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Liste der Stolpersteine in Reichenbach im Vogtland
Die Liste der Stolpersteine in Reichenbach im Vogtland enthält die Stolpersteine, die vom Kölner Künstler Gunter Demnig in der Großen Kreisstadt Reichenbach im Vogtland im sächsischen Vogtlandkreis verlegt wurden. Stolpersteine erinnern an das Schicksal der Menschen, die von den Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Sie liegen im Regelfall vor dem letzten selbst gewählten Wohnsitz des Opfers.
Liste der Stolpersteine
In Reichenbach im Vogtland wurden neun Stolpersteine an acht Adressen verlegt.
Die Tabelle ist teilweise sortierbar; die Grundsortierung erfolgt alphabetisch nach dem Familiennamen des Opfers.
Stolperstein | Inschrift | Verlegeort | Name, Leben |
---|---|---|---|
HIER WOHNTE DR. ALBERT BEUTLER JG. 1897 FLUCHT 1939 KUBA ÜBERLEBT |
Weinholdstraße 13 |
Albert Beutler wurde am 22. Oktober 1897 als Sohn von Isidor und Flora Beutler in Reichenbach geboren. Er arbeitete in der Weberei seines Vaters, später übernahm er diese Fabrik.[1] Im Jahr 1920 verfasste er eine Dissertation zum Thema Die Entwicklung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Weber im sächsischen Vogtland.[2] Während der Novemberpogrome 1938 wurden er und Johannes Frank verhaftet, in das Gefängnis Plauen inhaftiert und dann in das KZ Buchenwald verschleppt.[3] Nach seiner Freilassung floh er über Kuba nach Chile.[4] Verheiratet war er mit Thea Saatz aus Gera und hatte zwei Söhne. Er starb am 9. April 1986 in Santiago de Chile.[5] | |
HIER WOHNTE ELISABETH BEUTLER GEB. FINDER JG. 1866 FLUCHT 1936 USA |
Weststraße 24 |
Elisabeth Beutler geb. Finder wurde am 22. März 1866 geboren. Ihre Eltern waren Jakob Finder (1830–1893) und Ernestine geb. Jacobi (1845–1908). Sie hatte zwei Brüder und zwei Schwestern, Felix, Hedwig, Max und Anna. Sie heiratete Joseph Beutler (1855–1924), der gemeinsam mit zweien seiner Brüder eine Textilfabrik in Reichenbach im Vogtland aufbaute und leitete. Das Paar hatte vier Kinder, Alfred (geb. am 11. November 1892), Lotte (geb. am 26. Februar 1894), Joachim Friedrich (1896–1917) und Ernst (1901–1988). Die Familie ihres Mannes stammte aus Czarnków in der Provinz Posen. Die beiden älteren Söhne kamen im Ersten Weltkrieg an die Front, Joachim Friedrich fiel 1917. Der älteste Sohn wurde Arzt, heiratete Käthe Italiener, eine Ärztin, und bekam drei Kinder. Die Tochter heiratete Ernst Juchli und wurde Mutter eines Kindes. Elisabeth Beutlers Ehemann starb 1924. Als Witwe emigrierte sie 1936 in die Vereinigten Staaten, wohin bereits Sohn Alfred mit Familie geflüchtet war. Sie starb am 28. April 1954 im amerikanischen Exil.[6]
Eines ihrer Urenkelkinder ist Bruce Alan Beutler, Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin des Jahres 2011. | |
HIER WOHNTE FLORA BEUTLER GEB. PLAUT JG. 1873 DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT TOT 7.3.1943 |
Weststraße 24 |
Flora Beutler geb. Plaut wurde am 14. Januar 1873 in Eschwege, Hessen-Nassau, geboren. Sie war das jüngste Kind von Gerson Plaut (1827–1889) und Rechel Regine geb. Stern (1830–1857). Sie hatte zwei Brüder und zwei Schwestern, Albert, Hannchen, Julie und Siegmund. Am 26. Juni 1895 heiratete sie Isidor Beutler in Reichenbach. Ihr Ehemann führte gemeinsam mit zweien
seiner Brüder eine Textilfabrik, er starb 1938. Zuletzt wohnte die Witwe in der Gneiststraße 8 in Berlin-Grunewald. Am 22. September 1942 wurde sie mit dem Transport I/67 von Berlin nach Theresienstadt deportiert. Ihre Deportationsnummer war 7790. Flora Beutler verlor ihr Leben in Theresienstadt am 7. März 1943. Offiziell wurde ein Herzfehler als Todesursache angeben.[7][8][9] | |
