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Balthasar Neumann
Johann Balthasar Neumann, gemeinhin bekannt als Balthasar Neumann (* 27. Januar 1687 in Eger; † 19. August 1753 in Würzburg), war einer der bedeutendsten Baumeister des Barock und des Rokoko in Süddeutschland.
Zu seinen bekanntesten Werken zählt die Würzburger Residenz, der 1981 von der UNESCO weltweite Bedeutsamkeit zugesprochen wurde. Die Residenz darf aufgrund der Entscheidung den Titel Weltkulturerbe führen.
Leben
Neumann wurde im Haus Nr. 12 in der Schiffgasse als siebtes von neun Kindern des Tuchmachers Hans Christoph Neumann geboren und am 30. Januar 1687 in Eger getauft.
Seine erste Lehrzeit verbrachte er vermutlich bei seinem Paten, dem Glocken- und Metallgießer Balthasar Platzer, und wechselte Anfang des 18. Jahrhunderts nach Würzburg zu Sebald Koch, wo er 1711 den Lehrbrief der „Büchsenmeister, Ernst- und Lustfeuerwerkerey“ erwarb.
1712 trat er als Gemeiner in die fränkische Kreis-Artillerie ein, da er einzig auf diesem Weg die nur Militärs offenstehende Laufbahn des Ingenieurs einschlagen konnte. Seit 1714 ist er im Dienst des Würzburger Hochstifts nachzuweisen. Er vervollkommnete seine Kenntnisse durch Studien auf dem Gebiet der Festungsbaukunst. Er stieg auf zum Adjutant, wurde bald Feldwebel der Artillerie in der Schlosskompanie und 1718 fürstlicher Ingenieur-Kapitän.
1717/18 befand er sich mit den fränkischen Truppen in Österreich und Ungarn, wo er vermutlich als Ingenieur bei der Befestigung von Belgrad mitarbeitete. In Wien lernte er auch die richtungweisenden Barockbauten von Johann Bernhard Fischer von Erlach und Johann Lucas von Hildebrandt kennen und schulte sein architektonisches Gespür an ihnen. Eine Reise nach Mailand brachte ihm wohl auch die Begegnung mit den Werken Guarino Guarinis, die bestimmend für seine spätere genialische Auffassung vom Raum wurden.
Nachdem er in dieser Zeit unter der Leitung der Würzburger Baumeister Andreas Müller und Joseph Greising gearbeitet hatte, berief 1719 der neue Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn den Stückhauptmann (der Artillerie) und Oberingenieur Neumann zum fürstbischöflichen Baudirektor in Würzburg. Als solcher übernahm Neumann 1720 schließlich die Planung für den Neubau der Würzburger Residenz. Der Würzburger Fürstbischof folgte dabei der Empfehlung seines Onkels, des Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn, dem schon 1715 das aufstrebende Talent des Baumeisters aufgefallen war.
Sein Architekturverständnis schulte Neumann in diesen ersten Jahren in der Zusammenarbeit mit anderen im Dienst des Würzburger Bistums stehenden Architekten, wie Maximilian von Welsch, den Gebrüdern von Erthal oder Ritter zu Gronesteyn, durch die er mit der französischen Frühklassik Mansarts in Berührung kam. Stilprägend wurde aber die Auseinandersetzung mit dem Wiener Meister Johann Lucas von Hildebrandt.
Im Zusammenhang mit dem Bau der Residenz unternahm er im Auftrag seines fürstbischöflichen Dienstherren eine Studienreise, die ihn über Mannheim, Bruchsal, Straßburg und Nancy nach Paris führte. Hier festigte er in Kontakt mit Robert de Cotte, dem Ersten Architekten des französischen Königs, die bahnbrechenden Ideen neuer Raumdispositionen. Mit Germain Boffrand zusammen, dem anderen der großen Architekten Frankreichs, entwickelte Neumann in Paris seine Ideen von einem großzügigen Treppenhaus weiter, die ihn später berühmt machen sollten. 1724 avancierte er zum Major. Er heiratete 1725 Maria Eva Engelberta Schild, Tochter des Geheimen Hofrats Franz Ignaz Schild. Beide hatten acht Kinder. Durch die Heirat erhielt er familiären Zugang zu einflussreichen Beamten- und Ratsfamilien in Stadt und Bistum.
