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Österreichischer Bürgerkrieg

Aus Jewiki
(Weitergeleitet von Februarkämpfe 1934)
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Soldaten des Bundesheeres vor der Staatsoper in Wien

Mit Österreichischer Bürgerkrieg, [1] Februarkämpfe 1934 oder Februaraufstand 1934 werden bewaffnete Kämpfe benannt, die sich vom 12. bis zum 15. Februar 1934 ereigneten und zu mehreren Hundert Toten in österreichischen Industrieorten führten.

Gegenüber standen sich in diesen Auseinandersetzungen:

Auslöser für diese Ereignisse war der gewaltsame Widerstand des oberösterreichischen Schutzbundführers Richard Bernaschek und seiner Mitkämpfer gegen die Räumung des Waffenlagers des verbotenen Schutzbundes im Linzer Hotel Schiff.

Vorgeschichte

Am 12. November 1918 beschloss die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich, dass der seit 30. Oktober 1918 bestehende neue Staat eine Republik und dass er Teil der deutschen Republik sei. Auf der Rampe des Parlamentsgebäudes an der Wiener Ringstraße fand hierauf die Ausrufung der Republik statt. Erster Staatskanzler war der Sozialdemokrat Dr. Karl Renner.

In weiten Teilen der Bevölkerung wie auch unter den neuen politischen Eliten der meisten Parteien mit Ausnahme der Monarchisten und der Kommunisten war die Ansicht vorherrschend, Deutschösterreich sei als Teil der deutschen Nation anzusehen. Quer durch die politischen Lager wurde die Auffassung vertreten, dass dieser „Rest-“ bzw. „Rumpfstaat“ – beraubt der ungarischen Agrar- und der böhmischen Industriegebiete – allein nicht lebensfähig sein könne. Der noch im Frühjahr 1919 angestrebte Anschluss an das Deutsche Reich wurde aber von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs verhindert.[3] Sie hielten im September 1919 im (von den Deutschösterreichern als Diktat verstandenen) Vertrag von St. Germain fest, dass Österreich (der Name Deutschösterreich wurde ignoriert) unabhängig zu bleiben habe. Am 21. Oktober 1919, mit der Ratifizierung des Vertrages durch die Konstituierende Nationalversammlung, wurde daher der Staatsname „Republik Österreich“ eingeführt.

Die Wirtschaft des jungen Staates lag nach der zweijährigen inflationsbedingten Nachkriegskonjunktur darnieder. Die Hyperinflation („galoppierende Inflation“) konnte erst Anfang 1924 mit Hilfe einer Völkerbundanleihe beendet werden. Für 10.000 Kronen bekam man 1914 noch einen Häuserblock, wogegen man im Dezember 1922 dafür nur noch einen Laib Brot erhielt. Erst mit der Einführung der Schillingwährung 1925 begann ein zaghafter wirtschaftlicher Aufschwung, der jedoch lediglich ein Zwischenhoch darstellte und mit der Weltwirtschaftskrise 1929 ein jähes Ende fand. Zur latenten Strukturkrise war die große Konjunkturkrise gekommen. 1933 war etwa ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung ohne Arbeit.

Mit den Unruhen der unmittelbaren Nachkriegszeit und den wirtschaftlichen Problemen ging eine immer schärfere politische Polarisierung einher (siehe z. B. Linzer Programm der Sozialdemokraten): Hauptgegner waren einerseits die mit geringem Mandatsvorsprung regierende Christlichsoziale Partei und die vor allem in Wien starken Sozialdemokraten. Als dritte Strömung artikulierten sich die Deutschnationalen, die auch als Koalitionspartner der Christlichsozialen fungierten; sie strebten nach wie vor die Vereinigung Österreichs mit dem „Reich“ an und hatten vor allem außerhalb Wiens (etwa in der Steiermark oder in Salzburg) eine große Anhängerschaft.

Darüber hinaus spielten paramilitärische Einheiten wie die Heimwehr auf der rechten Seite des politischen Spektrums (ohne klare Parteibindung) und der Republikanische Schutzbund der Sozialdemokratischen Partei auf der linken Seite eine verhängnisvolle Rolle. Die Heimwehren verstanden sich als Schutzverbände gegen behaupteten Linksextremismus und nicht als Wächter der Demokratie. Der Schutzbund sah sich hingegen als Wächter der Republik, musste sich aber den Begriff „Diktatur des Proletariats“ im sozialdemokratischen Parteiprogramm vorhalten lassen. Paramilitärisch organisiert waren auch Verbände der in den zwanziger Jahren noch unbedeutenden NSDAP (SA und SS) sowie andere Gruppierungen.

