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Grundbuch
Das Grundbuch ist ein amtliches öffentliches Verzeichnis mit öffentlichem Glauben von Grundstücken, in dem die Eigentumsverhältnisse an diesen Grundstücken und die auf ihnen liegenden Lasten mit (in der Regel) konstitutiver Wirkung verzeichnet werden. Auch mit dem Eigentum verbundene Rechte können vermerkt werden.
Geschichte
Antike und Mittelalter
Die Aufzeichnung von Rechten an Grundstücken hat eine lange Tradition. Aus der Antike sind Steuerkataster geläufig. Im Mittelalter wurden Grundstückserwerbungen oder Übereignungen einer Grundherrschaft in so genannten Traditionscodices, Besitzungen in Urbaren aufgezeichnet. Ein berühmtes Urbar ist das 1086 geschaffene Domesday Book, das zu den ältesten heute überlieferten Verzeichnissen dieser Art gehört, in dem Wilhelm der Eroberer allen Grundbesitz seines Königreichs zusammenstellen ließ.
Neben den Urbaren als Verzeichnisse der Grundstücke einer Grundherrschaft, kann man insbesondere die im Hochmittelalter in den Städten entstandenen Stadtbücher als einen Vorläufer des heutigen Grundbuchs betrachten.[1] Diese Amtsbücher enthalten unterschiedlichste Rechtsakte (von städtischen Privilegien über städtische Satzungen bis zu Rechtsgeschäften zwischen Bürgern).
Rezeption des römischen Rechts
Die Rezeption des römischen Rechts hemmte die Entwicklung und Verbreitung von Eintragungen von Immobiliareigentum, da überall dort, wo das lokale Recht keine eindeutigen Regelungen enthielt, fortan das gemeine Recht galt, das zur Formlosigkeit der Grundstücksübereignung neigte.[2] Allerdings konnte insbesondere in einigen Städten, in denen das Stadtrecht bereits ausdifferenziert war, das römische Recht nicht Fuß fassen, so dass dort der deutschrechtliche Grundsatz der Auflassung mit nachfolgendem Bucheintrag – teilweise in Gestalt von Mischformen – erhalten blieb.[3]
Neuzeit
Spätestens seit den mit dem Dreißigjährigen Krieg verstärkten Unklarheiten in den Eigentumsverhältnissen über Grund und Boden wuchs das Bedürfnis nach Aufzeichnungen über das Eigentum von Grund und Boden. Der frühmoderne Staat befriedigte dieses Bedürfnis mit einem systematischen Amtsbuchwesen, das neben Grundstücksgeschäften (Verkäufen, Hypotheken) auch erbrechtliche Verfügungen sicherten (Inventarbücher, Testamtsbücher).[4]
Siehe auch: Urbar, Amtsbücherkunde
Deutschland
Entwicklung in Deutschland
In verschiedenen Teilen Deutschlands tauchten als Teil der Bücher der freiwilligen Gerichtsbarkeit Hypotheken- oder Pfandbücher auf, in die jedoch meist lediglich die Belastung mit Grundpfandrechten einzutragen war. Nicht immer war dabei die Eintragung auch notwendig, um das Recht zu begründen. Auch für Eigentumsübertragungen war noch nicht immer eine Eintragung erforderlich. Nur zum Teil wurde hier bereits nach dem Realfoliensystem gearbeitet (pro Grundstück also ein Grundbuchblatt), häufig wurde jedoch z. B. auch ein Blatt pro Eigentümer (sog. Personalfolium) angelegt oder nach anderen Systemen geordnet.
In Preußen war dabei der Erlass der Allgemeinen Hypotheken-Ordnung für die gesamten Königlichen Staaten in der Fassung von 1783 ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Grundbuchs: Hier wurde bereits eine Eintragung nach dem Realfoliensystem festgelegt, es wurden Eigentumsverhältnisse, Grundpfandrechten und die meisten dinglichen Belastungen niedergelegt, für die zur Eintragung eine Begründung bereits erforderlich war.
Auch in Bayern und Württemberg gab es in dieser Zeit ähnliche Entwicklungen. 1872 wurde die preußische Grundbuchordnung erlassen, die das Eintragungssystem schon weitgehend gemäß dem heutigen Grundbuch regelte.
Im März 1897 trat im Deutschen Reich die erste gesamtdeutsche Grundbuchordnung (GBO) in Kraft, die mit Änderungen noch heute gültig ist. Sie überließ jedoch noch viele Fragen der Regelung der einzelnen Länder. Erst 1935 erhielt die Grundbuchordnung eine einheitliche und der heutigen Fassung im Wesentlichen entsprechende Gestalt. Dabei wurde vor allem das preußische System, das dort seit 1872 galt, für Gesamtdeutschland übernommen.
