Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Herrnhut

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Herrnhut (Begriffsklärung) aufgeführt.
Wappen Deutschlandkarte
Wappen der Stadt Herrnhut
Herrnhut
Deutschlandkarte, Position der Stadt Herrnhut hervorgehoben
51.01666666666714.741666666667344
Basisdaten
Bundesland: Sachsen
Landkreis: Görlitz
Höhe: 344 m ü. NN
Fläche: 73,94 km²
Einwohner:

6.220 (31. Dez. 2014)[1]

Bevölkerungsdichte: 84 Einwohner je km²
Postleitzahl: 02747
Vorwahl: 035873
Kfz-Kennzeichen:
Gemeindeschlüssel: 14 6 26 180
Stadtgliederung: Kernstadt, 12 Ortsteile
Adresse der
Stadtverwaltung:
Löbauer Straße 18
02747 Herrnhut
Webpräsenz: www.herrnhut.de
Bürgermeister: Willem Riecke (HL)
Lage der Stadt Herrnhut im Görlitz
Karte

Herrnhut (tschechisch Ochranov) ist eine Landstadt im sächsischen Landkreis Görlitz in der Oberlausitz. Zentral zwischen den Städten Löbau und Zittau gelegen, ist sie als Gründungsort der Herrnhuter Brüdergemeine, die Produktion der Herrnhuter Sterne und die Aussendung von über 2.000 Missionaren bekannt.

Geschichte

Karte von Oberreit mit Herrnhut um 1845
Herrnhut 1765

Ortsgeschichte

Die Gründung von Herrnhut verdankt sich der Großzügigkeit und dem persönlichen Engagement von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. Er hatte im Jahr 1722 Böhmischen Brüdern, Glaubensflüchtlingen aus Mähren, Aufnahme auf seinem Gut Berthelsdorf gewährt.

Doch die Geschichte Herrnhuts beginnt viel früher. 1457 entstand eine der ersten evangelischen Kirchen in Böhmen, die Unitas Fratrum oder Brüder-Unität. Die „Böhmischen Brüder“ beriefen sich auf den Reformator Jan Hus, der 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannt wurde. Für ihre Gemeinschaft sollten einzig und allein die Aussagen der Bibel gelten. Infolge der Gegenreformation kamen sie Anfang des 18. Jahrhunderts als Glaubensflüchtlinge auf das Gut von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf in der Oberlausitz. Er gewährte ihnen Asyl. Ihrer ausgeprägten Religiosität entsprechend stellten sie ihre Gemeinschaft unter die „Obhut des Herrn Jesus“ und nannten ihre Kolonie Herrnhut, wie es in der ersten urkundlichen Erwähnung, einem Schreiben des Gutsverwalters Heitz, und auch im Gebet des Christian David zum Anbau des Ortes heißt (Psalm 84,4).

Die Ausstrahlung dieser neuen Arbeits- und Lebensgemeinschaft erreichte in kürzester Zeit Menschen aus anderen Kirchen. Dies beruht nicht zuletzt auf den besonderen Gaben des Grafen Zinzendorf, der seine vom Pietismus geprägte Theologie weiterentwickelte. Nach seinem Tod 1760 vererbte er den Brüdern das Schloss und das Gut.

Wegen Zuzugs wurde Herrnhut noch im 18. Jahrhundert eine administrative Gemeinde. Sie erlangte 1895 Selbstständigkeit und erhielt 1929 das Stadtrecht.

1994 wurde die Nachbargemeinde Ruppersdorf/O.L. mit ihren Ortsteilen Schwan und Ninive eingemeindet. Am 1. Januar 2010 folgte die überschuldete Gemeinde Strahwalde mit ihrem Ortsteil Friedensthal,[2] am 1. Januar 2011 die benachbarte Gemeinde Großhennersdorf mit ihren Ortsteilen Euldorf, Heuscheune, Neundorf auf dem Eigen und Schönbrunn. Zum 1. Januar 2013 folgte die Gemeinde Berthelsdorf mit dem Ortsteil Rennersdorf/O.L.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr 1834 1871 1890 1910 1925 1939 1946 1950 1964 1990 2000 2010 2012 2013
Einwohner 899 1092 1139 1364 1664 1627 2024 2025 1808 1754 2842 4963 6336 6335

Nach dem sächsischen Landesrezess 1777 hatte Herrnhut 76 Häuser.[3]

Die Einwohnerzahl stieg Mitte des 19. Jahrhunderts über 1000 an und erreichte in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Marke von 2000. Seit den fünfziger Jahren gab es einen Bevölkerungsrückgang, der erst durch die Eingemeindungen kompensiert werden konnte.[3]

Religion

Größte Religionsgemeinschaft ist die evangelische Kirchgemeinde Ruppersdorf. Herrnhut ist der Hauptsitz der Herrnhuter Brüdergemeine (Evangelische Brüder-Unität), die als Kirche unter dem Namen Moravian Church in 30 Ländern vertreten ist und auch heute noch tätige Missionsarbeit betreibt. Seit einigen Jahren gibt es auch Jugend mit einer Mission in Ruppersdorf (Ortsteil von Herrnhut). Darüber hinaus ist auch die katholische Kirche mit der 1956 geweihten St.-Bonifatius-Kirche in Herrnhut vertreten.

