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Erich Raeder

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Erich Raeder

Erich Johann Albert Raeder (* 24. April 1876 in Wandsbek; † 6. November 1960 in Kiel) war ein deutscher Marineoffizier. Von 1928 bis 1943 war er Leiter des Oberkommandos der Marine und ab 1935 Oberbefehlshaber der Reichs- bzw. Kriegsmarine. Er erhielt am 30. Januar 1937 das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP.

Raeder wurde im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagt, in drei Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. 1955 wurde er entlassen.

Kaiserreich und Erster Weltkrieg

Erich Raeder (Zweiter von links) im Stab von Vizeadmiral Hipper (Mitte), 1916

Erich Raeder wurde in Wandsbek, heute Stadtteil von Hamburg, als Sohn des Realschullehrers Hans Friedrich Eduard Raeder und dessen Ehefrau Gertrud Wilhelmine Margaretha geb. Zimmermann geboren. Sein Vater wurde später Gymnasialdirektor in Grünberg in Schlesien. Nach dem Besuch eines Realgymnasiums in Grünberg legte er 1894 das Abitur ab.[1]

Raeder trat im April 1894 in die Kaiserliche Marine ein und fuhr nach Beendigung der Grundausbildung auf dem Schulschiff Stosch und anschließend auf der Gneisenau. Am 25. Oktober 1897 wurde er, nach dem Bestehen der Seeoffiziersprüfung mit Auszeichnung, zum Unterleutnant zur See ernannt. 1900 wurde Raeder zum Oberleutnant zur See befördert, nachdem er als Signaloffizier auf verschiedenen Panzerkreuzern eingesetzt war. Es schlossen sich verschiedene Land- und Bordkommandos sowie ein Aufenthalt an der Marineakademie an, und im März 1905 wurde Raeder zum Kapitänleutnant ernannt.

Im April 1906 wurde er als Referent zum Nachrichtenbüro des Reichsmarineamtes versetzt, und zwei Jahre später kam Raeder als Navigationsoffizier an Bord des Großen Kreuzers Yorck. Ebenfalls als Navigationsoffizier war er von 1910 bis 1912 auf der kaiserlichen Yacht Hohenzollern eingesetzt. Im Zuge dieses Kommandos wurde er im April 1911 zum Korvettenkapitän befördert. Seit dieser Zeit auf der Hohenzollern hegte Raeder eine persönliche Sympathie für Wilhelm II., die er auch später nicht verleugnete.

Nach Ende des Kommandos auf der Hohenzollern folgte die Ernennung zum Ersten Admiralstabsoffizier beim Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Raeder sich schon mehrfach schriftstellerisch betätigt und übersetzte den französischen Seekriegsexperten René Daveluy, einen Vertreter der Jeune École, mit dessen Theorien er sich kritisch auseinandersetzte.

Auf diesem Posten nahm Raeder nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges am Gefecht auf der Doggerbank und an der Skagerrakschlacht teil. Im April 1917 wurde er zum Fregattenkapitän befördert, und sein Dienstposten wurde in Chef des Stabes beim Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte umbenannt. Raeder behielt diesen Posten bis Anfang 1918, als er das Kommando über den Kleinen Kreuzer Cöln erhielt, mit dem er allerdings an keiner Gefechtshandlung mehr teilnahm.

Weimarer Republik

Bereits im Oktober 1918 wurde er durch die Ernennung zum Chef der Zentralabteilung des Reichsmarineamtes wieder an den Schreibtisch beordert. Diese Stellung bekleidete er über die Zeit des Zusammenbruchs und der Gründung der Weimarer Republik hindurch bis zum Kapp-Putsch. Während Raeder in seinen Memoiren darauf hinweist, während des Putsches loyal zur gewählten Regierung gestanden zu haben, galt er – nicht zuletzt durch die enge Zusammenarbeit mit dem Chef der Admiralität Adolf von Trotha, der über seine Verwicklung in den Putsch stürzte – als kompromittiert genug, um auf einen weniger einflussreichen Posten im Marinearchiv versetzt zu werden. Dort verfasste er im Rahmen des amtlichen Werkes über den Seekrieg 1914–1918 zwei Bände über den Kreuzerkrieg. Außerdem studierte er Nationalökonomie, Verwaltungsrecht, Staatswissenschaften und Wirtschaftsgeschichte.