Balthasar Neumann wohnte in Würzburg in der Franziskanergasse 2, wo er 1724 den Hof Ober-Frankfurt vom Fürstbischof Christoph Franz von Hutten erworben hatte. Hier hatte er auch sein Architekturbüro mit seinen Mitarbeitern untergebracht. Über eine Wendeltreppe gelangte man auf eine Dachterrasse und von dort aus zu einer Aussichtsplattform namens „Belvedere“, im Volksmund „Neumann-Kanzel“ genannt.[1] Ein Rundpodest mit Geländer auf dem Dach seines Hauses erlaubte ihm, seine Würzburger Baustellen zu überblicken.[2] Am 16. März 1945 wurde das Anwesen durch Bomben schwer beschädigt und 1950 wegen Einsturzgefahr gesprengt. Später entschied man sich für einen Neubau, in den das barocke Portal integriert wurde. Im Dachgeschoss wurde die „Balthasar-Neumann-Stube“ als Veranstaltungsraum eingerichtet.[1]
1729 wurde er Oberstleutnant in der fränkischen Kreisartillerie und anstelle Maximilians von Welsch Baudirektor in Bamberg, dem zweiten Bistum des neuen Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn. 1731 erhielt er den für ihn neu eingerichteten Lehrstuhl für Zivil- und Militärbaukunst an der Universität Würzburg und wurde 1741 Oberst, womit er den höchsten für ihn möglichen militärischen Rang erreichte.
Durch die Politik der vom „Bauwurm“ besessenen Familie Schönborn, möglichst viele Bistümer mit Angehörigen zu besetzen, erweiterte sich Neumanns Wirkungskreis von Würzburg und Bamberg schließlich auf die Bistümer Speyer, Konstanz und Trier, selbst der Kölner Kurfürst Clemens August von Wittelsbach gab ihm Aufträge.
Ab 1723 war Neumann Mitglied der bischöflichen Baukommission, die er ab 1725 faktisch leitete. Als Baudirektor des Domkapitels erreichte er eine dominierende Stellung im Würzburger Bauwesen, auch nachdem er unter Schönborns Nachfolger Anselm Franz von Ingelheim das Amt als Oberbaudirektor vorübergehend verloren hatte. Daneben war er auch erfolgreicher selbständiger Unternehmer, als der er im Steigerwald die Schleichacher Glashütte (heute Fabrik Schleichach, Gemeinde Rauhenebrach) und in Würzburg eine Spiegelschleiferei betrieb. Mit seinen Erzeugnissen versorgte er nicht nur die eigenen Bauten, sondern exportierte sie auch in andere Länder.
Aus einem Schreiben vom 19. Juli 1747 geht hervor, dass sich Emanuel Teles da Silva, Graf von Silva-Tarouca, Hofbaudirektor in Wien, bemühte, den berühmten Architekten für Wien zu gewinnen. Neumann geleitete Kaiser Franz von Lothringen bei seinem Aufenthalt in Würzburg anlässlich der Reise zur Krönung nach Frankfurt durch die Residenz. Franz Stephan beschäftigte sich damals mit der Umgestaltung der Wiener Hofburg. Er zeichnete im Auftrag des Kaisers Franz von Lothringen Entwürfe für ein neues Treppenhaus in der Wiener Hofburg, das zu den großartigsten Treppenhäusern der Barockzeit zählte. Er schrieb „… indessen überschicke auch Seiner Kayserlichen Majestät meine idee über die Kayserliche und Königliche burg oder resident in Wien, welches dessein bereith fertig habe.“ Als Ehrengeschenk ließ ihm Maria Theresia durch Tarouca eine große und schöne Tabatiere übersenden. Den Auftrag erhielt jedoch der Lothringer Jean Nicolas Jadot de Ville-Issey, Neumanns Pläne wurden nicht verwirklicht.[3]
Neumann zeichnete weiter Entwürfe für Residenzen in Stuttgart (1747–49) und Karlsruhe (1750/51) sowie für Schwetzingen (1752).
Er starb als Oberst der Artillerie und fürstbischöflicher Oberbaudirektor und wurde in der Marienkapelle in Würzburg beigesetzt. Die von ihm begonnene Abteikirche Neresheim, sowie die nicht vollendete Basilika Vierzehnheiligen wurde von anderen fertiggestellt.
Leitideen und Werke
Zwei seiner Maximen beim Bau von Kirchen waren „Rotunde“ und „kurvierter Raum“. Er gab sich nur mit vollkommenen, alle Anregungen einschließenden Lösungen zufrieden.
