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Illyrer

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Illyrischer Helm (530 v. Chr.)

Die Illyrer oder Illyrier waren eine Gruppe von Stämmen, die in der Antike auf der westlichen und nordwestlichen Balkanhalbinsel und im südöstlichen Italien, also an der Adriaküste und im zugehörigen Hinterland lebten. Der Siedlungsraum der Illyrer auf dem Balkan wird in der antiken griechischen und römischen Geschichtsschreibung als Illyrien bezeichnet. Die Illyrer waren bei ihren Nachbarn als Krieger und Seeräuber gefürchtet.

Die wegen fehlender schriftlicher Zeugnisse weitgehend unbekannte illyrische Sprache gehört zur indogermanischen Sprachfamilie.

Begriffsgeschichte

Daunischer Askos (330–300 v. Chr.)

Schon in der Antike wurde der Name Illyrer (lateinisch Illyrii und Illyri; griechisch Illýrioi Ἰλλύριοι) uneinheitlich gebraucht, und die Zahl der Stämme, die von antiken Geografen und Historikern zu ihnen gezählt wurden, wuchs im Zuge der Erkundungsfahrten der Griechen entlang der Adria. Erstmals tauchen sie bei Hekataios von Milet (5. Jahrhundert v. Chr.) auf, der (in den erhaltenen Fragmenten) die Japyger, Taulantier, Chelidonier, Sesarether und Abrer zu ihnen zählt. Sein weiteres Wissen über diese Stämme ist nicht überliefert. Herodot nennt in seinen Historien (I 96) das Volk der Ἰλλυριῶν Ἐνετοί (Illyriōn Enetoí) als Nachbarn der Triballer, Dardaner und Makedonen. Diese Lokalisierung macht eine Gleichsetzung mit den oberitalischen Venetern wenig glaubwürdig und hat zu der Annahme geführt, Herodots Ἰλλυριῶν Ἐνετοί seien nur ein Stamm der Makedonen.

Der Periplus des Pseudo-Skylax (4. Jahrhundert v. Chr.) hat nähere Kenntnis von den Illyrern und scheidet sie in Stämme an der Küste und solche im Hinterland. Zu den ersteren zählt der Verfasser die Buliner, Hyller, Hierastammer, Nestäer, Manier, Encheläer, Taulantier, Oriker und Amantier, zu den letzteren die Autariaten, Atiutaner und Dassareten (oder auch Dexarer genannt). Dass die Japyger in dieser Aufzählung fehlen, lässt sich mit deren Vertreibung durch die Liburner erklären. Diese Festlegung der Illyrer als Volk an der Adriaküste auf dem Balkan, deren Nachbarn im Norden die Liburner und im Süden die Chaonier waren, galt im griechischen Kulturraum bis zur Zeit der Eroberung durch die Römer, und noch das Geschichtswerk des Skymnos (2. Jahrhundert v. Chr.) hält es so.

In der Römerzeit verwischte diese Schärfe. Durch die Eroberung der Balkanhalbinsel und die Einrichtung der Provinz Illyricum beschleunigte sich die unterschiedslose Verwendung des Namens Illyrer. Der römische Historiker Florus zählt die Liburner bereits zu den Illyrern (I 21), Eustathios und Appian (Illyr. 8) die Histrier und Strabon neben diesen die Stämme der Breuni und Genauni in den Alpen (VII 314). Um der Verallgemeinerung entgegenzuwirken, empfehlen Pomponius Mela (II 56) und Plinius der Ältere (in seiner naturalis historia III 144), als Illyer nur die „Illyrii proprie dicti“ (Illyrer im engeren Sinne) zu bezeichnen. Damit bezogen sie sich auf die illyrischen Stämme der mittleren italischen Adriaküste. In den Berichten kaiserzeitlicher Autoren sitzen die Illyrer meist zwischen Donau und Save im Norden und Epirus (Südalbanien) im Süden, von der Adria bis ins Hinterland gelten sie als Nachbarn der Thraker.

Zu den illyrischen Stämmen Italiens gehörten die Daunier, Peuketier, Kalabrer und Japyger sowie drei Stämme, die in Italien neue Namen angenommen hatten: Messapier, Sallentiner und Poediculi. Abgesehen von den etwa 260 messapischen Inschriften blieben von diesem Zweig der Illyrer keine nennenswerten Sprachzeugnisse erhalten.