Der Begriff des Grundbuchs wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in der Grundbuchordnung nicht einheitlich verwendet. Nach § 3 Abs. 1 GBO erhält jedes Grundstück im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen. Es gelten die Grundbuchprinzipien.
Grundbuchamt
Die Amtsgerichte sind auf Grundlage des Registerrechts als Grundbuchämter für die in ihrem Bezirk liegenden Grundstücke zuständig.
Als Ausnahme hiervon übernehmen bis zum 31. Dezember 2017 in Baden-Württemberg die Aufgabe der Grundbuchführung staatliche Grundbuchämter. Im badischen Rechtsgebiet befinden sich diese staatlichen Grundbuchämter bei den Gemeinden. Grundbuchbeamter ist der zuständige Badische Amtsnotar im Landesdienst (Richter-Notar) oder falls dem Notariat ein solcher zugewiesen ist, neben dem Notar ein Rechtspfleger. In neun größeren Gemeinden (Mannheim, Karlsruhe, Karlsruhe-Durlach, Heidelberg, Baden-Baden, Pforzheim, Konstanz, Lahr und Weinheim) befinden sich die staatlichen Grundbuchämter direkt bei den Notariaten. Im württembergischen Rechtsgebiet werden die Grundbücher von den Bezirksnotaren geführt. Zum 1. April 2012 hat das erste zentralisierte Grundbuchamt beim Amtsgericht Emmendingen seinen Dienst aufgenommen, am 1. Juli 2012 nahmen die zentralisierten Grundbuchämter bei den Amtsgerichten Achern, Tauberbischofsheim und Villingen-Schwenningen ihren Dienstbetrieb auf. Zum 1. Juli 2012 wurde bei diesen Grundbuchämtern auch der elektronische Rechtsverkehr eingeführt, das heißt nicht nur die Grundbücher selbst werden maschinell geführt, sondern auch die Grundakten werden dort elektronisch geführt.
Elektronisches Grundbuch
Ein elektronisch geführtes Grundbuch kann auch über das Internet eingesehen werden (§ 12 GBO findet hier Anwendung).
Automatisiertes Abrufverfahren nach § 133 GBO
Das „EDV-Grundbuch" ersetzt das herkömmliche Papier-Grundbuch (§ 133 GBO) und ermöglicht besonders Notaren und Kreditinstituten den (Online-)Zugriff darauf (Beschleunigung des Grundbuchverfahrens). Verträge können schneller beurkundet werden, bei Problemen während der notariellen Beurkundung, bei den Bankinstituten etc. sind jederzeit Rückfragen möglich (Einsicht in den aktuellen Grundbuchstand).
Dadurch wird die Abwicklung beispielsweise eines Kaufvertrages, der Finanzierung, der Auflassungsvormerkung bis zur endgültigen Grundbucheintragung und dem Baubeginn beschleunigt (im Rahmen der Grenzen, die die Grundbuchordnung setzt).
Rechtliche Voraussetzungen:
Offen ist das elektronische Grundbuch einerseits für Notare, Behörden, Gerichte, öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (Gruppe 1), anderseits Personen oder Stellen, die entweder vom Eigentümer zur Einsicht ermächtigt wurden oder an dem Grundstück dinglich berechtigt sind oder die Zwangsvollstreckung betreiben (Gruppe 2) und zur Einsicht ins Grundbuch gem. § 12, § 12a GBO und zur Anfertigung von Grundbuchblattabschriften berechtigt sind.