Erfolge in der Städteplanung
Balthasar Neumann versorgte Würzburg mit Kanälen, lenkte frisches Quellwasser in den Vierröhrenbrunnen und legte neue Straßenzüge an. Für die Berechnungen seiner Rokokobauten entwickelte er einen speziellen Proportionalwinkel, das instrumentum architecturae. Mit ihm konnten die Proportionen der verschiedenen Säulenarten bequem abgelesen werden.
In Bad Kissingen veranlasste er in den Jahren 1737 und 1738 zusammen mit Georg Anton Boxberger die Verlegung der Fränkischen Saale. In diesem Zusammenhang wurde der „scharfe Brunnen“, die heutige Rakoczy-Quelle, wiederentdeckt. Außerdem wurden in Kissingen seine Pläne für das königliche Kurhaus und das Langhaus der Marienkapelle verwirklicht. 1738 zeichnete er eine Gesamtansicht von Bad Kissingen mit einer Stadtmauer und 14 Türmen.
Werke (Auswahl)
Balthasar Neumann schuf „rund 100 bedeutende Brücken, Kirchen, Klöster, Schlösser, Wohn- und Geschäftshäuser“.[4]
- Abteikirche des Klosters Schöntal (bis 1736)
- Würzburger Residenz in italienisch-französischem Barockstil (1720 bis 1744) nach dem Muster des Versailler Schlosses
- Schönbornkapelle am nördlichen Querarm des Würzburger Doms (1723 bis 1724)
- Brunnenhalle in Bad Bocklet (1725)
- Pfarrkirche St. Andreas (Retzstadt) (1726)
- Maschikuliturm der Festung Marienberg bei Würzburg (1728)
- Rundkirche des Klosters Holzkirchen in Holzkirchen (1728 bis 1730)
- Kloster Heidenfeld (1723 bis 1733)
- Deutschordenskirche in Bad Mergentheim (1730 bis 1735)
- Wallfahrtskirche des Klosters Gößweinstein (1730 bis 1739)
- Schloss Bruchsal (Treppenhaus, ab 1731)
- Pfarrkirche Hl. Nikolaus in Arnstein (Oberfranken) (1731 bis 1734)
- Tauberbrücke Tauberrettersheim (1733)
- Schloss Werneck (1733 bis 1746)
- Innenraum der Pfarrkirche St. Paulin in Trier (1734 bis 1757)
- Pfarrkirche St. Laurentiusin Retzbach (1736 bis 1738)
- Pfarrkirche St. Cäcilia in Heusenstamm (1739)
- Pfarrkirche St. Cäcilia in Saffig (1739 bis 1742)
- St. Peter (Bruchsal)
- Entwürfe für das Neue Schloss (Meersburg) (um 1740)
- Schloss Augustusburg in Brühl (Treppenhaus, 1740 bis 1746, Hochaltar von St. Marien, 1745 bis 1746)
- Kreuzkapelle in Kitzingen (1741 bis 1745)
- Laurentiuskirche in Dirmstein (1742 bis 1746)
- Dreifaltigkeitskirche in Gaibach (1743–1745)
- abgegangene Basilika der Abtei Münsterschwarzach (1727 bis 1743)
- Basilika Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein (von 1743 bis 1772)
- Umbau des Klosters Oberzell in Zell am Main (1744 bis 1760)
- Heilige Stiege der Kreuzbergkirche in Bonn (1746 bis 1751)
- Kirche der Abtei Neresheim (1747 bis 1792)
- Pfarrkirche St. Michael in Hofheim (1747 bis 1754)
- Stiftsrathaus in Ellwangen (1748 bis 1750)
- Wallfahrtskirche Käppele in Würzburg (1748 bis 1750)
- Kirche St. Vitus in Dittigheim (1748 bis 1752)
- Gartenpavillon in Randersacker (um 1750)
- Wallfahrtskirche Maria in Limbach (1751 bis 1755)
- Schloss Veitshöchheim in Veitshöchheim (1753)
Mitarbeiter
- Johann Thomas Nissler (1713–1769)
- Arnold Friedrich Prahl
- Johannes Seiz (1717–1779)
Ehrungen
Denkmäler und Gedenktafeln
Büste von Fidelis Schönlaub gefertigt, in der Ruhmeshalle in München
Boxberger-Neumann-Denkmal (1937) von Fried Heuler in Bad Kissingen
Briefmarken, Banknoten und Gedenkmünzen
50-DM-Schein der letzten Serie, seit 1991
Außerdem wurde am 16. August 1978 zu Neumanns 225. Todestag eine 5-DM-Gedenkmünze herausgegeben.