Die politischen Gegensätze in Österreich waren groß und eskalierten schließlich 1927: In Schattendorf (Burgenland) wurden bei einem Schutzbundaufmarsch zwei Personen von Mitgliedern einer kaisertreuen Frontkämpfervereinigung erschossen, darunter ein Kind. Im Schattendorfer Urteil wurden die mutmaßlichen Täter aber von einem Geschworenengericht freigesprochen. Die am 15. Juli 1927, dem Tag nach dem Freispruch, folgenden Demonstrationen einer empörten Menge konnte die Sozialdemokratische Parteiführung nicht mehr kontrollieren. Der Justizpalast neben dem Parlament wurde in der so genannten Julirevolte von Demonstranten gestürmt und in Brand gesetzt. Nachdem auch Polizeiwachzimmer gestürmt worden waren, bekam die Polizei von ihrem Präsidenten Johann Schober den Befehl, die Demonstration mit Waffengewalt aufzulösen, und schoss dabei auch auf Flüchtende bzw. Unbeteiligte.

Die Bilanz: 89 Tote (davon vier Polizisten), 1057 Verwundete, fast 1000 Neubeitritte zu den rechtsgerichteten Heimwehren unter ihrem Führer Ernst Rüdiger Starhemberg und – wegen der unnachgiebigen Haltung des christlichsozialen Bundeskanzlers Prälat Dr. Ignaz Seipel, der jede Kritik am überschießenden Polizeieinsatz zurückwies – bis Jahresende 28.000 Kirchenaustritte. Die endgültige Polarisierung war vollzogen. Durch diese Ereignisse wurde die Sozialdemokratie entscheidend geschwächt.

Anfang der 1930er Jahre begannen sich in einer Reihe von Staaten Europas faschistische Bewegungen durchzusetzen. Auch Österreich blieb von dieser Entwicklung nicht verschont. Vor allem die Heimwehr vertrat faschistische Ideen nach dem Vorbild Italiens. Mussolini wurde auch von der in Westeuropa isolierten Regierung als wichtigste Unterstützung gesehen.

Ausschaltung des Nationalrats und Errichtung der Diktatur

Im März 1933 schaltete der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß das Parlament aus. Eine patt ausgehende Abstimmung über die Eisenbahnergehälter und taktisch bedingte Rücktritte der drei Parlamentspräsidenten nutzte Dollfuß, um das Parlament als handlungsunfähig zu erklären und von der Selbstausschaltung des Nationalrats zu sprechen. Versuche, die Geschäftsordnungskrise des Parlaments verfassungsmäßig zu beheben, wurden weder von Bundespräsident Wilhelm Miklas noch von der Bundesregierung unternommen.

Im März 1933 streikten die österreichischen Eisenbahner, da ihre Gehälter in drei Etappen ausbezahlt werden sollten. Am 4. März sollte im Parlament über die Vorgangsweise gegen die Streikenden abgestimmt werden. Da jedoch alle drei Nationalratspräsidenten zurücktraten, um mit ihren Fraktionen zu stimmen, war das Parlament nicht mehr beschlussfähig, da die Sitzung nicht ordnungsgemäß weitergeführt und geschlossen werden konnte.

Das Notverordnungsrecht der Bundesregierung war einst durch das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz aus dem Jahre 1917 etabliert und in der Nachkriegszeit nur unzureichend an die republikanische Verfassung angepasst worden. Dieses Recht wurde benutzt, um ohne Volksvertretung regieren zu können. Das versuchte neuerliche Zusammentreten des Nationalrats am 15. März 1933 (der dritte Präsident, ein Großdeutscher, hatte seinen Rücktritt widerrufen) wurde mit Polizeigewalt unterbunden.