Alle anderen müssen ihr berechtigtes Interesse (belegtes Kaufinteresse/Vollmacht vom Verkäufer/Mieter) nachweisen. Besonderheiten gelten für die Presse: Über den ursprünglichen, dem allgemeinen Rechtsverkehr mit Grundstücken dienenden Regelungszweck hinaus – besteht im Hinblick auf die verfassungsrechtlich verbürgte Pressefreiheit, die journalistische Vorbereitungstätigkeit einschließt, auch ein schutzwürdiges Interesse der Presse daran, von den für ein bestimmtes Grundstück vorgenommenen Eintragungen Kenntnis zu erlangen, das nach § 12 Abs. 1 Satz 1 GBO für die Gestattung der Grundbucheinsicht erforderliche berechtigte Interesse zu begründen vermag.[5]
Elektronische Grundbücher der Länder und des Bundes
Gliederung des Registers
Das Grundbuch enthält neben der Aufschrift (Bezeichnung des als Grundbuchamt zuständigen Amtsgerichtes, Angabe von Band und Blatt) ein Bestandsverzeichnis (Register), in dem Lage und Größe des Grundstücks entsprechend der Bezeichnung im Kataster (nach Gemarkung, Flur und Flurstück) vermerkt sind. Ferner werden in dem Register grundstücksgleiche Rechte wie z. B. das Wohnungseigentum oder das Erbbaurecht verzeichnet. Auch Gemeinderechte (z. B. ein Weiderecht auf einer Gemeindewiese) werden hier eingetragen. Ist das im Bestandsverzeichnis vorgetragene Grundstück in Bezug auf eine Grunddienstbarkeit das „herrschende Grundstück“, also das begünstigte, kann dies ebenfalls im Bestandverzeichnis vermerkt werden (Aktivvermerk).
Dem Bestandsverzeichnis folgen drei Abteilungen.
Erste Abteilung
Die Erste Abteilung enthält die Eigentümer oder Erbbauberechtigten, ggf. unter Angabe der jeweiligen Anteile, des Gemeinschafts- oder Gesellschaftsverhältnisses (beispielsweise „in Erbengemeinschaft“ oder „als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes“), und die Grundlagen der Eintragung.
Zweite Abteilung
Die Zweite Abteilung verzeichnet alle Lasten und Beschränkungen, die nicht in der Dritten Abteilung einzutragen sind: Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Auflassungsvormerkungen (für die Zeit zwischen Abschluss eines Kaufvertrages und dessen endgültigem Vollzug) und Verfügungsbeschränkungen (Insolvenz- und Testamentsvollstreckervermerke, Vorkaufsrecht, Wohnrecht, Sanierungsvermerke, Nießbrauch, Reallast, Erbbaurecht usw.)
Dritte Abteilung
Die Dritte Abteilung enthält die Grundpfandrechte: Hypotheken (auch Zwangssicherungshypotheken, die beispielsweise die Finanzämter für Steuerschulden in einem verkürzten Verfahren eintragen lassen können), Grundschulden und (sehr selten) Rentenschulden.
Wenn im Text einer Grundbucheintragung auf Urkunden Bezug genommen wird, gehört auch die zugehörige Grundbuchakte, die Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften der im Grundbuch genannten Urkunden enthält (z. B. Grundschuldbestellungsurkunde), zum Grundbuchinhalt.
Änderungen im Grundbuch
Löschungen im Grundbuch bedeuten nicht, dass ein Eintrag entfernt wird, da jede Maßnahme, auch die erledigte, im Grundbuch lesbar bleiben muss. Die Löschung wird vielmehr als Vermerk bei dem entsprechenden Recht eingetragen und der Texteintrag des Rechtes wird (als "Lesehilfe", nicht aber für die Löschung konstitutiv) "gerötet", also entweder jede Zeile rot unterstrichen oder der ganze Textblock rot gestrichen. Durch die inzwischen in Deutschland vollständige Führung des Grundbuchs als elektronische Datei erscheinen in den Ausdrucken derselben die "Rötungen" schwarz. Sowohl für die Löschungs- wie auch ggf. erforderliche Veränderungsvermerke sind im Grundbuch besondere Spalten vorgesehen.
Eintragungen und sonstige Veränderungen im Grundbuch setzen grundsätzlich einen Antrag (z. B. § 3 Abs. 3 GBO) und die Bewilligung des voreingetragenen Betroffenen voraus; Ausnahmen von diesem Grundsatz finden sich in § 22, § 85 GBO.
Der Vollzug des Kaufs einer Immobilie, die Eigentumsübertragung (siehe Auflassung), bedarf der Eintragung im Grundbuch. Hierzu sind neben dem Antrag, der Bewilligung und der notariellen Urkunde, die die Auflassung bezeugt, zusätzlich eine Steuerunbedenklichkeitserklärung des Finanzamtes, eine Vorkaufsrechtsverzichtserklärung der Gemeinde sowie möglicherweise weitere Genehmigungen erforderlich.