SPINNEREI UND WEBEREI ISIDOR BEUTLER HIER ARBEITETE ISIDOR BEUTLER JG. 1859 ZWANGSVERKAUF DER FIRMA TOT 11.3.1938 |
Dr.-Külz-Straße 6 |
Isidor Beutler wurde am 28. November 1859 geboren. Seine Eltern waren Aaron Beutler and Therese geb. Karger. Er hatte fünf Brüder und eine Schwester, David, Besser, Tina, Joseph (1855–1924), Alex (1868–1938) und Leo. Die Familie stammte aus Czarnikau in der preußischen Provinz Posen, wo alle sieben Kinder geboren wurden. Drei der Gebrüder Beutler – Joseph, Isidor und Leo – kamen 1885 nach Reichenbach und bauten eine Tuchfabrik auf. Am 26. Juni 1895 heiratete er Flora Plaut aus Eschwege. Die Brüder erwarben das Haus Weststraße 24 – als Geschäftskontor und Wohnhaus der Familie – und richteten die Fabrik in der Greizer Straße 5 ein, der heutigen Dr.-Külz-Straße. Isidor Beutler führte schließlich zwei Textilfirmen in Reichenbach. Er starb am 11. März 1938, kurz vor der Zwangsenteignung.[6][10]
Seine Frau Flora Beutler ging wieder nach Berlin. Sie wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und verlor dort im März 1943 ihr Leben. | |
HIER WOHNTE LEO BEUTLER JG. 1872 VERHAFTET 1942 BUCHENWALD TOT 16.2.1942 |
Zwickauer Straße 29 |
Leo Beutler wurde am 25. Juni 1872 in Czarnikau in der Provinz Posen geboren. Er war wohnhaft in Reichenbach und später in Plauen. Am 13. Januar 1942 wurde er verhaftet und im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Einen Monat später, am 16. Februar 1942, verlor er sein Leben ebendort.[11] | |
HIER ARBEITETE ARTHUR BOHM JG. 1888 INH. KAUFHAUS KRELL & CO ZWANGSVERKAUF DER FIRMA FLUCHT IN DEN TOD 14.5.1938 |
Am Graben 2 |
Arthur Bohm wurde 1888 geboren. Er war Inhaber des Kaufhauses Krell & Co. Er wurde zum Verkauf des Kaufhauses gezwungen, danach beging Arthur Bohm an 14. Mai 1938 Selbstmord.[12] | |
HIER WOHNTE UND ARBEITETE JOHANNES FRANK JG. 1889 GESCHÄFTSINHABER ZWANGSVERKAUF DER FIRMA 1939 DEPORTIERT 1943 AUSCHWITZ ERMORDET 11.2.1943 |
Markt 20 |
Johannes Frank wurde am 29. Oktober 1889 in Reichenbach geboren. Er war ein Spezialist für Textilmaschinen und Stoffe. Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurde er verhaftet, danach misshandelt und bleib einige Wochen im KZ Buchenwald inhaftiert. Im Jahr darauf wurde sein Geschäft zwangsverkauft. 1943 wurde er in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Johannes Frank wurde dort am 11. Februar 1943 ermordet.[13][14] | |
HIER WOHNTE MARTIN FREY JG. 1886 ZWANGSARBEIT 1939 GLEIS- UND STASSENBAU TOT 1.1.1943 BERLIN |
Am Graben 35 |
Martin Frey wurde 1886 in Pleß geboren. Er lebte in Breslau und in Deggendorf. Ab 1939 musste er Zwangsarbeit beim Gleis- und Strassenbau leisten. Martin Frey verlor sein Leben am 1. Januar 1943.[15] | |
HIER WOHNTE SOFIE FREY JG. 1871 DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT TOT 10.1.1943 |
Bebelstraße 29 |
Sofie Frey wurde am 11. September 1871 in Königshütte in Schlesien geboren. Sie war unverheiratet und wohnte in Plauen und zuletzt in Reichenbach. Am 8. September 1942 wurde sie mit dem Transport XV/1 von Kassel nach Theresienstadt deportiert. Ihre Deportationsnummer war 819. Sofie Frey verlor ihr Leben am 10. Januar 1943 in Theresienstadt. Offizielle Todesursache war Enterocolitis acuta, Darmkatarrh.[16][17] |
Verlegungen
Die bislang einzigen Verlegungen in Reichenbach erfolgten am 18. November 2011.
