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Junge

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Dieser Artikel behandelt junge männliche Menschen. Für weitere Bedeutungen siehe Junge (Begriffsklärung) sowie Knabe (Begriffsklärung) und Bub (Begriffsklärung).

Ein Junge oder Bub (früher auch Knabe, Bursch(e) oder Bube) ist ein junger Mensch männlichen Geschlechts, der das Erwachsenenalter noch nicht erreicht hat, also ein männliches Kind oder ein männlicher Jugendlicher.

Junge in Spanien
Vier ältere Jungen in Äthiopien
Jungen in Deutschland beim Aufführen eines Puppenspiels

Körperliche, habituelle oder verhaltensbezogene Attribute stellen bei Jungen den Geschlechterbezug auf das Männliche her. Das Verständnis von Geschlecht bzw. Gender ist deshalb bedeutsam, um Jungen in ihrem Männlichsein zu erfassen. Wird Männliches ausschließlich über Hierarchie und Dominanz definiert [1] [2], werden Jungen in ihrer Geschlechtlichkeit reduziert und können nicht mit ihren Potenzialen, Optionen und Verhaltensbandbreiten gesehen werden. So bleiben traditionelle Vorstellungen über Jungen durch Etikettierungen stabil und werden permanent rekonstruiert. Wenn mit dem Blick auf Jungen Strukturen des Männlichen abgebildet werden, die nur aus Aspekten des Problematischen hergeleitet sind[3], resultieren daraus einseitige und negative Vorstellungen von bzw. über Jungen, die der Wirklichkeit nicht entsprechen.

Bezeichnungen und Etymologie

Das Wort Junge dient heute als überregionale Wortform. Knabe ist als hochsprachliche Form veraltet, in den Mundarten zeigen die beiden Wortformen Bube und Junge eine deutliche Zweiteilung, bei der im Süden bis einschließlich Hunsrück, Westerwald, Vogelsberg, Thüringer Wald und Frankenwald von ‚Buben‘ gesprochen wird, nördlich davon jedoch von ‚Jungen‘. Nur vereinzelt, vor allem im Rhein-Main-Gebiet, findet man auch das aus dem Latein stammende Bursch(e) in der allgemeinen Bedeutung für Jungen und junge Männer. Kerle ist nur in einer Insel auf der Alb, im Badischen, und im Thüringisch-Obersächsischen im Dialekt heimisch, Bengel war nur auf einer pommerschen Insel zu finden - weitere Worte sind hess. Stift (bedeutet heute eher einen Auszubildenden in einem Büroberuf); fries. erscheint auch Dreng und oberfränk. Boss.[4][5]

Knabe

Knabe,[6] das ursprünglich hochsprachliche Wort hat – als ungewöhnlicher Fall – keine Verankerung in den Mundarten.[5] Es findet sich nur im Spät-Althochdeutschen einmal als knabo erwähnt, taucht aber auch als knave im Mittelenglisch auf. Im Mittelhochdeutschen existierte auch hartlautend knappe (ahd. knappo), die zunächst den gleichen Begriffsinhalt wiedergaben, deren Bedeutung sich später jedoch auf Edelknaben und Bergknappen verengte. Das Wort entsprach auch den heute gebrauchten Begriffen Bursche oder Diener, wie es sich in der Bezeichnung Prügelknabe für einen Sündenbock, aber auch in der Wendung alter Knabe erhalten hat. Im altgermanisch findet sich in strenger Altersreihenfolge aber cild, cnapa, cniht (letzteres heute Knecht, ersteres vergl. engl. child ‚Kind‘, das sich im Deutschen nicht erhalten hat).[7]

Bis in die Neuzeit ist es die Standardbezeichnung des Oberdeutschen, dialektal findet es sich nur im tirolischen Lechtal in dieser Funktion. Literarisch war es bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich (vgl. z. B. Annette von Droste-Hülshoffs Ballade Der Knabe im Moor), und etwa als allgemeine Bezeichnung wie Knaben- und Mädchenschule.

Junge

Junge[8] ist ebenfalls aus dem Althochdeutsch als jungo überliefert, und wie Knabe und Bub im Sinne ‚Knecht, Lehrling‘ in Gebrauch (gänsejung, küchenjung, hundsjung, stalljung).[9]

Gehoben steht dann Junker, mhd. juncherre für ‚junger Herr, Knappe‘ – ebenfalls hartlautend, fem. Junkfrau, beide dann Adelstitel.