Öffentlicher Glaube
Besondere Bedeutung für den Grundstückskauf hat der öffentliche Glaube des Grundbuchs gem. § 892 BGB. Danach wird die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs zu Gunsten des gutgläubigen Erwerbers fingiert. Geschützt ist allerdings nur der rechtsgeschäftliche Erwerb von Rechten durch Verkehrsgeschäft. Im Bestandsverzeichnis beschränkt sich der öffentliche Glaube auf die Informationen zu den Flurstücksbezeichnungen; die Angaben über Größe, Lage und Wirtschaftsart gehören nicht dazu. Diese Informationen werden dem amtlichen Verzeichnis, in der Regel dem Liegenschaftskataster, entnommen.
Fehlerhafte Eintragungen
Gegen unrichtige Eintragungen gibt es keinen Rechtsbehelf. Mit der Beschwerde kann nur die Eintragung eines Amtswiderspruches oder in Ausnahmefällen einer Amtslöschung erreicht werden. Ansonsten ist die Berichtigung nur mit dem Willen des Eingetragenen beziehungsweise durch Verpflichtungsklage gegen den Eingetragenen zu erreichen. Der dingliche Berichtigungsanspruch verjährt nicht (vgl. aber § 22 GBO).
Vormerkung und Widerspruch
Um eine Einräumung oder eine Aufhebung in Bezug auf Grundstücke abzusichern, kann eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden (§ 883 Abs. 1 S. 1 BGB). So kann beispielsweise der Eigentumsverschaffungsanspruch eines Käufers schon vor der tatsächlichen Eigentumsumschreibung durch die Eintragung einer Eigentumsvormerkung (Auflassungsvormerkung) abgesichert werden. Verfügungen, die nach der Eintragung der Vormerkung über das betroffene Grundstück oder Recht getroffen werden sind dem Berechtigten gegenüber insoweit unwirksam, als sie dessen Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würden („relative Unwirksamkeit“). Die Vormerkung ist zu dem durch sie gesicherten Anspruch akzessorisch.
Sollte das Grundbuch nicht allen Gegebenheiten entsprechen, also keine volle Richtigkeit besitzen, muss ein Berechtigter unverzüglich einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuches eintragen lassen (§ 899 Abs. 1 BGB). Der Widerspruch ist ebenfalls ein vorläufiger Eintrag, soll im Gegensatz zur Vormerkung jedoch ein bestehendes dingliches Recht sichern.
Einsichtsrecht
Im Vergleich zum Vereins- und Handelsregister wird in Deutschland die Öffentlichkeit des Grundbuchs (welches ebenfalls ein Register ist) von § 12 GBO eingeschränkt. Das Recht zur Einsichtnahme in das Grundbuch hat nur derjenige, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ohne ein besonderes Interesse ist berechtigt das Grundbuch einzusehen:
- der dinglich Berechtigte (z. B. Eigentümer, Hypothekengläubiger), soweit Gegenstand der Einsicht das betreffende Grundstück ist;
- jeder der eine für den Einzelfall erteilte Zustimmung des eingetragenen Eigentümers hat;
- Behörden gemäß Art. 35 GG, Notare sowie Rechtsanwälte, die im Auftrag von Notaren handeln;
- öffentlich bestellte Vermessungsingenieure.
Bloßes Kaufinteresse an Grundstücken allein genügt nicht als berechtigtes Interesse.
Österreich
Mit der Anlegung eines allgemeinen, umfassenden Häuserverzeichnisses wurde in Österreich unter Maria Theresia im Jahr 1770 begonnen. Davor gibt es Urbare, Gült- und Lagerbücher, oder auch lokale Ausdrücke wie das burgenländische Hotterbüchl. Die Arbeiten führten zu den Nummerierungsabschnitten und einem System von Konskriptionsnummern, sie waren Grundlage weiterer detaillierterer Erhebungen und Vermessungen, die zum Grundsteuerkataster und zur Schaffung der Katastralgemeinden führten. Seitdem haben sich Grenzen der Katastralgemeinden kaum verändert, die Konskriptionsnummern wurden jedoch mehrfach angepasst. Die Katastralgemeinden orientieren sich nicht an den Besitzständen der Grundherrschaften, sondern an den Grenzen der örtlich zusammengehörigen Ortschaften und Pfarren. Die Besitzstände der Grundherrschaften, deren Grundstücke weit auseinander liegen konnte, waren dafür nicht geeignet.