Im Jahr 1922 wurde Raeder mit der Ernennung zum Inspekteur des Bildungswesens der Marine in das politische Zentrum der Marineleitung zurückversetzt und gleichzeitig zum Konteradmiral befördert. Im Herbst 1924 trat er dann den Posten des Befehlshabers der leichten Seestreitkräfte der Nordsee an. Bereits im Januar 1925 wurde Raeder zum Vizeadmiral befördert und zum Chef der Marinestation der Ostsee ernannt. Seine Arbeit als Marinegeschichtsschreiber fand auch wissenschaftliche Anerkennung, die sich am 31. Mai 1926 in der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Kieler Universität äußerte.

Erich Raeder, 1928

Wohl auf Betreiben des Reichswehrministers Wilhelm Groener wurde im Rahmen der sogenannten „Lohmann-Affäre“ auf die Entlassung des Marinechefs Hans Zenker hingearbeitet; und es dürfte ebenfalls Groener gewesen sein, der die Ernennung Raeders zum neuen Chef der Marineleitung am 1. Oktober 1928 durchsetzte. Raeder bemühte sich in der neuen Position, seinem Image als republikfeindlichem Rechtsaußen entgegenzuwirken, welches ihm seit den Tagen des Kapp-Putsches anhaftete; er bekannte sich wiederholt zur Weimarer Verfassung. Im April 1931 entließ er den späteren Leiter des NS-Reichssicherheitshauptamtes, Reinhard Heydrich, wegen „ehrwidrigen Verhaltens“ aus der Marine.

Auf der einen Seite gehen aus seinem privaten Briefverkehr mit dem der NSDAP nahestehenden Admiral von Levetzow seine grundsätzliche Ablehnung der Sozialdemokratie und seine Befürwortung einer autoritären Rechtsregierung hervor; auf der anderen Seite hegte er noch im Jahre 1932 keine Sympathien für Adolf Hitler. So nannte er Hitlers politische Reden „verbrecherisch“ und war der Auffassung, dass Hitler seine Partei in eine üble Lage hineinmanövriert habe.[2] In seiner neuen Funktion als Chef der Marineleitung trieb Raeder die Entscheidung für den Bau des schnellen, offensiven Panzerschiffes voran, für das er sich nach anfänglichen Zweifeln ebenfalls erwärmt hatte.

Nachdem der Bau der ersten Panzerschiffe nach erbittertem politischen Tauziehen gesichert worden war, legte er am 15. November 1932 einen so genannten „Umbauplan“ vor. Dieser sah eine umfangreiche Erweiterung der Seestreitkräfte über die im Versailler Vertrag zugestandenen Einheiten hinaus vor und war damit rechtswidrig. Aber innerhalb der Marine spielte der Vertrag ohnehin keine Rolle mehr: Man erwartete die Gleichberechtigung Deutschlands auf der Genfer Abrüstungskonferenz, anderenfalls würde man den Versailler Vertrag einseitig kündigen. Daher wurden auch schon Planungen für wesentlich größere Kampfschiffe in die Wege geleitet.

Zeit des Nationalsozialismus

Vorkriegszeit

Raeder in der Uniform eines Großadmirals

Raeder ordnete sich (und damit die Marine) ohne Einschränkungen Adolf Hitler unter. Nach seiner Entlassung (1943) blickte er mit Stolz darauf zurück, dass es ihm gelungen war,

„im Jahre 1933 die Marine geschlossen und reibungslos dem Führer in das Dritte Reich zuzuführen. Das war dadurch zwanglos gegeben, daß die gesamte Erziehung der Marine in der Systemzeit […] auf eine innere Haltung hinzielte, die von selbst eine wahrhaft nationalsozialistische Haltung ergab. Aus diesem Grunde hatten wir uns nicht zu verändern, sondern konnten von vornherein aufrichtigen Herzens wahre Anhänger des Führers werden.“

– Ansprache vor Offizieren des OKM am 30. Januar 1943[3]

Nach der Machtübernahme Hitlers setzte Raeder alles daran, diesen von der Notwendigkeit des Aufbaus und der Unterhaltung einer schlagkräftigen Marine zu überzeugen. Hitler hatte zuvor in „Mein Kampf“ sowie in zahlreichen Reden und Artikeln einen Verzicht auf Seerüstung eingefordert. Diese sei für die Feindschaft Großbritanniens im Ersten Weltkrieg verantwortlich gewesen – das Inselreich nahm in Hitlers Zukunftsplänen aber den Platz eines Verbündeten ein.