Geschichte Illyriens

Spuren griechischer Kolonisation: Drachme aus dem südillyrischen Apollonia

Je nach den landschaftlichen Gegebenheiten bildeten Viehzucht oder Ackerbau die ökonomische Basis der eisenzeitlichen Bewohner Illyriens. An der Wende vom 2. zum 1. Jahrtausend v. Chr. dominierten noch die Hirtenkulturen. In den Gebirgsgegenden des westlichen Balkans änderte sich daran wenig, während sich in den Ebenen der Feldbau durchsetzte. Die eisenzeitliche illyrische Gesellschaft war in Sippen- und Familienverbänden gegliedert. Grabfunde belegen beträchtliche soziale Unterschiede.

Seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. legten Griechen Kolonien im illyrischen Siedlungsgebiet an (unter anderem Epidamnos, Apollonia und Lissos). Durch den nicht immer friedlichen Kontakt mit den griechischen Poleis übernahmen die Illyrer griechische Kulturelemente. Griechische Luxuswaren wurden Prestigegüter der illyrischen Eliten. In den großen und reich ausgestatteten Sippengrabhügeln im Tal des Mat (Nordalbanien) und am Ohridsee fanden sich zahlreiche griechische Importe.

Die verstärkten griechischen Einflüsse zeigen sich besonders in der Entstehung und im Ausbau der befestigten Höhensiedlungen zu städtischen Zentralorten (wie Byllis und Berat), was mit bedeutenden Veränderungen in der Wirtschaft und der Gesellschaftsstruktur verbunden war. Städtisches Handwerk und Handel gewannen an Bedeutung und die Illyrer betrieben nun auch Seefahrt an den Küsten der Adria (Handel und Piraterie). Auf der Basis der Städte entstanden seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. kleinere Fürstentümer. Es kam auch zu meistens recht kurzlebigen Reichsbildungen.

Für das 4. Jahrhundert v. Chr. gibt es vermehrt schriftliche Nachrichten griechischer Historiker über die Illyrer. Häufig war das Königreich Makedonien in jener Zeit in Kriege mit den Illyrern und den Molossern in Epirus verwickelt. Der makedonische König Perdikkas III. fiel im Jahr 359 v. Chr. im Kampf gegen die Illyrer unter deren König Bardylis.

Sein Nachfolger, König Philipp II. (359 bis 336 v. Chr.) konnte die Illyrer entscheidend schlagen. Sie wurden jedoch nicht in das Reich Alexanders des Großen (336 bis 323 v. Chr.) eingegliedert, und im 3. Jahrhundert konnten mehrere illyrische Könige (etwa Glaukias, Agron und Teuta) bedeutende regionale Herrschaften errichten.

Die Illyrer waren zu dieser Zeit auch als Seeräuber berüchtigt. Deshalb unterstellten sich im Jahr 230 v. Chr. einige griechische Kolonien im adriatischen Küstengebiet und auf den vorgelagerten dalmatinischen Inseln dem Schutz Roms. Im anschließenden Ersten Illyrischen Krieg von 229 bis 228 v. Chr. errichteten die Römer einen Brückenkopf an der dalmatinischen Küste. Im Zweiten Illyrischen Krieg (219 v. Chr.) gelangte die Region größtenteils unter römische Herrschaft. Der letzte illyrische König Genthios, der in Scodra (Nordalbanien) residierte, wurde von den Römern 168 v. Chr. besiegt und gefangen nach Rom geführt. Die illyrischen Gebiete wurden in von den Römern abhängige Satellitenstaaten aufgeteilt.

Unter Julius Cäsar wurde das Gebiet der Illyrer schließlich als Provinz Illyricum in das Imperium eingegliedert. Im Anschluss an einen missglückten Aufstand (Pannonischer Aufstand) kurz nach der Zeitenwende setzte eine intensive Romanisierung der Städte in Illyrien ein. Mit dem Erreichen der Donaugrenze unter Augustus wurden die Provinzen Dalmatia und Pannonia geschaffen. Die Truppen des spätrömischen Reiches in dieser Region bestanden zu großen Teilen aus romanisierten Illyrern. Mehrere römische Kaiser kamen aus Illyrien, beispielsweise Claudius Gothicus, Aurelian, Probus, Diokletian und Konstantin. Nach dem Einfall der Slawen ging die romanisierte illyrische Vorbevölkerung im Laufe weniger Jahrhunderte zum großen Teil in den Südslawen auf oder wurde in entlegene Bergregionen verdrängt.

