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Volker Braun
Volker Braun (* 7. Mai 1939 in Dresden) ist ein deutscher Schriftsteller.
Leben
Volker Braun, der nach dem Abitur einige Jahre im Bergbau und Tiefbau arbeitete, bevor er an der Universität Leipzig Philosophie studierte, beschäftigt sich mit den Widersprüchen und Hoffnungen in einem sozialistischen Staat. Seit 1960 war er Mitglied der SED. Gleichwohl galt er in der DDR als staatskritisch, und oft gelang es ihm nur unter Einsatz taktischen Geschicks, seine Prosa oder Gedichte zu veröffentlichen.
Seine Arbeit umfasst Gedichte, Theaterstücke, Romane und Erzählungen.
Anfangs spiegelte sein Werk einen kritischen Enthusiasmus für den Aufbau des Sozialismus wider. Von 1965 bis 1967 arbeitete er auf Einladung von Helene Weigel als Dramaturg am Berliner Ensemble. Nach den Ereignissen des Prager Frühlings beschäftigte er sich zunehmend kritisch mit dem Leben im Sozialismus und den Möglichkeiten der Reform. Danach wurde er verstärkt von der Stasi überwacht. Seit 1972 arbeitete Braun am Deutschen Theater Berlin, 1976 gehörte er zu den Mitunterzeichnern der Protestresolution gegen die Ausbürgerung Biermanns.[1] Ab 1979 war er wieder am Berliner Ensemble tätig, 1981 erhielt er den Lessing-Preis der DDR.
1982 verließ Braun den Schriftstellerverband der DDR. Seine Werke zeichnen in dieser Zeit zunehmend das Bild eines deprimierenden Lebens in der DDR. Die Akteure seiner Stücke bewegen sich resigniert in einem unbeweglichen Umfeld. Sein an Diderots Jacques der Fatalist und sein Herr angelehnter Hinze-Kunze-Roman erhielt zwar 1985 eine Druckgenehmigung, doch nach seinem Erscheinen wurde er von der einflussreichen Kritikerin Anneliese Löffler als „absurd“ und „anarchistisch“ scharf angegriffen,[2] und Klaus Höpcke, damals stellvertretender Minister für Kultur, erhielt ein Disziplinarverfahren, weil er die Druckerlaubnis erteilt hatte.[3]
1988 erhielt Braun den Nationalpreis der DDR. Während der friedlichen Revolution 1989 gehörte er zu den Befürwortern eines eigenständigen „dritten Weges“ für die DDR und geladener Erstunterzeichner des Aufrufs „Für unser Land“.[4] Nach der Wiedervereinigung beschäftigte er sich kritisch mit den Gründen für das Scheitern der DDR. In diesem Zusammenhang steht auch seine Zusammenarbeit mit der von Wolfgang Fritz Haug herausgegebenen westlich-marxistischen Zeitschrift „Das Argument“.
Volker Braun leitete 2006–2010 an der Akademie der Künste (Berlin) die Sektion Literatur. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.
Volker Braun lebt in Berlin.
Zur Position während und nach der Wende
Ein berühmt gewordenes Gedicht von 1990 beschreibt sie:
Das Eigentum
Da bin ich noch: mein Land geht in den Westen.
KRIEG DEN HÜTTEN FRIEDE DEN PALÄSTEN.
Ich selber habe ihm den Tritt versetzt.
Es wirft sich weg und seine magre Zierde.
Dem Winter folgt der Sommer der Begierde.
Und ich kann bleiben wo der Pfeffer wächst.
Und unverständlich wird mein ganzer Text.
Was ich niemals besaß wird mir entrissen.
Was ich nicht lebte, werd ich ewig missen.
Die Hoffnung lag im Weg wie eine Falle.
Mein Eigentum, jetzt habt ihrs auf der Kralle.
Wann sag ich wieder mein und meine alle.