Mit dem Hinweis auf die französische Marine schien es Raeder in einer Unterredung im März 1933 gelungen zu sein, Hitlers Zustimmung zum Ausbau der Marine zu erhalten. Dabei benutzte Raeder wieder einmal den Gedanken der „Bündnisfähigkeit“, mit dem schon die Tirpitz’schen Flottengesetze begründet worden waren. Sowohl quantitativ als auch qualitativ fielen die letzten Hemmungen, was die Geheimrüstungen und andere Überschreitungen der Versailler Rüstungsbeschränkungen anging, als Deutschland im Oktober 1933 die Abrüstungskonferenz und den Völkerbund verließ.

1934 erhielt Raeder die Kieler Ehrenbürgerschaft, die ihm am 27. Dezember 1945 wieder aberkannt wurde. Nachdem der Kieler Magistrat 1956 zu der Auffassung gelangt war, dass die Aberkennung aus formalen Gründen unwirksam war, verzichtete Raeder auf die Ehrenbürgerschaft.[4]

Eine Teilnahme an den internationalen Flottenkonferenzen (die nächste war für 1936 anberaumt) lehnte Raeder ab, da er die erneute vertragliche Festlegung einer Obergrenze verhindern wollte. Auch die Anbahnung des deutsch-britischen Flottenabkommens ab 1934 bereitete er mit gemischten Gefühlen vor, denn das letztendlich vereinbarte Verhältnis von 35:100 zur britischen Flotte hielt er für zu niedrig angesetzt. Da das Abkommen aber endlich den lange ersehnten Bau von Großkampfschiffen gestattete, gab Raeder sich zunächst mit den Umständen zufrieden und forcierte den Bau der ersten Schlachtschiffe und des ersten Flugzeugträgers.

Im Zuge der Neuordnung der Wehrmacht wurde Raeders Posten im Jahr 1935 in Oberbefehlshaber der Kriegsmarine umbenannt. Am 20. April 1936 erfolgte seine Ernennung zum Generaladmiral. Hitler verlieh Raeder anlässlich einer Gedenksitzung des Kabinetts zum Jahrestag der Machtergreifung am 30. Januar 1937 das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP, das er nach eigenen Angaben später vernichtete.[5]

Anlässlich des „Heldengedenktags“ am 12. März 1939 bekannte sich Raeder erneut zum Nationalsozialismus: „Das deutsche Volk hat den aus dem Geiste des deutschen Frontsoldaten geborenen Nationalsozialismus zu seiner Weltanschauung gemacht und folgt den Symbolen seiner Wiedergeburt mit fanatischer Leidenschaft“.[6] Einen halben Monat später wurde Raeder am 1. April 1939 von Hitler zum Großadmiral befördert.

General der Flieger Milch, General der Artillerie Keitel, Generaloberst von Brauchitsch, Generaladmiral Raeder und Kommandierender General des XIII. Armeekorps General der Kavallerie Freiherr von Weichs während des „Tags der Wehrmacht“ auf dem Reichsparteitag, September 1938

Im Herbst 1938 hatte die Marineführung erstmals ein Konzept für den Aufbau einer Seestreitmacht erarbeitet, das auch eine mögliche Feindschaft Großbritanniens berücksichtigte. Raeders Beschäftigung mit dem Kreuzerkrieg machte sich hierbei insofern bemerkbar, dass ein weltweiter ozeanischer Handelskrieg mit kreuzerartigen Einheiten als Kern der Strategie vorgesehen war. Der als „Z-Plan“ bekannt gewordene Rüstungsplan wandte sich gegen die Idee einer relativ schnell zu erstellenden U-Boot-Flotte und sah stattdessen den Bau einer großen Zahl von schweren Überwassereinheiten vor, von denen die Schlachtschiffe (welche die längste Bauzeit erforderten) die höchste Priorität erhielten. Die Konsequenz daraus war, dass die deutsche Marine bei Kriegsbeginn keinesfalls „fertig“ war. Raeder selbst notierte nach der britischen Kriegserklärung am 3. September 1939:

