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Dereliktion
Dereliktion (lat., Aufgabe des Besitzes) bezeichnet als Rechtsbegriff die Aufgabe des Eigentums an einer Sache durch den Eigentümer.
Deutschland
Sie geschieht nach deutschem Sachenrecht bei beweglichen Sachen gem. § 959 BGB durch Besitzaufgabe mit dem Willen, das Eigentum erlöschen zu lassen. Die Sache wird dadurch herrenlos, so dass sie jeder okkupieren bzw. sich aneignen kann. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob aus einer Besitzaufgabe auf den Verzichtswillen geschlossen werden kann. Es ist etwa umstritten, ob die Bereitstellung von Gegenständen für den Sperrmüll zu einer Dereliktion führt, dies wird für den Standardfall von der herrschenden Meinung bejaht, teilweise wird auf den Einzelfall abgestellt und zur Zurückhaltung bei der Annahme einer auf Dereliktion gerichteten Erklärung gemahnt, in jedem Fall sind ggf. vorhandene Abfallsatzungen zu beachten, in denen eine ggf. erfolgende sofortige Aneignung, etwa der Gemeinde, geregelt sein kann.
Ein Beispiel ist auch die Eigentumsaufgabe nicht erlaubter Gegenstände vor der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Dort steht typischerweise ein Behälter, in dem beispielsweise zu große Flaschen o. ä. entsorgt werden können. Am Flughafen Frankfurt sind die Behälter teilweise mit Eigentumsaufgabe, § 959 BGB beschriftet, am Flughafen Stuttgart mit Eigentumsaufgabe nach § 959 BGB.
Bei der Dereliktion durch Minderjährige ist umstritten, ob die Dereliktion einen Realakt oder eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung gem. § 111 BGB darstellt. Sofern letzterer Meinung gefolgt wird, wäre diese Willenserklärung rechtlich nachteilig, da der Minderjährige Eigentum verliert, und bei fehlender Einwilligung des gesetzlichen Vertreters unwirksam. Die Sache würde dann weiterhin in seinem Eigentum stehen und wäre lediglich besitzlos geworden.
Die Dereliktion einer unbeweglichen Sache kann gem. § 928 BGB durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt und Eintragung im Grundbuch erfolgen. In diesem Fall ist nur der Fiskus (konkret: das jeweilige Bundesland) berechtigt, aber nicht verpflichtet, sich das herrenlose Grundstück anzueignen. Erklärt das Land den Verzicht auf dieses Recht, kann jeder Dritte sich anschließend das Eigentum wiederum durch (gem. § 29 GBO formbedürftige) Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt aneignen. Die Aneignung wird durch Eintragung im Grundbuch wirksam. Gibt das Land keine Erklärung gegenüber dem zuständigen Grundbuchamt ab (was der Regelfall ist), bleibt das Grundstück herrenlos, aber das Aneignungsrecht zugunsten des Landes bleibt bestehen. Das Aneignungsrecht kann durch gesiegelte Erklärung (§ 29.3 GBO) der zuständigen Landesbehörde Dritten übertragen werden. Bei überschuldeten Grundstücken kann (und wird in der Praxis) das Land gegenüber dem Grundbuchamt den Verzicht auf das Aneignungsrecht erklären.[1]
Durch Dereliktion wird der ehemalige Eigentümer prinzipiell frei von allen Lasten, die an das Eigentum gebunden sind. Er ist jedoch im Rahmen seiner polizeirechtlichen Zustandsstörerhaftung weiter verantwortlich für Gefahren, die von diesem Grundstück ausgehen. Diese Zustandsstörerhaftung ist allerdings auf das zumutbare Maß begrenzt.[2] Eine Inanspruchnahme des ehemaligen Eigentümers eines Grundstücks kann auch dann unzumutbar sein, wenn eine Gefahrenlage erst nach Eigentumsaufgabe entsteht.[3] Weiterhin haftet er aufgrund § 4 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BBoSchG für die Kosten einer eventuell notwendigen Dekontamination. Dingliche Rechte am Grundstück (z. B. Grundschulden) bleiben auch durch eine Eigentumsaufgabe unberührt.[4]
Weblinks
Deutschland:
- Beitrag in der Mailingliste URECHT (Memento vom 29. Oktober 2005 im Internet Archive)
- Bernhard Möller: Dereliktion (Artikel in OpinioIuris)
- Rechtslexikon: Dereliktion, auf: rechtslexikon.net
Schweiz:
- Insolvenz- und Wirtschaftsrecht 2/2000 (PDF; 68 kB)
Einzelnachweise
- ↑ Kleine Anfrage der Abg. Hofmeyer (SPD) vom 11.08.2010 betreffend Unterhaltung und Sicherung landeseigener und "herrenloser" Grundstücke und Gebäude im Landkreis Kassel und Antwort des Ministers der Finanzen (PDF; 63 kB)
- ↑ Umwelt- und Planungsrecht, Heft 6/2010, S. 239
- ↑ OVG Münster NJW Heft 27/2010, S. 1988
- ↑ s. hierzu Ehlenz/Hell, Die Aufgabe des Eigentums an einem Grundstück aus Gläubigersicht, ZfIR 2010 S. 171
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