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Frauenliteratur

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Der Begriff Frauenliteratur bezeichnet ein Genre sowohl belletristischer als auch essayistischer Literatur, die - im weitesten Sinne des Begriffs - als ‚Literatur von Frauen und/oder über Frauen und/oder für Frauen‘ beschrieben werden kann. Mit Blick auf die äußerst wechselhafte, von verschiedenen literaturwissenschaftlichen und feministischen Paradigmen abhängige Begriffsgeschichte allerdings kann keines dieser Kriterien als vollkommen verbindlich aufgefasst werden.

Begriffsgeschichte

Die Begriffe „Frauenliteratur“ und „Frauenroman“ etablierten sich als feuilletonistische und buchhändlerische Kategorien im ausgehenden 19. Jahrhundert, als vermehrt Autorinnen erschienen, die die Schriftstellerei nicht mehr als reinen Brotberuf auffassten, sondern einen künstlerisch ambitionierten Ausdruckswillen mit ihrem Schaffen verbanden. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Etikett „Frauenroman“ als Verkaufsschlager entdeckt, zahlreiche Verlage brachten Romanreihen unter Titeln wie „Frauen-Romane“, „Der gepflegte Frauen-Roman“ u. ä. heraus, und der Begriff wurde nahezu synonym mit „Heft- oder Groschenroman“ und „Trivialliteratur“.

Eine doppelte Wandlung erfuhr der Begriff in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zum einen wurde er zu einem unscharfen Allgemeinbegriff erweitert, der fast alles bezeichnete, was in irgendeiner Art und Weise ‚mit Frauen zu tun‘ hatte, beispielsweise auch Fontanes sogenannte „Frauenromane“, Jugendbücher und Pensionatsgeschichten wie Emmy von Rhodens Der Trotzkopf, die Schriften der mittelalterlichen Mystikerinnen oder auch moderne Lebenshilfe- und Ratgeberliteratur. Mitunter wurde sogar alle unterhaltende Romanliteratur des 19. Jahrhunderts als „Frauenliteratur“ bezeichnet, gemäß der – inzwischen revidierten – literatursoziologischen Auffassung, dass Romane ausschließlich für Frauen produziert und auch nur von diesen gelesen worden seien. Zum anderen wurde der Begriff im Kontext der „Neuen Frauenbewegung“ in den 1960er bis 80er Jahren teilweise verengt auf feministisch-emanzipatorisch ausgerichtete Werke, sei es belletristischer oder essayistischer Art.

Will man einen ungefähren allgemeinen Trend der Begriffsentwicklung im Laufe des 20. Jahrhunderts festmachen, so kann man vielleicht sagen, dass der Begriff heute eher von Autorinnen geschriebene Literatur, in früheren Jahrzehnten eher Literatur mit weiblichen Protagonisten bezeichnet(e). Heute werden retrospektiv auch Autorinnen des 18. Jahrhunderts (wie z. B. Sophie von La Roche und Therese Huber), der Romantik (wie z. B. Sophie Mereau), des Jungen Deutschland und des Vormärz (wie z. B. Fanny Lewald und Louise Otto-Peters) und die zahlreichen Roman- und Novellenproduzentinnen des bürgerlichen Realismus als „Frauenliteratur“ kategorisiert. Eine Kanonisierung paradigmatischer Autorinnen des 20. Jahrhunderts (nicht nur deutscher Sprache) wurden durch die ab den 1980er Jahren erscheinenden Reihen „Die Frau in der Literatur“ und „Das Jahrhundert der Frau“ in den Verlagen Ullstein und Suhrkamp befördert.

In der feministischen Literaturkritik der 80er Jahre gab es eine lange und letztlich zu keiner Lösung geführte Debatte darüber, ob es eine spezifisch ‚weibliche Schreibe‘ gebe oder nicht (und wenn ja, ob diese an der Kategorie ‚Sex‘ oder ‚Gender‘ festzumachen sei). Festhalten lässt sich sicherlich, dass eine je historisch spezifische Wirklichkeitserfahrung in die Beschaffenheit eines literarischen Werks eingeht und ein ‚weiblich perspektiviertes‘ Werk somit signifikante Unterschiede gegenüber einem ‚männlich perspektivierten‘ zeitgenössischen Werk aufweisen kann. Die Debatten haben auch zu einer kritischen Reflexion über den Begriff „Frauenliteratur“ selbst geführt, und man stellte fest, dass schon die Notwendigkeit eines solchen Begriffs symptomatisch sei dafür, dass der Begriff „Literatur“ (ohne den Zusatz „Frauen-“) offenbar kein neutraler Begriff ist, sondern von einer Wirklichkeitsauffassung ausgeht, in der der Mann und das Männliche die Norm darstellen, während die Frau und das Weibliche als ‚das Andere‘ – das ‚Abnorme‘ – defizitär erscheinen.