Dem Diminutiv Jüngling,[10] ahd. jungeling, ist stets auch etwas Reines, Unbemakeltes mitgemeint (ursprünglich ‚unverheiratet‘, ähnlich wie bei Jungfrau und Junggeselle). Wissenschaftlich ist zum Modellbild des ‚Jünglings‘ vor allem die Zeit zwischen Sturm und Drang und Biedermeier. Infolge ihres mangelnden Interesses für Erscheinungen vor 1850 schweigen Jugendsoziologie (Karl Mannheim, Helmut Schelsky, Ludwig von Friedeburg, selbst Howard P. Becker) und Jugendpsychologie dazu fast grundsätzlich. Beispielhaft sind z. B. der Hyperion von Hölderlin und der Ferdinand in Kabale und Liebe von Schiller. In der bildenden Kunst zeigt sich der Jüngling ikonographisch als bartlos dargestellt (vgl. Kouros).

Oberfränkisch Gung ist eine „hyperkorrekte Adoptivform“ durch Zusammenfallen von «j-» und «g-»Anlauten.[5]

Bube und Bub

Bube[11] findet sich mittelhochdeutsch buobe, es ist in allen westgermanischen Sprachen verbreitet, die Herkunft ist unbekannt. Vermutet wird eine Lallform zu mhd. bruoder für ‚Bruder‘ (ähnlich den viel jüngeren Papa/Mama zu urspr. lat. pater/mater), wie auch zeitgenössische Rufnamen wie Puopo, Puabo, Buobo, Bôbo vermuten lassen. Ein Zusammenhang mit englisch boy ist möglich, die Herkunft dieses Worts ist aber ebenfalls unklar. Ursprünglich wurde boy im Sinne von ‚Sklave‘ benutzt, die Bedeutung ‚Junge‘ scheint offenbar jüngeren Datums.

Das Wort ist heute in der Form Bub in Österreich, Südtirol, der Schweiz, in Bayern, Baden-Württemberg, in der Pfalz und Südhessen der übliche Ausdruck für männliche Kinder und Jugendliche, während es im nördlichen Deutschland nie heimisch war. Im Hochdeutschen apokopiert das Wort nicht (Verlust der mittelhochdeutschen Substantivendung «-e»), wohl aber im gesprochenen, sodass dort die hochdeutsche Form Bube geziert wirkt, und nie den Knaben als solchen bezeichnet: Im Dialekt ist die Grundform nordbairisch Bua (auch im Großteil Österreichs), Pl. Buam(a) – mit Variationen oberfränk. Bou, pfälz. Bu im Norden; ostösterreichisch (Weinviertel) Bui; südbairisch Pui, aber südtirol. Büob/Büab, Pl. Büobm; alemann. Bueb, Büb.[5]

‚Bube‘ ist von Anfang an auch pejorativ in Gebrauch, und in altertümlichen Zusammensetzungen wie Spitzbub, Lausbube, Bubenstück oder bübisch findet sich das Wort in der Bedeutung ‚ehrlos, eines Mannes unwürdig.‘ Die Diminutive (wie Bübchen, Bübli, Bubi, Bubsch) sind aber durchwegs Koseformen.

Weitere Formen

Während Bube und Kerl einen rein sozialen Bezug haben, ist Knabe, aber auch Boss, Bengel, Stift, Dreng etymologisch sexuell annotiert, sie stehen allesamt bildhaft zum männlichen Geschlechtsorgan:[5]

  • Knabe: schwedisch knabb mundartlich ‚Pflock‘
  • Boss: mhd. bóz ‚Stoß‘, vergl. Amboß
  • Stift: ‚Bolzen
  • Dreng: norw. dreng ‚Stock‘
  • Bengel: ‚Knüppel, Stock‘, vergl. Bengler

Wahrnehmung in Öffentlichkeit und Forschung

Zu Beginn der 1980er Jahre kamen Jungen als eigenständige geschlechtsbezogene Zielgruppe in den Blick.[12] Die geschlechtsbezogenen Ausdrucks- und Bewältigungsformen besonders der männlichen Unterschichtsjugendlichen konnten mit den damals üblichen schicht- bzw. klassenbezogenen Ansätzen nicht mehr hinreichend erklärt und pädagogisch aufgegriffen werden.

Mit der breiten Akzeptanz der Frauenbewegung und feministischer Ideen setzte gleichzeitig eine massive Kritik an Männlichkeit und - insbesondere in der Jugendhilfe - auch an „den“ Jungen und Verhaltensweisen von Jungen ein, die die Lebenslagen von Mädchen beeinträchtigen.[13] Seit den 1990er Jahren werden Lebenslagen und -bedingungen von Jungen zunehmend auch wissenschaftlich erhoben und erforscht.[14] [15] [16] Daraus entstanden auch Forderungen nach Jungenarbeit und die allmähliche Entfaltung dieser Fachdisziplin. Als Experten für Jungenthemen im deutschsprachigen Raum gelten Lothar Böhnisch, Gunter Neubauer, Jürgen Budde, Reinhard Winter.