„Was die Kriegsmarine anbetrifft, so ist sie selbstverständlich im Herbst 1939 noch keineswegs für den großen Kampf mit England hinreichend gerüstet. Sie hat zwar in der kurzen Zeit seit 1935 (Flottenvertrag) eine gut ausgebildete, zweckmäßig aufgebaute U-Bootswaffe geschaffen, von der zur Zeit ca. 26 Boote atlantikfähig sind, die aber trotzdem noch viel zu schwach ist, um ihrerseits kriegsentscheidend zu wirken. Die Überwasserstreitkräfte aber sind noch so gering an Zahl und Stärke gegenüber der englischen Flotte, daß sie – vollen Einsatz vorausgesetzt – nur zeigen können, daß sie mit Anstand zu sterben verstehen und damit die Grundlage für einen späteren Wiederaufbau zu schaffen gewillt sind.“

– Kriegstagebuch der Seekriegsleitung[7]

Zweiter Weltkrieg

Erich Raeder bei seiner Entlassung als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine durch Hitler 1943

Das Überwasserkonzept Raeders und anderer Offiziere war damit gescheitert, Erfolge erzielten vor allem die U-Boote. Trotzdem wurde auch mit Überwasserschiffen zunächst die Linie des Handelskrieges weiterverfolgt. Nachdem auf Initiative Raeders und des Außenpolitischen Amtes der NSDAP[8] im April 1940 die Invasion Norwegens erfolgt war (Unternehmen Weserübung), standen hierfür bessere Ausgangspositionen zur Verfügung.

Dennoch führte der angekündigte „volle Einsatz“ der wenigen vorhandenen Einheiten zu hohen Verlusten an Menschen und Material (Panzerschiff Admiral Graf Spee 1939, Schwerer Kreuzer Blücher 1940, Schlachtschiff Bismarck 1941) bei mäßigen Erfolgen, was bei Hitler zu immer schärfer werdenden Zweifeln an der Existenzberechtigung der größeren Überwasserschiffe führte. Nur mit Mühe konnte Raeder den „Führer“ noch beschwichtigen. Dessen ungeachtet erhielt er 1941 anlässlich seines 65. Geburtstags eine Dotation in Höhe von 250.000 Reichsmark.[9][10]

Als am Jahresende 1942 ein Vorstoß des Panzerschiffes Lützow und des Schweren Kreuzers Admiral Hipper im Verband mit sechs Zerstörern in der Schlacht in der Barentssee kläglich scheiterte, bekam Hitler einen Wutanfall, warf der Marine Feigheit in ihrem Vorgehen vor und kündigte die Außerdienststellung und Verschrottung der Überwasserschiffe an.

Raeder, der das Scheitern seines Lebenswerkes erkannte und sich in seiner Ehre gekränkt fühlte, bat Hitler daraufhin um seinen Abschied. Dieser erfolgte am 30. Januar 1943. Raeder bekam vorher noch Gelegenheit, seine Positionen in einer Denkschrift zu verteidigen. Sein Nachfolger Karl Dönitz schaffte es, Hitler davon zu überzeugen, die großen Überwasserschiffe in Ausbildungseinheiten zu behalten und so vor der von Hitler schon befohlenen Verschrottung zu retten. Der Raeder verliehene Titel eines „Admiralinspekteurs“ war in der Marinehierarchie nicht vorgesehen, er hatte keinerlei Bedeutung und diente nur der Ehrenrettung des Großadmirals.

