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Geschichte der Juden in Bad Münder
Die Geschichte der Juden in Bad Münder setzt um das Jahr 1700 ein, als erstmals Schutzjuden urkundlich erwähnt werden. Der jüdische Friedhof Bad Münder ist 1782 zum ersten Mal bezeugt und ab 1835 gab es eine Synagoge. Beides sind heute letzte bauliche Zeugnisse jüdischen Lebens in Bad Münder. Im 19. Jahrhundert lebten rund 50 Personen jüdischen Glaubens im Ort. Im 20. Jahrhundert ging ihre Zahl in den 1930er Jahren auf unter 10 Personen zurück. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden mindestens 18 Menschen, die in Bad Münder lebten oder geboren sind, Opfer des Holocaust.
Geschichte
Um das Jahr 1700 lassen sich in Schriftstücken, die sich heute im Niedersächsisches Landesarchiv in Hannover befinden, Schutzjuden in Bad Münder nachweisen. Die Stadt wollte sie der örtlichen Gerichtsbarkeit unterstellen obwohl sie mit Schutzbriefen ausgestattet dem Landesherren unterstanden. 1782 wird erstmals der Friedhof der jüdischen Gemeinde in Bad Münder bezeugt. 1785 erhielt ein Schutzjude die Erlaubnis zum Kauf eines Hauses im Ort. Dieser Personenkreis durfte damals keine Grundstücke erwerben und nur beschränkt Berufe ausüben, da er keine Bürgerrechte besaß.
1824 lebten in der Bad Münder 55 Juden, die zu acht Familien gehörten. 1835 erhielt die jüdische Gemeinde die behördliche Erlaubnis, ein Gebäude für den Gottesdienst und den Schulunterricht zu erwerben. Die Rechtsstellung der Juden besserte sich durch das Hannoversche Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Juden von 1842, das sich an der liberalen Judengesetzgebung in Preußen, etwa durch das Preußische Judenedikt von 1812, orientierte. Im 19. Jahrhundert bestritten die Juden in Münder ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Vieh-, Getreide- und Lederwarenhandel sowie durch Gewerbe als Fleischer und Klempner.
Zeit des Nationalsozialismus
Nach der Machtergreifung von 1933 kam es in Bad Münder, wie an vielen anderen Orten in Deutschland, am 1. April 1933 zum so genannten Judenboykott. Dabei standen SA-Angehörige vor jüdischen Geschäften und ließen Kunden nicht eintreten. Nach einer behördlichen Bestandsaufnahme lebten 1935 neun Juden in Bad Münder. Darüber hinaus wurden 1938 zwei so genannte Judenabkömmlinge im Ort registriert.
Bei den Novemberpogromen von 1938 verwüsteten SA-Männer den Synagogenraum durch Zerschlagen des Inventars und der Fenster. Ein Inbrandsetzen erfolgte nur aus dem Grund nicht, weil im Haus nichtjüdische Bewohner anmwesend wware, die sich weigerten es zu verlassen. Drei jüdische Männer wurden vorübergehend in Schutzhaft im Konzentrationslager Buchenwald genommen. Ab 1938 durften jüdische Kinder keine deutschen Schulen mehr besuchen, was die Lokalzeitung entsprechend kommentierte. Aufgrund der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens verkauften ein Jude 1938 sein Haus in Bad Münder und die jüdische Gemeinde ihre Synagoge sowie einen Teil ihres Friedhofs, 1941 auch den Friedhofsrest.
Deportationen von jüdischen Bürgern aus Bad Münder erfolgten 1942 durch drei Transporte. Sie wurden durch den Landrat des Kreises Springe und den Bürgermeister von Bad Münder organisiert, die damit von der Gestapo Hannover beauftragt worden waren. Ende März 1942 waren dies ein Ehepaar und im Juli eine Familie mit einem Kind sowie zwei über 65-jährige Schwestern. Sie kamen in das Sammellager der Israelitischen Gartenbauschule Ahlem, von wo aus sie in den Osten transportiert und in Vernichtungslagern ermordet wurden. Insgesamt waren 18 Menschen, die in Bad Münder lebten oder geboren sind, von Verschleppungen betroffen. Keiner kehrte lebend nach Bad Münder zurück.