Außerdem wurde der Verfassungsgerichtshof durch den Rücktritt seiner christlichsozialen Mitglieder lahmgelegt, da weder Bundespräsident noch Bundeskanzler für die Berufung neuer Richter sorgten. Der Weg in einen autoritären Ständestaat nach dem Vorbild des faschistischen Italien war damit beschritten. Nach bewaffneten Auseinandersetzungen wurde am 26. Mai 1933 die Kommunistische Partei Österreichs aufgelöst; Sprengstoffanschläge führten am 19. Juni 1933 zum Verbot der NSDAP und des Steirischen Heimatschutzes.

Dollfuß gründete am 20. Mai 1933 die Vaterländische Front als Sammelbecken aller sogenannt vaterländisch und christlich denkenden Österreicher. Am 26. Mai 1933 wurde die „1. Assistenzkörperverordnung“ erlassen, mit der als Hilfstruppe für die Exekutive das sogenannte Schutzkorps gebildet wurde. Am 30. Mai 1933 wurde auch der Republikanische Schutzbund der Sozialdemokraten verboten und agierte von da an – ebenso wie NSDAP und KPÖ – im Untergrund.

Nach dem Verbot der Kommunistischen Partei und deren Vorfeldorganisationen machten sich Dollfuß, seine Vaterländische Front und die Heimwehren an die Zerschlagung der letzten übrig gebliebenen Strukturen der sozialdemokratisch und marxistisch orientierten Arbeiterbewegung. Am 21. Jänner 1934 wurde der Verkauf der sozialdemokratischen „Arbeiterzeitung“ verboten. Drei Tage später erging der Befehl zur Durchsuchung von Parteigebäuden und Wohnungen nach Waffen des Schutzbundes. Die Spitzen der österreichischen Sozialdemokratie hatten gegen die schrittweise Entmachtung und Wehrlosmachung ihrer Bewegung kein Rezept.

Aufstand oder Bürgerkrieg

Soldaten des Bundesheeres vor der Staatsoper
Gedenktafel am Schlingerhof in Floridsdorf

Als jedoch in den Morgenstunden des 12. Februars 1934 die Polizei im Linzer Parteiheim der Sozialdemokraten, dem Hotel Schiff, nach Waffen suchen wollte, um die (von Dollfuß befohlene) Entwaffnung der Sozialdemokraten fortzusetzen, widersetzten sich die Schutzbündler unter dem lokalen Schutzbundkommandanten Richard Bernaschek. Vor dem Parteiheim eröffneten Schutzbündler das Feuer. Ein in der Nacht vom 11. zum 12. Februar 1934 an Bernaschek geschicktes, verschlüsseltes Telegramm der sozialdemokratischen Parteispitze, das ihn dringend vor einer Aktion warnte und ihn anwies, die Entscheidungen der Parteileitung abzuwarten, wurde von den Behörden abgefangen und erreichte seinen Empfänger nicht.

„Das Befinden des Onkel Otto und der Tante wird sich erst morgen entscheiden. Ärzte raten abwarten, vorerst noch nichts unternehmen. Tantes Zustand fast hoffnungslos. Verschiebe deshalb Operation bis nach Ärztekonsilium am Montag.“

Gedenkstein für Hans Preiner, ein Opfer des Februaraufstandes

Der Widerstand gegen die Entwaffnung in Linz sprach sich sehr schnell herum: Der Aufstand griff auf größere Teile des Landes über. Vor allem in Wien und anderen Industriestädten (Steyr, St. Pölten, Weiz, Eggenberg bei Graz, Kapfenberg, Bruck an der Mur (auch Obersteiermark), Ebensee, Wörgl) wurde einige Tage lang heftig gekämpft. Zentren des Aufstands in Wien waren Arbeiterheime und Gemeindebauten (19., Karl-Marx-Hof, 2., heute 22., Goethehof [in Kaisermühlen], 16., Sandleitenhof, 5., Reumannhof und 21., Schlingerhof). Die Regierung setzte das Bundesheer ein, das auch Kanonen verwendete.

In weiten Teilen des Landes (Niederösterreich, Kärnten, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Burgenland) herrschte dagegen vollständige Ruhe; führende Sozialdemokraten in Kärnten und Vorarlberg distanzierten sich von vornherein von dem Aufstandsversuch. Der Bürgermeister von Klagenfurt sowie der stellvertretende Landeshauptmann von Kärnten erklärten ihren Austritt aus der Sozialdemokratischen Partei.

