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Vegetarische Küche

Aus Jewiki
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Buffet eines vegetarischen Restaurants in Taiwan

Die vegetarische Küche bezeichnet eine Ernährung und die zugehörigen Speisen, die, mit Ausnahme von Milchprodukten, Eiern und gegebenenfalls auch Honig, bewusst auf tierische Lebensmittel verzichtet. Während der weltanschauliche Begriff Vegetarismus als solcher erst im England des 19. Jahrhunderts entstanden ist, gibt es ähnliche Ernährungsweisen erheblich länger. Sie gehen neben individuellen Wertvorstellungen, Nahrungstabus und Ernährungs- und Gesundheitslehren auch auf Vorgaben von Religionen und religiösen Richtungen zurück, die dauerhaft oder zeitweise den Verzicht auf Fleisch fördern.

Mit dem Adjektiv vegetarisch werden auch traditionelle Gerichte bezeichnet, die durch Weglassen von tierischen Produkten oder den Einsatz von verschiedenen Fleischersatzprodukten verändert wurden.

Eine ovo-lacto-vegetarische Kost bezieht neben pflanzlichen Lebensmitteln zusätzlich Eier und Milchprodukte, ovo-vegetarische oder lacto-vegetarische Kost nur Eier beziehungsweise nur Milchprodukte mit ein.

In der streng vegetarischen oder auch veganen Küche werden sämtliche Produkte tierischen Ursprungs ausgelassen. Veganer versuchen, in ihrem Lebensstil weitestgehend ohne tierische Produkte auszukommen. Die Auswirkungen einer solchen Ernährung auf die Gesundheit sind umstritten.[1][2][3]

Historische und regionale Hintergründe

Vegetarischer Schichtsalat
Hauptartikel: Vegetarismus

Neben gesundheitlichen und ethisch-moralischen Ursachen ist Albert Wirz zufolge der Trend zum Vegetarismus bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine Reaktion auf die durch die damalige Industrialisierung und Globalisierung hervorgerufenen Umbrüche.[4] Neben einer häufigen Ablehnung von Fleisch wurden auch unterschiedliche Zubereitungsarten propagiert, so bei den verschiedenen Ernährungslehren der Rohkost oder Vollwerternährung. Im Sinne Pierre Bourdieus Hauptwerk Die feinen Unterschiede[5] stehen dabei geschmackliche Vorlieben als kulturelles und soziales Distinktionsmittel von verschiedenen sozialen Gruppen. Der moderne Vegetarismus ging von Teilen der Oberschichten aus, die, im Volksmund als „Kohlrabiapostel“ verspottet,[6] Vorstellungen vom Essen und vom Körper mit einer allgemeinen Zivilisationskritik[4] und Ansätzen zu einer breiten Lebensreform[7] verbanden. Dabei hatte der deutschsprachige Raum eine wichtige Rolle inne. In Dresden fand 1908 die Gründung der Internationalen Vegetarier-Union (IVU) statt. Der deutsche 1867 im thüringischen Nordhausen gegründete Vegetarierbund stellte weltweit die zweitälteste Vegetariervereinigung dar.[8]

Peter Brang zufolge spielte im zaristischen Russland die vegetarische Küche, entsprechende Restaurants und Vereinigungen auch eine bedeutende politische Rolle, da eine vegetarische Lebensweise nach dem Vorbild Tolstois als Kennzeichen der intellektuellen politischen Opposition galt.[9] Dabei trennte bereits die altrussische Küche zwischen Fleisch und Gemüse sowie Fasten- (vegetarisches, Pilze und Fisch) und Festtagsspeisen (Fleisch, Butter, Eier, Milch) und wies eine Vielzahl an für Vegetarier geeigneten Gerichten auf.