Diese Verse „bringen es auf den Punkt: den Widerspruch zwischen Entwurf und Leben, Möglichkeit und Wirklichkeit, Theorie und Praxis, Programmatik und Erfahrung im zuletzt nur mühsam lebbaren DDR-Sozialismus ... Jeder Vers in dem Gedicht ist ein kurzer abgeschlossener Satz mit Punkt am Ende. Jeder Satz eine lakonische Feststellung von trauriger Endgültigkeit. [...] Die Hoffnung, die eine Falle war auf dem Weg zur Illusionslosigkeit, muß dieser nun weichen. Eine große Elegie.“[5]
Auszeichnungen
- 1964 Erich-Weinert-Medaille
- 1971 Heinrich-Heine-Preis des Ministeriums für Kultur der DDR
- 1980 Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste (DDR)
- 1981 Lessing-Preis der DDR
- 1986 Bremer Literaturpreis
- 1988 Nationalpreis der DDR
- 1989 Berliner Literaturpreis der Stiftung Preußische Seehandlung
- 1992 Schiller-Gedächtnispreis
- 1993 Stipendium der Villa Massimo
- 1994 Gast der Universität Wales
- 1995 Calwer Hermann-Hesse-Stipendium
- 1996 Deutscher Kritikerpreis; Poetik-Vorlesungen an der Universität Heidelberg
- 1996 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Sächsischen Akademie der Künste
- 1998 Erwin-Strittmatter-Preis
- 1999 bis 2000 Brüder Grimm-Professur an der Universität Kassel
- 2000 Büchner-Preis
- 2006 Wahl zum Direktor der Sektion Literatur der Akademie der Künste (Berlin)
- 2007 ver.di-Literaturpreis für seine Erzählung Das Mittagsmahl
- 2009 erhielt er gemeinsam mit Olivia Rosenthal den deutsch-französischen Candide Preis
- 2010 Stadtschreiber zu Rheinsberg
- 2012 Ritter (Chevalier) des Ordre des Arts et des Lettres[6]
- 2012 Kunstpreis der Landeshauptstadt Dresden
Werke (Auswahl)
- Die Kipper. Drama. 1962/1965.
- Mink. Fragment.1965 (Urauff. Leipzig 1972)
- Provokation für mich. Gedichte. Mitteldeutscher Verlag, 1965.
- Vorläufiges. Gedichte. Suhrkamp Verlag, 1966.
- KriegsErklärung. Mitteldeutscher Verlag, 1967.
- Hinze und Kunze. Schauspiel. 1967 (Urauff. Weimar 1968)
- Schmitten. Schauspiel. 1969/1978.
- Lenins Tod. Drama. 1970.
- Wir und nicht sie. Gedichte. Mitteldeutscher Verlag, 1970.
- Die Kipper. Schauspiel. Aufbau Verlag, 1972.
- Das ungezwungene Leben Kasts. Aufbau Verlag, 1972. (Lizenzausgabe: Suhrkamp Verlag, 1972)
- Gedichte. 1972.
- Tinka. Schauspiel. 1972/1973 (Urauff. Karl-Marx-Stadt 1976).
- Gegen die symmetrische Welt. Gedichte. Mitteldeutscher Verlag, 1974.
- Es genügt nicht die einfache Wahrheit. Notate. Reclam Leipzig, 1975.
- Training des aufrechten Gangs. Gedichte. Mitteldeutscher Verlag, 1976.
- Simplex Deutsch. Spielbaukasten für Theater und Schule (Urauff. Berlin 1980).
- Unvollendete Geschichte. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M, 1990, ISBN 3-518-38160-1.
- Poesiealbum 115: Volker Braun. Gedichte. Verlag Neues Leben, 1977.
- Großer Frieden. Revolutionsstück (Uraufführung 1979)
- Dmitri. Schauspiel. 1980 (Urauff. Karlsruhe 1982).
- Stücke. Henschelverlag, 1983.
- Guevara oder der Sonnenstaat. Büchergilde Gutenberg, 1984.