Politische Organisationsformen

Münze des Ballaios, König von Rhizon (2. Jahrhundert v. Chr.)

Viele Quellen berichten von Feldzügen illyrischer Könige wie auch von Bündnissen und Verträgen. Es wurden Münzen von illyrischen Stämmen, Städten und Herrschern geprägt. Man kann daraus schlussfolgern, dass es zu vorrömischer Zeit in Illyrien einige politische Organisationsformen gab. Ab dem frühen 3. Jahrhundert v. Chr. prägten unter anderem die Könige Monunios, Mytilos, Ballaios und Genthios Münzen. Von Letzterem weiß man, dass er von seinen Untertanen regelmäßig Steuern erheben ließ. Man weiß allerdings nichts über ihre religiösen Aktivitäten, nichts über eine Rechtsprechung, auch nichts von einem Versuch, ihre Machtstellung durch eine mythische Genealogie herzuleiten, wie dies bei den benachbarten Molossern und Makedoniern der Fall war. Die einzige Ausnahme bildete die Königsfamilie bei den Encheläern, die ihre Abstammung von Kadmos und Harmonia behauptete. Eindeutiger ist auch das Fehlen von einer dauerhaften Dynastiebildung. Mehrfach wechselt der Oberbefehl über illyrische Heere zwischen Anführern aus verschiedenen Stämmen. Am erfolgreichsten war dabei das Geschlecht des Pleuratos bei den Ardiäern, das sich vom 4. Jahrhundert v. Chr. mit Lücken über Agron und Teuta bis zu Genthios und dessen Eroberung durch Rom nachweisen lässt.

Das illyrische Königtum war jedoch nicht von großer Dauer. Als 232 v. Chr. das epirotische Königshaus gestürzt wurde und dadurch die Süd-Illyrer wieder ihre Unabhängigkeit gewannen, richteten sie keine Monarchien, sondern beliebig regierte Koina (Singular Koinon) ein. Als Organe der südillyrischen Koina erscheinen Volksversammlungen und -beschlüsse, Prytanen, Strategen und Demiurgen. Föderative Staaten, wie dies im benachbarten Epirus der Fall war, existierten nicht.

Wie aus einem Gedicht des Skymnos bekannt ist, kann man grundsätzlich drei Arten von politischen Organisation unterscheiden: 1. Einige Stämme standen unter der Herrschaft fremder Königreiche (wie Epirus oder Makedonien). 2. Andere Stämme waren monarchisch organisiert, der König regierte über das Stammesgebiet. 3. Wiederum andere Stämme hatten kein Oberhaupt, es existierte eine Art „Anarchie“.[1]

Städte

Überreste des Theaters im antiken Byllis (Südalbanien)