Politik

Stadtrat

Der Stadtrat besteht aus 18 Räten. Die Kommunalwahl vom 25. Mai 2014 führte bei einer Wahlbeteiligung von 55,3 % (+ 1,7 gegenüber 2009) zu folgendem Ergebnis:[4]

Partei / Liste Stimmenanteil +/− Sitze +/−
Herrnhuter Liste 49,9 % + 5,9 10 + 3
CDU 24,9 % +15,1 5 + 4
Bürgerbewegung 9,7 % 2
Die Linke 6,7 % − 0,6 1 ± 0
sonstige 8,7 %

Wappen

Blasonierung: „In Silber ein blauer Einberg, darauf innerhalb einer mittig offenen Umfassungsmauer ein dreibogiger blauer Rundturm mit umlaufender Dachbalustrade und zentralem flachkegelbedachtem Aufsatz mit pfeilförmiger silber-schwarzer Windfahne.“

Das Herrnhuter Wappen in dieser Form existiert seit 1980. Im Jahre 1929 erhielt der Ort ein neues Wappen mit dem altanartigen Aussichtsturm auf dem Hutberg als markantem Wahrzeichen der Stadt.[5] Das ältere Wappen: „In Silber auf grünem Einberg ein blauer Rundturm mit mittigem Eingang, dreibogiger Außenmauer, Dachbalustrade und zentralem flachkegelbedachtem Aufsatz mit goldener Turmkugel und Kreuz“. Hinter den Bogenöffnungen war der Turmkern zu sehen, während das modernere Wappen den silbernen Schildhintergrund in den Bögen zeigt.

Im 19. Jahrhundert gab es ein völlig anderes Wappen: „In Silber ein Amboss auf wachsendem Holzstumpf in natürlichen Farben und perspektivischer Darstellung, waagerecht aufgesetzt ein schwarzer Fäustel und ein schwarzer Hammer mit auwärtsgekehrten Stielen in natürlichen Farben.“ Das Wappen stand mit der Waldenserbewegung in Verbindung.

Gemeindepartnerschaften

Es bestehen Partnerschaften zwischen Herrnhut und den Gemeinden Bad Boll in Baden-Württemberg, Suchdol nad Odrou in Tschechien und Karlstetten in Niederösterreich.

Geographie

Stadtgliederung von Herrnhut (Stand: 31. Mai 2012), ohne das eingemeindete Berthelsdorf

Stadtgliederung

Durch die Eingliederung der Gemeinden Ruppersdorf, Strahwalde, Großhennersdorf und Berthelsdorf hat die Stadt Herrnhut neben dem Kernort inzwischen zwölf Ortsteile:

Wirtschaft

Verkehr

Die Bundesstraße 178 führt unmittelbar durch die Stadt. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung, auch durch den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union, befindet sich ein Straßenbauprojekt für eine neue B 178 in Planung, Teile davon sind bereits fertiggestellt.

Der Abschnitt Löbau-Oberoderwitz der früheren Bahnstrecke Zittau–Löbau wird seit 1998 nicht mehr bedient.

Bis 1945 war Herrnhut Ausgangspunkt einer Schmalspurbahn nach Bernstadt, welche als Reparationsleistung für die Sowjetunion abgebaut wurde.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Kirchensaal Herrnhut
Vogtshof Herrnhut – Sitz der Evangelischen Brüder-Unität
Herrnhut: der Bahnhof dient auch als Kunstbahnhof
  • Kirchensaal (Großer Saal) der Brüdergemeine von 1756, Barock (1945 zerstört, 1951–53 wieder aufgebaut)
  • Vogtshof von 1730, 1746 schlossartig erweitert, Sitz der Evangelischen Brüder-Unität, Europäisch-Festländische Provinz, mit dem Sitzungssaal im 1. OG, in dem jährlich die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine gezogen werden
  • Unitätsarchiv mit Bibliothek und Lesesaal, darin zeitweise Vorträge und Symposien
  • Gildenhaus mit Verkaufsausstellungen der Herrnhuter Künstlergilde
  • Gottesacker der Brüdergemeine am Hutberg mit den Gräbern der Familie Zinzendorf
  • Skulpturenpfad zwischen Herrnhut und Großhennersdorf

