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Philosophie der Antike

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Eule auf der Akropolis in Athen

Die Philosophie der Antike, die Geburt der Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), wird durch die Eule der Göttin Athene (römisch: Minerva) symbolisiert. Die antike europäische Philosophie (griechisch φιλοσοφία) hat in Verbindung mit anderen Hochkulturen des Altertums (der hebräischen, ägyptischen, mesopotamischen und persischen) das Weltanschauungsspektrum des Abendlandes begründet.

Dass ungefähr gleichzeitig mit dem Beginn der europäischen antiken Philosophie auch die Anfänge der hier nicht behandelten indischen und chinesischen Philosophie zu verzeichnen sind, wird in dem Begriff der Achsenzeit erfasst.

Der griechisch besiedelte kleinasiatische Ostrand der Ägäis wurde zum Ausgangsbereich der antiken Philosophie. Hier beginnt die ionische Naturphilosophie der Vorsokratiker. Diese setzten dem mythisch geprägten Weltbild der homerischen Epen eine naturphilosophische Welterklärung entgegen, die sich z. B. in der Vorhersage einer Sonnenfinsternis 585 v. Chr. durch Thales von Milet bestätigen ließ.

Die siegreiche Selbstbehauptung Athens in den Perserkriegen und die nachfolgende Vormachtstellung im attischen Seebund machten Athen im 5. Jahrhundert v. Chr. zum kulturellen Mittelpunkt Griechenlands und der weiteren philosophischen Entwicklung. Es wurde das überragende und auf Rom und sein Reich ausstrahlende Zentrum antiken Nachdenkens über die kosmische Ordnung, die Natur des Menschen und die richtige Art zu leben. Hier wurden die großen Fragen auf eine neue Art und Weise zur Sprache gebracht: Woher kommt alles? Was ist die Tugend? Was ist der Anfang oder der Urgrund (arché)? Was ist die Wahrheit (aletheia)? Was ist das Gute, das Glück etc.?

Athen wurde zum Sammelpunkt der Sophisten und war die Stadt des Sokrates, dessen Wirkungsgeschichte durch die Überlieferung vor allem Platons alle Epochen der Philosophiegeschichte überdauert hat. Platon hat mit der Akademie seine philosophische Schule ebenso hinterlassen wie Aristoteles die seine in Gestalt der Peripatetiker. Bald darauf entstanden in Athen zusätzlich die Schulen des Epikureismus und der Stoa. Allen vier Schulen hat fast ein halbes Jahrtausend später der stoisch geprägte Philosophenkaiser Mark Aurel seinen Respekt erwiesen, als er ihnen im Jahre 176 n. Chr. anlässlich eines Athen-Aufenthalts je einen Lehrstuhl finanzierte.

Die Vorsokratiker

Mit der Erfindung der Philosophie beginnt sich das Denken selbst zu entdecken. Denken ist dabei vor allem Dialog. Die ersten griechischen Philosophen formulieren die Gesetze der Logik. Mit Hilfe der beweisenden Vernunft – das entsprechende griechische Wort Logos ist schwer übersetzbar – entwickeln sie die Geometrie, die Musiktheorie und die Astronomie. Sie binden das Denken an die öffentliche Gemeinschaft (polis). Am Eingang zum Orakel von Delphi steht: Erkenne dich selbst (gnôthi sautón). Die Vorsokratik umfasst die Ionische Naturphilosophie der Milesier, die pythagoraeische Schule (Pythagoreer), die Eleaten, Heraklit, die jüngeren Naturphilosophen und die Atomisten. Die Naturphilosophen suchten nach einem Verständnis der Natur und ihrer Vorgänge. Zudem wollten sie die Welt auf einen „Urstoff“, einen Anfang (arché), zurückführen (vgl. materia prima und Monismus). Diese Richtung entstand etwa 600 v. Chr. in Ionien in Kleinasien. Der erste Philosoph und bedeutende Mathematiker Thales hielt Wasser für den Urstoff, Anaximander das apeiron (etwa: das grenzenlos Unbestimmbare) und Anaximenes die Luft. Empedokles nahm vier Elemente an, die durch die Kräfte Liebe und Hass bewegt werden.