Erinnerungsorte
Synagoge
Die jüdische Gemeinde hielt seit 1785 in einem Haus ihre Gottesdienste ab, das baufällig wurde. 1835 erwarb sie als das Friesesche Bürgerhaus, bei dem es sich um ein Fachwerkhaus an der Deisterallee handelte und richtete darin ihre Synagoge ein. Der Gottesdienstraum war ein hoher Raum mit Rundbogenfenster und einem blauen Sternenhimmel an der Decke. Es war eine Mikwe vorhanden.
Obwohl noch 1864 wurde der schlechte Synagogenbesuch beklagt wurde, kam es unter erheblichem finanziellem Aufwand für die Gemeinde in den 1870er Jahren zu einem Gebäudeausbau mit der Einrichtung einer Schule. Wahrscheinlich entstand dabei der eingeschossige Vorbau mit Wohnungen für jüdischen Familien. Während des Novemberpogroms von 1938 wurde die Synagoge in Bad Münder verwüstet. Im Dezember 1938 veräußerte die jüdische Gemeinde das Synagogengebäudes an einen Bürger aus Bad Münder. Laut Anordnung des hannoverschen Regierungspräsidenten war der Verkaufserlös für jüdische Arme in Bad Münder zu verwenden. Bekannt geworden ist die finanzielle Unterstützung eines jüdischen Ehepaares.
Nachdem das frühere Synagogengebäude lange Zeit als Lager gedient hatte, wurde es 1965 zu einem zweigeschossigen Wohnhaus umgebaut. Dabei wurden die Rundbogenfenster und der blaue Sternenhimmel beseitigt. Die noch vorhandenen Kultgegenstände, wie Gebetsbücher und ein Kronleuchter, kamen in den Abfall. 1988 brachte die Stadt Bad Münder am Gebäude eine Erinnerungstafel an und erneuerte diese 2014 durch eine ausführlichere Informationstafel.
Jüdischer Friedhof
Der jüdischer Friedhof in Bad Münder wurde ebenfalls wie die Synagoge an der Deisterallee, aber außerhalb der Stadt angelegt. Er ist im Jahr 1782 erstmals bezeugt und hatte ursprüngliche Größe von fast 2500 m², wovon nur ein kleinerer Teil als Bestattungsplatz genutzt wurde. 1939 hatte er einen Bestand an 32 Einzel- und 7 Doppelgräbern. Nach dem Novemberpogrom von 1938 veräußerte die jüdische Gemeinde den unbelegten Friedhofsteil. 1941 kam ging auch der belegte Teil an einen Bürger aus Bad Münder. Er räumte die Grabsteine ab und pflanzte auf dem Gelände Kartoffeln an. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen einen Teil des früheren Friedhofsgeländes zurück und ließ es im Jahr 1961 wieder herrichten. 28 noch vorhandene Grabsteine wurden wieder aufgestellt, jedoch nicht an ihren ursprünglichen Standorten, da diese nicht mehr bekannt waren. Seit 2014 steht vor dem Friedhof eine Informationstafel der Stadt Bad Münder, deren Text der Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom verfasst hat.
Deportationsort
1942 kam es zu Deportationen von jüdischen Bürgern durch drei Transporte. Sie erfolgten mit dem Abtransport anderer Juden des Kreises Springe unter den Augen der Bevölkerung. Die Abholung wurde per Lkw vorgenommen, der am Feuerlöschteich im Ortszentrum hielt. Im Jahr 2014 stellte die Stadt Bad Münder dort eine Informationstafel auf.
Stolpersteine
Im September 2015 verlegte der Künstler Gunter Demnig in Bad Münder fünf Stolpersteine am letzten frei gewählten Wohnort von verhafteten, deportierten und ermordeten jüdischen Bürgern.[1] Pläne dazu gab es bereits mindestens seit dem Jahr 2011. [2]
Literatur
- Siegfried Krinke: Die jüdische Bevölkerung in der Stadt Bad Münder. In: Gerd Kastendieck (Hrsg.): Der Söltjer. Streifzüge durch Bad Münder und Umgebung. Bad Münder 1977, S. 35–40.
Weblinks
- Die jüdische Gemeinde Bad Münder mit Schmarrie und Hachmühlen - Die Namen der Opfer
- Die Synagoge Bad Münder
Einzelnachweise
- ↑ Verbeugung vor den Opfern / Aktionskünstler Gunter Demnig verlegt die ersten Stolpersteine in Dewezet vom 24. September 2015
- ↑ „Stolpersteine“ auch in Bad Münder bei Zeilen Sprung vom 29. Juni 2011
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