Schulen
Nach Balthasar Neumann sind benannt:
- das Gymnasium in Marktheidenfeld
- die Städt. Realschule in der Hugo-Wolf-Straße in München
- die Mittelschule in Werneck
- zwei Berufsschulen mit weiterführender Bildung in Bruchsal
- eine Berufsschule in Augsburg
- das Technische Gymnasium in Trier
- eine Grundschule in Koblenz
Straßen
Mehrere Straßen wurden nach Balthasar Neumann benannt, unter anderem in Bayreuth, Nürnberg, Stuttgart, Neresheim, Koblenz und Trier.
Filmische Darstellungen
- Balthasar Neuman – Vollender des Barock. Bayrisches Fernsehen 2003. Gezeigt in BR-alpha am 10. Oktober 2009, 20:15–21:00. (Aufnahmen der Bauwerke).
Literatur
- O. Weigmann.: Neumann, Balthasar. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 52, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 668–679.
- Jakob Degen: Balthasar Neumann in Kronach. In: Bamberger Blätter für fränkische Kunst und Geschichte. Beil. zum Bamberger Volksblatt. Jg. 13/1936. Nr. 2. und BvFw. Jg. 4/1936. Nr. 1.
- Max H. von Freeden: Balthasar Neumann. Leben und Werk. Deutscher Kunstverlag, München 1981, ISBN 3-422-00118-2
- Wilfried Hansmann: Balthasar Neumann. DuMont, Köln 1993, ISBN 3-8321-7167-3
- Joachim Hotz: Balthasar Neumann als Zeichner und Graphiker. Bavaria Antiqua. München 1983.
- Thomas Korth: Neumann, Balthasar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 140–142 (Onlinefassung).
- Eugen Ortner: Der Barockbaumeister Balthasar Neumann. Eine Biographie. Gondrom-Verlag, Bindlach 1989, ISBN 3-8112-0625-7
- Ekkart Sauser: Balthasar Neumann. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 6, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, Sp. 645–647.
- Bernhard Schütz: Balthasar Neumann. Herder, Freiburg/B. 1988, ISBN 3-451-20614-5
- Manuel Weinberger: Verschollen geglaubtes Planmaterial von Balthasar Neumann und seinem Baubüro, und eine unbekannte Zeichnung aus dem Umfeld Johann Dientzenhofers. In: RIHA Journal 0003 (online - abgerufen am 15. April 2010).
- Harmen Thies: Grundrissfiguren Balthasar Neumanns. Zum massstäblich-geometrischen Rissaufbau der Schönbornkapelle und der Hofkirche in Würzburg, Firenze: Editrice Edam [o.J., 1981?]
Weblinks
- Literatur von und über Balthasar Neumann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Neumann. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 12, Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1892, S. 89.
- Balthasar Neumann. In: archINFORM.
- Webseite über Johann Balthasar Neumann bei Stefan Etzel
- Bundesbank: 50-DM-Banknote
- Im Dienste des Absoluten. Die Schönborns und Balthasar Neumann bei Monumente Online
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Josef Kern: Des Baumeisters Kommandobrücke. In: Wertheimer Zeitung vom 9./10. Januar 2010.
- ↑ Erika Kerestely: Würzburg. Stadtführer mit farbigem Stadtplan. Stürtz Stadtführer. Verlagshaus Würzburg GmbH & Co KG, Würzburg 2008. ISBN 978-3-8003-1929-9, S. 51.
- ↑ Ida Olga Höfler, Maria Theresia und Don Manoel Tellez de Menezes Castro, Herzog von Sylva, Graf von Tarouca, Helikon Schriftenreihe, 1994.
- ↑ Wolfgang Jung: Der große Baumeister - Balthasar Neumann. In: 100 Gründe, Mainfranken zu lieben. Main-Post, Würzburg 2007, ISBN 978-3-925232-24-4, S. 10.
Personendaten | |
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NAME | Neumann, Balthasar |
ALTERNATIVNAMEN | Neumann, Johann Balthasar (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | Baumeister des Barock |
GEBURTSDATUM | 27. Januar 1687 |
GEBURTSORT | Eger |
STERBEDATUM | 19. August 1753 |
STERBEORT | Würzburg |
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