- Hinze-Kunze-Roman. Mitteldeutscher Verlag, 1985. (Neuaufl. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2007, ISBN 978-3-518-38038-3)
- Die Übergangsgesellschaft. Henschelverlag, 1987.
- Langsamer knirschender Morgen. Gedichte. Suhrkamp Verlag, 1987.
- Verheerende Folgen mangelnden Anscheins innerbetrieblicher Demokratie. Schriften. Reclam 1988. (Lizenzausgabe: Suhrkamp Verlag, 1988)
- Bodenloser Satz. Suhrkamp Verlag, 1990.
- Iphigenie in Freiheit. Suhrkamp Verlag, 1992, ISBN 3-518-40440-7.
- Der Wendehals. Suhrkamp Verlag, 1995.
- Das Nichtgelebte. Erzählung. Faber & Faber, 1995.
- Lustgarten, Preußen. Ausgewählte Gedichte. Suhrkamp Verlag, 2000, ISBN 3-518-39624-2.
- Die vier Werkzeugmacher. Parabel. Suhrkamp Verlag, 1996.
- Wir befinden uns soweit wohl. Wir sind erst einmal am Ende. Äußerungen. Suhrkamp Verlag, 1998.
- Tumulus. Gedichte. Suhrkamp Verlag, 1999.
- Trotzdestonichts oder Der Wendehals. Suhrkamp Verlag, 2000.
- Das Wirklichgewollte. Suhrkamp Verlag, 2000, ISBN 3-518-41170-5.
- Die Verhältnisse zerbrechen. Rede zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises. Suhrkamp Verlag, 2000.
- Das unbesetzte Gebiet. Historische Erzählung. Suhrkamp Verlag, 2004, ISBN 3-518-41634-0.
- Der berüchtigte Christian Sporn. Der andere Woyzeck. Zwei Erzählungen. (Insel-Bücherei 1289). Insel Verlag, 2004.
- Auf die schönen Possen. Gedichte. Suhrkamp Verlag, 2005.
- Das Mittagsmahl. Erzählung. Insel Verlag, 2007.
- Machwerk oder Das Schichtbuch des Flick von Lauchhammer. Ein Schelmenstück. Suhrkamp Verlag, 2008, ISBN 978-3-518-42027-0.
- Werktage I. Arbeitsbuch 1977-1989. Suhrkamp Verlag, 2009, ISBN 978-3-518-42048-5.
- Kassensturz – Volker Braun und Zeitgenossen. Projekte-Verlag Cornelius, 2010.
- Die hellen Haufen. Erzählung. Suhrkamp Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-518-42239-7.
Verfilmungen
- 1991: Der Verdacht. Regie: Frank Beyer, nach der Erzählung Unvollendete Geschichte.
Hörspiel
- Die 14. Provinz. Regie: Barbara Plensat, Mitwirkende: Angela Winkler, Götz Schulte, Elisabeth Trissenaar, Martin Engler u.a., Produktion: SFB, ORB, 2003.
Literatur
- Katrin Bothe: Die imaginierte Natur des Sozialismus. Eine Biographie des Schreibens und der Texte Volker Brauns 1959-1974. Würzburg 1997, ISBN 3-8260-1426-X, Dissertation der Universität Hamburg.
- Christine Cosentino, Wolfgang Ertl: Zur Lyrik Volker Brauns. Forum Academicum, Königstein 1984, ISBN 3-445-02311-5.
- Renatus Deckert: Ruine und Gedicht. Das zerstörte Dresden im Werk von Volker Braun, Heinz Czechowski und Durs Grünbein. Thelem Verlag, Dresden 2010, ISBN 978-3-939888-94-9, Dissertation der Humboldt-Universität Berlin.
- edition text und kritik: Volker Braun. München 1977, ISBN 3-921402-40-9.
- Gottfried Fischborn: Reflektieren über Volker Braun. In: Der Sonntag. 34/20 (1980), S. 7.
- Frank Hörnigk: Volker Braun. Theater der Zeit, Literaturforum im Brecht-Haus, Berlin 1999, ISBN 978-3-9805945-5-4, Inhaltsverzeichnis.