Als Rechtsquelle für den Beginn der Entwicklung gilt der „tractatus de iuribus incorporalibus“[6] aus 1679. Dieser Text ist seinerseits auf Vorarbeiten von Wolfgang Püdler für einen Landtafelentwurf aus dem Jahr 1573 zurückzuführen.[7] Weiterer Vorläufer ist das Grundbuchspatent vom 1. September 1765, Codex Austriacus (CA) VI, 748,[8] danach Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), Vorarbeiten für ein Grundbuchsrecht im Vormärz[9] und das Allgemeine Grundbuchsgesetz,[10] die Instruktion zum Vollzuge des allgemeinen Grundbuchsgesetzes,[11] und eine Reihe von Durchführungsgesetzen für einzelne Kronländer.[12] Später folgte das Allgemeine Grundbuchsgesetz (GBG) von 1955, daneben gibt es das Grundbuchumstellungsgesetz (GUG), das die Umstellung des bis 1980 händisch geführten Grundbuchs auf EDV regelt (die Umstellung war 1992 abgeschlossen), das Liegenschaftsteilungsgesetz (LiegTG) u. a.
In Österreich wird das Grundbuch von den Bezirksgerichten verwaltet. In der Regel sind Rechtspfleger für die Führung des Grundbuchs beziehungsweise für die Durchführung der dazu erforderlichen gerichtlichen Beschlüsse (Einverleibungen) zuständig.
Hauptbuch
Für jede Katastralgemeinde gibt es ein Hauptbuch genanntes öffentliches Verzeichnis, in dem für alle Liegenschaften (Grundbuchseinlagen, mehrere Grundstücke derselben Eigentümer sind in der Regel zu einer solchen Grundbuchseinlage zusammengefasst) enthalten ist:
- Gutsbestandsblatt (A-Blatt), das seinerseits wieder aus zwei Abschnitten (A1- und A2-Blatt) besteht:
- Im A1-Blatt werden jene Grundstücke mit ihren Nummern, ihren Flächen und Benützungsarten (etwa LN [=landwirtschaftliche Nutzfläche] oder Baufläche) eingetragen, die dem/den im B-Blatt eingetragenen Eigentümer(n) gehören. (Flächen und Benützungsarten sind allerdings hier nicht verbindlich; diese Angaben stammen aus dem – mit dem Grundbuch vernetzten – Kataster.)
- Aus dem A2-Blatt ist – neben anderen Eintragungen – hauptsächlich ersichtlich, welche Rechte mit den eingetragenen Grundstücken verbunden sind. Das können z. B. Dienstbarkeiten (Servitute) sein, die einzelne oder alle Grundstücke dieser Grundbuchseinlage zu Lasten anderer (fremder) Grundstücke haben.
- Eigentumsblatt (B-Blatt): Hier sind die Eigentümer ersichtlich, ebenso die Anteile (ausgedrückt in Bruchzahlen), falls Miteigentum besteht. Allfällige Rangordnungen werden hier angemerkt, eventuelle Veräußerungsverbote (die im C-Blatt eingetragen sind) hier zur zusätzlichen Orientierung ersichtlich gemacht.
- Lastenblatt (C-Blatt): Hier sind hauptsächlich eingetragen:
- Servitute (Dienstbarkeiten) zu Lasten von Grundstücken, die in dieser Einlage eingetragen sind, einschließlich der
- jeweils berechtigten Grundstücke in anderen Einlagen oder
- Leitungsunternehmen (z. B. Strom, Gas, Wasser)
- Pfandrechte für Schulden, die grundbücherlich gesichert, also verbüchert sind
- Reallasten wie Ausgedingsrechte, Belastungs- und Veräußerungsverbote, Vor- oder Wiederkaufsrechte
- Servitute (Dienstbarkeiten) zu Lasten von Grundstücken, die in dieser Einlage eingetragen sind, einschließlich der
Die Grundbuchseinlagen erhielten im Zug der Neuanlegung der Grundbücher neu erstellte laufende Nummern, die im Regelfall mit den bis dahin verwendeten Nummern von Konskriptionszahlen, Grundbesitzbögen, Katasteraufzeichnungen usw. nichts mehr zu tun hatten. Obwohl es sich um ein (weiteres) Nummernsystem für Verwaltungszwecke in Österreich handelte und davor in solchen Zusammenhängen der Begriff Konskriptionsnummer üblich war, wurden diese Nummern nicht mehr als Konskriptionsnummern, sondern als Einlagezahlen bezeichnet. Selbst dann, wenn bisherige Grundbesitzbögen für die Erstellung der Grundbuchseinlagen beibehalten wurden (was gesetzlich zulässig war), waren die Nummern der Besitzbögen durchzustreichen.[13] Nicht mehr aktuelle Eintragungen befinden sich im Verzeichnis der gelöschten Eintragungen.