Deutsche und regionale vegetarische Küchen

Germknödel als klassisches fleischloses Gericht an Freitagen in Süddeutschland

Klassische Vertreter der deutschsprachigen Küche[10] warnen davor, vegetarische Gerichte als „Mangelernährung“ zu gestalten. Viele süddeutsche traditionelle vegetarische Hauptgerichte gehen auf die Sitte zurück, in der Fastenzeit und an Fastentagen auch ein fleischloses Hauptgericht anzubieten. Verbreitet und empfohlen[10] wird auch die Kombination von stärkehaltigen Nahrungsmittel wie Kartoffeln und Mehl zusammen mit Käse und Eiern als Eiweißlieferant anstatt Fleisch, so in Käsefondue, Kässpätzle, vegetarischem Baeckeoffe oder Gaisburger Marsch und Gerichte.

Die moderne vegetarische Küche unterscheidet sich von der traditionellen Fleischküche nicht nur durch die Zutaten, sondern setzte sich bereits früh gegenüber einer Fleischlos- und Fastenküche auch durch veränderte Zubereitungsarten und Darreichungsformen ab.[11] Restaurants, die nur streng vegetarische beziehungsweise rein vegane Küche anbieten, sind in Deutschland noch wenig verbreitet. Das Zerwirk in München hat dabei international Aufsehen erregt.[12] Entsprechende Köche wie Chad Sarno sind dabei weniger an einem reinen Ersatz von tierischen Produkten durch andere interessiert, sondern legen besonderes Augenmerk auf eine an u. a. die Molekularküche angelehnte Zubereitung, die das Geschmackserlebnis besonders verstärken soll.

Internationale Verbreitung der vegetarischen Küche

Vegetarischer Curry
Vegetarisches Bordessen einer Fluglinie

Vielfältige Landesküchen wie die Italienische Küche weisen auch eine Reihe von für Vegetarier adaptierbaren oder geeigneten Gerichte auf. Dabei gelten Antipasti, Pasta und Pizzagerichte nur als Vorspeise in einer vollwertigen Menüfolge, während sie in der vegetarischen Küche wie auch der einfachen Gastronomie und Alltagsküche als für sich stehende Hauptgerichte serviert werden.

Ähnlich werden eine Vielzahl von fleischlosen Gerichten, Vorspeisen und Gemüsezubereitungen aus den asiatischen Küchen und in den orientalischen Küchen für die Bedürfnisse von Vegetariern adaptiert. Solche Gerichte aus der vegetarischen Küche finden sich zunehmend als Abschnitt in den klassischen Menükarten.

Ein Interesse an qualitätvoller vegetarischer Küche wie auch gehobene Ansprüche drückt sich im Erscheinen einiger vegetarischer Restaurants in deutschen Restaurantführern wie dem Schlemmer Atlas aus. In der Spitzengastronomie sind mit der Ausnahme weniger Pioniere[13] wie Alain Passard, Rolf Hiltl und Pietro Leemann vegetarische Spitzenköche und deren Restaurants so gut wie nicht vertreten.

Bei Langstreckenflügen gehört ein vegetarisches Gericht neben traditioneller Fleischküche oft, aber nicht immer, zum Angebot des Flugzeugessens. Genauso bieten einige Armeen militärische Verpflegungspakete (Einmannpackungen) für Vegetarier an.

Zutaten für Fleischersatz

Ein Stück Seitan
Veganes Fast Food: Australischer veganer Meat Pie mit Soja und Pilzfüllung
Veganes Gericht: Gebackenes Gemüsesäckchen

Einige pflanzliche Nahrungsmittel eignen sich besonders als Fleischersatz. Dazu gehören neben Pilzsorten wie Krause Glucke auch Kohl- und Rübenarten, die sich als vollwertiges Hauptgericht zubereiten lassen. Adaptionen von Spezialitäten aus der deutschen und österreichischen Küche stellen vegetarische Schnitzel aus Steckrüben und Sellerie sowie Eintopfgerichte wie vegetarischer Steckrübeneintopf dar.

