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Erich Schiewek

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Erich Schiewek, oft fälschlich Schieweck geschrieben,[1] (* 10. August 1913 in Breslau; † 1. Juli 1934 im KZ Dachau) war ein deutscher SA-Angehöriger. Er wurde bekannt als eines der Opfer der Röhm-Affäre.

Leben

Schiewek, der das Schlosserhandwerk erlernte, trat zum 1. September 1931 in die NSDAP (Mitgliedsnr. 606.062) ein. Außerdem wurde er Mitglied der Sturmabteilung (SA), in der er bis 1934 den Rang eines Obertruppführers erreichte.[2]

1934 lebte Schiewek in einem Hilfswerklager in Breslau. Dieses unterstand dem NS-Politiker Edmund Heines, der seit 1933 als Befehlshaber der SA-Obergruppe Schlesien – der knapp 200.000 Mann angehörten – sowie Polizeipräsident von Breslau der starke Mann des NS-Regimes in Schlesien war. Nachdem Schiewek bei einem Sportschießen im Juni 1934 besonders gut abgeschnitten hatte, wählte Wilhelm Ott, Heines' Stabsführer, ihn zur Belohnung für diese Leistung am 29. Juni 1934 als Begleiter Heines' für eine Reise zu einer kurzfristig angesetzte SA-Führertagung im süddeutschen Bad Wiessee, zu der Heines am 28. Juni einbestellt worden war, aus. Heines brauchte, als er sich am 29. Juni anschickte zu seiner Flugreise nach Süddeutschland aufzubrechen, kurzfristig einen Begleiter, da einerseits sein Polizeiadjutant Otto Tillmann erkrankt war und andererseits sein Bursche an diesem Tag verschlafen hatte, so dass Ott spontan Schiewek als Begleiter auswählte. Zu Heines hatte Schiewek vor diesem Tag keine Beziehungen gehabt.

Verhaftung und Ermordung

Schieweks Verhaftung

Nachdem Schiewek mit Heines am 29. Juni von Breslau nach Bayern geflogen war, stiegen beide gegen Mitternacht in der Pension Hanselbauer ab, in der die Führertagung am folgenden Tag stattfinden sollte und in der auch Ernst Röhm, der Stabschef der SA, bereits ein Quartier bezogen hatte. Schiewek, der als „finsterer Geselle“ und als gleichgeschlechtlich veranlagt galt, übernachtete mit Heines im selben Bett.

In den frühen Morgenstunden des 30. Juni 1934 wurde die Pension Hanselbauer überraschend von Adolf Hitler und einem Überfallkommando aus SS-Männern von Hitlers Begleitkommando sowie Polizeibeamten gestürmt. Diese verhafteten Röhm und die meisten anderen anwesenden SA-Angehörigen, darunter auch Heines und Schiewek. Anlass zu diesem Vorgehen war, dass Hitler sich kurz zuvor entschlossen hatte, die SA politisch zu entmachten. Zu diesem Zweck hatte er die Führertagung in Wiessee einberufen, um auf diese Weise möglichst viele SA-Führer an einem einzigen Ort zu versammeln und sie – isoliert von ihrem Massenanhang – möglichst gefahrlos ausschalten zu können. Die Aktion in Wiessee wurde zum Auftakt der Röhm-Affäre, die als eine Notwehrmaßnahme der Regierung gegen einen angeblich von Röhm geplanten Putsch dargestellt wurde.

Über den Ablauf der Verhaftung von Heines und Schiewek liegen drei Zeugnisse vor, die im Wesentlichen übereinstimmen. Namentlich ein Tagebucheintrag von Joseph Goebbels und ein Bericht von Erich Kempka, dem Chauffeur und Leibwächter Hitlers, für die Zeitschrift Quick sowie ein Tagebucheintrag von Alfred Rosenberg. Während Goebbels und Kempka Augenzeugen des Ereignisses wurden, will Rosenberg seine Kenntnisse von Max Amann erhalten haben. Rosenberg beschreibt im Juli 1934 in seinem Tagebuch einen Wutausbruch des Führers, nachdem er von Heines' homosexueller Betätigung mit einem ‚Lustknaben‘ erfahren hatte.[3]

Goebbels notierte unterm 1. Juli lediglich kurz in sein Tagebuch „Heines jämmerlich. Mit einem Lustknaben.“ Kempka, der Chauffeur und Leibwächter Hitlers, berichtete über die Konfrontation von Hitler mit Heines nach dem Zweiten Weltkrieg.[4]

Schieweks Ermordung und seine Verwendung zur Rechtfertigung der „Röhm-Putsch“-Morde