Urkundensammlung
Die Urkunden, welche die Grundlage für die Eintragungen bildeten, werden in der Urkundensammlung aufbewahrt. Die Urkundensammlung wurde schrittweise seit 2005 auf das elektronische Urkundenarchiv umgestellt.[14] Mittlerweile sind alle Urkunden im elektronischen Archiv gespeichert und können online abgefragt werden. Zu große Urkunden (z. B. Skizzen, Pläne, usw.) wurden oft nicht eingescannt und wird stattdessen ein Verweisungsblatt online abgelegt, deren Abrufung keine Kosten verursacht. Um diese Urkunden einzusehen muss weiterhin das zuständige Bezirksgericht aufgesucht werden.
Seit einiger Zeit können die Urkunden wahlweise mit oder ohne Amtssignatur abgerufen werden. Signaturfähig sind jedoch nur Dateien im pdf-Format bis zu einer Dateigröße von höchstens 1 MB.
Sondergrundbücher
Außerdem gibt es noch das Eisenbahnbuch als Sondergrundbuch.
Folgende ehemalige Sondergrundbücher wurden inzwischen aufgelassen:
- Landtafel für ehemalige adelige Güter Die Landtafel wurde nach § 24 Grundbuchumstellungsgesetz (GUG), BGBl. Nr. 550/1980, nach deren Erfassung mittels EDV in das allgemeine Grundbuch übergeführt. Mit Umstellung des gesamten österreichischen Grundbuches wurde die Landtafel somit aufgelassen.
- Das Bergbuch besteht zwar heute noch, jedoch sind Liegenschaften nach dem Berggesetz 1975 (BGBl. Nr. 259/1975) nicht mehr Gegenstand der Eintragung in das Bergbuch. In das Bergbuch werden nur mehr Bergwerksberechtigungen eingetragen (gem. §§ 40 bis 43 Mineralrohstoffgesetz BGBl. I Nr. 38/1999, idF BGBl. I Nr. 84/2006 [Stand 14. Oktober 2006]), ähnlich wie von jeher in das Wasserbuch.
Alle Grundstücke in Österreich (mit Ausnahme des öffentlichen Gutes – siehe unten) sind somit inzwischen entweder im Grundbuch oder im Eisenbahnbuch eingetragen. In einigen Bundesländern (z. B. Steiermark) wurde das öffentliche Gut nicht eingebüchert und ist somit nicht im Grundbuch zu finden. Es werden jedoch diese Grundstücke in so genannten Hilfsverzeichnissen geführt. Diese wurden auch in die ADV eingegeben (EZ 50000 etc.). Da das Eisenbahnbuch und auch die Hilfsverzeichnisse mit der Grundstücksdatenbank (= Grundbuch und Kataster in einer gemeinsamen Datenbank) verknüpft sind, können alle Grundstücke und deren Eigentümer über die EDV-Grundstücksdatenbank ermittelt werden.
Grundbuchführung
Das Hauptbuch des österreichischen Grundbuches (einschließlich der Urkundensammlung) wird flächendeckend in digitaler Form (sog. „ADV-Grundbuch“) geführt.
Seit 1. Juli 1999 sind (kostenpflichtige) Abfragen auch über das Internet möglich. Für die Abwicklung dieser Abfragen war bis 2009 das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen zuständig, seitdem ist die Kompetenz auf das Bundesministerium für Justiz übergegangen.
Eine Abschrift oder ein Ausdruck, der eine bestimmte Liegenschaft betrifft, wird als Grundbuchsauszug bezeichnet. Das Grundbuch ist ein öffentliches Buch: jedermann kann in das Grundbuch Einsicht nehmen und sich Auszüge, auch von fremden Grundstücken, erstellen lassen. Der Nachweis eines besonderen (rechtlichen) Interesses (wie in Deutschland) ist nicht notwendig.
Bücherlicher Vertrauensgrundsatz
Jedermann darf darauf vertrauen, dass die Eintragungen im Grundbuch richtig und vollständig sind (materielles Publizitätsprinzip: Was im Grundbuch eingetragen ist, gilt. Was nicht im Grundbuch eingetragen ist, gilt nicht). Es gibt allerdings Ausnahmen von diesem Grundsatz, wie bei Offensichtlichkeit, aber auch im Rahmen von agrarrechtlichen Vorschriften, so z. B. nach § 51 des Agrargemeinschaftengesetzes der Steiermark (ähnlich in anderen österreichischen Ländern): Eine Rechtslage, die durch Bescheide der Agrarbehörde oder entsprechende Erklärungen der Parteien geschaffene wurde, ist auch für Rechtsnachfolger bindend. Auf diese Situation wird im Grundbuch durch Anmerkungen hingewiesen, es erfolgen auch Kundmachungen über solche Verfahren in speziellen Verlautbarungsblättern (Grazer Zeitung etc.[15])
Bücherliche Rechte können (mit geringen Ausnahmen, z. B. Ersitzungen) nur erworben, übertragen, beschränkt oder aufgehoben werden, wenn dies im Grundbuch eingetragen wird (Eintragungsgrundsatz, Intabulationsprinzip).