Verhaftung und Prozess

Acht der Angeklagten in Nürnberg
vordere Reihe v. l. n. r.: Göring, Heß, Ribbentrop, Keitel
dahinter: Dönitz, Raeder, Schirach, Sauckel
Erich Raeder nach der Entlassung in Begleitung seiner Ehefrau, 26. September 1955

Zum Zeitpunkt der Kapitulation befand er sich zur Behandlung in einem Krankenhaus in Potsdam-Babelsberg. Nach seiner Entlassung im Mai 1945 stellte er sich der sowjetischen Besatzungsmacht. Am 23. Juni 1945 wurde er zunächst verhaftet und in das Lichtenberger Gefängnis verbracht. Im August 1945 wurden seine Frau Erika und er in die Sowjetunion geflogen und unter strengster Geheimhaltung in einem Landhaus in der Nähe Moskaus untergebracht, wo sie wie Gäste und nicht wie andere deutsche Kriegsgefangene behandelt wurden. Auf Veranlassung seiner Gastgeber verfasste Raeder mehrere Abhandlungen über die deutsche Marine vor und im Zweiten Weltkrieg. Angesichts dieser Behandlung waren die Raeders vollkommen überrascht, als sie am 17. Oktober 1945 nach Berlin gebracht wurden und Erich Raeder ins Justizgefängnis des Nürnberger Militärgerichtshofes überstellt wurde.[11]

Raeder wurde im Hauptkriegsverbrecherprozess in den Anklagepunkten 1 („Gemeinsamer Plan oder Verschwörung“), 2 („Verbrechen gegen den Frieden“) und 3 („Kriegsverbrechen“) beschuldigt, nicht jedoch nach Punkt 4 („Verbrechen gegen die Menschlichkeit“). Das einstimmige Urteil vom 1. Oktober 1946 sprach Erich Raeder in den drei Anklagepunkten schuldig und verurteilte den 70-Jährigen zu lebenslanger Haft. Die wesentlichen Begründungen lauteten dabei:

  • Punkt 1 – „Gemeinsamer Plan“: Raeders Spitzenstellung als Chef eines Wehrmachtteils während der gesamten Friedenszeit des „Dritten Reiches“ und bis 1943; seine ideologische Nähe zum Nationalsozialismus, wie sie etwa in einer Rede Raeders vom 12. März 1939 zum Ausdruck kam („Schonungslose Kampfansage an den Bolschewismus und das Internationale Judentum“) sowie seine Anwesenheit bei zentralen Besprechungen, in denen Hitler seine Pläne enthüllte (siehe z. B. Hoßbach-Niederschrift sowie Besprechungen am 23. Mai und 22. August 1939).
  • Punkt 2 – „Verbrechen gegen den Frieden“: Seine tragende Rolle bei den Geheimrüstungen; die mutwilligen Verletzungen des Versailler Vertrages; der dramatisch angestiegene Marineetat und – vor allem – der Plan zur Invasion in Norwegen.
  • Punkt 3 – „Kriegsverbrechen“: Raeder ließ den uneingeschränkten U-Boot-Krieg führen, der zur Versenkung unbewaffneter Handelsschiffe und zur Beschießung von Schiffbrüchigen führte. Siehe bspw. den Athenia-Zwischenfall. Das Gericht kam bei ihm in Bezug auf die Zeitspanne bis 1943 zur gleichen Entscheidung wie im Fall Dönitz. Raeder gab zu, dass er den Kommandobefehl, der sich ausdrücklich nicht auf den Seekrieg bezog, weiterleitete und keinerlei Einspruch bei Hitler erhob.

Nach der Urteilsverkündung bat er den Alliierten Kontrollrat darum, sein Urteil in Erschießung umzuwandeln, musste jedoch seine Strafe im Kriegsverbrechergefängnis Spandau antreten.

Lebensende

Grabmal in Kiel

Am 26. September 1955 wurde er aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen. Zunächst wohnte er mit Frau und Tochter in Lippstadt, bevor er später nach Kiel zog. 1957 veröffentlichte er unter dem Titel Mein Leben seine Memoiren, die überwiegend von dem ehemaligen Admiral Erich Förste geschrieben worden waren[12][13] und der Rechtfertigung Raeders nach den Nürnberger Prozessen dienen sollten. Sie sollten auch dazu dienen, ein geschlossenes Bild der deutschen Marineführung im Zweiten Weltkrieg zu liefern, wozu auf Drängen der Herausgeber Auseinandersetzungen mit Dönitz, die Raeder in seine Memoiren einbringen wollte, unterdrückt wurden.[14]

Er starb am 6. November 1960 in Kiel. Bei seiner Beerdigung in Kiel hielt auf Wunsch des Inspekteurs der Marine, Friedrich Ruge, Raeders Nachfolger als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, der ehemalige Großadmiral Karl Dönitz, die Grabrede.

