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Herrenhaus (Gebäude)

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Als Herrenhaus wird ein von Landadligen oder Gutsherren bewohntes Gebäude bezeichnet, soweit es sich dabei nicht um ein Schloss handelt; die Bezeichnungen werden jedoch häufig synonym, besonders für große, künstlerisch gestaltete Anlagen benutzt. Im eigentlichen Sinne ist ein Herrenhaus ein Wohngebäude aus adligem Besitz, das nicht durch den Landesherrn bewohnt wurde.

Das Herrenhaus auf Gut Panker

Allgemeines

Das Herrenhaus und das Schloss unterscheiden sich weniger durch ihre Bewohner, als durch ihre Funktion. Das Herrenhaus ist immer der Mittelpunkt des Gutes, wie das Rittergut, Weingut oder Adelsgut, also gewissermaßen eines historischen landwirtschaftlichen Betriebes, einer Gutsherrschaft. Der Gutsherr - der dem Adel entstammen konnte, aber nicht musste - war nicht nur Landbesitzer und Arbeitgeber, sondern er konnte auf seinem Gut in der Regel auch Recht sprechen und Urteile fällen. Die Arbeiter waren meist Leibeigene, die dem Gutsherrn vollkommen unterstellt waren. Die Unterschiede zwischen Herrenhaus und Schloss liegen daher im funktionellen Bereich: Ein kleines Gut eines nicht-adligen Herrn besitzt nur ein Herrenhaus, das Herrenhaus eines adligen Gutsherrn kann auch als Schloss bezeichnet werden. Dient ein adliges Schloss lediglich repräsentativen Zwecken und verfügt über keinen Gutsbetrieb, ist es nie ein Herrenhaus. Ist das Herrenhaus des nicht-adligen Herrn besonders groß und ebenso künstlerisch gestaltet, wird es meist umgangssprachlich zum Schloss geadelt.

Die bauliche Entwicklung der Herrenhäuser setzte mit der Entstehung der landwirtschaftlichen Güter (vergleiche: Meierhof) um 1500 ein. Ursprünglich handelte es sich um schlichte aber massive Wohnhäuser, die den Mittelpunkt der Gutsanlagen bildeten. In den Dokumenten historischer Archivbestände werden diese Häuser daher oft als Festes Haus bezeichnet. Meist hatten sie einen Feldsteinsockel und einen Fachwerkaufbau, teilweise einen Gewölbekeller und als Anbau einen Treppenturm. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte sich der Ziegelstein für die Außenmauern durch. Über zweiflügelige Anlagen entwickelte sich das Herrenhaus zum die umliegende Landschaft auch optisch beherrschenden Dreiflügelhaus weiter. Im Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde das Herrenhaus zum Zentralbau größerer Hofanlagen. Ihm vorangestellt war häufig ein Torhaus, das den Eingang zur Anlage bildete.

Der Begriff „Herrenhaus“ wird eher in Norddeutschland verwendet und ist in Österreich, Bayern und Baden-Württemberg nicht verbreitet. Meistens wird diese Art von Gebäude „Schloss“, „Gutshof“ oder „Hof“ genannt. Auch im Baltikum, im heutigen Lettland und Estland, wurden sie umgangssprachlich "Schloss" genannt.

Herrenhäuser in Deutschland

Brandenburg

Herrenhaus „Schloss“ Blankensee

Auch in Brandenburg fehlt eine klare Abgrenzung vom Schloss zum Herrenhaus; wie zum Beispiel beim Schloss Blankensee. Bereits Fontane stellte den Widerspruch in der in Brandenburg seit langem gebräuchlichen, jedoch unkorrekten Verwendung des Wortes „Schloss“ heraus. Gleichwohl spricht er von dem Mut der Brandenburger zur Verwendung einer „ausgleichenden höheren Titulatur“ und schließt sich der traditionellen Bezeichnung insbesondere hinsichtlich repräsentativer Herrenhausbauten als „Schlösser“ an.