Die Urbanisierung Illyriens begann im späten 5. Jahrhundert v. Chr. mit den Stadtanlagen von Amantia, Klos und dem am Butrintsee gelegenen Kalivo und nahm im 4. Jahrhundert v. Chr. mit Byllis, Lissos, Albanopolis (bei Kruja) und Scodra einen starken Aufschwung. Politisch genossen sie zwar Selbstregierung, bildeten aber keine unabhängigen Stadtstaaten mit eigener Außenpolitik. In der Verwaltung der Städte wurde ausnahmslos in griechischer Schrift geschrieben.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Hans Krahe: Die Sprache der Illyrier. Wiesbaden 1955.
  • Anton Mayer: Die Sprache der alten Illyrier. In: Schriften der Balkankommission (Linguistische Abteilung). Wien 1957.
  • Hasan Ceka, Selim Islami, Skënder Anamali, Frano Prendi (alb.): Ilirët dhe Iliria. Te autorët antike - Burime të zgjedhura për historinë e Shqiperisë. Vol. I., Universiteti Shtetëror i Tiranës, Instituti i Historisë, 1965.
  • Hasan Ceka (alb.): Probleme të numismatikës ilire, Herausgeber: Universiteti Shtetëror i Tiranës, Instituti Histori-Gjuhësi, 1967.
  • Hasan Ceka (fra.): Illyrie. Etudes et materiaux archeologiques, Vol. I., Akademia e Shkencave e RPS të Shqipërisë; Qendra e Kërkimeve Arkeologjike; Universiteti i Tiranēs, Sektori i Arkeologjisë, 1971.
  • Hasan Ceka, Kolë Luka (fra.), : Questions de numismatique Illyrienne, avec, un catalogue des monnaies d'Apollonie et de Durrhachium, Universite d'Etat de Tirana, Institut d'Histoire, 1972.
  • Pierre Cabanes (Hrsg.): L’ Illyrie méridionale et l’Epire dans l’antiquité. Actes du colloque international de Clermont-Ferrand (22 - 25 octobre 1984). Clermont-Ferrand 1987.
  • Arne Eggebrecht (Hrsg.): - Albanien: Schätze aus dem Land der Skipetaren[2] , Verlag: Philipp von Zabern: Mainz am Rhein 1988. Katalog zur Ausstellung im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim vom 18. Juli bis 20. November 1988. ISBN 3-8053-0978-3
  • Hansjörg Frommer: Die Illyrer. 4000 Jahre europäischer Geschichte. Vom 3. Jahrtausend bis zum Beginn der Neuzeit. Karlsruhe 1988. ISBN 3-88190-100-0.
  • Pierre Cabanes: Les Illyriens de Bardylis à Genthios (IVe - IIe siècles avant J.-C.). (= Regards sur l'histoire. 65). Paris 1988. ISBN 2-7181-3841-6.
  • Pierre Cabanes: Grecs et illyriens dans les inscriptions en langue grecque d'Epidamne-Dyrrhachion et d'Apollonia d'Illyrie, ISBN 2-8653-8241-9, 1989.
  • Hermann Parzinger: Archäologisches zur Frage der Illyrier. In: "Bericht der römisch-germanischen Kommission", Band 72, 1991, S. 205-261.
  • Pierre Cabanes (Hrsg.): Grecs et Illyriens dans les inscriptions en langue grecque d'Epidamne-Dyrrhachion et d'Apollonia d'Illyrie. Actes de la table ronde internationale. (Clermont-Ferrand, 19 - 21 octobre 1989). Paris 1993. ISBN 2-86538-241-9.
  • John Wilkes: The Illyrians. Oxford [u.a.] 1995. ISBN 0-631-19807-5.
  • Pierre Cabanes, Neritan Ceka (fra.), Inscriptions d'Apollonia d'Illyrie, Verlag: Athènes: Botsaris, 1998.
  • Neritan Ceka (alb.): Në kërkim të historisë ilire (auf deutsch: Auf der Suche nach illyrischer Geschichte), 1998, ISBN 978-2-86958-094-7.
  • Neritan Ceka (alb.): Ilirët Tiranë 2000. ISBN 99927-0-098-X.
  • Staso Forenbaher und Timothy Kaiser: Spila Nakovana: Ilirsko svestiste na Peljescu / An Illyrian sanctuary on the Peljesac peninsula. Zagreb 2003.
  • Andreas Lippert (Hrsg.): Die Illyrer. Katalog zu einer Ausstellung von archäologischen Funden der albanischen Eisenzeit (12. - 4. Jh. v. Chr.) aus den Sammlungen des Archäologischen Institutes der Albanischen Akademie der Wissenschaften in Tirana und des Archäologischen Museums in Durrës. Sonderausstellung im Museum für Urgeschichte des Landes Niederösterreich, Asparn an der Zaya vom 3. April bis 30. November 2004. (=Katalog des NÖ. Landesmuseums. N.F. 448). St. Pölten 2004. ISBN 3-85460-215-4.
  • Maria Adele Cavallaro: Da Teuta a Epulo. Interpretazione delle guerre illyriche e histriche tra 229 e 177 a. C. Bonn 2004. ISBN 3-7749-3150-X.
  • Peter Siewert: Politische Organisationsformen im vorrömischen Südillyrien. In: G. Urso (Hrsg.), Dall’Adriatico al Danubio. L’Illirico nell’età greca e romana. Pisa 2004. S. 53-61. (PDF).
  • Gianpaolo Urso (Hrsg.): Dall'Adriatico al Danubio. l'Illirico nell'età greca e romana. Atti del Convegno internazionale, Cividale del Friuli, 25-27 settembre 2003. (=I convegni della Fondazione Niccolò Canussio. 3). Pisa 2004. ISBN 88-467-1069-X.
  • Claudia Fräss-Ehrfeld (Hg.): Napoleon und seine Zeit, Kärnten – Innerösterreich – Illyrien. Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten, Klagenfurt 2009, ISBN 978-3-85454-113-4.

Weblinks

 Commons: Illyrien und Illyrer – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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