Am Abend vor den Verlegungen hielt Gunter Demnig einen Vortrag im Ratssaal des Rathauses. Der Ortschronist Werner Nitzschke und die Stadtarchivarin Marion Igl waren in das Projekt eingebunden.[18] Der neunte Stein (für Isidor Beutler) konnte erst im Jahr 2012 nach Fertigstellung des Straßenbaus an der Dr. Külz-Straße verlegt werden.
Literatur
- Sabine Hildebrandt: Käthe Beutler (1896–1999): Eine jüdische Kinderärztin aus Berlin, Hentrich und Hentrich Verlag Berlin 2019, ISBN 978-3955653132
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vogtlandmonat vom 24. Oktober 2018, S. 10
- ↑ Albert Beutler: Die Entwicklung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Weber im sächsischen Vogtland. L. Bamberg, Greifswald 1921, DNB 578878216.
- ↑ Gero Fehlhauer: Gesichter einer Stadt: Reichenbach i. V. 1933–1945. Reichenbacher Verlag, 2004, ISBN 978-3-937505-01-5, S. 91 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
- ↑ Petra Steps: Auf den Spuren jüdischer Reichenbacher. In: freiepresse.de. 14. September 2017, abgerufen am 29. Januar 2021.
- ↑ Albert Beutler In: genealogy.com, abgerufen am 29. Januar 2021
- ↑ 6,0 6,1 Dr. Alfred David Beutler. Stolpersteine in Berlin, 20. Oktober 2011, abgerufen am 24. Januar 2021.
- ↑ Beutler, Flora. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden. Bundesarchiv; abgerufen am 25. Januar 2021.
- ↑ FLORA BEUTLER. holocaust.cz, abgerufen am 25. Januar 2021.
- ↑ Descendants of Abraham PLAUT. Abgerufen am 25. Januar 2021.
- ↑ Stolperstein mit Geschichte in Reichenbach, abgerufen am 12. März 2021
- ↑ Beutler, Leo. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden. Bundesarchiv; abgerufen am 25. Januar 2021.
- ↑ Dr. Julia Landau & Franz Waurig, »Wie gedenken? – Erinnerungskulturelle Praxis vor Ort«, abgerufen am 12. März 2021/
- ↑ Frank, Johannes Jacob Hans. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden. Bundesarchiv; abgerufen am 25. Januar 2021.
- ↑ DR. JULIA LANDAU & FRANZ WAURIG, »WIE GEDENKEN? – ERINNERUNGSKULTURELLE PRAXIS VOR ORT«. Abgerufen am 26. Januar 2021.
- ↑ Frey, Martin. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden. Bundesarchiv; abgerufen am 13. März 2021.
- ↑ Frey, Sofie. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden. Bundesarchiv; abgerufen am 25. Januar 2021.
- ↑ SOFIE FREY. holocaust.cz, abgerufen am 25. Januar 2021.
- ↑ Stolpersteine in Reichenbach gegen das Vergessen. Vogtland-Anzeiger, 20. Oktober 2011, abgerufen am 24. Januar 2021.
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