Pythagoras und die pythagoraeische Schule hielten die Zahl für das Maß aller Dinge. Die Pythagoreer Philolaos, Hippasos und Archytas waren schon bedeutende Mathematiker und haben die Philosophie von Platon ebenso geprägt wie das große Buch Elemente des Euklid. Mit der Inkommensurabilität der Verhältnisse von Streckenlängen in regelmäßigen Vielecken bewiesen sie, dass rationale Zahlen nicht ausreichen, um Streckenverhältnisse zu bestimmen. Die Geometrie, die Musiktheorie und die Kalender- und astronomischen Theorien gingen bereits weit über das spätere Mittelalter hinaus.

Heraklit von Raphael Santi, Detail aus „Die Schule von Athen“

Heraklit gilt als dunkler und nicht leicht zu verstehender Philosoph der frühen Zeit, der einige Züge der Dialektik Hegels (freilich noch in rohen, unentwickelten Grundzügen) bereits über 2000 Jahre vor diesem erdachte. Es gibt von ihm nur bruchstückhafte Texte. Der Ausspruch „Alles fließt“ (panta rhei) ist von ihm ebenso überliefert wie: „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“ Der zentrale philosophische Begriff bei Heraklit ist der Logos, ein einheitsstiftendes Prinzip der Gegensätze, das alles beherrscht und allem zugrunde liegt.

Scheint bei Heraklit ein dialektischer Vernunftbegriff auf, so setzte Xenophanes sich kritisch mit dem herkömmlichen anthropomorphen Götterbild auseinander und entwickelte die Vorstellung eines fortschreitenden Aufklärungs- und Erkenntnisprozesses der Menschen. Parmenides wiederum fasste Bewegung in einem auf strenge Logik angelegten Beweisgang als falsches Resultat der Alltagswahrnehmung auf (so erklärt sich einer der paradoxen Aussprüche des Zenon von Elea: „Der fliegende Pfeil ruht.“) und wurde zum wichtigsten Anreger der platonischen Ideenlehre (s.u.). Demokrit schließlich führte den Atomismus des Leukipp weiter zu einem bereits bei Anaxagoras angelegten Materialismus, über den später Karl Marx seine Dissertation schrieb.

Die klassische Philosophie des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr.

Die fünf Jahrzehnte zwischen den Perserkriegen und dem Peloponnesischen Krieg (die von 478–431 v. Chr. sich erstreckende Pentekontaetie) bildeten Athens klassische Blütezeit, in der die attische Demokratie ihre Vollendung fand, das Bauprogramm auf der Akropolis verwirklicht sowie Kunst und Kultur umfänglich gefördert wurden, und zwar insbesondere in der Ära des Perikles. So entstanden der Parthenon-Tempel und die Athena Parthenos von Phidias (der in Olympia mit der Zeus-Statue eines der sieben Weltwunder der Antike schuf). Im Theater wurden u. a. die großen Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides aufgeführt.

In dieser gesellschaftspolitischen Umbruchphase bestand entsprechender geistiger Orientierungsbedarf, den die sophistische Aufklärung zu decken suchte. Die seit 450 v. Chr. auftretenden Sophisten richteten ihre Überlegungen weg von der Natur auf den Menschen und suchten nach Methoden, das Individuum geistig und körperlich zu stärken. So brachten sie den Jugendlichen Rhetorik und Kampfkünste bei, doch waren sie nicht so spitzfindig, wie man ihnen häufig unterstellt. Wichtige Sophisten waren: Antiphon, Gorgias, Hippias von Elis, Kritias, Prodikos, Protagoras. Von letzterem stammt der berühmte Satz: “Der Mensch ist das Maß aller Dinge, derer die sind, dass sie sind, und derer die nicht sind, dass sie nicht sind.“ (Nicht verwechseln soll man Hippokrates von Chios, den ersten Berufsmathematiker (Möndchen des Hippokrates) mit seinem Zeitgenossen Hippokrates von Kós, dem Vater der Medizin. )