Schiewek wurde zusammen mit den übrigen in Bad Wiessee verhafteten SA-Angehörigen ins Gefängnis Stadelheim überführt, wo er vom frühen Mittag des 30. Juni bis zum frühen Abend des 1. Juli verblieb. Nachdem Heines am Abend des 30. Juni von SS-Leuten im Hof des Stadelheimer Gefängnisses und Ernst Röhm am späten Nachmittag des 1. Juli von dem Kommandeur des KZ Dachau Theodor Eicke und dem Anführer der dortigen Wachmannschaft Michel Lippert in seiner Zelle in Stadelheim erschossen worden waren, wurde Schiewek von Eicke und Lippert zusammen mit drei weiteren Stadelheimer Häftlingen (Max Vogel, Hans Schweighart, Edmund Paul Neumayer) mit ins KZ Dachau genommen. Dort wurden sie noch im Laufe desselben Abends gegen 19.00 Uhr von einem Kommando aus Angehörigen der Wachmannschaft an einer Wand hinter dem äußeren Arrestgebäude erschossen. Die Erschießung wurde von der Lagerleitung als öffentliches Spektakel organisiert: Zahlreiche Häftlinge wurden gezwungen, dem Vorgang beizuwohnen, zuvor wurden den vier Männern durch Eicke persönlich Schulterstücke und Rangabzeichen abgerissen. Schiewek fiel bei der Exekution, wie mehrere Dachauer Häftlinge übereinstimmend angaben, durch den großen Mut auf, den er, wie die übrigen Todeskandidaten, im Angesicht des Erschießungskommandos an den Tag legte. Bezeugt ist zudem, dass einer der vier Exekutierten, vermutlich Schiewek, im Augenblick des Schießbefehls als letzte Worte „Hoch Heines!“ ausrief.[5]

In der Nacht vom 2. zum 3. Juli 1934 wurde Schieweks Leiche ins Krematorium des Münchener Ostfriedhofs überführt und dort zusammen mit vierzehn weiteren Leichen von Münchener Opfern der Röhm-Affäre verbrannt. Die Urne durfte erst nach zwei Monaten, gegen Bezahlung der Verbrennungskosten, an seine Angehörigen ausgehändigt werden.[6]

Im Rahmen der NS-Propaganda spielte Schiewek, ohne dass sein Name genannt wurde, insoweit eine große Rolle, als in den Presseberichten dieser Tage die Homosexualität vieler SA-Führer breit herausgestrichen wurde. Goebbels gab bereits am 30. Juni in einer in fast allen deutschen Zeitungen verbreiteten Meldung über den Ablauf der Aktion in Bad Wiessee an, dass einige SA-Führer in krankhafter Betätigung angetroffen worden seien. In einer Radioansprache wenige Tage später präzisierte Goebbels diese Angaben:

In dem unmittelbar gegenüberliegenden Zimmer von Heines bot sich schamloses Bild. Heines lag mit einem homosexuellen Jüngling im Bett. Die widerliche Szene, die sich dann bei der Verhaftung von Heines und seinem Genossen abspielte, ist nicht zu beschreiben, Sie wirft schlagartig ein Licht auf die Zustände in der Umgebung des bisherigen Stabschefs, deren Beseitigung dem entschlossenen Handeln des Führers zu verdanken ist. Mit Röhm wurde auch der größte Teil seines Stabes verhaftet.[7]

Ähnliche Schilderungen der Ereignisse in Bad Wiessee am 30. Juni 1934 sowie der in der SA unter dem „Regiment der Perversen“ herrschenden Zustände im Allgemeinen, die stets darauf abzielten, antihomosexuelle Ressentiments in der Bevölkerung zu bedienen, durchzogen die deutsche Presse in den ersten Tagen nach dem Röhm-Putsch.

Literatur

  • Otto Gritschneder: „Der Führer hat Sie zum Tode verurteilt…“, Hitlers „Röhm-Putsch“-Morde vor Gericht. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37651-7.
  • Heinz Höhne: Mordsache Röhm: Hitlers Durchbruch zur Alleinherrschaft, 1933–1934. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1984, ISBN 3-499-33052-0.
  • Wolfram Selig: Die Opfer des Röhm-Putsches in München, in: Winfried Becker/Werner Chrobak (Hrsg.): Staat, Kultur, Politik, Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus. Festschrift zum 65. Geburtstag von Dieter Allbrecht, Kallmütz 1992, S. 341–356, besonders S. 347.

Einzelnachweise

  1. So bei Heinrich Bennecke: Die Reichswehr und der „Röhm-Putsch“. München 1963, S. 88, Günther Kimmel: Das Konzentrationslager Dachau. Eine Studie zu den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen, in: Bayern in der NS-Zeit, Bd. 2, 366 und: Heinz Höhne: Mordsache Röhm. Reinbek 1984, S. 321; die Schreibweise mit ck ist ein Wanderfehler, der sich aus der offiziellen Totenliste der Geheimen Staatspolizei zum Röhm-Putsch ergibt; dass der Nachname korrekt Schiewek ohne c lautet, weist Rainer Orth: Der SD-Mann Johannes Schmidt. Marburg 2012, S. 108 unter Berufung auf seine Geburtsurkunde im Stadtarchiv Wrocław nach.
  2. Heinz Höhne: Mordsache Röhm, 1984, S. 321.
  3. Hans-Günther Seraphim (Hrsg.): Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs. 1934/35 und 1939/40. München 1964, S. 45.
  4. Herbert Michaelis (Hrsg.): Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart; eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte. Bd. 10, S. 170.
  5. Hans-Günther Richardi: Schule der Gewalt. Das Konzentrationslager Dachau, 1995, S. 237; Stanislav Zámečník: Das war Dachau. S. 69; {[Bastille, Eckstein, Hornung, S. xy]}.
  6. Selig: Die Opfer des Röhm-Putsches in München, S. 347.
  7. Das Archiv. Nachschlagewerk für Politik, Wirtschaft, Kultur. 1934, S. 327.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Erich Schiewek aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.