In Ost- und Südostasien wurden traditionell Tofu und andere Sojaprodukte wie Miso und Yuba als Eiweißlieferant, Würzmittel, Käse- und Fleischersatz verwendet. Verschiedene Zubereitungsformen wie Tofubratwürste, Bratlinge oder Sojamilch oder Räucherprodukte sind fertig erhältlich. Seitan und Polentazubereitungen ermöglichen Fleisch durch Getreideprodukte ähnlicher Konsistenz zu ersetzen. Auch werden eiweißreiche Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen und Erbsen und Hefeprodukte als Fleischersatz bei Aufstrichen verarbeitet, da sie, wie auch Fleisch, hohe Mengen an Eiweißen enthalten.

Bei strengen Vegetariern werden u. a. Avocadocreme für Fleisch und Eier in kalten Speisen verwendet, Nährhefeflocken als Ersatz für Käse, Hefeextrakt als Ersatz für Fleischextrakt sowie Eier durch pürierte Bananen und Tofu sowie ein vermehrt stärkehaltiges Mehl oder spezielle industriell hergestellte Eierersatz-Produkte ersetzt und Nüsse- und Pflanzenöle als Vitamin- und Geschmacksträger verstärkt verwendet.

Literatur

Einzelnachweise

  1. DGE: Ist vegetarische Ernährung für Kinder geeignet? (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) DGE-aktuell 14/98 vom 21. Juli 1998
  2. Walter P., Baerlocher K., Camenzind-Frey E., Pichler R., Reinli K., Schutz Y., Wenk C. (eds.) Gesundheitliche Vor- und Nachteile einer vegetarischen Ernährung. Expertenbericht der Eidgenössischen Ernährungskommission. Bern, Bundesamt für Gesundheit, 2006, Nachtrag mit detaillierten Empfehlungen für Risikogruppen 2007
  3. Journal of the American Dietetic Association, Volume 103, Number 6, 748–765 (2003) Volltext
  4. 4,0 4,1 Albert Wirz: Die Moral auf dem Teller - dargestellt an Leben und Werk von Max Bircher-Benner und John Harvey Kellogg …, Chronos Zürich 1993, 248 Seiten, 28 Abb., ISBN 3-905311-10-0
  5. Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede : Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1982, ISBN 3-518-28258-1 (franz. La distinction. Critique sociale du jugement. Paris 1979)
  6. NZZ Folio 04/97 - Thema: Kost und Körper, Der Kreuzzug der «Kohlrabi-Apostel» Die Ursprünge des Vegetarismus.Von Hasso Spode und Eva Barlösius
  7. Eva Barlösius: Naturgemäße Lebensführung. Zur Geschichte der Lebensreform um die Jahrhundertwende. Frankfurt/M., New York 1997
  8. Über 650 Vegetarier beim Kongress in Dresden, Der Tagesspiegel, Von Deike Stolz, AFP 27. Juli 2008
  9. Peter Brang Ein unbekanntes Russland, Kulturgeschichte vegetarischer Lebensweisen von den Anfängen bis zur Gegenwart. Böhlau Verlag, Köln 2002, ISBN 3-412-07902-2
  10. 10,0 10,1 Bayerisches Kochbuch von Maria Hofmann, Helmut Lydtin, ISBN 3-920105-03-6 /BIRKEN-VERLAG, Erscheinungsdatum: 5/2007, 55. Aufl. 1998. 943 S. m. Zeichn., farb. Fototaf. 21,5 cm
  11. Wege und Irrwege zum modernen Schlankheitskult: Diätkost und Körperkultur als Suche nach neuen Lebensstilformen 1880-1930. Von Sabine Merta, Franz Steiner Verlag, 2003. ISBN 3-515-08109-7.
  12. 13. April 2008 Munich Redux: Germany’s Hot Spot of the Moment. NICHOLAS KULISH NYT
  13. Handelsblatt 10. Juni 2007 Gesinnungswandel: Die Zukunft isst vegetarisch, von Kirstin Hausen
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Vegetarische Küche aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.