Philosophie wurde so zur öffentlichen Angelegenheit, die auf dem Marktplatz (agora) und in interessierten Zirkeln betrieben wurde. Hier entfaltete sich die Freiheit des Denkens in einem friedlichen Wettstreit (agon) durch den Austausch der Ansichten und Argumente. Einen besonderen und bis heute fortwirkenden Eindruck hinterließ Sokrates mit seiner Lehrweise und Haltung zum Leben. Er pflegte seine Gesprächspartner in ihrem vorgeblichen Wissen zu erschüttern, indem er durch bohrendes Nachfragen gedanklich-logische Lücken freilegte, um dann in fortgesetzten Dialogen neue Erkenntnisse bei seinen Partnern zu Tage zu fördern, ein Vorgehen, das er Hebammenkunst (Mäeutik) nannte. Die Unerschrockenheit und Festigkeit seines Auftretens in dem gegen ihn als vermeintlichen Verderber der Jugend geführten Prozess und die Art, wie er das Todesurteil hin- und angenommen hat, haben ihn zum Urbild philosophischer Daseinsbewältigung werden lassen.

Da Sokrates selbst nichts Schriftliches hinterlassen hat, ist sein Bild in der Philosophiegeschichte wesentlich von seinem Schüler Platon bestimmt, der die Methode und die Gehalte der sokratischen Lehre nach seinem Verständnis in Dialogform aufgezeichnet und damit überliefert hat. Dazu entwickelte er jedoch seine eigenen Lehren, sodass heute sokratische und platonische Anteile dieses philosophischen Gebäudes, wie es in den platonischen Dialogen vorliegt, schwer zu trennen sind. Berühmt ist Platons Höhlengleichnis: Ohne Kenntnis der Ideen, die die Wahrheit hinter den Dingen darstellen, sind wir wie Menschen, die in einer Höhle sitzen, nie die Sonne gesehen haben und unsere Schatten für das echte, das wahre Leben halten. Dabei nahm Platon an, dass die Ideen selbstständig in einer höheren Welt existierten. (Der Mathematiker und Philosoph Alfred North Whitehead bemerkte einmal, dass alle späteren Entwürfe der europäischen Philosophie im Grunde nur Fußnoten zu Platon seien.)

Als Aristoteles seinem Lehrer Platon philosophisch nur noch teilweise zustimmen konnte, bekannte er, zu Platon empfinde er Freundschaft, zur Wahrheit aber noch mehr als zu diesem. Während Platons Philosophie im Kern auf eine unser sinnliches Wahrnehmungsvermögen der Welt transzendierende Ideenlehre zielte, suchte Aristoteles die erfahrbare Wirklichkeit von Natur und menschlicher Gesellschaft umfassend zu erforschen und wissenschaftlich zu ordnen. Im Gegensatz zu Platon sah er die Ideen als in den Dingen befindlich und gab der realen Welt so wieder mehr Gewicht. Hierbei hat er u. a. für Biologie und Medizin, aber auch für die politische Empirie und Theorie Enormes geleistet. In seinem enzyklopädischen Wissensdrang als Philosoph beschäftigten ihn zudem u. a. Dynamik (δύναμις), Bewegung (κίνησις), Form und Stoff. Aristoteles begründete die klassische Logik mit ihrer Syllogistik, die Wissenschaftssystematik und die Wissenschaftstheorie. Die Autorität, die Aristoteles als Forscher und Denker noch im europäischen Mittelalter besaß, war so groß, dass sein Name für den Begriff des Philosophen schlechthin stand.

Eine philosophische Richtung, die sich vor allem an der bedürfnisarmen Lebensweise des Sokrates orientierte, bildeten die Kyniker. Ihr berühmtester Vertreter, Diogenes von Sinope („Diogenes in der Tonne“), soll Alexander dem Großen, als dieser ihn besuchte und nach seinen Wünschen fragte, beschieden haben: „Geh mir aus der Sonne!“

Philosophische Schulen in hellenistischer und römischer Zeit

Die hellenistische Welt 300 v. Chr.

Im Hellenismus wurden die klassischen Denkansätze weiter fortgeführt. Eine besondere Rolle dabei spielten die hellenistischen „Musenhöfe“. So entstand in Alexandria die sehr einflussreiche Alexandrinische Schule, während die Peripatetiker die Denkansätze des Aristoteles weiter entwickelten und die platonische Akademie Platon folgte.

