten als Ehrengrabstätten des Landes Berlin. (PDF, 369 kB) Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 18/14895 vom 21. November 2018, S. 1 und Anlage 2, S. 13; abgerufen am 18. März 2019.
  5. Film-Website bei der ARD.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Otto Weidt aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.