Eine breite öffentliche Wirkung hatte das Buch Die Jungenkatastrophe des Gesamtschulpädagogen Frank Beuster 2011. Der Titel[17]' spielt auf die programmatischen Schriften Georg Pichts an, der 1964 in der Zeitschrift Christ und Welt eine Bildungskatastrophe postulierte, wobei der katholischen Arbeitertochter vom Lande die besondere Aufmerksamkeit der Bildungspolitik zukam. Beuster zufolge sind Sitzenbleiber, Sonderschüler oder Schulabbrecher mittlerweile in der Mehrzahl männlich. Frank Beuster führt dies auf den Mangel an männlichen Vorbildern im deutschen Bildungssystem und in den Familien zurück. Die Thesen wurden Gegenstand unterschiedlichster zivilgesellschaftlicher Diskussionen[18][19][20]

Literatur

  • Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung: Jungen. FORUM Sexualaufklärung, Heft 1-2008.
  • Reinhard Winter: Jungen: Eine Gebrauchsanweisung. Jungen verstehen und unterstützen. Weinheim und Basel: Beltz 2011, ISBN 978-3-407-85931-0
  • Ruth Michalek: Also, wir Jungs sind …: Geschlechtervorstellungen von Grundschülern. Münster/New York/München/Berlin 2006
  • Gisela Preuschoff/Axel Preuschoff: Arme Jungs. Was Eltern, die Söhne haben, wissen sollten. PapyRossa Verlag, Köln 2004
  • Jürgen Budde, Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.); Bildungs(miss)erfolge von Jungen und Berufswahlverhalten bei Jungen. Bonn/Berlin 2008
  • Gabriele Strobel-Eisele, Klaudia Schultheis, Thomas Fuhr: Kinder: Geschlecht männlich : pädagogische Jungenforschung.Kohlhammer Verlag Stuttgart 2006

Weblinks

 Commons: Jungen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Junge – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Knabe – Zitate

Einzelnachweise

  1. Hollstein, Walter 1991: Männlichkeit als sozialpädagogisches Problem. In: neue praxis Nr. 3/91, S. 200-210
  2. Connell, Robert 1999: Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. Opladen: Leske und Budrich
  3. Böhnisch, Lothar/Winter, Reinhard 1993: Männliche Sozialisation. Bewältigungsprobleme männlicher Geschlechtsidentität im Lebenslauf. Weinheim/München: Juventa
  4. Erste Runde – Junge/Bub. In: Atlas zur deutschen Alltagssprache (AdA), Phil.-Hist. Fakultät, Universität Augsburg, 10. November 2005
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Werner König: dtv-Atlas Deutsche Sprache. 1 Auflage. dtv-Band 3025, dtv, München 1978, ISBN 3-423-03025-9, Junge/Mädchen, S. 167 Sp. 2 Frühe Lehnbezeichnungen mit Nachbarvölkern (Verbreitungskarte Junge/Bua/Kerle S. 166).
  6. KNABE, m. puer. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854ff (http://woerterbuchnetz.de)
  7. KNABE, II. 1. c in strengerer bezeichnung des alters unterscheiden wir kind und knabe. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch.
  8. JUNGE, m. adolescentulus, puer. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch.
  9. JUNGE 2) junge heiszt im nhd. zunächst ein junger mensch in dienender oder in einem handwerk lernender stellung. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch.
  10. JÜNGLING, m. juvenis. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch.
  11. BUBE, m. puer, knabe, im gen. und pl. buben. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch.
  12. Brunke, M.: Zur geschlechtsspezifischen Arbeit mit Jungen - Bericht über die Jungenarbeit im Wannseeheim für Jugendarbeit Berlin. In: Neuer Rundbrief 2/3 1981, Berlin.
  13. Savier, M./Wildt, C.: Mädchen zwischen Anpassung und Widerstand. Neue Ansätze zur feministischen Jugendarbeit. München 1978.
  14. Böhnisch, L./Winter, R.: Männliche Sozialisation. Bewältigungsprobleme männlicher Geschlechtsidentität im Lebenslauf. Weinheim/München 1993
  15. Zimmermann, P.: Junge, Junge! Theorien zur geschlechtstypischen Sozialisation und Ergebnisse einer Jungenbefragung. Dortmund 1998
  16. Winter, Reinhard/Neubauer, Gunter: Kompetent, authentisch und normal? Aufklärungsrelevante Gesundheitsprobleme, Sexualaufklärung und Beratung von Jungen. BZGA Fachheftreihe Bd. 14. Köln 1998
  17. Die Jungenkatastrophe Beuster, Frank. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt-Taschenbuch-Verl., 2011, 5. Aufl.
  18. Nicht dümmer, aber die Dummen? Die Förderung von Jungen in der Schule Dokumentation der Anhörung vom 27. April 2007 der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg
  19. FOCUS Online: [1]
  20. [2] Interview im Bayerischen Rundfunk Sendung vom 12. April 2007, 20.15 Uhr
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