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Karl Berger (Musiker)

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Karlhanns „Karl“ Berger (* 30. März 1935 in Heidelberg; † 9. April 2023 in Albany, New York[1]) war ein deutscher Jazz-Vibraphonist und Pianist. Karl Berger zählt mit Albert Mangelsdorff, Gunter Hampel und Peter Brötzmann zu den herausragenden Musikern und stilprägenden Leitfiguren der ersten Generation des westdeutschen Free Jazz. Mit seinem 1973 gegründeten Creative Music Studio in Woodstock förderte er die Auseinandersetzung des Jazz mit internationalen Musikkulturen und prägte dadurch die Spielweise vieler US-Jazzmusiker.[2]

Leben

Ausbildung

Berger hatte von 1948 bis 1954 Musikunterricht an der Musik- und Singschule Heidelberg. Nach seinem Abitur studierte er Musikwissenschaften und Soziologie an der Freien Universität Berlin. Mit einer Dissertation über Die Funktionsbestimmung der Musik in der Sowjetideologie wurde Berger 1963 zum Dr. phil. promoviert.

Während seiner Studienzeit spielte Berger als Jazzpianist und seit 1960 auch als Vibraphonist in vielen Jazzclubs. Berger trat damals gelegentlich auch im Cave 54 auf, dem 1954 gegründeten Heidelberger Jazzclub. Cave 54 war damals ein multikultureller Treffpunkt für Jazzfreunde, vor allem wegen der „US American soldiers serving for a fixed period“, die in jenen Jahren in Heidelberg stationiert waren.

Internationalisierung

Ein Forschungsprojekt Bergers bei Theodor W. Adorno zur gesellschaftlichen Funktion der Unterhaltungsmusik kam nicht zustande.[3] Stattdessen ging er nach Paris, spielte im Pariser Club Le Chat qui pêche, begleitete Steve Lacy und Eric Dolphy am Piano. 1964 wurde er Bandmitglied des Quintetts von Don Cherry in Paris, in dem damals auch Gato Barbieri spielte. Berger ging 1966 mit Don Cherry nach New York und spielte dort auch mit Roswell Rudd, Marion Brown, Sam Rivers, Pharoah Sanders, Lee Konitz und anderen. Berger war auch als Vibraphonist bei Aufnahmen von Don Cherry (Eternal Rhythm, 1968), John McLaughlin, Hōzan Yamamoto, Dave Holland und an der Einspielung von Charles Mingus’ großer Komposition Epitaph unter Gunther Schuller beteiligt.

1968 gründete Berger mit Don Cherry die New York Total Music Company und 1971 mit Ornette Coleman die Creative Music Foundation. 1973 richtete er mit seiner Frau Ingrid Sertso in Woodstock das Creative Music Studio ein, an dem neben anderen kreativen Musikern insbesondere John Cage, Lee Konitz, Steve Lacy, Richard Teitelbaum und George Russell lehrten und mit ihren Studenten große Orchester bildeten. Für seine Schüler hat Berger ein eigenes Rhythmus-Training entwickelt.

Berger beschäftigte sich sehr früh eingehend mit Weltmusik. Vielfältige Musikkulturen beeinflussten auch sein Werk und seinen Unterricht. Er hat CDs u. a. mit Vitold Rek, John Lindberg, Annemarie Roelofs, Theo Jörgensmann, Petras Vyšniauskas, David Moufang, Pete Namlook, Ivo Perelman und der Gruppe Südpool um Herbert Joos aufgenommen. Zu hören ist er u. a. auch auf Michael Bisios Album MBefore (2022).

2008 begannen Berger und Sertso, Mitschnitte der Workshops und Konzerte des CMS zu veröffentlichen.[2] Insbesondere auf dem Vibraphon war Berger ein großer Virtuose, der aufbauend auf Gamelan-Phrasen abstrakt und differenziert swingend und bei einer Reduktion auf das Wesentliche sehr eindringlich improvisierte.[3]

Arrangeur und Dirigent

Berger war als Arrangeur und Dirigent an mehreren eigenen Produktionen von Bill Laswell beteiligt, aber auch an Produktionen von Jeff Buckley (Grace), Natalie Merchant (Ophelia), Better Than Ezra, Sly & Robbie, Angélique Kidjo und anderen. 2011 wirkte er auf dem Album Through a Crooked Sun von Rich Robinson mit; dort spielte er Piano und Metallophon.

Lehrtätigkeiten

Von 1994 bis 2003 war Berger Professor an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Anschließend leitete er bis 2005 die Musikabteilung der University of Massachusetts in Dartmouth (Massachusetts).

Familie

Berger war mit der Sängerin Ingrid Sertso verheiratet, mit der er auch regelmäßig in verschiedenen Formationen auftrat. Der Theaterregisseur Sebastian Seidel ist sein Neffe.[4]

Auszeichnungen

Berger gewann sechs Mal als Vibraphon-Solist die alljährliche Kritikerumfrage des Down-Beat-Jazzmagazins.[5]

Diskographie (Auswahl)

Schriften

  • Karl Berger mit Rick Maurer: The Music Mind Experience: Playing-Listening-Singing-Moving. Creative Music Studio, Woodstock 2020; ISBN 978-1735-23800-5.[6]
  • Skizzen weltmusikalischer Erfahrungen. In: Wolfram Knauer (Hrsg.), Begegnungen. The World Meets Jazz. (= Darmstädter Beiträge zur Jazzforschung, Bd. 10). Wolke Verlag, Hofheim 2008, ISBN 978-3-936000-04-7, S. 255–274.
  • Die Funktionsbestimmung der Musik in der Sowjetideologie. (= Philosophische und soziologische Veröffentlichungen). Harrassowitz, Wiesbaden 1963, 128 S., zugleich Dissertation an der Freien Universität Berlin 1963.

Filmographie

  • Der Film Karl Berger | Music Mind Deutschland 2018 | Regie: Julian Benedikt und Axel Kroell | 71 min. | Der Dokumentarfilm zeichnet seine Reise von Heidelberg über Paris bis nach Woodstock

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jazz musician and local treasure, Karl Berger dies at 88. In: hudsonvalleyone.com. 10. April 2023, abgerufen am 11. April 2023 (english).
  2. 2,0 2,1 Ben Ratliff: A Ferment of World Jazz Yields a Trove of Tapes. In: New York Times, 21. Oktober 2008.
    “In the history of contemporary improvised music it was a very, very big thing,” the pianist Marilyn Crispell said [...]
    “The kind of information that people got at C.M.S. really influenced both their listening and playing habits from then on,” he [Berger] added.
  3. 3,0 3,1 Michael Rüsenberg: Karl Berger, 1935-2023. In: jazzcity.de. 11. April 2023, abgerufen am 15. April 2023.
  4. Eva Pörnbacher: Interview mit Sebastian Seidel. (Memento vom 15. März 2016 im Internet Archive) In: SchauInsBlau.de, 7. Dezember 2015.
  5. Biography. (Memento vom 13. Juli 2011 im Internet Archive). In: karlberger.com, (deutsch).
  6. Bert Noglik: Besprechung. In: DLF, 12. November 2020
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Karl Berger (Musiker) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.