Museen

Bauwerke

  • der Vogtshof (abgebildet)
  • das Witwenhaus
  • barocke Bürgerhäuser
  • der Zinzendorfplatz mit Kirchenensemble
  • das Unitätsarchiv
  • Waldbad Herrnhut
  • Wasserschloss im Ortsteil Ruppersdorf
  • der Altan, ein 1790 errichteter kleiner Aussichtsturm oberhalb des Gottesackers auf dem Hutberg (Wahrzeichen der Stadt)[6]

Persönlichkeiten

Zinzendorf-Denkmal in Herrnhut
Der Herrnhuter Gottesacker, seit dem 17. Jahrhundert gewachsener Friedhof der Brüdergemeine

Söhne und Töchter des Ortes

Sonstiges

Herrnhut ist auch wegen der Herrnhuter Sterne bekannt, die seit 150 Jahren hergestellt werden und mittlerweile eine beliebte Weihnachtsdekoration darstellen.

Weite Verbreitung erlangte das Herrnhuter Kleisterpapier, ein Buntpapier, das in der Brüdergemeine hergestellt wurde. Es handelte sich anfangs um ein Nebenprodukt bei der Textilherstellung, wobei die für die Tuche verwendeten Farben (vor allem blau – Indigo wurde in der Lausitz angebaut –, rot und oliv) für einfarbige Kleisterpapiere Verwendung fanden. Das Papier war unverwechselbar durch die Einfarbigkeit mit geometrischen Mustern, die mit unterschiedlichen Gerätschaften (Kämmen, Stäben) erzeugt wurden.

Aus Herrnhut stammt eine heute in Deutschland weit verbreitete Apfelsorte, der Schöne von Herrnhut.

Literatur

  • Herrnhut und die neue evangelische Brüdergemeine historisch dargestellt. Zittau 1822 (Digitalisat)
  • Zwischen Löbau und Herrnhut (= Werte der deutschen Heimat. Band 56). 1. Auflage. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1996, ISBN 3-7400-0935-7.
  • Guido Burkhardt: Führer durch Herrnhut und dessen Umgebung. Dürninger, Herrnhut 1896 (Digitalisat)
  • Wilfried Ehbrecht, Peter Johanek, Jürgen Lafrenz (Hrsg.): Deutscher Historischer Städteatlas 3: Herrnhut & Herrnhuter Siedlungen. Institut für vergleichende Städtegeschichte, Münster 2009. ISBN 978-3-87023-275-7
  • Cornelius Gurlitt: Herrnhut. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 34. Heft: Amtshauptmannschaft Löbau. C. C. Meinhold, Dresden 1910, S. 176.
  • Kurt Hager: Herrnhut. in: Mitteilungen des Landesverein Sächsischer Heimatschutz Band XXV, Heft 1–4/1936, Dresden 1936, S. 61–81
  • Enno Kayser: Gartenhäuser in Herrnhut – Kleinode im Grünen. Hasenverlag, Halle 2010 ISBN 978-3-939468-12-7
  • G. Korschelt: Nachtrag zur Geschichte von Herrnhut. Zittau 1859 (Digitalisat)
  • Falk Lorenz: Felder der Besinnung. Gottesacker Herrnhut und Eine Achse in der Landschaft. Herrschaftsgarten Herrnhut. In: Ernst Panse (Hrsg.): Parkführer durch die Oberlausitz. Lusatia Verlag, Bautzen 1999; S. 203–210; ISBN 3-929091-56-9.
  • Dietrich Meyer: Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine 1700–2000. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2000 ISBN 978-3-525-34019-6
  • Frank Seeliger: „Einer prügelt uns und der andere bringt uns Religion …“: eine ethnohistorische Studie über Fremdheitserfahrungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im tibetisch-buddhistischen West-Himalaya-Gebiet Lahoul aus Sicht Herrnhuter Missionare. Herrnhuter Verlag, 2003, ISBN 3-931956-17-2
  • Herrnhut. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 4. Band. Schumann, Zwickau 1817, S. 24–38.

Weblinks

 Commons: Herrnhut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Aktuelle Einwohnerzahlen nach Gemeinden 2014 (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu). (Hilfe dazu)
  2. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, 2010
  3. 3,0 3,1 Herrnhut im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  4. Stadt Herrnhut
  5. Heraldry of the World – Deutsche Gemeindewappen
  6. Der Altan auf der Webseite der Evangelischen Brüdergemeinde Herrnhut
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Herrnhut aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.