Es wäre also falsch, ein Bild zu zeichnen, nach dem ganz Österreich, oder auch nur die Bundeshauptstadt Wien, sich in völliger Aufruhr befunden hätte. In den Tageszeitungen der damaligen Tage finden sich nur kleinere Berichte über diese Revolte. Charakteristisch mag auch ein Bericht von Stefan Zweig sein, der als Zeitzeuge und als der Sozialdemokratie zugeneigter Beobachter Folgendes zu Papier bringt:

„Wer sich vorgesetzt hat, ein möglichst ehrliches und anschauliches Bild seiner Zeit zu geben, muß auch den Mut haben, romantische Vorstellungen zu enttäuschen … So sonderbar es scheinen mag: ich war an diesen historischen Februartagen 1934 in Wien und habe nichts gesehen von den entscheidenden Ereignisse, die sich in Wien abspielten und nichts, auch nicht das mindeste davon gewußt, während sie geschahen. Es wurde mit Kanonen geschossen, es wurden Häuser besetzt, es wurden Hunderte von Leichen davongetragen – ich habe nicht eine einzige gesehen. … Alles ging im innern Kreise der Stadt ebenso ruhig und regelmäßig weiter wie sonst, während in den Vorstädten der Kampf wütete, und wir glaubten töricht den offiziellen Mitteilungen, dass alles schon beigelegt und erledigt sei.“

Stefan Zweig[4]

Polizei, Bundesheer und die sie unterstützenden Heimwehrabteilungen konnten schließlich den schlecht vernetzten, verzweifelt kämpfenden Schutzbund relativ leicht besiegen. Der wohl wichtigste Grund dafür war die Nichtbefolgung des Aufrufs zum Generalstreik; ebenso blieb die erhoffte Solidarisierung der Exekutive mit den Aufständischen aus – Bundesheer, Polizei und Gendarmerie verhielten sich loyal zum diktatorischen Staat. Darüber hinaus wirkten sich das Ungleichgewicht der Kräfte sowie der Artillerieeinsatz des österreichischen Bundesheeres entscheidend aus.

Der Bürgerkrieg bzw. Februaraufstand kostete die Schutzbündler fast 200 Tote und mehr als 300 Verwundete, die Exekutive 128 Tote und 409 Verwundete. Insgesamt forderten die Kämpfe mehr als 1600 Tote und Verletzte, darunter Polizisten, Schutzbund und Zivilbevölkerung; vor allem der Heimwehrführer und Innenminister Emil Fey war es, der mit besonderer Härte gegen die Sozialdemokraten vorgehen ließ. Am 14. Februar streckten die letzten Aufständischen in Wien Floridsdorf die Waffen.

Nach den Kämpfen

Abzeichen der Heimwehr zur Erinnerung an die Februarkämpfe 1934

Die Regierung Dollfuß ließ in der Folge viele Verhaftungen vornehmen. Am 10. November 1933 war bereits die Todesstrafe bei Standgerichtverfahren eingeführt worden und später auf weitere Delikte (Sprengstoffattentate ab 12. Juli 1934) ausgedehnt worden.

Neun prominente Schutzbündler wurden nach dem Standrecht hingerichtet, unter ihnen Koloman Wallisch sowie Karl Münichreiter, der trotz seiner schweren Verletzungen auf einer Krankentrage zum Galgen geschleppt wurde. Schon im Herbst 1933 war in Wöllersdorf ein Anhaltelager für Gegner des Regimes eingerichtet worden. Zu Beginn wurden dort in erster Linie Kommunisten und Nationalsozialisten interniert, nach dem Februar 1934 auch Sozialdemokraten.

Die sozialdemokratische Parteileitung unter Otto Bauer (führender Theoretiker des Austromarxismus), Julius Deutsch und anderen flüchtete noch am 12. Februar 1934 in die Tschechoslowakei, was von den Vertretern des Ständestaates propagandistisch ausgewertet wurde. Die Sozialdemokratische Partei, die Gewerkschaften und alle sozialdemokratischen Arbeiterorganisationen (einschließlich des Arbeiter-Samariter-Bunds) wurden verboten. Damit war die Opposition größtenteils ausgeschaltet und der Weg frei zur offiziellen Errichtung des Ständestaats durch die Maiverfassung vom 1. Mai 1934, mit deren Ausarbeitung Dollfuß Otto Ender bereits 1933 beauftragt hatte.