Am Übergang vom 4. zum 3. Jh. v. Chr. entstanden mit Stoa und Epikureismus zwei philosophische Schulen, die weit hinaus über Zeit und Ort ihrer Entstehung ausstrahlten und ethische Grundpositionen für ein glückendes Leben markierten. Ihr Wirkungspotential ist bis heute noch keineswegs erschöpft, wie neuere Veröffentlichungen zu Glück und Lebenskunst zeigen. Während der Epikureismus das individuelle Glück durch optimal dosierte Genüsse zu fördern trachtet und in öffentlichen Angelegenheiten Zurückhaltung empfiehlt, wendet sich die Stoa gegen die Versklavung der Seele in der Sucht nach Bedürfnisbefriedigung, unterstellt sich ganz der Vernunftkontrolle und sieht das Individuum als Teil einer menschlichen Gemeinschaft und eines kosmischen Ganzen, denen gegenüber Pflichten bestehen, die im Handeln zu berücksichtigen sind. Charakteristisch für Stoiker ist eine schicksalsbejahende Grundhaltung im Einklang mit der Ordnung des Universums.

Cicero

Vermittelt durch Panaitios von Rhodos und Poseidonios fanden stoische Leitlinien Eingang in das Denken führender Kreise des republikanischen und kaiserzeitlichen Rom. Im Kontakt mit der politischen Wirklichkeit des Römischen Reiches ist von der Strenge und Absolutheit des stoischen Ausgangsentwurfs dies und jenes abgeschliffen worden (etwa die völlige Missachtung des Leibes und der Emotionen). Stoisch inspirierte Römer wie Cicero in der Zeit der ausgehenden Republik und Seneca in der frühen Kaiserzeit, bezogen Elemente anderer philosophischer Schulen mit ein; das tat auch Lukrez, der sich aber auf Epikur berief. Mag es einem solchen als eigene philosophische Richtung geführten Eklektizismus an Originalität fehlen, so hat er doch Lebenstauglichkeit und Praktikabilität der philosophischen Lehren zweifellos erhöht. Im Zenit des Prinzipats wurde die Stoa zur Richtschnur und Meditationsgrundlage des römischen Kaisers Mark Aurel, des „Philosophen auf dem Kaiserthron“. Er wurde im 2. Jahrhundert n. Chr. gleichsam zur Verkörperung der da schon 500 Jahre alten platonischen Idee vom zur Herrschaft berufenen Philosophen.

Die dritte neben Stoa und Epikureismus zwar an Mitgliederzahl weit unterlegene, aber philosophiegeschichtlich höchst bedeutende philosophische Strömung des Hellenismus und der Kaiserzeit bilden die so genannten skeptischen Schulen. Zu unterscheiden sind derer drei: Der Ältere Pyrrhonismus, durch Pyrrhon von Elis begründet, lehrte eine generelle Ununterschiedenheit und Ununterscheidbarkeit aller Dinge und Meinungen (Indifferentialismus), woraus er v. a. ethische Konsequenzen zog. Mehr oder minder unabhängig davon entwickelte sich später auch in der platonischen Akademie eine erkenntniskritische Richtung: Arkesilaos, mit dem die sog. Mittlere Akademie begann, lehrte nach Sokrates' Vorbild einen strikten Agnostizismus. Dieser wurde von Karneades, dem Begründer der sog. Neuen Akademie, zu einer Art Wahrscheinlichkeitslehre gemildert, welche über seinen Nachfolger Philon von Larisa insbesondere Cicero beeinflusste und noch den jungen Augustinus von Hippo beeindrucken sollte. Schließlich begründete Ainesidemos, wohl ein ehemaliger Anhänger der Akademie, den seit langem erloschenen Pyrrhonismus neu: der Neupyrrhonismus, der v. a. in den Schriften des Sextus Empiricus beschrieben wird, verband die systematische Erkenntniskritik der Neuen Akademie mit der ethischen Motivation des Älteren Pyrrhonismus zu einer skeptischen Haltung, die durch die Enthaltung von jeglichem Erkenntnisurteil (die sog. epoché) den Kampf der Meinungen beenden wollte und gerade dadurch Seelenruhe (Ataraxie) sowie die ersehnte Glückseligkeit (Eudaimonie) zu finden hoffte.

Philosophie in der Spätantike

In der Spätantike wurde, obgleich es nach wie vor auch Vertreter von Richtungen wie etwa dem Kynismus gab, der Neuplatonismus als philosophische Richtung maßgeblich, der in einem wohl wechselseitig verschränkten Prozess anregend und befruchtend auch auf das Denken der christlichen Kirchenväter einwirkte.