In der wissenschaftlichen Literatur setzt sich, zumindest für die ehemaligen preußischen Provinzen folgende „Ausgangsdefinition“ durch: Als Herrenhaus wird das Wohnhaus einer privilegierten adligen Gutsherrschaft (Rittergut) bezeichnet, diese steht in engem Zusammenhang mit der Wahrnehmung und Ausübung ihrer gutsherrschaftlichen Rechte und Pflichten. Diese Rechte und Pflichten beziehen sich auf die Grund-, Leib- und Gerichtsherrschaft sowie das Kirchen- und Schulpatronat im Bereich des jeweiligen Rittergutsbezirkes. Ebenfalls eng verbunden mit diesen Privilegien war die sog. „Land-“ bzw. „Kreistagsfähigkeit“ des Rittergutes. Insgesamt betrachtet gilt jedoch aufgrund der komplexen sozioökonomischen Entwicklung der sich insbesondere im 19. Jahrhundert äußerst heterogen entwickelnden Gruppen von Großgrundbesitzern für die Handhabung des Wortes Herrenhaus eine fallweise Abwägung der jeweiligen wesentlichen Einflussfaktoren vor dem Hintergrund der jeweiligen Epoche.

Mecklenburg-Vorpommern

Schloss Kartlow in Mecklenburg-Vorpommern
Das pommersche Herrenhaus von Rexin, heute Rzechcino

Ähnlich wie in Schleswig-Holstein nahmen auch die Herrenhäuser im heutigen Mecklenburg-Vorpommern große Ausmaße an. Adelsfamilien wie die von Maltzahn besaßen mehrere Güter in verschiedenen Regionen des Landes. In der 40-jährigen Bestehensphase der DDR gehörte der Schutz herrschaftlicher Häuser nicht zum Programm. So wurden die Häuser bis zur Unkenntlichkeit umgebaut oder als Steinbruch genutzt und großteils abgetragen. Inzwischen ist man sich aber der geschichtlichen Bedeutung der Gutsanlagen bewusst geworden, so dass viele wieder restauriert wurden. Als Beispiel dafür sei das Gutshaus Katelbogen bei Bützow genannt.

Nordrhein-Westfalen

Haus Dellwig, Dortmund

In Nordrhein-Westfalen, besonders im Münsterland, entwickelten sich die meisten Herrenhäuser aus ehemals befestigten Burg- und Wohnanlagen. Die einfache Bezeichnung als Haus ist hier sehr viel gängiger als der Terminus Herrenhaus; wird aber ähnlich fließend benutzt und die Übergänge vom Haus zum Herrenhaus bis zum Schloss sind durchaus gleitend und werden unterschiedlich angewandt und interpretiert.

Sehr häufig sind die Anlagen in Verbindung mit Wassergräben – die sich hier Gräften nennen – zu finden, die den ehemals wehrhaften Charakter des Hauses unterstreichen, z. B. in Haus Stapel. Kunstgeschichtlich sind Anlagen von der Gotik bis zur Neuzeit zu finden, viele sind zudem noch immer bewohnt und stellen weiterhin den Mittelpunkt von großen Gütern da. Andere Herrenhäuser werden heute zu kulturellen Zwecken genutzt und sind auch für Besucher geöffnet.

Bekannte Beispiele für westfälische Herrenhäuser sind Haus Rüschhaus, Haus Bodelschwingh oder Haus Kemnade.

Schleswig-Holstein

Herrenhaus und Ehrenhof des Gutes Emkendorf
Herrenhaus des Gutes Knoop

In Schleswig-Holstein sind die Herrenhäuser prägende Bestandteile der Kulturlandschaft. Bedingt durch Zugehörigkeit des Herzogtum Holsteins zum Deutschen Reich (das Herzogtum Schleswig verblieb bis 1864 als dänisches Lehen), aber die jahrhundertelange Bindung beider Herzogtümer an und Verwaltung durch Dänemark entstand hier ein einflussreicher und reicher Landadel, der seine Güter oft bis zur Schlossgröße, wie zum Beispiel in Borstel ausbauen konnte.