Sollten Rechte an einem Grundstück in Abweichung vom Grundbuchsstand erworben worden oder verlustig gegangen sein, ist das Grundbuch von Amts wegen oder auf Antrag zu korrigieren. Prinzipiell wird das Vertrauen des gutgläubigen entgeltlichen Erwerbers auf die Richtigkeit des Grundbuchstandes geschützt (§ 1500 ABGB). Die Judikatur stellt aber relativ strenge Anforderungen an diese Gutgläubigkeit, etwa bei „offensichtlichen“ Landservituten, Unstimmigkeiten zwischen Grundbuch und Urkundensammlung u. ä.
Schweiz
In der Schweiz ist die Führung der Grundbücher und der Betrieb der Grundbuchämter Aufgabe der Kantone, die Oberaufsicht hat der Bund.[16]
Jeder Kanton führt ein eigenes Grundbuch, bestehend aus Tagebuch, Hauptbuch, Grundstückplänen, Belegen und den Hilfsregistern. Im Tagebuch werden die Grundbuchanmeldungen, also geplante Änderungen, nach der Reihenfolge ihres Eingangs eingeschrieben. Das Hauptbuch ist die Gesamtheit aller Grundbuchblätter. Jedes Grundbuchblatt enthält chronologisch alle Daten über Kauf und Verkauf des Grundstückes und der darauf stehenden Gebäude, sowie alle damit verbundenen Rechte und Pflichten. Die Grundstückspläne zeigen die genauen Geoinformationen und stammen aus amtlicher Vermessung. Die Belege betreffen Kaufverträge, Dienstbarkeitsverträge, und andere. Das Hilfsregister besteht aus dem Gläubigerregister und dem Eigentümerregister; darüber können die Grundbuchblätter den Gläubigern und den Eigentümern zugeordnet werden.
Literatur und Quellen
Deutschland
- Clemens Stewing: Geschichte des Grundbuchs. In: Rpfleger (Der Deutsche Rechtspfleger) 1989, S. 445–447
- Zur Geschichte und zum internationalen Vergleich: Walter Böhringer. In: Georg Meikel, Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, ISBN 3-472-04533-7, S. 1 ff.
- Josef Rieder, Stefan Rieder: Vormerkung und Widerspruch im Grundstücksverkehr. Deutscher Sparkassen Verlag, Stuttgart 52005, ISBN 3-09-305337-4
- Demharter, Johann, Grundbuchordnung. GBO-Kommentar mit dem Text der Grundbuchverfügung und weiterer Vorschriften, 28. Aufl., C.H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62409-4 (nur als Beispiel für eine Reihe von Kommentaren zur GBO)
- Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., C.H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-61301-2
- Wilsch, Harald, Die Grundbuchordnung für Anfänger, 1. Aufl., C.H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-60446-1
- Böttcher, Roland: Die Entwicklung des Grundbuch- und Grundstücksrechts bis Juni 2012 (im Anschluss an den Vorgängeraufsatz „… im Jahr 2011“, NJW 12/2012, S. 822), NJW 38/2012, S. 2769
Österreich
- Bundesgesetz vom 2. Feber 1955 über die Grundbücher (Allgemeines Grundbuchsgesetz 1955 – GBG 1955), österreichisches BGBl. Nr. 39/1955, zuletzt geändert ab 1. Mai 2012 durch die Grundbuchs-Novelle 2012 – GB-Nov 2012, BGBl. I Nr. 30/2012, verfügbar im RIS, Abkürzung der Rechtsvorschrift GBG (Achtung auf den Aktualitätsstand der Einarbeitung).