Eine wichtige Rolle hatte dabei der Einfluss Mussolinis gespielt, von dem die auch gegen die steigende NS-Agitation kämpfende Bundesregierung Rückendeckung erwartete. Er drängte Dollfuß seit längerem zur Abkehr von der Demokratie.

In Prag hatte auch die deutsche Sopade bereits ein Exilbüro installiert; die in die Tschechoslowakei geflüchteten österreichischen Sozialdemokraten (unter ihnen war auch der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky) gründeten hier im Exil die RSÖ (Revolutionäre Sozialisten Österreichs). Mit Hilfe der RSÖ wurden mittels Eisenbahn Ausgaben der verbotenen Arbeiter-Zeitung nach Österreich geschmuggelt. Die KPÖ organisierte bereits kurz nach dem Februar 1934 im Rahmen der Roten Hilfe eine Unterstützungsaktion für die Familien der Gefallenen und konnte bis Juli 1934 im In- und Ausland insgesamt 800.000 Schilling sammeln, wobei sogar bei einer Aktion in der Sowjetunion jeder Arbeiter einen Stundenlohn für die Opfer in Österreich spendete.[5]

Der größte außenpolitische Gegner von Dollfuß war Hitler, der zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich drängte. Der Nationalsozialismus hatte damals bereits eine rapid steigende Anhängerzahl in Österreich und wäre bei Neuwahlen zu einer starken politischen Kraft geworden; die NSDAP wurde allerdings bereits vor Errichtung des Ständestaates verboten. Ein von den österreichischen Nationalsozialisten von langer Hand vorbereiteter Putschversuch fand am 25. Juli 1934 statt. Der „Juliputsch“ war erfolglos, weil auch hier die Exekutive loyal blieb; die Putschisten konnten aber bis ins Bundeskanzleramt vordringen, wo Dollfuß kurz nach 13 Uhr erschossen wurde.

Folgen

Denkmal für die Opfer und Kämpfer für Freiheit und Recht am Ausgangspunkt des Bürgerkrieges, im Innenhof des Linzer Hotels Schiff

Mit den „Februarereignissen“ und der daran anschließenden Ständeverfassung hatte sich Österreich in die Reihe der halb- bzw. volldiktatorischen Staaten Mitteleuropas gestellt und außenpolitisch von den noch verbliebenen Demokratien isoliert. Als einzige Schutzmacht gegenüber den expansionistischen Tendenzen des Deutschen Reiches in der Zeit des Nationalsozialismus verblieb nun nur mehr Italien, das jedoch seinerseits als Folge der Abessinien-Krise seine Beziehungen zum Deutschen Reich vertiefte und infolgedessen auf die Interessen Österreichs immer weniger Rücksicht nahm.

Innenpolitisch sah sich die Regierung gleichermaßen zunehmend isoliert, da sich – vor allem aufgrund der vollstreckten Todesurteile – die Sozialdemokraten von diesem Staat abwandten, etwa mit Flugblättern zum offenen Widerstand aufriefen oder aber in eine Art innere Emigration gingen. Darauf wies auch Bruno Kreisky in seiner Verteidigungsrede beim Sozialistenprozess 1936 hin: „Es ist auch möglich, dass die Regierung in einem ernsten Moment die breiten Massen zur Verteidigung der Grenzen aufrufen muss. Aber nur ein demokratisches Österreich wird dieses Volksaufgebot zustande bringen. Nur freie Bürger werden gegen die Knebelung kämpfen.“

Im Anhaltelager oder im Gefängnis des Ständestaates trafen Sozialdemokraten und Nationalsozialisten aufeinander. Für beide war der Austrofaschismus der Gegner. Diese Gemeinsamkeit sollte in der politischen Beurteilung ehemaliger Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg Auswirkungen haben.

Mit größerem zeitlichem Abstand wurde klar, dass die Widerstandskraft Österreichs gegen den Nationalsozialismus durch die Februarkämpfe und ihre Folgen entscheidend geschwächt wurde. Der diktatorische Staat konnte sich, späteren Schätzungen zufolge, nur mehr auf etwa ein Drittel aller Bürger stützen.