Der philosophische Impuls, der Roms Herrschaftseliten über Jahrhunderte ethische Orientierung geboten hatte, erlahmte, als der äußere Druck auf die Grenzen zunahm und deren Verteidigung immer mehr Menschen und Mittel band; nun stiegen immer öfter Männer in die Führungsschicht auf, die dem Militär entstammten und häufig wenig Verständnis für feingeistige Dinge aufbrachten. Dennoch versiegte er, vor allem im östlichen Teil des Reiches, nicht. Der Drang von Philosophen wie Plotin und später Proklos zur Vereinheitlichung (Suche nach dem Einen, dem Göttlichen) mündete in eine Rückwendung zu Platon und in eine Neuausrichtung der platonischen Ideenlehre. Daraus ergaben sich Verknüpfungsmöglichkeiten zwischen Neuplatonismus und christlicher Religion.

Älteste bekannte Darstellung von Augustinus in der Tradition des Autorenbildes (Laterankirche, 6.Jh.)

Wichtige Vertreter der antiken christlichen Apologetik waren im 2. Jahrhundert Justinus der Märtyrer, im 3. Jahrhundert Klemens von Alexandrien († nach 215) und Origenes († 253) sowie im 5. Jahrhundert Augustinus von Hippo († 430) mit seinem Werk Über den Gottesstaat. Das Denken des Augustinus spiegelte die spätantike Umbruchphase und legte das Fundament für die Philosophie des Mittelalters. Gestaltete sich in Platons Parmenides-Dialog die Suche nach dem Einen noch sehr rätselhaft, so glaubten die frühen christlichen Kirchenlehrer in Gott das Eine (und alles, Hen kai pan) gefunden zu haben, das alle Rätsel löst. Im 4. Jahrhundert hatte dann etwa die Theurgie, die teils sehr kritisch betrachtet wurde, starken Zulauf.

Im Oströmischen Reich wirkten noch im 5. und 6. Jahrhundert bedeutende Philosophen wie Isidor, Simplikios, der wichtige Aristoteles-Kommentare verfasste, und sein Lehrer Damaskios. Von einem völligen Niedergang der Philosophie in der Spätantike kann somit nicht die Rede sein. Die Philosophie war im Ostteil des Reiches auch Rückhalt für nichtchristliche Traditionen (was die „heidnische Renaissance“ zu Zeiten des Kaisers Julian verdeutlichte, der selber ein Anhänger des Neuplatonismus war). Aber auch mehrere Christen traten als bedeutende Philosophen hervor, wie beispielsweise im 6. Jahrhundert Johannes Philoponos in Alexandria oder im Westen der neuplatonisch geschulte Anicius Manlius Severinus Boëthius, dessen Werk Trost der Philosophie zu den bemerkenswerten Werken in der ausgehenden Spätantike zählt.

Die faktische Schließung der platonischen Akademie in Athen durch Kaiser Justinian im Jahre 529 (oder etwas später) machte den dortigen philosophischen Studien ein Ende, die christianisierte Schule von Alexandria bestand allerdings fort und ging erst infolge der Perser- und Araberkriege unter, die Byzanz im 7. Jahrhundert zu bestehen hatte (siehe Römisch-Persische Kriege und Islamische Expansion). Bald nach der Mitte des 6. Jahrhunderts erlosch die Tradition der antiken-heidnischen Philosophie endgültig, wenngleich in Byzanz die Beschäftigung mit ihr nicht abriss. Einer der letzten bedeutenden spätantiken Neuplatoniker, der Christ Stephanos von Alexandria, wirkte dann zu Beginn des 7. Jahrhunderts in Konstantinopel.

Nachleben der antiken Philosophie

Das Christentum, das das mittelalterliche Weltbild Europas bestimmte, hat in seine Lehren viele Elemente antiker Philosophie integriert, vermittelt zunächst vor allem durch den philosophisch gebildeten Apostel Paulus. Die dogmatischen Diskussionen und Streitigkeiten, die das spätantike Christentum dann vom 4. bis 6. Jahrhundert prägten und der Religion ihre heutige Form gaben, sind ohne den Hintergrund der griechischen Philosophie nicht verständlich. Den weltanschaulichen Pluralismus, wie er in den nebeneinander bestehenden antiken Philosophieschulen und Religionen vorhanden war, hat der christliche Monotheismus allerdings von der Spätantike bis in das Zeitalter der Aufklärung hinein nicht mehr zugelassen.