Seit den 1990er Jahren erfährt der Begriff im Zuge des fortschreitenden „Postfeminismus“ wieder eine tendenzielle Erweiterung, die sich vor allem in den neueren Ableitungen des Begriffs (wie z. B. „Frauenkrimi“) bemerkbar macht. In der aktuellen Literaturkritik wird diese abgegriffene und ambivalente Kategorie der „Frauenliteratur“ eher vermieden und man spricht alternativ z. B. von „literarischen Fräuleinwundern“, wenn man neue Publikationen von Autorinnen bespricht.

Geschichte deutschsprachiger Frauenliteratur

Als eine der ersten bedeutenden Autorinnen der Neuzeit trat Sophie von La Roche mit ihrem Roman Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim (1771) hervor. Er führte als erstes gelungenes deutsches Beispiel die von Samuel Richardson begründete Gattung des empfindsamen Briefromans in Deutschland ein. Goethe schwärmte für diesen Roman und lieferte 1774 mit den Leiden des jungen Werthers sein eigenes Werk in diesem Genre. Schiller förderte in seiner Funktion als Herausgeber von Literaturzeitschriften und -kalendern einige Autorinnen (z. B. Karoline Louise Brachmann), jedoch etablierte sich in der Klassik zunehmend auch eine Unterscheidung von Höhenkamm- und Trivialliteratur, bei der die Frauen ganz klar auf der Verliererseite standen. Für die Autorinnen der Romantik ist es deshalb typisch, dass sie bis in die 1790er Jahre nur als ‚Frau von‘ und oft genug nur unter ihrem Vornamen bekannt waren. Eine Ausnahmeerscheinung, weil schon früh kanonisiert, ist die Autorin Karoline von Günderrode.

Ein Neuansatz zeichnete sich in der politisch bewegten Zeit des Jungen Deutschland und des Vormärz ab. Hier entstand eine frühfeministische Literatur nach englischem und französischem Vorbild (z. B. Mary Wollstonecraft-Shelleys und Olympe de Gouges), als deren wichtigste Vertreterinnen Fanny Lewald und Louise Otto-Peters gelten können. In der Restaurationszeit stechen die lyrischen Werke Annette von Droste-Hülshoffs heraus. Diese vielversprechenden Anfänge gerieten allerdings wieder weitgehend in Vergessenheit, als sich im bürgerlichen Realismus ein vorher nie dagewesenes weibliches Brotschriftstellertum etablierte. Frauen entdeckten die Schriftstellerei als Erwerbsquelle. Ein hoher Prozentsatz der enormen Roman- und Novellenproduktion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (vor allem für sogenannte „Familienblätter“ wie Die Gartenlaube oder Westermanns Monatshefte) verdankt sich weiblicher Feder. Zur Auflagensteigerung der „Gartenlaube“ trug besonders die Marlitt bei. Weitere Bestseller-Autorinnen dieser Epoche waren Nataly von Eschstruth, Marie Nathusius, Louise von François und Hedwig Courths-Mahler.

Um die Jahrhundertwende 1900 entwickelte sich innerhalb dieser Massenproduktion eine neue weibliche Kunstliteratur, die nun bewusst an die Vorläuferinnen des frühen 19. Jahrhunderts anknüpfte. Es entstanden vermehrt künstlerisch ambitionierte Romane und Erzählungen, meist ausgehend vom Muster des Entwicklungs- und Bildungsromans. Als Auslöser und Meilenstein dieser Entwicklung kann Gabriele Reuters Roman Aus guter Familie (1895) gelten. Gleichwohl waren auch die Verfasserinnen einzelner innovativer Werke oft noch darauf angewiesen, mit dem Schreiben ihr Geld zu verdienen, sodass die Werklisten der betreffenden Autorinnen vielfach sehr umfangreich und heterogen ausfallen. Die Modewelle weiblicher Erzählliteratur war begleitet von einer hohen Anzahl essayistischer Publikationen zur zeitgenössischen „Frauenfrage“ (z. B. von Hedwig Dohm oder Käthe Schirmacher) und Biographien historisch bedeutender Frauen. Diese Generation von Autorinnen, die überwiegend noch im Wilhelminischen Zeitalter sozialisiert wurden, verlor jedoch wieder stark an Bedeutung, als in den 1920er Jahren die „Neue Frau“ als Romanthema entdeckt wurde. Bestseller-Autorinnen dieser Zeit sind z. B. Vicki Baum und Ina Seidel. Auf den Gebieten der Lyrik und Dramatik ließen sich um 1900 noch kaum literarische Erfolge von Frauen verzeichnen. Zwar gab es nicht wenige, die es versuchten, doch wurden sie von der zeitgenössischen Literaturkritik ebenso wie von der späteren Literaturgeschichtsschreibung weitgehend ignoriert. Erst im mittleren 20. Jahrhundert schafften Autorinnen wie etwa Marie Luise Kaschnitz, Marieluise Fleißer und Else Lasker-Schüler den Sprung in den literarischen Kanon.