- Erich Feil, Karl-Heinz Marent, Gerhard Preisl: Grundbuchsrecht. Linde Verlag Wien 2005, ISBN 978-3-7073-1304-8
- Georg E. Kodek (Hrsg.): Kommentar zum Grundbuchsrecht. Verlag Manz, Wien 2009, ISBN 978-3-214-00444-6 (auch als Online-Kommentar verfügbar)
- Herbert Hofmeister: Die Grundzüge des Liegenschaftserwerbes in der österreichischen Privatrechtsentwicklung seit dem 18. Jahrhundert. Verlag Manz, Wien 1977, ISBN 3-214-06244-1
Schweiz
- Schweizerische Verordnung vom 22. Februar 1910 betreffend das Grundbuch (GBV)
- Daniel Steudler: Die Evaluation des nationalen Landadministrationssystems der Schweiz. In: INFO V+D 3/2004, Eidgenössische Vermessungsdirektion, S. 14ff, cadastre.ch (PDF; 117 kB)
Weblinks
- Justizportal des Bundes und der Länder zum Elektronischen Grundbuch
- Grundlegende Informationen des österreichischen Bundesministeriums für Justiz
- Übersicht der behördlich ermächtigten Abfragestellen in Österreich
- Offizieller Amtshelfer für Österreich
- Eine Anleitung zur Eintragung ins österreichische Grundbuch
Einzelnachweise
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel, Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A19., Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 1061
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel, Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A23.
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel, Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A24.
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel, Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A26; Karl Shippel: Die Währschafts- und Hypothekenbücher Kurhessens. Zugleich ein Beitrag zur Rechtsgeschichte des Katasters. Marburg 1914. Reinhard Heydenreuter: Gerichts- und Amtsprotokolle in Altbayern. Zur Entwicklung des gerichts- und grundherrlichen Amtswesens. In: Mitteilungen für die Archivpflege in Oberbayern 25/26 (1979/80), S. 11–46.
- ↑ Bundesgerichtshof: Beschluss vom 17. August 2011 – V ZB 47/11
- ↑ Wilhelm Brauneder: Grundbuch und Miteigentum im „Tractatus de Iuribus Incorporalibus“ Savigny-Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung ISSN 0323-4045, Band 94. Böhlau, 1977, S. 218–227. Digitale Version 2012
- ↑ Rudolf Palme: Der „Tractatus de juribus incorporalibus“ von 1679 als Vorläufer des österreichischen Grundbuchrechtes. In: Werner Ogris, Walter Rechberger (Hrsg.): Gedächtnisschrift Herbert Hofmeister. Verlag Manz, Wien 1996, ISBN 3-214-06131-3, S. 535–548, hier S. 536.
- ↑ zitiert nach: Alfred Waldstätten: Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte. Ein Handbuch. Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, Publikationsreihe des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, Band 54. StudienVerlag, Wien 2011, ISBN 978-3-7065-4956-1, S. 33.
- ↑ Rudolf Palme: Der „Tractatus de juribus incorporalibus“ von 1679 als Vorläufer des österreichischen Grundbuchrechtes. In: Werner Ogris, Walter Rechberger (Hrsg.): Gedächtnisschrift Herbert Hofmeister. Verlag Manz, Wien 1996, ISBN 3-214-06131-3, S. 535–548, hier S. 543.
- ↑ Österreichisches Reichsgesetzblatt Nr. 95/1871, Gesetz vom 25. Juli 1871, Seiten 241–264
- ↑ Verordnung des Justizministeriums vom 12. Jänner 1872, Reichsgesetzblatt Nr. 5/1872, Seiten 11–22.
- ↑ Gesammelt z. B. bei A. Pitreich: Das allgemeine Grundbuchsgesetz samt der Instruktion zu demselben, die Vorschriften über Eisenbahnbücher, Bergbücher und Naphtabücher, die Gesetze über die Anlegung neuer Grundbücher nebst allen übrigen einschlägigen Gesetzen und Verordnungen und den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes. Wien, mehrere Auflagen, Verlag der Manzschen k. u. k. Hof-Verlags- und Universitäts-Buchhandlung.
- ↑ Verordnung des Justizministeriums vom 8. Februar 1875, LGBl. Nr. 13, für das Königreich Böhmen. Seite 28 §§ 43–45. Zum Gesetz vom 5. Dezember 1874, LGBl. Nr. 92.
- ↑ Umstellung der Urkundensammlung der Grundbuchgerichte
- ↑ Verordnung der Agrarbezirksbehörde für Steiermark vom 26. Juni 2013, 2 K 6/42-2013: Grazer Zeitung, Amtsblatt für die Steiermark. 26.Stück, ausgegeben 28. Juni 2013. 209. Jahrgang 2013. ZDB-ID 1291268-2. S. 402.
- ↑ Information über Grundbuchverwaltung (Verband der Grundbuchverwalter)
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