- Rolf Jucker (Hrsg.): Volker Braun in perspective. Amsterdam, New York 2004, ISBN 90-420-0869-5 (englisch).
- Ulrich Profitlich: Volker Braun. Fink, München 1985, ISBN 3-7705-2262-1.
- Dennis Püllmann: Von Brecht zu Braun. Versuch über die Schwierigkeiten poetischer Schülerschaft. Thiele, Mainz 2011, ISBN 978-3-940884-42-8, Dissertation der Universität Potsdam.
- Jay Rosellini: Volker Braun. (Autorenbücher 31). C.H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-08692-6.
Hörbuch
- in Gerhard Pötzsch (Hrsg.): Dichtung des 20. Jahrhunderts: Meine 24 sächsischen Dichter. 2 CDs, Militzke Verlag, Leipzig 2009, ISBN 978-3-86189-935-8.
Filme
- Der Schriftsteller Volker Braun. Training des aufrechten Gangs. Dokumentarfilm, Deutschland, 2014, 29:50 Min., Buch und Regie: Jens-Uwe Korsowsky, Produktion: MDR, Reihe: Lebensläufe, Erstsendung: 8. Mai 2014 bei MDR, Inhaltsangabe von ARD.
- Zur Person: Günter Gaus im Gespräch mit Volker Braun. Gespräch, DDR, 1991, 48 Min., Regie: Harald Becker, Produktion: DFF, Reihe: Zur Person, Erstsendung: 11. April 1991 bei DFF, Filmdaten von Deutsche Kinemathek. Abgedruckt in: Neue Porträts in Frage und Antwort. Günter Gaus im Gespräch, Volk und Welt, Berlin, 1992, ISBN 3-353-00891-8, S. 57-74.
Weblinks
- Literatur von und über Volker Braun im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographische Angaben, Werke und Hörproben von Volker Braun bei Literaturport
- Kurzbiografie zu: Braun, Volker. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.
- Volker Braun in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Kommentierte Linkliste der FU Berlin zu Volker Braun
- Audiomitschnitte: Volker Braun in Lesung und Gespräch zum Nachhören und Downloaden auf Lesungen.net
- Fritz J. Raddatz: Entzweites Leben. In: Die Zeit, 26. Oktober 2000, Nr. 44.
Einzelnachweise
- ↑ Proteste von mehr als 90 DDR-Künstlern gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns, auf: gegen-diktatur.de
- ↑ Anneliese Löffler: Wenn Inhalt und Form zur Farce gerinnen. In: Neues Deutschland. 9. Oktober 1985, S. 4.
- ↑ Vgl. York-Gothart Mix: Ein ‚Oberkunze darf nicht vorkommen‘. Materialien zur Publikationsgeschichte und Zensur des Hinze-Kunze-Romans von Volker Braun. Wiesbaden 1993; Wolfgang Emmerich: Kleine Literaturgeschichte der DDR. Berlin 2000, S. 52.
- ↑ Aufruf vom 26. November 1989 „Für unser Land“ – vollständiger Text mit den Erstunterzeichnern
- ↑ Gottfried Fischborn: Peter Hacks und Heiner Müller, André Thiele, Mainz am Rhein 2012, ISBN 978-3-940884-72-5, S. 115.
- ↑ Angabe auf der Seite des Suhrkamp-Verlages, abgerufen am 6. Oktober 2013.
Personendaten | |
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NAME | Braun, Volker |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 7. Mai 1939 |
GEBURTSORT | Dresden |
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- Dramaturg
- Künstler (Dresden)
- SED-Mitglied
- Mitglied der Akademie der Künste (DDR)
- Mitglied der Akademie der Künste (Berlin)
- Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur
- Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste
- Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
- Träger des Nationalpreises der DDR I. Klasse für Kunst und Literatur
- Träger des Georg-Büchner-Preises
- Träger des Ordre des Arts et des Lettres (Ritter)
- Geboren 1939
- Mann