Eine ganz neue Form deutschsprachiger Frauenliteratur tauchte in den 70er Jahren auf. Dabei handelte es sich zum großen Teil um Erfahrungsberichte aus dem weiblichen Alltag, die durch ihre oft experimentelle literarische Form das Problem weiblicher Produktivität selbst mitreflektierten und darauf pochten, wahrgenommen zu werden. Diese literarische Entwicklung steht im Zusammenhang mit dem Auftauchen anderer emanzipatorischer Literatur wie z. B. Gefangenen-, Homosexuellen- und Migrantenliteratur. Einflussreiche Bücher dieser Zeit waren z. B. Häutungen von Verena Stefan und Klassenliebe von Karin Struck.

Wichtige Autorinnen

Internationale Klassiker

Deutschsprachige Autorinnen 1750–1870

Deutschsprachige Autorinnen 1870–1945

Zeitgenössische deutschsprachige Autorinnen

Siehe auch

Literatur

  • Hanna Behrend: Klassische und moderne Frauenliteratur. Weiblich – männlich – menschlich (= Klassische Schullektüre.). Cornelsen, Berlin 1998, ISBN 3-464-60107-2.
  • Hanna Behrend: Klassische und moderne Frauenliteratur. Weiblich – männlich – menschlich (= Klassische Schullektüre.). Lehrerheft. Cornelsen, Berlin 1998, ISBN 3-464-60106-4.
  • Gisela Brinker-Gabler (Hrsg.): Deutsche Literatur von Frauen. 2 Bände. H. C. Beck, München 1988, ISBN 3-406-32814-8 (Bd. 1), ISBN 3-406-33021-5 (Bd. 2).
  • Gisela Brinker-Gabler, Karola Ludwig, Angela Wöffen (Hrsg.): Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800–1945 = Deutschsprachige Schriftstellerinnen (= dtv. 3282). Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1986, ISBN 3-423-03282-0.
  • Walter Fähnders, Helga Karrenbrock (Hrsg.): Autorinnen der Weimarer Republik (= Aisthesis-Studienbuch. Bd. 5). Aisthesis-Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-89528-383-5.
  • Günter Häntzschel: Frauenliteratur. In: Dieter Borchmeyer, Viktor Žmegač (Hrsg.): Moderne Literatur in Grundbegriffen. 2., neu bearbeitete Auflage. Niemeyer, Tübingen 1994, ISBN 3-484-10652-2, S. 157–162.
  • Helga Karrenbrock: „Das Heraustreten der Frau aus dem Bild des Mannes“. Zum Selbstverständnis schreibender Frauen in den Zwanziger Jahren. In: Walter Fähnders, Helga Karrenbrock (Hrsg.): Autorinnen der Weimarer Republik (= Aisthesis-Studienbuch. Bd. 5). Aisthesis-Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-89528-383-5, S. 21–38.
  • Erik-Jan Kuipers: Die Frauenliteratur – Ein Nachruf. Ein Beitrag über den Einfluss der Kanonbildung auf den Stellenwert der Frauenliteratur in den Niederlanden. In: AMOS – Elektronisch tijdschrift voor de neerlandistiek in Midden- en Oost-Europa (Amos-ETVN). 1. Jg., H. 1, 2004 (Volltext).
  • Gudrun Loster-Schneider, Gaby Pailer (Hrsg.): Lexikon deutschsprachiger Epik und Dramatik von Autorinnen 1730–1900. Francke, Tübingen u. a. 2006, ISBN 3-7720-8189-4.
  • Henning Mehnert: Weibliche Inspiration zwischen Ekstase und Uterogenese. In: Renate Baader, Dietmar Fricke (Hrsg.): Die französische Autorin vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Wiesbaden 1979, ISBN 3-7997-0716-6, S. 13–18.
  • Jutta Osinski: Einführung in die feministische Literaturwissenschaft. E. Schmidt, Berlin 1998, ISBN 3-503-03710-1.
  • Ingrid Samel: Einführung in die feministische Sprachwissenschaft. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Erich Schmidt, Berlin 2000, ISBN 3-503-04978-9.
  • Inge Stephan: Frauenliteratur. In: Klaus Weimar, Harald Fricke, Klaus Grubmüller, Jan-Dirk Müller (Hrsg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Band 1: A – G. 3., neubearbeitete Auflage. de Gruyter, Berlin u. a. 1997, ISBN 3-11-010896-8.
  • Sigrid Weigel: Die Stimme der Medusa. Schreibweisen in der Gegenwartsliteratur von Frauen. Tende, Dülmen-Hiddingsel 1987, ISBN 3-88633-101-6.

Weblinks

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