In Schleswig-Holstein sind die Herrenhäuser aus großen Gutshöfen hervorgegangen, davon zeugen in der Regel die großen Wirtschaftsgebäude und Torhäuser, die für Schleswig-Holsteiner Anlagen typisch sind und die das eigentliche Herrenhaus in ihren Dimensionen oft übertreffen (z. B. in Hasselburg). Ab dem Mittelalter bis zur Renaissance hat sich in Schleswig-Holstein für viele Herrenhäuser das sog. Mehrfachhaus bewährt, hierbei wurden mehrere Langhäuser mit jeweils eigenem Satteldach längs zueinander errichtet und mit Türmen, Giebeln und Erkern variiert. Typische Anlagen dieser Zeit sind zum Beispiel Ahrensburg, Nütschau und Wahlstorf. Auch das Schloss Glücksburg ist in dieser Form gestaltet. Im Barock setzen sich für die Herrenhäuser schlossartige Bauformen durch; zu den bekanntesten Anlagen dieser Zeit gehören die Herrenhäuser auf Emkendorf, Pronstorf oder auch auf dem lauenburgischen Wotersen. Viele Häuser erhielten jetzt zudem parkähnliche Gärten, von denen der – nur noch in Rudimenten vorhandene – Jersbeker Park sogar überregionale Bekanntheit erhält. Analog zur Entwicklung im Schlossbau wurden ab dem Klassizismus bis zum Historismus die Herrenhäuser dem neuen Zeitgeschmack angepasst oder neu errichtet, Gut Knoop ist ein bekanntes Beispiel für ein klassizistisches Herrenhaus im Land, Breitenburg für ein neugotisches.

Die Geschichte des Herrenhauses in Schleswig-Holstein ist noch nicht vorbei, viele Anlagen sind bis heute bewohnt und zum Teil sogar noch in Familienbesitz, sie sind Mittelpunkt ländlicher Güter und/oder kulturelle Treffpunkte, wie etwa Salzau. Gleichzeitig stellen die historischen Anlagen aber auch große Ansprüche an die Denkmalpflege und die finanziellen Möglichkeiten ihrer Besitzer.

Rest von Preußen

Siehe: Gutsbezirk

Nicht deutschsprachige Gebiete

Auch in England, Irland und Schweden sowie den Südstaaten der USA ist die Bezeichnung des Herrenhauses („Manor“, „House“ oder „Hall“) für ein, meist adliges, Gut verbreitet. In alten osteuropäischen Staaten, wie Polen-Litauen oder Ungarn, wo der Adel einen relativ hohen Anteil an der Gesamtbevölkerung hatte, waren Herrenhäuser auch oft von sehr bescheidener Größe und aus Holz gebaut, trotzdem aber durch eine spezielle Form gekennzeichnet und mit Parkanlage gestaltet. Diese Art von Herrenhäuser wird auf Polnisch dwór genannt („Hof“), im Gegensatz zu pałac („Schloss“), der dem Hochadel gehörte. In der niederländischen Provinz Groningen werden die zu Herrenhäusern erweiterten, bäuerlichen Steinhäuser Borgen genannt.

Herrenhäuser treten auch in anderen Kulturkreisen auf; beispielsweise bezeichnet man eine große, reiche Villa auf dem Land in der kretisch-minoischen Kultur auch als Herrenhaus; sie waren vor allem in der minoischen Kultur (Neupalastzeit) (um 1700 v. Chr. bis 450 v. Chr.) auf Kreta verbreitet.

Siehe auch

 Portal:Burgen und Schlösser – Übersicht zum Thema Burgen, Schlösser und Herrenhäuser

Literatur

  • Renate de Veer: Steinernes Gedächtnis. Gutsanlagen und Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Handbuch. 4 Bände. Stock & Stein u. a., Schwerin u. a. 2005–2008, ISBN 978-3-89995-499-9 (Bd. 1–3), ISBN 978-3-939401-28-5 (Bd. 4), (Zugleich: Halle, Universität, Dissertation, 2005: Historische Gedächtnisse sind Palimpseste.).
  • Nils Meyer: Leerräume. Der Umgang mit Denkmalen als Sinnstiftungsprozess am Beispiel der Schlösser und Herrensitze in Brandenburg (= Stadtentwicklung und Denkmalpflege. Bd. 14). Jovis-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-86859-081-4.

Weblinks

 Commons: Manor house – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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