Sein Grab befindet sich auf dem Nordfriedhof Kiel.

Auszeichnungen

Literatur

  • Keith W. Bird: Erich Raeder: Admiral of the Third Reich. Naval Institute Press, Annapolis 2006.
  • Carl Dreeßen: Die deutsche Flottenrüstung in der Zeit nach dem Vertrag von Versailles bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges und ihre Darstellung und Behandlung im Nürnberger Prozess von 1945/46. Mittler, Hamburg u. a. 2000, ISBN 3-8132-0720-X (Dissertation. Universität Hannover 1999).
  • Kurt Fischer: Großadmiral Dr. phil. h. c. Erich Raeder. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. Band 1: Von den Anfängen des Regimes bis Kriegsbeginn. Primus, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-083-2, S. 185–194.
  • Jost Dülffer: Weimar, Hitler und die Marine. Reichspolitik und Flottenbau 1920–1939. Droste, Düsseldorf 1972, ISBN 3-7700-0320-9.
  • Michael Salewski: Die Deutschen und die See. Studien zur deutschen Marinegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. 2 Bände. Steiner, Stuttgart 1998 und 2002, ISBN 978-3-515-07319-6 (1. Band) und ISBN 978-3-515-08087-3 (2. Band).
  • Michael Salewski: Raeder, Erich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 104–106 (Onlinefassung).

Weblinks

 Commons: Erich Raeder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Biografie des LeMO
  2. Michael Salewski: Die Deutschen und die See. 2, Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-08087-2, S. 135.
  3. veröffentlicht bei Michael Salewski: Von Raeder zu Dönitz. Der Wechsel im Oberbefehl der Kriegsmarine 1943. In: Michael Salewski: Die Deutschen und die See. Studien zur deutschen Marinegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Steiner, Stuttgart 1998, S. 333 (Dok. 8).
  4. Erich Raeder (1876–1960). In: kiel.de. Stadt Kiel. Abgerufen am 3. Juni 2014.
  5. Dieter Hartwig: Großadmiral Karl Dönitz. Legende und Wirklichkeit, Paderborn: Verlag Ferdinand Schöningh, 2010, ISBN 978-3-506-77027-1. S. 359.
  6. Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 476.
  7. Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939–1945. Teil A, September 1939. 1, Mittler & Sohn, Herford, Bonn 1988 (Eintrag vom 3. September 1939).
  8. Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. 2. Auflage. Oldenbourg, München 2006, ISBN 978-3-486-54501-2, S. 19 f..
  9. Gerd R. Ueberschär, Winfried Vogel: Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten. Frankfurt 1999, ISBN 3-10-086002-0.
  10. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, 2. Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 476.
  11. Douglas C. Peifer: Drei Deutsche Marinen – Auflösung, Übergänge und Neuanfänge. Bochum 2007, ISBN 978-3-89911-101-9, S. 68 ff.
  12. Jörg Hillmann: Die Nachkriegsmarine im Umgang mit dem 20. Juli. Marine-Portal, Bundesmarine
  13. Erich Förste. In: Der Spiegel. Nr. 11, 1956 (online).
  14. Bird: Erich Raeder. 2006, S. XVII
  15. 15,00 15,01 15,02 15,03 15,04 15,05 15,06 15,07 15,08 15,09 15,10 15,11 15,12 15,13 15,14 15,15 15,16 15,17 15,18 15,19 15,20 15,21 15,22 15,23 15,24 15,25 15,26 15,27 15,28 15,29 15,30 Verleihungsdaten nach Angaben in Nachlass und Biographischen Daten (Memento vom 3. Juni 2015 im Internet Archive) im Bestand des Bundesarchives, gesehen 4. Mai 2010.
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