Dem griechischen Philosophiehistoriker Diogenes Laertios aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert ist es zu verdanken, dass viele antike Philosophen trotz der Zerstörung der wohl bedeutendsten antiken Bibliothek in Alexandria nicht ganz in Vergessenheit gerieten: In lateinischer Übersetzung blieb sein Werk dem Mittelalter bekannt. Für den lateinischen Westen war vor allem Boethius von kaum zu überschätzender Bedeutung, da er unter anderem die Regeln der aristotelischen Logik in eine Form brachte, die das mittelalterliche Denken entscheidend prägen sollte.

Nach dem 6. Jahrhundert geriet ansonsten zumindest in Europa der größte Teil der antiken Philosophie in Vergessenheit. Die Weitervermittlung antiker Philosophie geschah in der Folgezeit hauptsächlich durch arabisch-islamische Denker wie Avicenna (980–1037) und Averroes (1126–1198) sowie durch den jüdischen Philosophen und Arzt Maimonides (1135–1204). Über solche Umwege gewann die Philosophie der Antike, insbesondere die des Aristoteles, auf die Philosophie des Mittelalters bei Scholastikern wie Albertus Magnus († 1280) und Thomas von Aquin († 1274) sowie bei Denkern der Frührenaissance allmählich wieder an Bedeutung. Ein zweiter Schub erfolgte im 15. Jahrhundert, als im Zuge der Renaissance westliche Gelehrte in den byzantinischen Osten reisten und Handschriften antiker griechischer Denker mitbrachten (so unter anderem Giovanni Aurispa) bzw., als byzantinische Gelehrte vor den Osmanen in den Westen flohen und als Vermittler antiker Bildung im Westen mitwirkten.

Siehe auch

Literatur

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  • A. H. Armstrong (Hg.): Cambridge History of Later Greek and Early Medieval Philosophy, Cambridge: CUP 1967 [nach wie vor unersetzliches Standardwerk; Artikel fast durchgehend von den damals jeweils führenden Experten]
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  • David J. Furley (Hg.): From Aristotle to Augustine. Routledge History of Philosophy Bd. 2, London: Routledge 1999.
  • Carl-Friedrich Geyer: Philosophie der Antike. Eine Einführung. 4. Aufl. Primus, Darmstadt 1996, ISBN 3-89678-305-X
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  • Pierre Hadot: Philosophie als Lebensform. Geistige Übungen in der Antike, 2. Auflage, Gatza, Berlin 1991, ISBN 3-928262-02-5 [methodisch lesenswert, historisch teils überholt]
  • Klaus Held: Treffpunkt Platon. Philosophischer Reiseführer durch die Länder des Mittelmeers, 3. Aufl., Reclam, Stuttgart 2001, ISBN 3-15-010479-3 [gut lesbare Einführung]
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  • Ch. Mueller-Goldingen: Dichtung und Philosophie bei den Griechen, WBG, Darmstadt 2008.
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  • Wiebrecht Ries: Die Philosophie der Antike. Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17480-1
  • Christopher Shields (Hg.): The Blackwell guide to ancient philosophy, Malden, Mass. ; Berlin [u. a.]: Blackwell, 2003, 0-631-22215-4
  • Christopher Shields: Classical Philosophy: a Contemporary Introduction. London: Routledge 2003.
  • Gerhard Stapelfeldt: Mythos und Logos: Antike Philosophie von Homer bis Sokrates, Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8300-3250-2
  • Andrew Smith: Philosophy in Late Antiquity, London: Routledge 2004. [Kurze exemplarische Einführung]
  • C. C. W. Taylor (Hg.): From the Beginning to Plato, Routledge History of Philosophy Bd. 1, London: Routledge, 1997.
  • C. C. W. Taylor, R. M. Hare, Jonathan Barnes: Greek Philosophers: Socrates, Plato, Aristotle, Oxford: OUP 1999.
  • Gregory Vlastos: Studies in Greek Philosophy, 2 Bde., Princeton: Princeton UP 1996.
  • Eduard Zeller: Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung. 6 Teilbände, 6. Auflage, Olms, Hildesheim 1990 [in vielem überholter, aber immer noch beachtenswerter Klassiker]

Weblinks

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