Historische Rezeption

Die „Februarereignisse“ 1934 werden bis heute unterschiedlich eingeschätzt. Sprechen die einen vom Bürgerkrieg, so liegt anderen der Begriff Februaraufstand oder Februarkämpfe näher. Diese Divergenz beruht auf parteipolitischen Präferenzen oder auf unterschiedlichen Urteilen darüber, ob ganz Österreich, ein Großteil des Landes oder ein Großteil aller Bewohner involviert war oder ob es sich nur um Vorfälle in kleineren Teilen des Landes gehandelt hat, die nur einen kleineren Teil aller Österreicher betrafen.

Die Kämpfe sind im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum im Detail dokumentiert. Ausgestellt sind Uniformen des Republikanischen Schutzbundes, der Heimwehren und der Ostmärkischen Sturmscharen, sowie die Tatwaffe von Schattendorf, ein aus einer österreichischen Infanteriewaffe umgearbeitetes Jagdgewehr. Angesengte Aktenstücke aus dem Justizpalast vom 15. Juli 1927 sowie eine der Feldkanonen 1918, mit der das Bundesheer auf die Wiener Gemeindebauten schoss, runden die permanente Ausstellung „Republik und Diktatur“ im Heeresgeschichtlichen Museum ab.[6]

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedachten SPÖ und ÖVP nur 1964 und 2014 gemeinsam der Ereignisse.[7]

Literatur

  • Irene Etzersdorfer, Hans Schafranek (Hrsg.): Der Februar 1934 in Wien. Erzählte Geschichte. Verlag Autorenkollektiv, Wien 1984, ISBN 3-85442-030-7.
  • Erich Hackl, Evelyne Polt-Heinzl (Hrsg.): Im Kältefieber. Februargeschichten 1934. Picus Verlag, Wien 2014, ISBN 978-3711720092.
  • Stephan Neuhäuser (Hrsg.): “Wir werden ganze Arbeit leisten.“ Der austrofaschistische Staatsstreich 1934. Books on Demand, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-0873-1 (Inhaltsverzeichnis, PDF).
  • Hans Schafranek: „Die Führung waren wir selber.“ Militanz und Resignation im Februar 1934 am Beispiel Kaisermühlen. In: Helmut Konrad, Wolfgang Maderthaner (Hrsg.): Neuere Studien zur Arbeitergeschichte. Band 2, Beiträge zur politischen Geschichte, Wien 1984, S. 439–469.
  • Robert Streibel: Februar in der Provinz. Eine Spurensicherung zum 12. Februar 1934 in Niederösterreich. Edition Geschichte der Heimat, Grünbach 1994, ISBN 3-900943-20-6.
  • Emmerich Tálos, Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Austrofaschismus. Politik, Ökonomie, Kultur. 1933–1938. 5. Auflage, Lit, Wien 2005, ISBN 3-8258-7712-4.
  • Erika Weinzierl: Der Februar 1934 und die Folgen für Österreich. Picus Verlag, Wien 1994, ISBN 3-85452-331-9.
Zeitgenössische Presseberichte

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter Huemer: Das 34er-Jahr: Widerstand und Heroismus, in: Tageszeitung Der Standard, Wien, 12. Februar 2014, S. 35, und Website des Blattes vom 11. Februar 2014
  2. Stichwort Austrofaschismus im Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie, abgerufen 12. Februar 2014
  3. Das nach einem Zusammenschluß bestehende Deutsche Reich wäre trotzt der Gebietsverluste nach dem verlorenen Krieg Flächenmäßig größer gewesen als 1914, was als Hauptgrund für die Verhinderung angesehen wird
  4. Stefan Zweig: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. S. Fischer, Frankfurt a. M. 1994, ISBN 3-10-397017-X, S. 441.
  5. Franz Kain, in: "Der Kampf war hart und schwer" (PDF über die KPÖ in den Februarkämpfen in Oberösterreich, S. 9) (Memento vom 12. Januar 2006 im Internet Archive)
  6. Manfried Rauchensteiner, Manfred Litscher (Hg.): Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien. Graz, Wien 2000 S. 75 f.
  7. "Mahnung für die Zukunft": Regierung gedenkt des Bürgerkrieges, Artikel der Presse vom 11. Februar 2014
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